Wahrheit und Seelenfrieden

BLOG: Anatomisches Allerlei

Kopflose Fußnoten von Helmut Wicht
Anatomisches Allerlei

Als einst jemand Lügen über Sokrates verbreitete und man diesen frug, warum er nichts gegen jene Person unternähme, antwortete Sokrates: “Warum denn? Was er sagt, stimmt ja nicht.”

(via Arthur Schopenhauer, Aphorismen zur Lebensweisheit)

 

P.S.: Unten, in den Kommentaren, hat mich J. Bolt auf die “Apologie des Sokrates” aufmerksam gemacht. Danke. Ich hab’ mir das besorgt (in der Schleiermacherschen Übersetzung) und es mittlerweile gelesen. Es war überraschend einfach zu lesen (im Gegensatz zu manchen Platonischen Dialogen, an denen ich oft verzweifle) und es sind wirklich einige ewigschöne Gedanken darin – eine Seite z.B. (die über den Tod), die liest sich wie der Hamlet-Monolog.

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Gedankenfragmente von Helmut Wicht, Dozent an der Frankfurter Universität, über Neurobiologie, Anatomie, Philosophie, Gott und die Welt. Seine eigentliche Expertise bezieht sich auf die (Human-)anatomie und die vergleichende Anatomie des Nervensystems.

29 Kommentare

  1. Wahrheit & Realität

    Tja schade, daß man Jesus nicht mehr befragen kann, was er zu den Lügen, bzw. der angedichteten Sündenbockfunktion um sein Leben zu sagen hat.

  2. Sokrates lebte vor Springer-Presse

    Sokrates konnte sich noch den Luxus erlauben, jemanden zu ignorieren. Diesen Luxus kann sich auch heute jeder erlauben, wenn der Ignorierte unwichtig ist.

    Wer und was aber ist wichtig? Heute bestimmt das die Öffentlichkeit. Also die Medien, die behaupten die Öffentlichkeit zu repräsentieren. Ein Sokrates in unserer Zeit müsste auf Angriffe aus den Medien reagieren, sonst hätte er etwas zu verbergen und an den “Lügen” wäre doch etwas dran – so mindestens würde es wohl dargestellt.

  3. Nur eine halbe Wahrheit. Oder eine ander

    Helmut Wicht schrieb (31. Juli 2013, 08:20):
    > Als einst jemand Lügen über Sokrates verbreitete […]

    Ob von Sokrates noch anderes überliefert ist, wodurch sich auch noch nach Jahrtausenden wiese, wer log?

  4. @ Horst

    Die Sünde im Ehebruch liegt ja nur einseitig … vor. Auf Seiten der betrogenen Ehefrau und deren Sympathisanten. Die andere Frau und der Mann etwa erkennen im Akt keine bedeutende Sünde.

    Und Jesus als Sündenbock muß man also ebenso geografisch im Dreieck verorten. Die Römerecke blickte da eindeutig drauf. Die Jünger mutmaßlich eben auch – aus einer anderen Ecke. Und so nehmen wir heute noch in irgend einer Ecke Platz, um mit dem Finger zu zeigen auf den jeweilig erkannten Sünder.

    —-

    Was die Erhabenheit über anderer Leute Lügen angeht, hat das natürlich seine Logik und Sinn. Nur wer sich der Lügen wegen beschwert, hat ein dringenderes Problem anderweitig zu lösen. Ein unterhaltsames Spiel des Lebens… aber eines aus abgründigen Ursachen.

  5. Wahrheit und Seelenfrieden

    Passende Überschrift. Lügen sind dem Seelenfrieden oft weniger abträglich als die Wahrheit.

    (Als einst jemand die Wahrheit über Sokrates verbreitete und man diesen frug, warum er nichts gegen jene Person unternähme, antwortete Sokrates: “Warum denn? Was er sagt, stimmt ja.”)

  6. S. weiß nichts; er gäbe denn Wissen zu.

    Balanus schrieb (31.07.2013, 14:44):
    > Als einst jemand die Wahrheit über Sokrates verbreitete und man diesen frug, warum er nichts gegen jene Person unternähme, antwortete Sokrates: “Warum denn? Was er sagt, stimmt ja.”

    Wie schlecht das doch erlogen ist! Nein:

    Als einst die Wahrheit über Sokrates herauskam und er seinen letzten Besuchern auftrug, schlechte Gesetze nicht anzunehmen, erwiderten jene: “Stünden solche denn zur Abstimmung?”.

  7. Heutzutage

    gibt es bspw. für Zeitungsmeldungen das Recht auf eine Gegendarstellung, das berechtigt sein muss und rechtlich geprüft werden kann.

    Wird dieses nicht wahrgenommen, so kann sich in der öffentlichen Meinung der Eindruck verstärken, dass die mediale Nachricht sachlich richtig war.
    So funktioniert das heute mit der Vierten Gewalt und dem öffentlichen, sich der Wahrheit meist nur annähernden Diskurs.

    MFG
    Dr. W

  8. @Chris

    Ich denke du bewegst dich da allzu gerne in einem systemrational-zynischen “Dreieck”!?

    Einen Jesus, wie ihn die “christilichen” Kirchen “verorten”, den hätte die Philosophie der Bibel absolut nicht gebraucht – Oder glaubst du wirklich er hat sein Blut für unsere fortwährende Sündenhaftigkeit / systemrationale Verkommenheit gegeben, damit “Gott” im “Himmel” …!?

    Jesus, der Typ der NEBENBEI aus Wasser Wein gemacht hat, für rauschende Partys, der wird sicher auch so manche Schnecke vernascht haben, ohne sie zu fragen ob sie verheiratet ist, bzw. ob sie im Kreislauf der imperialistischen Hierarchie von und zu materialistischer “Absicherung” vergeben ist, das sehe ich auch so, und es ist OK.

  9. Wahrheit & Seelenfrieden

    Als ich Kind war, langte es die Hungerleidenden von Biafra gesehen zu haben, um für den Rest des Lebens eindeutig geprägt worden zu sein.

    Heute werden die Kinder mit gleichwertigen Informationen OHNE Konsequenz dermaßen bombadiert, daß sie überwiegend abstumpfen und sehr viel leichter in Systemrationalität zu manipulieren sind – das produziert dann auch ebensolche Marionetten für das Medien-Theater.

    Warum wohl sollten diese Medien ihre Verpflichtung zu journalistischer “Neutralität brechen, wenn dies vor allem das Absägen des geradezu unerschöpflichen und profitbringenden Astes bedeutet – einen “freundlichen” Gruß an Monitor, Panorama, Report, Hart aber fair, Anne Will, usw.!?

  10. Wahrheit & Seelenfrieden

    Ach ja, auch noch “freundliche” Grüße an all die “gesellschafts- und politikkritischen” Kaberettisten, ich konnte noch nie über euch lachen!

  11. Schopenhauer

    könnte hier den “Test der drei Siebe” oder den Dreifiltertest des Sokrates referenziert haben.

    MFG
    Dr. W

  12. @ tk

    “Wenigstens ist die Sekundärquelle korrekt zitiert, das ist ja heutzutage das Wichtigste.”

    Das ist ja auch mein Blog, und nicht meine Promotion.

  13. Schierlingsbecher

    Wahrscheinlich musste Sokrates sterben, weil er nicht gelernt hatte, sich selbst erfolgreich zu verteidigen.

  14. Mühsal / tägliche Drangsale

    “Wahrscheinlich musste Sokrates sterben, weil er nicht gelernt hatte, sich selbst erfolgreich zu verteidigen.”

    – “Wer weiß denn, ob das Leben nicht das Totsein ist und Totsein Leben?” (Euripides)

    Im Kreislauf der “göttlichen” / schöpferischen Bewußtseinsentwicklung, zählt “erfolgreich” und “verteidigen” wohl eher zu den intrigant-bedingten Ablenkungen der systemrationalen Bewußtseinsbetäubung, bzw. der Pflege der gleichermaßen unverarbeiteten und somit leicht manipulierbaren Bewußtseinsschwäche in Angst, Gewalt und “Individualbewußtsein”!?

    “NICHTS TUN IST BESSER ALS MIT VIEL MÜHE NICHTS SCHAFFEN.” (Laotse)

  15. @ Bolt

    Danke.
    Ich hab’ mir die Apologie auf’s Kindle geladen; ich denk, ich les’ das in den Sommerferien auf Kreta. Da passt’s ja so halbwegs hin, von wegen Geburtsort des Zeus, und so .. ausserdem freu’ ich mich auf Schleiermachers Pathos-Deutsch.

  16. @Horst Mühsal / tägliche Drangsale

    In meinem innersten Herzen gebe ich Ihnen recht- doch ich mag die Todessrafe nicht und ja, hätte ich die Möglichkeit, so würde ich jeden vom Tod Bedrohten gewaltlos verteidigen.

  17. Einzigartig-tolles Strahlen in 40 Chars.

    Dr. Webbaer schrieb (31.07.2013, 16:59):
    > [Schopenhauer …] könnte hier den “Test der drei Siebe” oder den Dreifiltertest des Sokrates referenziert haben.

    Helmut Wicht könnte dagegen das Kochen-Specker-Theorem hinsichtlich von Hilberträumen der Dimension 3 referenziert haben:

    Wer eine (separate) Promotion vorzuweisen hat, darf sich seines eigenen SciLogs zumindest als unangreifbarem Habitat und selbstverständlich-cooler (Re-)Habilitation gewiss sein.

  18. Sokrates als Kunstfigur

    Schon früh wurde vermutet, Platon habe Sokrates als Kunstfigur erfunden.
    Sprüche wie der obige und das Einwilligen ins Schierlingsbechertrinken haben auch mich stark davon überzeugt, dass Sokrates eine Kunstfigur ist – genau so wie Jesus.

  19. Herr Wappler

    , wenn Sie mal passend und wie angeregt zu dieser Aussage – ‘Warum denn? Was er sagt, stimmt ja nicht.’ – in den sogenannten Test der drei Siebe des Aristoteles gegangen wären, hätte der Bezug einleuchten können.

    BTW, kennt man sich aus anderen Habitaten des Webs? Geben Sie gerne ein Zeichen.

    MFG
    Dr. W

  20. Was gelernt..

    Die drei Siebe des Sokrates – wie schön. “Wenn es weder wahr, noch gut, noch nützlich ist: Sag’ es nicht.”

    Und wenn man sie “umdreht”, die Siebe, dann weiss man auch gleich, wie man als Boulevard-Journalist arbeiten muss.

    Praktisch, dieser Sokrates.

  21. Vor allem

    auch, weil es heutzutage falsch ist Nachrichten neben dem Wahrheitsgehalt auch auf Gutheit und Nützlichkeit zu überprüfen, vor der Publikation.

    Denn außer der Wahrheit, der es sich gilt näherungsweise, so wie sie auch beschrieben ist, anzuschließen, ist die Gutheit und Nützlichkeit eine Sache oder Lage, die auf Seiten der Rezipienz entsteht.

    MFG
    Dr. W (aber insgesamt oder per se keineswegs schlecht diese Einsicht des Sokrates, gell?!)

  22. Bunter Hund?

    Dr. Webbaer schrieb (01.08.2013, 11:39):
    > wenn Sie mal […] in den sogenannten Test der drei Siebe des Aristoteles gegangen wären […]

    Wäre ich dann als ein Fragezeichen herausgekommen?
    Oder als 3?

    p.s.
    > kennt man sich aus anderen Habitaten des Webs?

    So ungut und nutzlos das sein könnte, müsste es ja geradezu stimmen?!?

  23. Herr Wappler

    Gibt’s nicht doch vielleicht eine blödere Variante von Ihnen, eine gemeinverständliche? – Bedenken Sie bitte auch, dass andere auf der Klug-Blöd-Skala weitgehend frei skalierbar sind, als Leistungsmerkmal. So, wie bisher vorgetragen, müsste Ihnen Arroganz … nachgetragen werden.

    Sofern Sie Nachrichten tragen, natürlich nur.

    MFG
    Dr. W

  24. Gelogen? Geschadet? Stimmung verdorben!?

    Dr. Webbaer schrieb (01.08.2013, 13:43):
    > Gibt’s nicht doch vielleicht eine blödere Variante von Ihnen, eine gemeinverständliche?

    Ach — eine Variante mit eigenem SciLog? Um jeglichen direkt auffindbaren Zusammenhang mit derart ins Persönliche zielenden Fragen von vornherein unterbinden zu können?

    Nö. – Und von dir?

    Und wessen Schade wär’s eigentlich? …

  25. @ Horst @Chris
    31.07.2013, 15:39

    -> Der Jesus aus der Bibel ist ein Lockvogel, der wird verehrt, damit sich andere ähnliche dann acuh öffentlich zeigen, weilman ja offenkundig nur auf diese wartet. Aber so ist es auch;nur dass man sie eben nicht wirklich erfreut erwartet, sondern wieder unfähig machen wird. Moderne “Jesusse” werden heute in der Psychiatrie kaputt-therapiert und wenn es nichts nutzt, werden sie wieder ermordet. Ein Jesus ist mit demdemokratischen Prinzip nicht zu vereinbaren und letztlich werden andere Einflußreiche dafür sorgen, dass außenstehende Jesusse aus dem Rennen um Einfluß ausscheiden – wie auch immer das geschehen wird.

    Du hast die Bibel offenbar nicht gut verstanden – oder nicht genug perspektivisch betrachtet.

    Jesus als Kunstfigur?

    Ist gut möglich. Aber es muß ein Vorbildgegeben haben. Das trifft auch auf Sokrates zu. Geschichten schmücken das dann nach der Intention des Schreibers aus. Bei Sokrates wird deutlich: Ignoriere die Massen nicht. Was dann auch wieder auf Jesus zutrifftt. Aber auch auf Don Quichotte, trotzdem seine Geschichte sowweit ich die kenne, nicht seinen zwangsweise herbeigeführten Tot enthält.

  26. @ WB

    Ist “Wappler” vielleicht in Östereich ein Schimpfwort?

    Ich hörte da mal was im Podcast “Der Weg des zynischen Menschenfreundes zum Glück”.

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