Wie kommt es zum Zusammenhalten eines Schwarms?

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Das Bilden von Schwärmen kommt bei vielen Tieren vor. Bekannte Beispiele sind Vögel oder Fische. Durch den Schwarm verringert sich für die einzelnen Tiere die Gefahr Opfer eines Fressfeindes zu werden. Doch wie es dazu kommt dass die Einzeltiere einen Schwarm bilden und wie steuern sie ihr Verhalten im Schwarm? Besonders wichtig dabei ist die Frage wie der Schwarm dafür sorgt dass er zwar seine Form und Ausdehnung ändern kann aber trotzdem nicht auseinander bricht.

Dafür gibt es bislang viele verschiedene Modelle, doch so richtig befriedigend ist davon wohl bislang keins gewesen. Die meisten Modelle gehen davon aus das die einzelnen Mitglieder des Schwarms sich an der Distanz zu den anderen Tieren orientieren. Dabei geht es aber dann um eine wirkliche Distanz die man in Metern angeben kann. Problematisch dabei ist es jedoch dass der Schwarm irgendwann auseinander brechen müsste wenn die Distanz zu weit wird.

Eine Alternative wäre es mit einer topologischen Distanz zu arbeiten. Dabei ist die metrische Distanz recht egal. Die relevante Größe bei der topologischen Distanz ist die Anzahl an Tieren die sich um einen herum befinden. Dadurch bleibt die Interaktion zwischen den Tieren des Schwarms gewährleistet unabhängig von der räumlichen Distanz.

Ein Team aus Italien hat sich mal ein bisschen näher mit dieser Frage beschäftigt und dazu Stereofotografien von Schwärmen im hübschen Rom erstellt. Betrachtet dazu haben sie dabei Stare. Aus diesen Stereobildern haben sie dann die dreidimensionalen Positionen der einzelnen Vögel berechnet.

Mit den Daten haben sie dann fleissig rumberechnet und festgestellt dass die metrische Distanz keine Rolle spielt für das Verhalten der Schwärme. Anders sieht das mit der topologischen Distanz aus: Diese ist das entscheidende Merkmal was die Struktur des Schwarms und damit auch die Interaktion der einzelnen Vögel, bestimmt.

Der Grund wieso dies so gut funktioniert liegt vermutlich in der Evolution dieser Verhaltensweise: Für einen Schwarm bietet es einen starken Selektionsvorteil möglichst gut zusammenzuhalten um nicht das Opfer von Fressfeinden zu werden. Würden die Vögel nur die Distanz bewerten als Kriterium für die Schwarmbildung so würden sich die Schwärme potentiell auflösen wenn ein Fressfeind in den Schwarm einzudringen versucht.

Um diese These zu testen haben sie ein lustiges, mathematisches Modell gebaut und geschaut was passiert wenn man einen Fressfeind in den Schwarm fliegen lässt. Dabei haben sie einmal eine metrische Distanz und einmal eine topologische Distanz als Parameter versucht.

Und dabei zeigte sich: Im metrischen Modell trennten sich die Schwärme in viele kleinere Gruppen auf sobald der Fressfeind entgegen geflogen kam. Und für die Mitglieder des Schwarms ist das schlecht, hat es der Angreifer doch nun einfacher sich ein Opfer herauszusuchen und zu verspeisen.

Übergibt man dem Modell jedoch eine topologische Distanz als Parameter hält der Schwarm viel stärker zusammen. Falls der Schwarm sich überhaupt aufspaltet in kleinere Gruppen dann bilden sich recht wahrscheinlich nur 2-3 kleinere Gruppen (Im Gegensatz zu bis zu 8-9 Kleingruppen bei der metrischen Distanz).

Spannend zu sehen wie ein wunderschön zu betrachtendes Phänomen wie das Schwarmverhalten auch mit naturwissenschaftlichen, mathematischen Mitteln erklärt werden kann.


Ballerini, M., Cabibbo, N., Candelier, R., Cavagna, A., Cisbani, E., Giardina, I., Lecomte, V., Orlandi, A., Parisi, G., Procaccini, A., Viale, M., & Zdravkovic, V. (2008). From the Cover: Interaction ruling animal collective behavior depends on topological rather than metric distance: Evidence from a field study Proceedings of the National Academy of Sciences, 105 (4), 1232-1237 DOI: 10.1073/pnas.0711437105

Veröffentlicht von

Bastian hat seinen Bachelor in Biologie in nur 8 statt 6 Semestern abgeschlossen. Nach einem kurzen Informatik-Studiums-Intermezzo an der TU Dortmund hat es ihn eigentlich nur für ein Stipendium nach Frankfurt am Main verschlagen. Dort gestrandet studiert er dort nun im Master-Programm Ökologie und Evolution. Zumindest wenn er nicht gerade in die Lebensweise der Hessen eingeführt wird. Neben seinen Studiengebieten bloggt er über die Themen, die gerade in Paperform hochgespült werden und spannend klingen.

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