Oma Maja und der Frühlingszirkus

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Würziges aus den Biowissenschaften
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Foto: Christopher Bang

Endlich fängt es an: das Surren und Brummen, dass uns im Sommer dann viele Früchte bescheren wird. Die Bienen sind wieder da! Schön für uns, für die Pflanzen aber die Arbeiterbienen sehen dabei schnell alt aus wie eine norwegische Forschergruppe zeigen konnte. Während im Winter die Bienen kaum altern, nimmt sobald die Brut im Frühling zu pflegen ist, die Lernfähigkeit rapide ab.

Im Winter leben die Bienen der Arbeiterkaste mehrere Monate, im Sommer nur wenige Wochen. Dabei durchlaufen sie verschieden Stufen der Aufgabenteilung im Bienennest: Erst putzen sie, dann fliegen sie aus um Nektar zu sammeln und nach maximal zwei Monaten ist der Spass dann auch schon vorbei. Sinkt die Außentemperatur im Herbst aber auf unter 10 Grad, wird nicht mehr ausgeflogen: alle Arbeiterbienen sammeln sich dicht um die Königin in einem “Kluster” um sich warm zuhalten. Dabei werden im Laufe des Winters die Honigreserven aufgebraucht. Manche Arbeiterbiene schmeißt auch zwischendurch die Flugmuskulatur an, um als lebende Heizung den anderen Wärme zuzuführen. Diese Winter-Arbeiterinnen überleben aber bis zu sieben Monate.

Ob sie nun nur länger überleben oder ob sie wirklich langsamer altern, hat die Gruppe um David Münch untersucht. Das Altern, oder in diesem Kontext Seneszenz, ist der fortschreitende Verlust der Funktionen des Körpers im Laufe des Lebens, die zu einer erhöhten Todeswahrscheinlichkeit führen je älter ein Organismus wird.

Das heißt man kann alt werden ohne zu altern, wie die Winter-Bienen: Denn Sie leben nicht nur länger, die Forscher um David Münch zeigen, sie behalten ihre volle Lernfähigkeit bei. An drei verschiedenen Zeitpunkten im Laufe des Winters mussten die Bienen lernen, einen Geruch mit Zuckerwasser zu assoziieren. Wie schnell sie lernen, unterschied sich kein bisschen im Laufe des Winters. Die Forscher trainierten die Bienen in dem sie ihnen erst ein Geruch zeigten und kurz darauf Zuckerwasser gaben. In den darauffolgenden Versuchen durften die Bienen schnuppern (das machen sie mit den Antennen) und wer in Vorfreude schon den Saugrüssel streckte, hatte gelernt dass es gleich Leckerchen gibt. Um heraus zu finden ob die Bienen wirklich junggeblieben sind, wurden die Winterbienen zusätzlich mit im Labor aufgezogenen Winterveteranen und jungen Sommerbienen verglichen. Tatsächlich ist die Lernfähigkeit der Bienen mit dem der von neun Tage alten Sommerbienen zu vergleichen! Die älteren Sommerbienen, die aus der Winterkolonie in den Laborsommer überführt wurden und dort schon mit Nahrungssuche beschäftigt waren, zeigten eine viel langsamere Lernkurve. Irgendwas lässt sie ganz schnell Alt aussehen…

Daniel Münch trickst nun ein bisschen um zu erfahren, was der Auslöser für diese Alterung ist. Also ab ins Labor mit der Winterkolonie: Im simulierten Sommer fangen die Bienen schnell an Nachkommen zu zeugen und aufzuziehen. Das verhinderte Münch, in dem er die Königin wegsperrte. Vergleicht man die Arbeiterbienen der “kastrierten” mit den sich fröhlich fortpflanzenden Kolonien ist klar: Frühling macht alt. Bei den ehemaligen Winterbienen in der die Königin Eier legen kann, leidet die Lernfähigkeit erheblich. Die “kastrierten” Kolonien zeigten nach 70 Tagen immer noch kein Nachlassen der Lernfähigkeiten.

Ist es also das Erlebte, das die Bienen altern lässt, viel mehr als die Zeit, die vergeht? Um den Mechanismen hinter der Alterung auf den Grund zu gehen, schauten sich die norwegischen Forscher zusätzlich an, wie viel sich des fiesen kleinen Pigments Lipofuscin, dass mit Alterung und besonders Neurodegeneration assoziiert wird, im Gehirn der Bienen ansammelt. Es entsteht durch den Abbau von Fetten und Fettorganellen in der Zelle.

Erstaunlich war hier, dass es sich wiederum mit der Zeit akkumuliert: je älter die Bienenhirne, desto mehr Lipofuscin. Das erlebte war unwichtig. Nur in den Hypopharyngalen Drüsen in denen Larvenfutter produziert wird, konnten sie viel mehr Lipofuscin in den Nektar sammelnden älteren Arbeiterbienen, als in den Winter-Arbeiterinnen finden. Die Drüsen waren auch ganz schrumpellig. Aber ist das überraschend? Die Arbeiterinnen haben im simulierten Sommer schon Larven aufgezogen und fleißig gefüttert. Zellen vermehrten sich und starben. Und: produzierten ganz viel Lipofuscin.

Die Studie zeigt, die Jugend rieselt nicht davon wie in einer Sanduhr. Die Erlebnisse lassen uns altern. Was genau löste es bei denen Bienen aus? Die Pflege der Larven? Oder doch wie Münch es andeutet, der physisch anstrengende Flug zu den Blüten? Die Co-Autorin des Papers Gro Amdam, Professorin an der University of Norway und an der Arizona Staat University, publizierte schon im Juli 2012 ein erstaunliches Paper, in dem sie zeigen konnte das die Lernfähigkeit der Arbeiterbienen die älter, und somit mit der Nahrungssuche beauftragt sind zurückkehrt, wenn man sie durch Herausnehmen der Pflegebienen ins Nest zurück holt. Im Gegenteil zum Ausfliegen, scheint das Pflegen und die sozialen Interaktion mit den anderen Bienen einen Jungbrunnen für das Bienenhirn zu sein. Schon seit 1982 ist bekannt, dass wenn Bienen früher anfangen auszufliegen, sie auch schneller sterben. Das kommt nicht nur daher, dass sie eher mal gefressen werden. Der Flug an sich scheint das Altern zu beschleunigen. Die hohe Sauerstoffverbrauch und die Muskelaktivität stellt die Zellen unter Stress und lässt das Bienenhirn schnell altern. Aber ist das nur ein Nebenprodukt des Fliegens oder könnte es vielleicht sogar evolutionär entstanden sein, das unterschiedliche Arbeiterkasten unterschiedlich altern? Könnte es eine Funktion für die Fortpflanzung und das Überleben der Bienen haben?

Den Bienen steht jedenfalls viel oxidativer Stress bevor: Bei dem langen Winter muss jetzt aufgeholt werden und wir freuen uns alle schon auf leckere Kirschen, Pfirsiche, Äpfel, und natürlich Honig. Danke fürs Altern liebe Bienen.

 

Munch, D., Kreibich, C. D. and Amdam, G. V. (2013). Aging and its modulation in a long-lived worker caste of the honey bee. J. Exp. Biol. 216, 1638-1649.
http://jeb.biologists.org/content/216/9/1638.abstract 

Neukirch, A. (1982). Dependence of the life span of the honeybee (Apis mellifica) upon flight performance and energy consumption. J. Comp. Physiol. 146, 35-40.

 

 

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Mit einem Diplom in Biologie in der Tasche, einer halben Doktorarbeit und viele Ideen will ich meinen Senf dazugeben. Meine irrsinnige Begeisterung für Lebewesen und des Lebens Wesen, möchte ich weitervermitteln. Und das an JEDEN. Jeder soll wissen, wie unglaublich Grottenolme sind und warum auch Gliazellen unserer Aufmerksamkeit bedürfen, dass Ratten nicht nur ekelig sind und die heimische Topfpflanze vielleicht bald schon die Nachttischlampe ersetzt. In Tübingen habe ich studiert, in Bern der Forschung den Rücken gekehrt. In Berlin bin ich nun auf der Suche nach Alternativen im Feld der Biologie und Kommunikation. Ganz besonders nach meinem Geschmack sind verrückte, unglaubliche oder einfach nur lustige Geschichten aus Ökologie, Evolution, Medizin und Technik. Schmeckt euch der Senf? Sonst mischt doch mal mit! Mathilde Bessert-Nettelbeck

1 Kommentar

  1. Die Bienen summen hier auch schon hervorragend, aber mir war bis jetzt nicht aufgefallen, dass sie “alt” aussehen. Deswegen ist es interessant zu lesen, dass es Personen gibt, die sich damit beschäftigen und einen tollen Artikel mit sich bringen.

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