Harry Potter, oder: Der wahre Held

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Wörter brauchen Gesellschaft.
Con Text

In diesen Wochen scheint es wieder einen Höhepunkt der Harry-Potter-Rezeption zu geben, zumindest spült es mir mehr dazu rein als üblich. Vor allem Interessantes. Nach der Interpretation der Romane aus Sicht von Hermione, stiess ich jetzt auf eine, in der die Geschichte des modernen, gebrochenen Helden der Serie gezeigt wird. Wer die Bücher noch nicht gelesen, die Filme nicht gesehen, noch keine Konversation über Rowlings Erfolgsfantasie gehört hat, aber sich offenhalte möchte, irgendwann doch mal ran zu gehen, gehe direkt in das Gefängnis … ‘tschuldigung, falsche Referenz. Wer keine Lust auf Spoiler hat, drehe jetzt um. From hereon be dragons.

Ich könnte an dieser Stelle einfach das Video einbinden, das ein fleissiger Fan aus Schlüsselszenen zu einem 15-minütigen Kurzfilm zusammengeschnitten hat. Da ich über Nerdist drüber gestolpert bin und Amy Ratcliffe ein paar gute Worte dazu verliert, bitte ich Sie herzlich, sich auf den Weg dorthin zu machen. Viel Spass!

Nach dem Abitur habe ich an der Universität Hamburg Anglistik, Amerikanistik, Soziologie und Philosophie studiert. Den Magister Artium machte ich 1992/93, danach arbeitete ich an meiner Promotion, die ich aus verschiedenen Gründen aufsteckte. Ich beschäftige mich meist mit drei Aspekten der Literatur: - soziologisch [Was erzählt uns der Text über die Gesellschaft] - technisch [Wie funktioniert so ein Text eigentlich] - praktisch [Wie bringen wir Bedeutung zum Leser] Aber auch theoretische Themen liegen mir nicht fern, z.B. die Frage, inwieweit literarische Texte außerhalb von Literatur- und Kunstgeschichte verständlich sein müssen. Oder simpler: Für wen schreiben Autoren eigentlich?

2 Kommentare

  1. Severus Snape ist bei Rowling eine genauso überzeichnete Figur wie Hermione. Snape und Hermione übererfüllen Klischeevorstellungen, kommen wie Comics-Figuren daher, besitzen aber einen wahrhaften Kern und eine ernstzunehmende Biographie als wären sie Gebäude mit einer täuschenden Fassade aber einem tief gründenden Fundament und Keller. Rowling gibt Hinweise in Form von Kommentaren, dass man sich in Severus Snape täuschen kann, aber (fast) alles was Severus Snape tut, lässt ihn trotz diesen Kommentaren als Finsterling erscheinen und macht ihn zu einem würdigen Vertreter des Hauses Slytherin (Haus mit der Schlange) und fast zu einem Bruder Voldemorts – dem erzbösen Magier, um des immer auch geht.

    Für Kontintaleuropäer wirkt besonders ein Charkterzug Severus Snapes schockierend: Seine Parteilichkeit. Er ist Vorsteher des Hauses Slytherin – eines der 4 Häuser im Magier-Internat Hogwarts – und bevorzugt Schüler, die zu Slytherin gehören bis hin zu grobschlächtigster Parteinahme. Dass so ein Verhalten in Englands Eliteschulen realisitsch ist, wusste ich von meinem Englischlehrer, der in Oxford studiert hatte und über solche Dinge berichtete. Doch ich war trotzdem überrascht als ich die Harry Potterbücher meinen Sohn vorlies und dies so deutlich hervortrat.

    Dass Snape eigentlich auf der guten Seite steht ist aus den Beschreibungen in Rowlings Büchern kaum herauszulesen. Wenn es so ist, bedeutet es nichts anderes, als dass die Körpersprache und das Verhalten einer Person völlig täuschen kann. Etwas was man eigentlich nicht für möglich hält. Besonders in einem Kinderbuch ist so etwas kaum denkbar. Dass es trotzdem so ist, bedeutet eben, dass die Harry Potter-Romane den Rahmen, den Kinderbücher vorgeben, in wichtigen Bereichen übersteigen.