Link: Homers Göttin singt nicht [via FAZ]

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Wörter brauchen Gesellschaft.
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Ein Übersetzungsfehler mit Folgen: Die „Ilias“ ist kein Musengesang, sondern das Epos wendet sich an die Titanin Themis.

via Übersetzungsfehler der „Ilias“: Homers Göttin singt nicht – Feuilleton – FAZ.

Wichtig: Auch die Kommentare lesen!

Nach dem Abitur habe ich an der Universität Hamburg Anglistik, Amerikanistik, Soziologie und Philosophie studiert. Den Magister Artium machte ich 1992/93, danach arbeitete ich an meiner Promotion, die ich aus verschiedenen Gründen aufsteckte. Ich beschäftige mich meist mit drei Aspekten der Literatur: - soziologisch [Was erzählt uns der Text über die Gesellschaft] - technisch [Wie funktioniert so ein Text eigentlich] - praktisch [Wie bringen wir Bedeutung zum Leser] Aber auch theoretische Themen liegen mir nicht fern, z.B. die Frage, inwieweit literarische Texte außerhalb von Literatur- und Kunstgeschichte verständlich sein müssen. Oder simpler: Für wen schreiben Autoren eigentlich?

5 Kommentare

  1. Okay, der erste Kommentar sagt ja direkt, es handle sich um eine pseudowissenschaftliche Idee, wie stehen Sie dazu?

    Nebenbei: “Singe oh Göttin, singe vom Zorn” ist ein cooler Einstieg. 😀

    • Ich kann da wenig zu sagen, ausser, dass ich die Idee interessant finde. Mein Altgriechisch war nie gut genug, um auch nur die sprachliche Ebene – die in mindestens einem Kommentar auseinander genommen wird – beurteilen zu können. Grundsätzlich können solche Neuinterpretationen/Entdeckungen in der Literaturwissenschaft von Aussenseitern und Amateuren gemacht werden, bei intensiv und lange untersuchten Gegenständen ist die Wahrscheinlichkeit allerdings hoch, dass Unsinn verzapft wird.

      • @ Dierk Haasis

        Alles Pseudiwissenschaft also?

        Aber wie kann sich Schrott so sicher sein, dass er das eindeutig so hinstellt? Sicher, der Artikelk “erzählt” nur etwas dahin – weil ohne eindeutig zuweisbare Verweise (jedenfalls nicht für Laien).

        ” die sprachliche Ebene – die in mindestens einem Kommentar auseinander genommen wird”

        Ja im letzten (von einem W. Töpler). Darin auch die Beschreibung, wie das Wort “Muse” herzuleiten sei. Hab ich das richtig verstanden? Muse, aus dem alt/urgriechschen ein “t” oder auch “th” zu einem “s”? Da ist es dann nicht weit zu “Mutter”.

        Und zur Aussage, die Ableitung von Muse sei von Musuni nicht möglich:
        Jede Frau, jede Göttin, jedes Mädchen ist eben auch eine Mutter (wenn auch nur potenziel) Manchmal mag man vielleicht zu sehr zwischen Namen und Eigenschaft unterscheiden wollen?
        Und ist nicht eine Mutter auch ” die Ordnende, die Fügende, die Richtende” …? (falls dem Schrott seine Übersetzung des Namens “Musu-ni” korrekt sei)
        Richtig kompliziert wird es erst, wenn man annimmt, jede Muse sei Tochter einer Mutter (oder Schützling einer Göttin) Beides sei ja nur notwendig. Und verwirrend wird es, wenn man vermüte, mit dem Blicke der Muse schaut uns auch immer die/eine Göttin an. An dieser Stelle müsste man möglicherweise auf die Trinität verweisen, um den Sprung zu erklären.

        Was wäre eigentlich, wenn schon Homer die ganzen Geschichten (also die Mythengesänge und Liederstrophen) falsch niedergeschrieben hätte?. Oder er/sie tat dies aus politischen Gründen? Oder aus Gründen der Kunstästhetik? Wobei Kunst ja immer politisch sei – das politische daran nur dann aufstößt, wenn sie aneckt oder/und abstößt.

        Und übrigens:

        Meine jüngste “Göttin” brauchte ich nicht zum Singen vom Zorn auffordern.

        Das tat sie ganz von allein regelmässig (rumzicken eben). (zumindest bin ich mir keiner Aufforderung von mir bewusst…)
        Interessant wäre vielleicht, ob man die Göttinnen mit solch antiken Strophen eben davon abbringen könnte? Hm, …

        • Da es ausschliesslich darum geht, wie Homers Text zu übersetzen sei, stellt sich die Frage nach der Akkuratesse des Dichters nicht. Abgesehen davon, dass die Forschung doch überzeugt ist, Homer nicht als puren Stenografen zu betrachten, sondern als Autoren.

  2. Joachim Latacz, ein Profi, übersetzt mit: “Den Groll singe, Göttin, des Peleïaden Achilleus …” und sagt dann: “Die ‘Göttin’ in Vers 1 ist – damals selbstverständlich – die Muse, Tochter der ‘Erinnerung’ (Mnemosýne), die alles, was vergangen ist, unfehlbar weiss und es dem Sänger, der sie darum bittet, ins Gedächtnis rufen kann.”

    Homer, Der Mythos von Troia in Dichtung und Kunst, (Ausstellungskatalog Antikenmuseum Basel) München 2008, S. 112/ 113)

    Einer der Kommentatoren in der FAZ weist auch zurecht darauf hin, dass die Odyssee ebenfalls mit einer Anrufung beginnt, und zwar diesmal wortwörtlich der Muse. Auch die Theogonie Hesiods beginnt mit einer klaren Musenanrufung. Wie kann/soll dann der Hörer der Ilias erkennen, dass es sich bei der Anrufung in der Ilias um Themis handeln soll, wenn eine “Göttin” angerufen wird? Wahrscheinlich haben alle Rezitationen oder Gesänge von Heldenepen zuvor mit Musenanrufungen begonnen.

    Nach meinem bescheidenen Wissen überzeugt Schrott nicht.