Nur ein Gerücht: A. Paul Webers hellsichtiger Kampf gegen rechts

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Mit dem Künstler A. Paul Weber habe ich mich nie ausführlich beschäftigt. Aber als Inbegriff sozialkritischer und auch antifaschistischer Kunst waren mir seine einprägsamen  Zeichnungen und Lithographien  seit der Kindheit vertraut – wohl nicht nur mir. Ich bilde mir ein, die Arbeiten „Das Gerücht“ und „Der Denunziant“ sogar erstmals in meinen Schulbüchern gesehen zu haben (kann das aber nicht mehr nachweisen). Splitterwissen aus der Biografie A. Paul Webers „war im KZ“, „Mitglied im Widerstandskreis“ genügten völlig, um seine Bilder als mutige Warnung vor rechtem Terror zu begreifen.

Nur durch Zufall stieß ich auf einen Hinweis, der mich das jetzt mit völlig anderen Augen sehen lässt: Ein im Januar veröffentlichter offener Brief vom „Bündnis gegen Rechts“ im Kreis Pinneberg fordert die Schließung, mindestens aber die kritische Begleitung, von drei Ausstellungen mit Werken von A. Paul Weber im Kreis Pinneberg, die im Dezember 2012 eröffnet worden waren (und inzwischen ohnehin beendet sind).

Auf weiteres Nachforschen ergab sich für mich völlig Erstaunliches, denn obwohl es in der Presse immer wieder Artikel gegeben hatte, die das Bild A. Paul Webers in der Öffentlichkeit berichtigten, zum Beispiel in der „Welt“ im Dezember 2000 und im Juli 2001, fanden diese Informationen merkwürdig wenig Widerhall. So ehrte die Friedrich-Ebert-Gedenkstätte in Heidelberg den Künstler offenbar noch  im Jahr 2002 mit einer Ausstellung. Ganz allgemein wird A. Paul Weber immer noch als antifaschistischer Künstler zitiert, seine Arbeiten werden angepriesen als „eindrucksvolle Anklage gegen Rechtsextremismus und Diktatur“. Der Mythos sitzt fest.

Der „Spiegel“ hatte den Künstler in seinem Nachruf 1980 als „parteilosen Linken“ bezeichnet, der Hitler „1932 hellsichtig als ein ‚deutsches Verhängnis‘ porträtiert hatte“. Wohl wahr – und doch ganz anders, wie sich zeigt.

A Paul Weber Hitler Verhangnis Niekisch

Scheinbar ganz eindeutig erweist sich A. Paul Weber mit dieser Titelillustration als Mahner wider den Faschismus (das Foto zeigt ein Reprint des Bublies-Verlags aus dem Jahr 2011). Hauptvorwurf an Hitler ist in dieser Schrift von Ernst Niekisch jedoch vor allem, dass dieser die Macht per Stimmzettel ergriffen habe, dass er „nicht Diktator, sondern nur Koalitionsgenosse“ geworden sei und nun statt „schöpferischer Taten“ nur „taktische Kniffe“ vollbringe. Das „demokratische Wesen“ wird als „Überfremdungserscheinung“ „gegen die deutsche Ursprünglichkeit“ gegeißelt. Mit Niekisch gab Weber im selben Geiste später auch die Zeitschrift „Widerstand“ heraus.

Auf der Website des Weber-Museums in Ratzeburg ist die von Helmut Schumacher und Klaus J. Dorsch verfasste Biografie A. Paul Webers nachzulesen. Dort erfährt man zum Beispiel, dass “Weber als Mitherausgeber der Zeitschrift ‚Widerstand‘ fungierte“ und im Juli 1937 verhaftet, von der Gestapo verhört und für mehrere Wochen im Polizeigefängnis Hamburg-Fuhlsbüttel in Haft gehalten  wurde.  Später aber arrangierte er sich mit den Nationalsozialisten und bekam öffentliche Aufträge und Anerkennung. Laut Biografie: „Am 12.8.1940 erhielt er im Rahmen einer Auszeichnung der besten deutschen Karikaturisten durch das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda den 2. Preis in Höhe von 1000 Reichsmark.“ Die nationalsozialistische Kunstzeitschrift „Die Kunst im Deutschen Reich“ befand im März 1941: „Wir haben heute auf dem Gebiet der politischen Karikatur in Deutschland nichts, das wir dieser scharfen, peitschenden Phantasie an die Seite stellen könnten.“

Von ganz rechts außen kommend hatte sich Weber mit den von ihm zunächst als letztlich zu zahm kritisierten Nazis arrangiert. Sein anfänglicher “hellsichtiger Widerstand” kam nicht aus der Überzeugung eines Demokraten.

„Man sieht nur, was man weiß“ – und so erscheint mir A. Paul Webers „Denunziant“ inzwischen nicht mehr als geniale, pointierte Entlarvung feigen Verrats, sondern als unerträgliche Fratze menschenverachtender und antidemokratischer Propaganda.

Feind hört mit - Nazipropaganda - zu A. Paul Weber Denunziant

„Feind hört mit“ war eine deutsche Propagandakampagne während des Zweiten Weltkriegs und damit später als A. Paul Webers offenbar schon 1934 gezeichneter „Denunziant“ (Foto: Andreas Preuß, via Wikipedia)

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Ich bin Kunsthistorikerin und arbeite freiberuflich als Redakteurin/Lektorin/Autorin. Dieser Blog enthält Überlegungen und Informationen, die ich sonst nirgendwo unterbringe. Die aber rauswollen.

7 Kommentare

  1. Danke

    Ja, danke. Auch ich hatte A.P.Weber nur als sozialkritisch und antifaschistisch wahrgenommen. Wieder einmal bestätigt sich: man lernt nie aus.
    Wieder einmal auch: die wirklichen Menschen sind vielschichtiger als die üblichen Einteilungen in Gut und Böse. Ich möchte seine Bilder also dennoch gerne weiter benützen können. Aber dabei an einen früheren Papst (Johannes XXIII) denken, der gesagt habe: “Man muss alles sehen, vieles übersehen und weniges zurechtrücken.”
    Ich würde in dem Fall sagen: Sehen wohl alles; manches auch absichtlich übersehen; doch nichts dabei vergessen.

  2. Ehrlich gesagt…

    habe ich mit dem Namen nicht wirklih viel verbunden. Ich habe zuerst die Bilder geöffnet und erst danach den Text gelesen. Meine erste Reaktion auf “Denunziant” war durchwegs negativ. Mir kamen sofort antijüdische und fremdenfeindliche Karikaturen in den Sinn. Offensichtlich lässt sich eine Abneigung gegen bestimmte Menschen von verschiedensten Richtungen instrumentalisieren.

  3. Rechts oder links?

    Dieser Artikel ist äußerst erhellend! ich hatte den Künstler früher auch eher als “Kritisch” eingestuft!

  4. @Franziska Franke/Rechts oder links?

    “Kritisch” war er ja, nur halt anders als gedacht. Dass er nach wie vor auch von rechts als einer der ihren angesehen wird, zeigt zum Beispiel diese Verwendung seines “Denunzianten”: http://deutschelobby.com/…tion-und-diffamierung/

  5. Pingback:Nicht wirklich hellsichtig : Burks' Blog

  6. “besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen…”
    Ich könnte mir vorstellen, daß dieses Verhalten das Überleben ermöglichte und auch heute noch gängige Praxis ist….

    Es wäre für eine objektive und neutrale Betrachtung interessant zu erfahren, was denn die besagten ausgezeichneten Karrikaturen an Botschaft transportieren…
    Vielleicht kann Frau Bamberg dieses ja noch liefern….?

  7. Extreme Aufmerksamkeit auf falsche Konzepte, sie erzeugen mehr Geißel als Fehlinformationen.

    ,,Was geschah ’68? Die Gründung der modernen Zivilgesellschaft in Deutschland? Oder der Ausbruch einer Ideologie, die Deutschland fast in den Totalitarismus geführt hätte? Karlheinz Weißmann beschreibt den Marsch durch die Institutionen und die Ursprünge unserer heutigen Dekadenz.

    Was war `68? Nach landläufiger Meinung das eigentliche Gründungsdatum der Bundesrepublik, der modernen, westlichen, aufgeklärten Zivilgesellschaft, der Abschied von der muffigen, spießigen Nachkriegszeit oder gleich von den faschistoiden, autoritären Verhältnissen der fünfziger und sechziger Jahre. Seitdem ist alles besser geworden, lockerer, toleranter und bunter.

    Aber das ist eine Legende. Tatsächlich waren die Ideen von `68 wahnhaft, die Anführer der Bewegung verantwortungslos und bereit, einem Weg zu folgen, der entweder in ein totalitäres System oder in den Terror führen mußte. Aber selbst wenn diese Alternative vermieden wurde, wirkte sich eine lautlose Revolution, der „lange Marsch durch die Institutionen“, auf fatale Weise aus. Er führte zu jener
    Dekadenz, die es unserem Staat heute so schwer macht
    , sich zu behaupten.

    In seinem neuen Buch zeichnet der Historiker Karlheinz Weißmann nach, was `68 geschah, wie es so weit hatte kommen können, wie sich das Geschehen auf die Folgezeit auswirkte und warum es so schwer ist, von diesem Erbe loszukommen und das ganze Ausmaß des Desasters zu begreifen: den Kulturbruch, der `68 vollzogen wurde”

    Quelle https://jf-buchdienst.de/Kulturbruch-68.html

    Die empirischen Ergebnisse in seiner historischen Chronologie belegen, dass der uralte Parasit, der durch Kapitalismus und Kommunismus zum Besitzer menschlicher Schicksale werden will. Aufgrund ihrer parasitären Natur identifizieren sie sich nicht mit nationalen Interessen und kümmern sich nur um ihre. So kann die Unordnung, die sie auf allen Gebieten hervorbringt, ihnen nur nützen, weil die Anarchie der Völker, unter denen sie lagern, ihr Element des Lebens ist.

    Da sie keiner Klasse und keiner Partei angehören, können sie nur von den Kämpfen der Parteien und Klassen profitieren. Sie ziehen den natürlichen Nutzen von Außenseitern, von denen eine Minderheit ist, die sich die Uneinigkeit und Dissidenten zunutze macht, um die Individuen zum Geschmack ihrer Interessen zu führen.

    Als konstruktive Kraft scheiterten der Bolschewismus Lenins, Trotzkis und Stalins sowie die Ideologie der Führer der Frankfurter Schule, die von den Vereinigten Staaten sehr gut aufgenommen wurden, völlig.

    Fazit – Als konstruktive Kraft scheiterte der Bolschewismus von Lenin, Trotzki und Stalin vollständig.

    Die Wahrheit und die Mathe ändern sich nie. Was im Mathäus 07:16 steht wird nie ändern: “An ihre Früchte werdet ihr sie erkennen” …. das gleiche gilt fuer Johannes VIII XLIV … Jeremia IX II …

    Nicht alles was Hand und Fuß hat, hat automatisch auch Herz und Hirn!

    gut zu sein ist nicht gleichbedeutend damit, ein Idiot zu sein – gut zu sein ist eine Tugend, die manche Idioten nicht verstehen

    ,,Gutes kann niemals aus Lüge und Gewalt entstehen.” Mahatma Gandhi

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