Antonio Banderas als 13ter Krieger

BLOG: Der Islam

Geschichte und Gegenwart
Der Islam

Morgen Abend strahlt der Fernsehsender RTL II um 20.15 Uhr den amerikanischen Abenteuerfilm „Der 13te Krieger“ mit Antonio Banderas alias Ahmad ibn Fadlan in der Hauptrolle aus. Die Geschichte dieses Films, der Michael Crichtons Roman „Eaters of the Dead“ zur Vorlage hat, ist schnell erzählt:

Ahmad Ibn Fadlan, ein Poet aus Bagdad verliebt sich in die Frau eines anderen und muss die Stadt verlassen. Der Kalif setzt ihn als Botschafter ein und gibt ihm den Auftrag mit den Nordvölkern eine Verbindung herzustellen. An der Wolga angekommen, lernt er eine Gruppe von Nordmännern kennen, die sich für den Kampf gegen die grausamen Wendol, einen Stamm kannibalischer Neandertaler, aufrüsten. Eine Seherin befragt die Knochen und ruft Krieger in der Anzahl der 13 Monde im Jahr auf; der letzte unter ihnen darf jedoch kein Nordmann sein.

So zieht Ahmad als 13ter Krieger unter König Buliwyfs Leitung mit den Nordmännern in den Kampf und es gelingt ihnen, nach mehreren Schlachten den Feind zu besiegen.

Ich mag solche Fantasy-Abenteuerfilme in der Regel nicht so sehr; „der 13te Krieger“ finde ich aber gar nicht so schlecht. Als ich den Film das erste Mal gesehen habe, fand ich die Idee ganz gut und mich haben einige Dialoge begeistert. Dazu komme ich am Ende des Beitrags noch zu sprechen. Mir war damals aber noch nicht bekannt, dass Ahmad ibn Fadlan keine fiktive Figur, sondern eine reale Person ist. Als ich mich dann während des Studiums auf islamische Geschichte konzentrierte und dabei den Fokus auf die Abbasidenzeit (750-1258) legte, bin ich auf Ahmad ibn Fadlan gestoßen. Sowohl der Roman als auch der Film sind an seine Geschichte angelehnt; die oben beschriebene Handlung ist jedoch erfunden.

Viele Informationen zur Person des Ibn Fadlan haben wir allerdings nicht. Was wir von ihm kennen, ist sein Reisebericht über die Gesandtschaft des Abbasidenkalifen al-Muqtadir (reg. 908-932) an den Fürsten der Wolgabulgaren (einem Turkvolk), die er vermutlich als Schriftgelehrter begleitet hatte. Die Gesandtschaft  verließ Bagdad im Juni 921 und hatte im Mai des darauffolgenden Jahres ihr Ziel erreicht. In seinem Bericht erzählt Ibn Fadlan eindrucksvoll über die Sitten und Bräuche der verschiedenen Völker, die ihm auf dieser Reise begegnet sind. Um einen Eindruck zu vermitteln, seien hier zwei Auszüge über die Rus (Wikinger, germanische Waräger) angeführt, die man teilweise auch im Film sieht:

„Ihre Morgentoilette geht folgendermaßen vor sich: Die Sklavin bringt ihrem Herrn jeden Morgen ein Becken mit Wasser; darin wäscht er sich Hände, Gesicht und Haar, das er ins Becken auskämmt. Dann schneuzt er sich ins Becken und spuckt hinein. Hierauf trägt die Sklavin das Becken (dessen Wasser nicht gewechselt wurde) zum nächsten und so weiter, bis es bei allen im Hause herumgegangen ist, wobei jeder sich darin gewaschen, geschneuzt und hineingespuckt hat.“

„Man erzählte von den Zeremonien beim Tod ihrer Häuptlinge, deren geringste noch das Verbrennen sei. Ich interessierte mich dafür. Endlich erfuhr ich vom Tod eines ihrer angesehenen Männer. Sie legten ihn in ein Grab und deckten es für 10 Tage (mit Holz und Erde) zu, während sie für ihn Gewänder zuschnitten und nähten. Ist der Verstorbene ein armer Mann, so verfertigen sie für ihn ein kleines Boot, legen ihn hinein und verbrennen es. Ist er reich, so bringen sie seine Habe zusammen und teilen sie in drei Teile: einen für seine Familie, einen, wovon sie ihm Kleider schneidern lassen, einen dritten, um das Bier zu bereiten, das sie bis zu dem Tage trinken, an dem seine Sklavin sich tötet und mit ihrem Herrn verbrannt wird. Sie trinken dieses Bier Tag und Nacht bis zum Verblöden; oft geschieht es, daß einer stirbt, den Becher in der Hand. Wenn ein Häuptling von ihnen stirbt, so sagt seine Familie zu seinen Sklavinnen und Sklaven: „Wer von euch will mit ihm zusammen sterben? Sagt dann jemand „ich!“, so ist er gebunden; es steht ihm nicht mehr frei, sein Wort zurückzunehmen. Meistens sind es die Sklavinnen, die das (freiwillig) tun.“

Es ist schon etwas merkwürdig, dass weder über die Rückkehr nach Bagdad noch über das Leben von Ahmad ibn Fadlan etwas bekannt ist. Sein Reisebericht scheint aber von Geographen und Historikern wie al-Istachri (gest. 951) und al-Mas´udi (gest. 957) verwendet worden zu sein. Im geographischen Wörterbuch von Yaqut (gest. 1229)  wird der Reisebericht zitiert und exzerpiert. Yaqut betont zudem, dass der Bericht von Ibn Fadlan zu seiner Zeit in vielen Abschriften vorhanden war.

Doch zurück zum Film: Das eigentlich interessante an dem Film ist, wie die Akteure im zwischenmenschlichen Bereich miteinander umgehen. Ahmad ist von vielen Sitten der Nordmänner überrascht, zum Teil auch angewidert, aber seine Neugier ist groß. Er lernt ihre Sprache und bringt Buliwyf bei, wie man das muslimische Glaubensbekenntnis schreibt. Er erfährt viel über ihre Traditionen und ihren Glauben und entdeckt dabei Gemeinsamkeiten, wie etwa der Glaube an ein Paradies und ein Leben nach dem Tod.

Es ist die Toleranz und Dialogbereitschaft zwischen den kulturell so verschiedenen Männern, die diesen Film so auszeichnet.

Der Film endet damit, dass Ahmad nach dem Ende der Mission die Heimreise antritt und folgendes Bittgebet für die Nordmänner spricht:

„Gelobt sei Allah in seiner Güte und Barmherzigkeit, auf dass sein Segen auf jenen heidnischen Männern ruhe, die andere Götter verehren, die ihre Speisen teilten und ihr Blut vergossen, so dass dein Diener Ahmad ibn Fadlan zum Mann wurde, sowie zu einem würdigen Diener Gottes.“

Schon alleine deswegen sollte man sich diesen Film mal angesehen haben. Vielleicht kann sich dann der eine oder andere von uns eine Scheibe davon abschneiden.

Anmerkung: Die beiden Zitate sind entnommen aus: Hasenfratz, Hans-Peter: Die religiöse Welt der Germanen: Ritual, Magie, Kult, Mythus. Freiburg 1992.

In der Einleitung behandelt der Autor unter dem Titel „Wie ein Muslim Germanen sah und erlebte“ Auszüge des Reiseberichts von Ibn Fadlan.

Avatar-Foto

Veröffentlicht von

Hussein Hamdan M.A., geb. 1979 studierte Islam- und Religionswissenschaft sowie Irankunde in Tübingen und schloss sein Studium 2007 mit einem Magister ab. Anschließend folgte, ebenfalls an der Universität Tübingen, die Doktorarbeit über das Wirken der Azhar-Universität im christlichen-islamischen Dialog, die im März 2013 abgeschlossen wurde. Hussein Hamdan war die ersten beiden Jahre seiner Promotion Stipendiat der Konrad-Adenauer-Stiftung, ehe er 2009 für zwei Jahre Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Zentrum für interkulturelle Kommunikation in Heidelberg wurde. Dort verfasste er u.a. den Band „Muslime in Deutschland. Geschichte, Gegenwart und Chancen“. Aktuell ist er an der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart angestellt und für das Projekt „Gesellschaft gemeinsam gestalten – Junge Muslime als Partner“ verantwortlich. Hussein Hamdan ist Autor und Sprecher der Kolumne „Islam in Deutschland“ (SWR) und Referent zu diversen Themen des Islam. Seine Schwerpunkte sind Muslime in Deutschland, Interreligiöser Dialog, Humor im Islam sowie Einführungen in die Grundlagen, Quellen und Geschichte des Islam. Zudem ist er Mitglied des Runden Tischs Islam von Integrationsministerin Bilkay Öney in Baden-Württemberg. Hamdan hat sich in den letzten Jahren in verschiedenen Bereichen des interreligiösen und interkulturellen Dialogs engagiert. Von 2004-2007 moderierte er in Tübingen den Arabisch-Amerikanischen Dialog. Aktuell ist er Vorstandsmitglied des Bendorfer Forums.

9 Kommentare

  1. @Michael

    Gern geschehen. Ich bin mir sicher, dass er dir gefallen wird. Sag mir deine Meinung, wenn du ihn gesehen hast. 😉

  2. Beowulf

    Leider wird hier nicht die eigentliche Intention des Romans erwähnt. Diese muss man aber wissen, um das Ganze wirklich zu verstehen. Im Film selbst kommt das gar nicht ‘rüber, was auch nicht weiter verwundern darf. Bücher können halt vielschichtiger und differenzierter sein.

    Crichton wollte, wie er im Nachtag zu “Eaters of the Dead” beschreibt, etwas beweisen. Er hatte mit jemandem gewettet, dass die alten Klassiker, die der Wettpartner als “die alten Langweiler” abwertete, in Wirklichkeit spannende und faszinierende Geschichten sind, die uns auch heute noch etwas sagen und die sich mit heutigen Thrillern problemlos messen können. Als Beweis nahm er sich das Heldenepos “Beowulf”. Da das heute kaum noch jemand kennt oder gar gelesen hat, muss ich dazu erklären, dass es sich um die Sage des Kampfes eines Trupps Kriegers gegen das Ungeheuer Grendel handelt.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Beowulf

    Ich empfehle die Übersetzung von Burton Raffel.

    Bei Buliwyf handelt es sich natürlich um Beowulf, auch die anderen dramatis personae lassen sich unschwer wiederfinden, ebenso viele Schlüsselszenen des Buchs.

    Crichton hat noch ordentlich Sex hineingepackt und auch eine Dosis von den Neandertalern, die in den 90ern gerade en vogue waren, warum auch immer, und natürlich auch noch diese Ibn Fadlan-Geschichte, die mit dem eigentlichen Beowulf-Epos nichts zu tun hat. Dann hat er im Buch auch eine Menge pedantische Fußnoten untergebracht.

    Wahrscheinlich stimmt bei den Neandertaler-Teilen hinten und vorne nichts, das ist in Crichton-Romanen so üblich … sie sollen immer den Anschein tiefer Recherche erwecken, erfüllen den selbstgesteckten Anspruch aber in aller Regel nur vordergründig.

    Schlecht war der Roman nicht, insbesondere dann nicht, wenn man Beowulf gelesen hat und beim Lesen die Vergleiche vornehmen kann.

  3. Clash of Cultures?

    Lieber Herr Hamdan,

    haben Sie herzlichen Dank für den Film-Tipp; den Film kannte ich persönlich schon, er kommt ab und zu ins Fernseher.
    Wie Herr Michael Khan bereits erwähnt hat, basiert die Handlung auf dem Epos “Beowulf”. Merkt man auch von den Namen: Buliwyf=Beowulf, Hrothgar… M. Crichton hat versucht, die Geschichte von Beowulf als historisches Ereigniss darzustellen, welches durch die Erzählung von ibn Fadlan weitervermittelt sein sollte… Na ja… Ist doch ein Roman… Und der Film hat einige gute Aktionszenen; die Landschaftsaufnahmen sind auch nett. Ansonsten hat es in den Kino-Kassen mißglückt; übrigens, die Rüstungen, die die Wikinger tragen sind zeitlich falsch!
    Eigentlich mag ich solche Filme, die den Eindruck vermitteln, daß sie eine Spritze “Clash of Cultures” eingiessen… Damit sollte man natürlich vorsichtig sein; gerade die Hollywood sind solche Filme mit Klischees überfüllt.

    Bei Gelegenheit, was halten Sie von der Darstellung der Araber (und der Wikinger) in dem – quasi – Vorgänger Film des “13ten Kriegers” namens “The Long Ships” (1964, mit Sidney Poitier)? Oder “Hidalgo” (2004, mit Omar Sarif)?

  4. @ Michael Khan

    Ihre Ausführungen sind eine gute Ergänzung zum Artikel. Ich habe mich mit dem Roman nicht ausführlich beschäftigt. Wie man unschwer erkennen kann, ging es mir im Artikel hauptsächlich um die Botschaft zum Dialog und zur Toleranz, die ich im Film sehe und natürlich auch um die Person Ahmad ibn Fadlan.
    Im Rahmen meines Religionswissenschaftsstudiums habe ich mich intensiv mit der Darstellung von Weltreligionen im Spielfilm auseinandergesetzt. Daher weiß ich, wie wichtig die Hintergrundinformationen sind.
    Herzlichen Dank dafür.

  5. johny j.

    Vielen Dank für Ihren Kommentar. Da ich die beiden Filme nicht kenne, kann ich überhaupt nichts dazu sagen. Aber sie haben mich neugierig gemacht. Ich werde sie mir bei Gelegenheit anschauen. Vielleicht schreibe ich dann auch etwas darüber. 😉

    Alles Gute

  6. Araber/ arabische Kultur in Hollywood-Filme.

    @H. Hamdan: Vielen Dank für die netten Wörter.

    Ich denke, man kann diese Filme in jeden beliebigen DVD Laden aussuchen; oder vom Internet herunterladen.

    Es freut mich, daß ich Ihnen die Anregung dazu gegeben habe; daraus kann schon ein Dialog zum Thema “Clash of Cultures”, bzw. zum Bild der Araber in Hollywood-Filme entstehen.
    Beste Grüsse!

  7. Muslime im Film

    Ich habe mir den Film auch angesehen. Allerdings finde ich die gezeigten Kämpfe ziemlich abstoßend, aber darum geht es hier wohl nicht. “Es ist die Toleranz und Dialogbereitschaft zwischen den kulturell so verschiedenen Männern, die diesen Film so auszeichnet. “Ja, das hat mir auch gefallen, denn meistens werden Araber im Film eher einseitig dargestellt. Ein positives Beispiel ist aber dieser Film über Mohammed, der allerdings schon recht alt ist:
    http://www.youtube.com/watch?v=IB-dd5xaiPY

  8. @ Mona

    Liebe Mona,

    sehr schön, dass Sie auf den Film über Muhammad aufmerksam machen. Er gehörte zu meinen Prüfungsthemen in der Religionswissenschaft und ich habe eine umfangreiche Analyse über den Film erstellt. Ich werde ihn demnächst in einem Blogartikel vorstellen. 😉

Schreibe einen Kommentar