Der Imam und der Pastor -Wie aus erbitterten Feinden Freunde wurden

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Geschichte und Gegenwart
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„Der Imam und der Pastor“ ist der Titel eines Dokumentarfilms, der die bewegende Geschichte zweier Geistlicher aus Nigeria eindrucksvoll darstellt.

Imam Muhammad Ashafa und Pastor Movel Wuye waren einst erbitterte Feinde. Ende der 8oer Jahre schlossen sie sich während der kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Christen und Muslimen in Nigeria zwei verfeindeten Milizen an und mussten bei diesen Kämpfen persönliche Verluste hinnehmen. Nahe Angehörige des Imams wurden durch christliche Kämpfer ermordet; Pastor James verlor eine Hand, als Muslime versuchten, ihn zu töten.

Der blanke Hass, die Verabscheuung des Anderen und die Teilnahme an den Kampfhandlungen aus tiefer Überzeugung waren die einzigen Parallelen zwischen ihnen.

Dass diese beiden Männer eines Tages zu engen Verbündeten werden und gemeinsam ein christlich-islamisches Versöhnungszentrum gründen würden, schien eigentlich unvorstellbar.

1995 lernten sich die beiden im Rahmen eines Treffens verschiedener Religionsführer kennen.

Ashafas Haltung hatte sich zu dieser Zeit durch eine Predigt, die er zur Vergebung im Islam gehört hatte, verändert. Er war nun bereit zu vergeben und suchte den friedlichen Dialog zu Christen. James konnte sich von seinem Misstrauen gegenüber dem Imam erst allmählich lösen, als dieser James kranke Mutter im Krankenhaus besuchte und nach deren Tod an ihrem Grab Gebete für sie sprach.

James nahm diese positiven Signale auf und erklärte sich bereit mit Ashafa  zusammenzuarbeiten. Innerlich fehlte ihm aber immer noch die Überzeugung und er spielte sogar drei Jahre lang mit dem Gedanken Ashafa zu töten.

Seine Einstellung sollte sich ebenfalls durch eine Predigt verändern. Die Hauptaussage der Predigt war: „Jesus ist Liebe und nicht Hass!“

Mit der neuen Überzeugung, dass ihre Religionen eine friedliche Botschaft vermitteln, gründeten sie in Kaduna ein christlich-islamisches Versöhnungszentrum. Dort geben sie Dialogseminare und betreuen Waisen, Witwen und Angehörige von Kriegsopfern.

Außerdem reisen sie gemeinsam mit Teams aus Imamen und Pastoren in Unruheherde des Landes und versuchen mit Seminaren und Workshops zwischen den Gemeinden zu vermitteln.

So geschah es auch in Shendam, wo sich 2004 Muslime und Christen erneut vehement bekämpften. Ashafa und James statteten der Gegend 17 Besuche ab und hielten Predigten zum Frieden. Zudem organisierten sie dort ein Festival, an dem die ehemals verfeindeten religiösen Gruppen teilnahmen und eine Friedenserklärung zwischen den Gemeindeführern aushandelten. Dabei sprachen Vertreter der verschiedenen Gemeinden Entschuldigungen für den Ausbruch der Unruhen und den Opfern aus.

Ashafa und James wurden im Laufe der Zeit auch zu internationalen Treffen eingeladen, um ihre Lösungen vorzustellen.

2005 erhielten sie in Deutschland den Bremer Friedenspreis der Stiftung „Die Schwelle“.

Der Film wurde 2007 beim Africa World Festival mit dem 1. Preis in der Kategorie „Kurz-Dokumentarfilme“ gekrönt.

Der Erfolg der beiden Geistlichen hängt unter anderem mit ihren Kriegserlebnissen und ihrer persönlichen Wandlung zusammen. Sie wirken glaubwürdig, wenn sie erklären, dass Frieden unter den Menschen verschiedener Religionen, Stämmen und Nationen möglich sei.

Schließlich liege die Kraft in der Vielfalt, wie Ashafa betont und sich dabei von folgendem Koranvers inspirieren lässt:

O ihr Menschen, Wir haben euch aus Mann und Frau erschaffen und euch zu Völkern und Stämmen gemacht, damit ihr einander kennenlernt.

Der Imam und der Pastor haben sich –so scheint es- ein Leben lang die Treue geschworen.

„Wir sind wie ein Ehepaar, das sich nicht scheiden lassen darf“, erklärt James.

Ashafa und James waren Gegner im Krieg und haben persönliche Verluste hinnehmen müssen, das darf man nicht vergessen. Und trotzdem haben sie sich selbst die Chance gegeben den anderen zu verstehen, Vorurteile abzubauen und zu erkennen, dass sie statt Feindschaft und Hass, Freundschaft und Liebe verbinden kann.

Es tut gut zu wissen, dass es in unserer gegenwärtigen Zeit, die von Kriegen, Terror und Krisen dominiert wird, auch Menschen leben, die bereit sind zusammenzustehen und gemeinsam versuchen, Krisen zu bewältigen.

Dialogfreunde werden sich durch diesen Film in ihrer Haltung bestärkt fühlen. Es bleibt aber zu hoffen, dass sich auch Dialogkritische Menschen mit diesem Film und seiner Botschaft auseinandersetzen.

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Hussein Hamdan M.A., geb. 1979 studierte Islam- und Religionswissenschaft sowie Irankunde in Tübingen und schloss sein Studium 2007 mit einem Magister ab. Anschließend folgte, ebenfalls an der Universität Tübingen, die Doktorarbeit über das Wirken der Azhar-Universität im christlichen-islamischen Dialog, die im März 2013 abgeschlossen wurde. Hussein Hamdan war die ersten beiden Jahre seiner Promotion Stipendiat der Konrad-Adenauer-Stiftung, ehe er 2009 für zwei Jahre Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Zentrum für interkulturelle Kommunikation in Heidelberg wurde. Dort verfasste er u.a. den Band „Muslime in Deutschland. Geschichte, Gegenwart und Chancen“. Aktuell ist er an der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart angestellt und für das Projekt „Gesellschaft gemeinsam gestalten – Junge Muslime als Partner“ verantwortlich. Hussein Hamdan ist Autor und Sprecher der Kolumne „Islam in Deutschland“ (SWR) und Referent zu diversen Themen des Islam. Seine Schwerpunkte sind Muslime in Deutschland, Interreligiöser Dialog, Humor im Islam sowie Einführungen in die Grundlagen, Quellen und Geschichte des Islam. Zudem ist er Mitglied des Runden Tischs Islam von Integrationsministerin Bilkay Öney in Baden-Württemberg. Hamdan hat sich in den letzten Jahren in verschiedenen Bereichen des interreligiösen und interkulturellen Dialogs engagiert. Von 2004-2007 moderierte er in Tübingen den Arabisch-Amerikanischen Dialog. Aktuell ist er Vorstandsmitglied des Bendorfer Forums.

8 Kommentare

  1. So sehen für mich Helden aus…

    Von Typen, die auf Gewalt nur mit immer noch mehr Gewalt antworten wollen, hat diese Welt wahrlich genug gehabt. Meines Erachtens gehört wirklicher Mut zum Dialog, denn er bedeutet, sich auch der Weltsicht des je anderen auszusetzen und einzuräumen, dass die Wahrheit größer sein könnte als das eigene Blickfeld. Wo immer Christen, Muslime, Juden, Anders- und Nichtglaubende diesen Mut in sich finden, machen sie die Welt ein wenig heller.

    Danke auch für diesen Beitrag, Hussein – und herzlichen Glückwunsch zur Auszeichnung für Deinen Blogbeitrag 2008!

  2. @ Michael

    Ja, das sind wirklich Helden und Vorbilder. Mir gefällt vor allem, dass sie nach all den schlimmen Erfahrungen gelernt haben zu vergeben. Davon brauchen wir mehr auf der Welt.
    Es wäre schön, wenn wir von ähnlichen Initiativen aus anderen Krisenregionen hören würden.

    Vielen Dank für die Glückwünsche!

  3. Zwei Gedichte

    … aus persönlicher Erfahrung

    Abrahams Gott

    Vater Abraham kannt’ einen Gott.
    Der Christ nennt Jesus dessen Sohn.
    Für Moslems ist dies glatter Hohn;
    sie schließen nur in ihr Gebet,
    dass Mohammed letzter Prophet.
    Vielleicht ist beides davon nichtig?
    Wenn wir wissen, was ist richtig,
    Sagt’s uns doch derselbe Gott.

    Le nom de dieu

    Schwarzer Moslem, Weißer Christ,
    Unser Gott derselbe ist:
    ‘Allah’ ist Übersetzung nur
    Auf Gottes Namenspartitur.

    Vielen Dank für das “Wassser auf meine Mühlen”, ein wunderschöner Blog!

  4. @ Machmut Agathe Dalena

    Vielen lieben Dank für die tollen Gedichte. Ich habe mich wirklich sehr gefreut und werde versuchen sie bei der nächsten Gelegenheit im Christlich-islamischen Dialog vorzutragen bzw. weiterzugeben.
    Hast du sie geschrieben?

  5. @ Michael

    Vielen Dank lieber Michael für den link. Ich habe mich wirklich sehr gefreut.
    Gerade ist viel los; Diss., Vorträge.. Aber der nächste Artikel kommt noch diese Woche. 😉

  6. Der Imam und der Pastor -Wie aus erbitte

    Ja, das sind wirklich Helden und Vorbilder, solche Typen muessten in der Regierung/Berlin sein ;-)zur Wahl stehen ?????????

    Liebe Gruesse Charly

  7. “Christliche, jüdische und muslimische Frauen im Trialog”

    Thema: “… Als habe er die ganze Menschheit getötet…”

    Versöhnung (un-)möglich?
    Auseinandersetzungen zwischen Christen und Muslimen scheinen überall auf der Welt an der Tagesordnung zu sein. Der Dokumentarfilm “Der Imam und der Pastor” erzählt eine außergewöhnliche Geschichte und sagt ´Yes, we can´: es ist möglich, Frieden zwischen zwei feindseligen Protagonisten zu stiften, es ist möglich, Fremdenhass, Ängste und unterschiedlic…he kulturelle Werte sowie religiöse Prägungen zu überwinden, es ist möglich, sich am Ende doch zu versöhnen… Wie – das zeigt dieser besonders eindrucksvolle Film, der uns als Ausgangspunkt für unseren interreligiösen Trialog dient.

    Am Beispiel des im Film dargestellten Konflikts zwischen Christen und Muslimen in Nigeria wollen wir zusammen über Themen wie Toleranz, interreligiöse Konflikte und Verständigung nachdenken und in eine Diskussion aus muslimischer, christlicher und jüdischer Perspektive einsteigen.

    Wir laden Sie und Ihre Freunde herzlich ein, Ihre Erfahrungen und Gedanken zu diesem Thema in unsere Diskussion
    miteinzubringen.

    Dabei stehen Ihnen Fachleute der drei Religionen unterstützend
    – Henny Bassenge, Jüdischer Frauenverein
    – Melanie Miehl, Christlich-Islamische Gesellschaft
    – Rabeya Müller, IPD-Instituts für Interreligiöse Pädagogik und Didaktik
    und special guest: Thomas Lemmen, Christlich-Islamische Gesellschaft
    Rede und Antwort.

    (Eintritt frei)

    Zeit:
    Dienstag, 22. März 2011, 18:00 Uhr
    Ort:
    Villa Ignis, Elsa-Brändström-Str. 6, 50668 Köln, Tel. 0221/72 51 05

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