Die Mutter im Islam

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Geschichte und Gegenwart
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Morgen ist Muttertag. Aus diesem Anlass möchte ich heute die Stellung der Mutter aus islamischer Perspektive kurz vorstellen.

Im Allgemeinen gehört das Gebot, Vater und Mutter zu ehren zu den Pflichten der Muslime.
Dazu bezieht der Koran in mehreren Versen Stellung.
So heißt es in Sure 17, Vers 23:
„Dein Herr hat bestimmt, dass ihr Ihn alleine anbeten sollt und dass ihr gegen eure Eltern gütig seid, auch wenn der eine von ihnen oder beide bei dir ins hohe Alter kommen.“

Damit wird die gerechte Behandlung der Eltern direkt nach dem wichtigsten Gebot im Islam, nur den einen Gott zu ehren, erwähnt. Dies verdeutlicht den Stellenwert der Eltern. Außerdem wird man darauf hingewiesen, sich um seine Eltern zu kümmern, wenn sie ein Alter erreicht haben, indem sie auf Pflege angewiesen sind. Man soll auch nicht seine Stimme gegen sie erheben und stets in einem angemessenen Ton mit ihnen sprechen. Dazu heißt es im darauffolgenden Vers:
„Sag daher nicht „Uff!“ zu ihnen und schelte sie nicht, sondern rede mit ihnen auf ehrerbietige Weise.“

Uff gilt in der arabischen Sprache als Ausdruck für Unzufriedenheit und Abwertung. Der Vers bedeutet nicht, dass man alle Anordnungen der Eltern befolgen muss, sondern dass man versucht ihnen auch bei Meinungsverschiedenheiten den nötigen Respekt zu zollen und ihnen ruhig und sachlich seine Sicht der Dinge erklärt.

An anderer Stelle heißt es:
„Wir legten dem Menschen Güte gegen seine Eltern ans Herz. Seine Mutter trug ihn von Schwäche zu Schwäche, und seine Entwöhnung dau­ert zwei Jahre. (Gott sagt:) „Sei Mir und deinen Eltern dankbar.“ (Sure 31, 14)

Hier wird man vor allem daran erinnert, was eine Mutter alles durchmachen muss um einem Kind das Leben zu schenken. Dass sie es neun Monate lang getragen und unter unbeschreiblichen Schmerzen auf die Welt gebracht hat; es danach stillt und pflegt und ihren Lebensrhythmus nach dem Kind richtet.
Vielleicht liegt es unter anderem daran, warum Muhammad der Position der Mutter so einen hohen Stellenwert beimisst. Zwar haben beide Elternteile das Recht auf eine gute Behandlung, die Mutter wird aber besonders in den Vordergrund gestellt, wie folgende Überlieferung deutlich macht:

Eines Tages kam ein Mann zu Muhammad und fragte ihn: „Wen soll ich am besten behandeln?“
Muhammad antwortete: „Deine Mutter.“
Der Mann fragte: „Und wer danach?“
Muhammad sagte: „Danach deine Mutter.“
Der Mann fragte weiter: „Und wer danach?“
Und wieder gab Muhammad dem Mann zur Antwort: „Danach deine Mutter.“
Der Mann fragte nochmals: „Und wer danach?“
Da sagte Muhammad: „Danach dein Vater.“

Diese Erklärung des Propheten muss für den Mann eine sehr große Überraschung gewesen sein, da im vorislamischen Arabien den Müttern kaum eine bedeutende Rolle zugeschrieben wurde.
Der Islam hingegen lehrt die Eltern und insbesondere die Mutter zu ehren und zu achten. Sie hat so eine herausragende Stellung, so dass Muhammad in einem bekannten Hadith (Prophetenausspruch) erklärt, dass das Paradies zu den Füßen der Mütter liegt.
Ich wünsche allen Müttern einen schönen Muttertag!

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Veröffentlicht von

Hussein Hamdan M.A., geb. 1979 studierte Islam- und Religionswissenschaft sowie Irankunde in Tübingen und schloss sein Studium 2007 mit einem Magister ab. Anschließend folgte, ebenfalls an der Universität Tübingen, die Doktorarbeit über das Wirken der Azhar-Universität im christlichen-islamischen Dialog, die im März 2013 abgeschlossen wurde. Hussein Hamdan war die ersten beiden Jahre seiner Promotion Stipendiat der Konrad-Adenauer-Stiftung, ehe er 2009 für zwei Jahre Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Zentrum für interkulturelle Kommunikation in Heidelberg wurde. Dort verfasste er u.a. den Band „Muslime in Deutschland. Geschichte, Gegenwart und Chancen“. Aktuell ist er an der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart angestellt und für das Projekt „Gesellschaft gemeinsam gestalten – Junge Muslime als Partner“ verantwortlich. Hussein Hamdan ist Autor und Sprecher der Kolumne „Islam in Deutschland“ (SWR) und Referent zu diversen Themen des Islam. Seine Schwerpunkte sind Muslime in Deutschland, Interreligiöser Dialog, Humor im Islam sowie Einführungen in die Grundlagen, Quellen und Geschichte des Islam. Zudem ist er Mitglied des Runden Tischs Islam von Integrationsministerin Bilkay Öney in Baden-Württemberg. Hamdan hat sich in den letzten Jahren in verschiedenen Bereichen des interreligiösen und interkulturellen Dialogs engagiert. Von 2004-2007 moderierte er in Tübingen den Arabisch-Amerikanischen Dialog. Aktuell ist er Vorstandsmitglied des Bendorfer Forums.

11 Kommentare

  1. Danke! 🙂

    Lieber Hussein,

    eine schöne Blogidee zum Muttertag! Ich bin ja immer wieder fasziniert zu erleben, dass einige religiöse Traditionen auch ihre eigene Vergemeinschaftung als Mütterlichkeit erfassen. So sprechen Christen von der “Mutter Kirche” und Muslime von der “ummah” von arabisch umm = Mutter. Sogar noch im ursprünglichen Materialismus steckt die Mater = Mutter(vorstellung) drin.

    Beste Grüße & einen schönen Sonntag!

  2. Eigentlich…

    Danke für diesen Blogbeitrag. Das bringt mich darauf: Religionen scheinen ziemlich parallel im Bemühen, sich drum zu bemühen, dass *eigentlich* von allen als gut erkannte Grundregeln des Lebens nicht (durch private Egoismen) zu häufig verletzt werden.
    *Eigentlich* wissen das alle, dass Eltern zu achten… wären. Aber es gibt kulturelle Verschiebungen, Umbrüche… und Junge verstehen von Lebenszusammenhängen plötzlich mehr als ihre Eltern. Junge Ausländer können uU besser Deutsch als ihre Eltern, übersetzen für sie vor Behörden…; oder sie verstehen die Technik besser oder… oder… Ist doch klar, dass viele dann denken, sie könnten (und müssten!) die Welt neu erfinden. Und das wirkt sich aus, nicht nur im Verhältnis der Generationen, sondern auch auf eingespielte Grundregeln des Lebens, auf Religionen. Ältere und auch Jüngere spüren dann Verunsicherungen und schieben dafür die Schuld auf die jeweils anderen oder auf das feindliche Umfeld. Ja, und Fundamentalismen (Einigeln im Überkommenen) können dadurch auch aufkommen. An denen haben wir miteinander (und nicht gegeneinander) zu arbeiten: verstehen, was läuft
    Im Übrigen: ich finde es gut und gleichzeitig immer ein bisschen traurig, dass man für manche *eigentlich* von allen als gut erkannten Lebensbezüge extra Jahrestage braucht. Die Menschen wissen so viel, was *eigentlich* gut wäre; und müssen immer wieder dran erinnert werden.

  3. @ Michael

    Vielen Dank lieber Michael. Ich wollte schon länger etwas zur Stellung der Mutter schreiben; der Muttertag schien mir dafür eine gute Gelegenheit.

    Umma ist ein Lehnwort, wahrscheinlich aus dem hebräischen oder aramäischen und ist wohl nicht auf den Begriff umm (Mutter) zurückzuführen.

    Die Ägypter nennen ihr Land sehr gerne umm al-Dunia (Die Mutter der Welt).

    Mütter sind halt schon etwas ganz besonderes. 😉

    Viele Grüße!

  4. @ Hermann Aichele

    Lieber Hermann,

    du schreibst: “Religionen scheinen ziemlich parallel im Bemühen, sich drum zu bemühen, dass *eigentlich* von allen als gut erkannte Grundregeln des Lebens nicht (durch private Egoismen) zu häufig verletzt werden.”

    Da hast du Recht. Ich möchte nur auf die 10 Gebote verweisen, die es im Koran in ähnlicher Weise auch gibt. In Sure 17, 22-39 werden die Menschen dazu aufgefordert u.a. Gott keine anderen Götter zur Seite zu stellen, die Eltern zu ehren,keine Unzucht zu begehen und nicht zu töten. Außerdem soll man Bedürftigen helfen, bescheiden sein und gerecht handeln.

    Diese Parallelen werden gerne mal (wissentlich) übersehen.

  5. Hussein Hamdan

    Das die von Abraham “abgeleiteten” Religionen (Judentum, Christentum, Islam) sehr viele Parallelen haben ist wohl nicht verwunderlich.

    Interessanter dürfte ehe sein, woher die obigen Religionen das haben; Babylon oder Ägypten vielleicht? Gemeinsame Quellen = gemeinsame Regeln?

    Viel interessanter wäre da ein Vergleich von unabhängigen Religionen – gibts das schon was zu?

  6. Eine Frage

    Hussein, du schreibst:

    “Diese Erklärung des Propheten muss für den Mann eine sehr große Überraschung gewesen sein, da im vorislamischen Arabien den Müttern kaum eine bedeutende Rolle zugeschrieben wurde.”

    Gibt es da Belege für? Ich dachte, dass auch in vorislamischen Relgionen Muttergottheiten eine große Rolle spielten. Da hätte ich angenommen, dass auch Mütter wichtig waren.

  7. @ Sascha Bohnenkamp

    Ich bin kein Spezialist auf diesem Gebiet, aber soviel ich weiß, lassen sich in den drei großen monotheistischen Religionen einige Elemente finden, die auch schon in der babylonischen und altägyptischen Tradition bekannt waren, wie z.B. die Sintflut.

    Zum Vergleich der Religionen allgemein, auch derer, die keine gemeinsamen historischen Wurzeln zu haben scheinen, kann ich z.B. auf die Arbeiten von Hans Küng zum Weltethos hinweisen. Darin hat er versucht, Gemeinsamkeiten von verschiedenen Religionen herauszuarbeiten.

  8. @ Joachim

    Die vorislamischen Araber sollen drei Göttinnen (Manat, al-Lat und al-Uzza) als Töchter Gottes verehrt haben (siehe dazu Sure 53, 19 ff.). Eine Muttergottheit ist mir nicht bekannt.

    Frauen haben in jener Zeit im allgemeinen eine sehr geringfügige Rolle gespielt. So gab es auch die Sitte, neugeborene Mädchen lebendig zu begraben, aus Angst, sie könnten eines Tages Schande über den Stamm bringen.

    Belege aus der vorislamischen Zeit gibt es keine. Die Araber haben nicht geschrieben, sondern mündlich überliefert. Alles was wir über diese Zeit wissen, haben wir aus den islamischen Quellen.

  9. Göttinnen und Ehefrauen in vorislamischer Zeit

    Über Arabien in vorislamischer Zeit findet sich hier etwas:
    http://home.arcor.de/…in/vorislamischerzeit.html

    Und unter diesem Link findet man “Eheschließung, Scheidung und ihre unterschiedlichen Formen bei den vorislamischen Arabern unter Berücksichtigung des frühislamischen Rechts”:
    http://web.uni-frankfurt.de/…ik/relkultur114.pdf

  10. Hussein Hamdan

    “aber soviel ich weiß, lassen sich in den drei großen monotheistischen Religionen einige Elemente finden, die auch schon in der babylonischen und altägyptischen Tradition bekannt waren, wie z.B. die Sintflut.”
    Die Schöpfung der Welt, der Menschen, die “Sintflut” mit eigenm Noah, das Paradies, die “Ur”sünde/Paradiesvertreibung, Auferstehung aus der Unterwelt nach drei Tagen, ein Erlöser vom Schöpfergott als Mensch geboren, eine Unterwelt/Totenwelt, Klage-Psalme, Stadtklagen, Gebote wie die “10 Gebote”, Gesetze wie bei Moses, die Aussagen der Bergpredigt uvm.

    ja alles aus Babylon bzw. Sumer und zum Teil auch aus Ägypten … allerdings im Detail ein “wenig” anders und ggf. mit anderen Vorzeichen, z.B. ist ein Gott, der die Sintflut zu verantworten hat, aus babylonischer Sicht “wahnsinnig vor Zorn” (siehe “Erra und Ishum”).

  11. Al Lat

    in einigen Büchern finde ich eine Gleichsetzung von Al Lat mir Astarte bzw. Ishtar .. Inanna.
    Wie auch von Al Latu und Ereshkigal.
    Inwieweit das wirklich passt ist aber schwierig zu entscheiden, da es praktisch nichts schriftliches über die beiden gibt.

    Zusammen mit den Löwensymbolen für Al Lat würde das schon zu Ishtar passen.

    Eine “Muttergöttin” war Ishtar allerdings sicher nicht. Die Ras Shamra Texte wiederum scheinen Aterat als Mutter der Götter zu sehen … mmmh mir ist aber nicht klar, ob das relevant für die Alt-Araber ist.

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