Die Schreibhemmung, Buridans Esel und das Higgs-Teilchen

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Ansichten eines Physikers
Die Natur der Naturwissenschaft

Vor einiger Zeit saß ich wieder einmal mit Freunden beim Essen und das Gespräch kam auf das Thema Fastendiät. Als ich meine Zweifel an einer langfristigen Wirksamkeit dieser Methode äußerte, erzählte mir ein erfahrener und sehr erfolgreicher Arzt, dass er mit dieser Methode schon einige, auch berühmte Schriftsteller von einer Schreibhemmung erlöst habe. Natürlich wurde nun heftig darüber diskutiert, was der tiefere Grund für eine Schreibhemmung sei und wie denn eine Fastendiät überhaupt einen solchen Grund beseitigen könnte.

Bei dem Gespräch fiel der Satz, dass man bei einer Schreibhemmung “seine Gedanken nicht auf die Reihe bringt”. Da wurde es nun besonders interessant für mich, da ich doch vor einiger Zeit mehrere Tage gebraucht hatte, um einen etwas längeren Gedankengang zu Papier zu bringen. Ich hatte dabei zwei verschiedene, jeweils noch unfertige Versionen im Kopf gehabt, die sich in der Reihenfolge der einzelnen Argumente unterschieden. Ich konnte mich für keine von beiden richtig entscheiden, werkelte mal an der einen Version, mal an der anderen herum, war aber nie ganz bei der Sache, weil nicht überzeugt von dem Ansatz – und verwarf ihn dann immer wieder. Ich machte kleine und größere  Pausen, aber die Unentschiedenheit blieb und damit die Halbherzigkeit bei der Ausführung.

Ich weiß nicht, ob man diese Episode schon als eine typische Schreibhemmung oder Schreibblockade auffassen kann. Solche sollen ja meistens mit psychischen Problemen einher gehen und von Vermeidungshandlungen begleitet sein.  Beides hatte ich an mir nicht beobachten können. Es schien mir mehr eine intellektuelles Problem gewesen zu sein.

Buridans Esel, spontane und explizite Symmetriebrechung

Wie auch immer – als ich mich bei dem Gespräch mit meinen Freunden an diese Situation erinnerte, fiel mir spontan “Buridans Esel” ein.  Das ist der Name einer Fabel, die von einem hungrigen Esel erzählt, der zwischen zwei gleich großen und gleich weit entfernten Heuhaufen steht und  sich nicht entscheiden kann, welchem er sich zuwenden soll.  Schließlich verhungert er.  Der französische Philosoph Jean Buridan (ca. 1300 – ca. 1360), dem dieses Gleichnis zugeschrieben war, war ein interessanter Mann, ein Schüler Ockhams, von dem wir wiederum das Sparsamkeitsprinzip im Hinblick auf Hypothesen kennen (auch als “Ockhamsches Rasiermesser” bekannt). Wie Ockham beschäftigte sich Buridan mit logischen und physikalischen Fragen und er entwickelte u.a. auch Vorstellungen über die Bewegung, die unter dem Namen “Impetustheorie” bekannt geworden sind.
Die Tatsache, dass Buridan seinen Esel verhungern lässt, weist darauf hin, dass man damals zwar schon mit einem Entscheidungsproblem eine Wahl zwischen mehreren Möglichkeiten verband, aber für Patt-Situationen noch keine Lösung kannte.  In meinem Beitrag “Der ‘freie Wille’ eines künstlichen Agenten” habe ich davon erzählt, wie man bei einem Roboter solche Patt-Situationen, in denen es mehrere gleichwertige Strategien gibt, vorgeht: Man lässt würfeln, d.h. man benutzt irgendeinen Zufallsprozess wie z.B. das Rauschen in den elektronischen Kreisen, um eine Entscheidung doch noch herbei zu führen. Wir selbst kennen solche Situationen ja auch, in denen letztlich irgendein Zufall den Ausschlag gibt. Wir sind dann in der Tat “ein Spiel von jedem Hauch der Lüfte”.

Was hat das nun alles mit dem Higgs-Teilchen zu tun? Warum kennen viele Physiker, die sich in die Festkörperphysik oder in die Teilchenphysik bzw. Quantenfeldtheorie eingearbeitet haben, das Gleichnis von Buridans Esel? 

Um das zu verstehen, muss man das Problem von Buridans Esel erst einmal anders formulieren.  Für diesen  ist jeder der beiden Heuhaufen gleich attraktiv, es gibt also eine Symmetrie –  eine diskrete Symmetrie, wie die Mathematiker sagen. Will der Esel nicht verhungern, muss er diese Symmetrie brechen und sich einem der beiden Heuhaufen zuwenden. Er muss also, wie auch immer,  eine “spontane Symmetriebrechung” herbeiführen.

Bei einer solchen spontanen Symmetriebrechung bleibt also die Symmetrie des Systems “Zwei Heuhaufen”  weiterhin erhalten, der Esel wendet sich nur, aus welchen Gründen auch immer, einem der beiden zu.  Diese Situation ist zu unterscheiden von einer expliziten Symmetriebrechung, bei der man einen der beiden Heuhaufen größer machen würde oder näher an den Esel heranbrächte, ihn somit attraktiver machte und der Esel sich aufgrund “seiner Natur” diesem zuwenden würde. Bei einer spontanen Symmetriebrechung hingegen behält das System seine Symmetrie;  es ergibt sich aber eine Lösung, die die Symmetrie verletzt:  Der Esel wendet sich einem der beiden Heuhaufen zu. Wie es zu dieser Lösung kommt, steht auf einem anderen Blatt, ist nicht mehr Teil der Betrachtung des Systems alleine.

Symmetrien und Invarianzen in der Natur

Symmetrien sind in der Natur in mehr oder weniger idealer Form häufig zu finden.  Sie  spielen deshalb in allen Bereichen der menschlichen Kultur eine große Rolle, in der Kunst wie in der Naturwissenschaft. In der Physik versteht man die Symmetrie als die Eigenschaft eines Systems, bei einer Änderung, beschrieben durch eine so genannte Symmetrieoperation, unverändert zu bleiben. Durch diese Operationalisierung kann man eine Symmetrie auch durch die Operation angeben, unter der das System invariant bleibt.  Bei Buridans Esel ist es der Austausch der Heuhaufen,  oder, wenn diese Heuhaufen auf einem Ring mit dem Esel in der Mitte liegen, eine Drehung des Rings um 180 Grad. Es gibt hier also nur zwei Operationen:  die um 180 Grad,  und eine nochmalige Drehung um 180 Grad, wodurch man wieder  in den Ausgangszustand zurück kommt. Es gibt hier also zwei diskrete Symmetrieoperationen. 

Bei einem gleichseitigen Dreieck gibt es drei Drehungen um den Mittelpunkt des Dreiecks, die das Dreieck in sich selbst überführen, jeweils um 120 Grad.  Bei einem Kreis schließlich kann man jede Drehung anwenden, der Kreis bleibt unverändert. Man spricht von einer Rotationssymmetrie; es ist keine Richtung ausgezeichnet.

Auch bei dreidimensionalen Objekten kann man leicht Operationen finden, die den Körper in sich selbst überführen. Die Kugel besitzt eine Rotationssymmetrie, ein Würfel lässt fünf nichttriviale Operationen im Raum zu, die ihn unverändert lassen.  Beschreibt man diese Operationen jeweils in mathematischer Sprache, so stellt jede davon eine Transformation dar und die Menge dieser Transformationen bildet  eine mathematische Struktur, die man “Gruppe”  nennt.  So spricht man z.B. von der Gruppe der Drehungen bzw. Drehungstransformationen. 

Aber nicht nur bei sichtbaren oder geometrischen Körpern kann man Symmetrien beobachten.  Auch in Raum und Zeit gibt es offensichtlich Symmetrien, es liegt zumindest erst einmal nahe, solche anzunehmen:  Es gibt keinen vernünftigen Grund anzunehmen, dass in vergangenen Jahrhunderten die Gesetze der Physik im allgemeinen andere waren, d.h. ein physikalischer Prozess wird im Mittelalter genau so abgelaufen sein wie heute, bei gleichen äußeren Umstände natürlich. Es wird im allgemeinen auch nicht darauf ankommen, wo man diesen Prozess beobachtet.  Hier  denkt man nicht sofort an eine Symmetrie, man kann aber jeweils sofort eine Operation angeben, unter der die Gesetze der Physik invariant sein müssen: Verschiebung der Ortskoordinaten bzw. der Zeitkoordinate um einen bestimmten Betrag.  Und wenn man noch daran denkt, dass im allgemeine Im Raum auch keine Richtung ausgezeichnet sein kann, so folgert man, dass die Gesetze im allgemeinen auch invariant gegen Drehungen im Raum sein müssen.  Die Einschränkung “im allgemeinen” soll immer darauf hinweisen, dass man natürlich durch äußere Vorkehrungen solch eine Symmetrie explizit brechen kann.

Symmetrien gehen also immer mit Operationen einher, unter denen etwas invariant bleibt.  Und umgekehrt spricht  man im Falle, dass Operationen etwas invariant lassen, auch von  einer Symmetrie, auch wenn diese nicht immer so anschaulich ist wie die Rotationssymmetrie bei einer Kugel.  Die Invarianz gegenüber einer Gruppe von Transformationen ist also das grundlegendere Konzept, das sich in mathematischer Sprache ausdrücken lässt, während der Begriff der Symmetrie noch zu sehr unserem Anschauungsvermögen verhaftet ist.

Symmetrien in physikalischen Theorien, Erhaltungssätze

Nach den obigen Betrachtungen wird man nicht überrascht darüber sein, dass Symmetrien und Invarianzen in physikalischen Theorien eine große Rolle spielen.  Die Verschiebung der Koordinaten von Raum und Zeit oder die Drehung im Raum sind die trivialsten Transformationen, die auch als spezielle Galilei- und Lorentz-Transformationen angesehen werden können.  Die Diskussion der Invarianz der physikalischen Gesetze unter diesen allgemeineren Transformationen führt zur Relativitätstheorie. Die soll hier aber nicht zum Thema werden.  

Ein anderer Punkt aber, der auch ein eigenes Thema darstellen würde, soll hier noch kurz erwähnt werden.  Die Mathematikerin Emmi Noether hat einen interessanten und tief liegenden Zusammenhang zwischen einer Symmetrie einer  Theorie und einem Erhaltungssatz aufgezeigt.  Jeder kennt den Erhaltungssatz für die Energie: Energie kann bei einem Prozess weder erzeugt noch vernichtet werden.  Eine Verringerung der Energie eines Systems kann also nur bedeuten, dass Energie nach außen abgeführt wird.  Nun gibt es noch andere physikalische Größen, die unter bestimmten Umständen erhalten bleiben:  Der Impuls z.B., oder der Drehimpuls.  Das Noethersche Theorem besagt nun, dass aus der Invarianz gegenüber Verschiebung der Zeitkoordinate der Energiesatz folgt, bei einer  Invarianz gegenüber der Verschiebung der Raumkoordinaten der Impuls-Erhaltungssatz und bei einer Invarianz gegenüber Drehungen im Raum der Drehimpuls eine erhaltene Größe ist. 

Dieser Zusammenhang liefert einen sehr wichtigen Hinweis für die Entwicklung von Theorien. Mögliche Erhaltungssätze sind experimentell entdeckbar und in der Tat auch in der Geschichte der Physik schon oft entdeckt worden. Damit hat man den Hinweis, dass in einer Theorie eine Symmetrie zu finden sein muss, auch wenn nicht von vorne herein klar ist, welche das sein kann. 

Eichsymmetrien  und Eichtheorien

Transformationen, die nicht so anschaulich sind wie Operationen im Raum und Zeit, lernt man in der Physik mit der Regel zum ersten Mal in der Maxwellschen Theorie für elektromagnetische Phänomene kennen.  Diese ist “eichinvariant”, d.h. invariant gegenüber “Eichtransformationen”, und man spricht so von einer Eichsymmetrie. Bei solchen werden “Eichfelder” in bestimmter Weise transformiert und die Invarianz  besteht darin, dass die messbaren Felder, das elektrische und das magnetische Feld, sich durch die Transformation nicht ändern, obwohl sie sich aus den Eichfeldern berechnen lassen (die Eichfelder sind die elektromagnetischen Potentiale).  Mit den Eichfeldern hat man gewissermaßen grundlegendere  Felder eingeführt, die nicht direkt messbar sind und im bestimmten Maße durch eine Eichtransformation umdefiniert werden können, ohne dass der physikalische Gehalt sich ändert.

Man könnte zunächst denken, dass die Einführung solcher Hintergrundfelder und die damit einhergehende Invarianz bzw. Symmetrie künstlich und überflüssig ist. Diese Ebene der Eichfelder erwies sich aber als der Schlüssel zu einer Formulierung der Elektrodynamik für Quantenprozesse, der so genannten Quantenelektrodynamik.  Und nicht nur das, sie wies auch den Weg zu der verallgemeinerten Quantenfeldtheorie für schwache und elektromagnetische Wechselwirkungen, für die elektroschwache Theorie also,  und schließlich für die heutige so genannte Standardtheorie für die schwache, elektromagnetische und starke Wechselwirkung.  Diese sind alle nach dem Vorbild der Quantenelektrodynamik aufgebaut und enthalten entsprechende Eichfelder. 

Während in der Quantenelektrodynamik das Eichfeld für ein Lichtquant, allgemeiner für ein Quant der  elektromagnetischen Wechselwirkung steht,  beschreiben die Eichfelder in den verallgemeinerten Theorien auch andere Quanten, die die schwache und starke Wechselwirkung vermitteln.  Die Quanteneichfelder stehen also nun für  physikalische Objekte, sind nicht mehr nur Hilfsfelder, wie in der klassischen Elektrodynamik.

Mit der Standardtheorie hat man also einen großen Schritt in die Richtung der Vereinheitlichung aller Wechselwirkungen gemacht, und das Prinzip, das zu der Einheitlichkeit dieser Theorie führte, war eben die Eichsymmetrie.  Selbst in der Allgemeinen Relativitätstheorie, der Theorie für die Gravitationswechselwirkung, die ja  noch nicht in einer Quantenversion entwickelt werden konnte und auch schon Vereinigungsversuchen mit anderen Theorien widerstanden hat, findet man das Eichprinzip verwirklicht:  Das Eichfeld ist dort die Metrik und die Eichtransformationen sind die allgemeinen Koordinatentransformationen.

Symmetrie, Massen der Eichquanten und Reichweite der Wechselwirkung

Die Eichsymmetrie der Theorien hat mindestens zwei bedeutende Konsequenzen. Die erste ist, dass aus der Symmetrie wieder folgt, dass es physikalische Größen geben muss, die bei allen Prozessen unverändert bleiben. In der Elektrodynamik ist es z.B. die elektrische Ladung, für die sich ein Erhaltungssatz aus der Eichsymmetrie ableiten lässt. Noch bedeutsamer aber ist eine andere Folge der Eichsymmetrie: Die Quanten der Eichfelder müssten danach alle masselos sein  –  so, wie das Lichtquant, das Photon. 

Nun gibt es einen tiefen Zusammenhang zwischen der Masse eines Quants und der Reichweite der Wechselwirkung, die solch ein Quant vermitteln kann:  Je geringer die Masse, um so größer die Reichweite.  Das Lichtquant, das die elektromagnetische Wechselwirkung vermittelt und die Masse Null besitzt, hat somit eine (im Prinzip) unendliche Reichweite, deshalb kennen wir elektromagnetische Wechselwirkung in der Welt der mittleren Dimensionen. Die starke und die schwache Wechselwirkung haben wir aber erst kennen gelernt, als wir die Welt der Quanten erforschten, ihre Reichweite ist also von subatomarer  Größenordnung.  Die Quanten der Eichfelder sollten also eigentlich eine Masse besitzen, wenn die Theorie eine Chance haben will, mit Experimenten übereinzustimmen.

Für die starke Wechselwirkung zeigte sich allerdings, dass diese Folgerung nicht notwendig ist, denn die Nukleonen wie Protonen oder Neutronen sind dort gebundene Zustände. Man musste nur lernen, dass sich durch die Art der Symmetrie von selbst ergibt, dass die Kräfte zwischen ihnen  – ähnlich, wie zwischen elektrisch neutralen Atomen oder Molekülen – kurzreichweitig sind. (Siehe auch Wikipedia:  “Starke Wechselwirkung”. )

In der schwachen Wechselwirkung bietet  es sich zunächst an,  der Theorie, gewissermaßen per Hand,  ein paar Terme hinzu zu fügen, die dafür sorgen, dass den Eichfeldern, bzw. deren Quanten, eine Masse zugeordnet werden kann. Dann würde man die Eichsymmetrie aber explizit zerstören und man sah schnell, dass dann die Theorie auch mit den Experimenten nicht übereinstimmen konnte. (Außerdem widerspricht solch eine explizite Brechung dem Glauben an die Einfachheit und mathematische Eleganz physikalischer Theorien.)  Man musste also nach einem  anderen Verfahren suchen, um dieses Massen-Dilemma zu lösen und es zeigte sich, dass das mit der spontanen Brechung der Eichsymmetrie gelingt.  Diese ist im so genannten Higgs-Mechanismus realisiert.

Spontane Symmetriebrechung in Quantentheorien

Bei dem Versuch, den Higgs-Mechanismus in einer Quantenfeldtheorie zu erklären, kann man sich  hier nur auf ein Analogien zum klassischen Fall zurück ziehen.  Wir hatten gesehen, dass bei einer klassischen spontanen Symmetriebrechung die “Lösung”, d.h. die Realisierung  nicht die Symmetrie besitzt wie das System selbst. (Die Heuhaufen bleiben gleich weit entfernt und gleich groß. Der Esel wendet sich aber einem zu.)  Der Lösung entspricht im quantentheoretischen Fall ein bestimmter Zustand, und weil es viele Zustände gibt, kann es nur ein ganz besonderer sein, nämlich der Grundzustand bzw. Vakuumzustand. Spontane Symmetriebrechung heißt nun:  Der Grundzustand (besser müsste man sagen: der Erwartungswert des Grundzustands) weist weniger Symmetrie auf als die Theorie selbst. Das kann man leicht erreichen, indem man dem Erwartungswert des Grundzustands eines Quantenfeldes der Theorie in bestimmter Weise “fest nagelt”, d.h. ihm einen Wert verschieden von Null zuordnet. Das entspricht dem, dass man z.B. bei einer spontanen Brechung der Rotationssymmetrie eine bestimmte Richtung für die Lösung auswählt. 

In den Eichfeldtheorien ist dieses Quantenfeld ein gesondertes Feld, das man extra zu diesem Zweck hinzufügt und zwar so, dass die Theorie weiterhin eichinvariant bleibt, das neue Feld aber einen nicht verschwindenden Vakuumerwartungswert besitzen soll.  Dieses Feld nennt man Higgsfeld , und die Aufspaltung in einen Vakuumerwartungswert und ein “Restfeld”  führt zu zweierlei:  Für bestimmte Felder ergeben sich nun Terme, die zeigen, dass die zugehörigen Quanten eine Masse besitzen, und andererseits, es gibt nun auch noch Higgs-Quanten, die Quanten des Restfeldes;  man muss Wirkungen des Higgs-Teilchens also auch entdecken können. Der nicht verschwindende Vakuumerwartungswert lässt sich als konstantes Feld deuten, das den ganzen Raum ausfüllt, die Bewegung der Quanten hindert und diesen damit eine Trägheit zuordnet, die wie üblich durch eine Masse ausgedrückt wird.

So wäre denn unsere ganze Welt, so wie sie ist, eine spontan gebrochene. Buridans Esel ist nicht verhungert sondern hat sich irgendwie entschieden. Und erst deshalb ist die Materie in der Welt. Eigentlich eine schöne Geschichte.

 
 

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Josef Honerkamp war mehr als 30 Jahre als Professor für Theoretische Physik tätig, zunächst an der Universität Bonn, dann viele Jahre an der Universität Freiburg. Er hat er auf den Gebieten Quantenfeldtheorie, Statistische Mechanik und Stochastische Dynamische Systeme gearbeitet und ist Autor mehrerer Lehr- und Sachbücher. Nach seiner Emeritierung im Jahre 2006 möchte er sich noch mehr dem interdisziplinären Gespräch widmen. Er interessiert sich insbesondere für das jeweilige Selbstverständnis einer Wissenschaft, für ihre Methoden sowie für ihre grundsätzlichen Ausgangspunkte und Fragestellungen und kann berichten, zu welchen Ansichten ein Physiker angesichts der Entwicklung seines Faches gelangt. Insgesamt versteht er sich heute als Physiker und "wirklich freier Schriftsteller".

30 Kommentare

  1. Schwache vs. starke Kraft

    Beim Lesen kann womöglich der Eindruck entstehen, die starke Wechselwirkung erfordere wie die schwache ein massives Eichfeld. Im Gegensatz zu den schwachen Eichbosonen sind Gluonen allerdinggs definitiv masselos. Zwar ist die resultierenden Kraft zwischen Hadronen kurzreichweitig, nicht aber die durch Gluonen vermittelte Wechselwirkung selbst, die auf die konstituierenden Quarks solcher Hadronen einwirkt. Die QCD erklärt da nichts mit dem Higgs, und dieser Unterschied zur schwachen Kraft könnte im Text vielleicht doch etwas klarer herauskommen?

  2. @Chris

    Ja, das ist richtig, vielen Dank. Ich werde überlegen, wie ich das berücksichtigen kann, ohne viel in Einzelheiten zu gehen.

  3. Es gibt für

    “Buridans Esel” keine Logik oder Reglementierung, die dem Esel es ermöglicht sich zu entscheiden, gell.

    Man lässt würfeln, d.h. man benutzt irgendeinen Zufallsprozess wie z.B. das Rauschen in den elektronischen Kreisen, um eine Entscheidung doch noch herbei zu führen.

    Man (oder der Esel) muss also außermathematisch in die Natur greifen…

    MFG
    Dr. W

  4. @Josef Honerkamp

    Wird die starke Wechselwirkung als Yukawa Wechselwirkung aufgefasst, dann hat man das Bild von der spontanen Symmetriebrechung auch wieder drin. Soweit ich sehe liefert das gewissermassen zwei Beschreibungsebenen für die (resultierende) starke Kraft zwischen Nukleonen. Es kann nur etwas verwirrend sein, dass die starke Kraft dann kurz- oder langreichweitg erscheinen kann, abhängig davon, worauf man sich gerade bezieht.

  5. Entscheidungshilfen

    Das Gehirn hat eine Entscheidungshilfe, das thermische Rauschen.

    Vielleicht trinken die Schriftsteller deshalb so viel Alkohol (Scherz).

    Das Universum hat ebenfalls eine Entscheidungshilfe, die Quantenfluktuationen.

    Nach der Viele-Welten-Interpretation geht Buridans Esel in mindestens zwei verschiedenen Welten zu beiden Heuhaufen.

    Wenn dann aber später beide Heuhaufen gefressen wurden, dann kann niemand mehr sagen, welchen Weg der Esel genommen hat.

    Zumindest bei den Zebras kann man dann ein Interferenzmuster auf ihrer Oberfläche beobachten.

  6. Kleine Eseleien? — Rasches “Bazinga!”

    Josef Honerkamp schrieb (15. Mai 2013, 14:50):
    > […] das Problem von Buridans Esel erst einmal anders formulieren. Für diesen ist jeder der beiden Heuhaufen gleich attraktiv, es gibt also eine Symmetrie – eine diskrete Symmetrie, wie die Mathematiker sagen. Will der Esel nicht verhungern, muss er diese Symmetrie brechen und sich einem der beiden Heuhaufen zuwenden.

    So weit so gut.

    > Bei einer solchen spontanen Symmetriebrechung bleibt also die Symmetrie des Systems “Zwei Heuhaufen” weiterhin erhalten, der Esel wendet sich nur, aus welchen Gründen auch immer, einem der beiden zu.

    Ist das Zuwenden denn hier nicht gerade das einzig Maßgebende?
    (Auch wenn man “das” daneben auch “Attraktivität” nennen mag.
    (Wobei Ockham ja insbesondere gelehrt hat, dass bloße Namensvielfalt keineswegs etwaige entsprechend verschieden definierte zugrundeliegende Begriffe sichert.))

    Wenn sich der Esel einem Haufen zugewandt hat (also mit dem Maul, in der Absicht zu fressen; nicht nur mit Augen/Nüstern, zum bloßen Zwecke der Begutachtung) dann zeichnet sich das System “Zwei Heuhaufen” offensichtlich nicht mehr durch Symmetrie hinsichtlich der Messgröße “Attraktivität/Zuwendungswirksamkeit als Eselsfutter” aus.

    Natürlich mag der Esel (auch) Gründe haben/finden, sich einem der beiden im obigen Sinne zuwenden zu wollen, bevor die Zuwendung manifest ist.

    Entweder ist “der Unterschied” dabei tatsächlich eine Charakteristik der beiden Haufen an sich (und insofern bestand von vornherein keine genaue Symmetrie; bzw. sie war/wurde “explizit” gebrochen).
    Oder dem Esel fiel z.B. vor Erschöpfung ein Auge zu (aber nicht beide koinzident und zuerst), und da sah er auf einmal _einen_ hinreichend einladenden Haufen …

    Jedenfalls besteht die wesentliche Symmetrie im betreffenden Versuch nicht (mehr), wenn sie anhand des Esels nachweislich gebrochen ist. (Weitere Versuche jeweils unter billigender Inkaufnahme eventueller hungertoter Esel sind wohl nicht ausgeschlossen.)

    p.s.
    Im Bällebad zeigt sich, dass auch zwischen zwei (oder mehreren) Haufen gestanden werden kann (hier zwischen einem Haufen gelber Bälle, einem Haufen roter Bälle sowie einem Haufen blauer Bälle), ohne deswegen in Rotationen, Spiegelungen oder gar (nur das nicht! 😉 Koordinaten zu verfallen.

  7. Wappler

    Wenn sich der Esel einem Haufen zugewandt hat (also mit dem Maul, in der Absicht zu fressen; nicht nur mit Augen/Nüstern, zum bloßen Zwecke der Begutachtung) dann zeichnet sich das System “Zwei Heuhaufen” offensichtlich nicht mehr durch Symmetrie hinsichtlich der Messgröße “Attraktivität/Zuwendungswirksamkeit als Eselsfutter” aus.

    Es handelt sich offensichtlich um einen idealtypischen Esel, der weder den einen, noch den anderen Haufen zuerst bemerkt hat, noch dem einen oder anderen Haufen in irgendeiner Form zuerst oder besonders zugewandt ist oder in irgendeiner Form zu präferieren in der Lage ist.

    MFG
    Dr. W (der das natürlich auch erklärend hätte hinzuschreiben sollen, fürwahr)

  8. @Chris

    Ich habe ein paar entsprechende Zeilen eingefügt.
    Die Yukawa-Wechselwirkung (Austausch eines Pions) ist ja nur eine WW in einer effektiven Theorie der starken WW, also eine WW, wie sie zwischen farbneutralen gebundenen Zuständen aussieht, ähnlich der van der Waals-WW zwischen elektrisch neutralen Molekülen. Insofern sehe ich keine Gefahr der Verwirrung.

  9. A bear by any other name is still no ass

    Dr. Webbaer schrieb (16.05.2013, 11:01 / 12:50):
    > [Es gibt für] “Buridans Esel” keine Logik oder Reglementierung, die dem Esel es ermöglicht sich zu entscheiden, gell.

    Offenbar lässt sich das nach Buridan benannte Gedankenspiel von verschiedenen Seiten, Ansätzen bzw. Fragestellungen her aufrollen (wie ich einem Wikipedia-Artikel entnommen habe. (Nachdem ich mich für eine ihrer zahlreichen Sprach-Fragmente entscheiden musste …)).

    > Es handelt sich offensichtlich um einen idealtypischen Esel, der weder den einen, noch den anderen Haufen zuerst bemerkt hat, noch dem einen oder anderen Haufen in irgendeiner Form zuerst oder besonders zugewandt ist oder in irgendeiner Form zu präferieren in der Lage ist.

    Das Schöne an “Idealtypen” ist doch sicher nicht zuletzt, dass es so viele verschiedene davon gibt. Der so sorgfältig beschriebene wäre jedenfalls ein sehr spezieller Esel.

    Und die eventuelle Symmetrie (um die es im SciLog-Artikel ja insbesondere zu gehen scheint) wäre entsprechend sicher auch eine recht spezielle:
    womöglich wären jegliche Haufen gleich (un-)attraktiv hinsichtlich dieses speziellen Esels(-Typs); vielleicht sogar einschließlich von “Null-Haufen” (oder anders gesagt: dem “Haufen-Vakuum”).

    > Dr. W (der das natürlich auch erklärend hätte hinzuschreiben sollen, fürwahr)

    Schreibhemmungen lassen sich bekanntlich von verschiedenen Seiten, Ansätzen bzw. Fragestellungen her aufrollen …

  10. @Josef Honerkamp

    Nunmehr sehe ich auch keine Gefahr der Verwirrung.

    Im übrigen, in der Tat eine schöne Geschichte zur Veranschaulichung von spontaner Symmetriebrechung.

  11. Herr Wappler

    , also das mit Buridans Esel ist so schwierig nicht.

    In der Regel kommt sowas im Kontext ‘freier Wille’ hoch, lustig auch diese Fehlleistung:

    If you were put in the same position twice — if the tape of your life could be rewound to the exact moment when you made a decision, with every circumstance leading up to that moment the same and all the molecules in the universe aligned in the same way — you could have chosen differently. (Quelle)

    MFG
    Dr. W

  12. Delta_A * Delta_B >= 1/4 [ A, B ]

    Dr. Webbaer schrieb (16.05.2013, 23:48):
    > In der Regel kommt sowas im Kontext ‘freier Wille’ hoch,

    und für alle (anderen) Fälle lassen sich da auch Katzen oder sonstige Igel einspannen.

    > lustig auch diese Fehlleistung: […]

    Schöner stünde da gewiss eine entsprechende (Eigen-)Leistung.

  13. Wappler

    , nun mag es durchaus sein, dass der hier behandelte Esel auf Grund seiner Anatomie immer ein bestimmte geometrische Sicht auf die beiden Heuhaufen hat, weil der Esel eben vorne zwei Augen hat, und demzufolge auf Grund einer Regel eben doch präferieren kann, deterministisch eben.

    Bei Jerry Coyne’s Test des freien Willens aber (oben verlinkt) zeigt sich aber der wahre Esel, also der Sachverhalt, dass eine gleich parametrisierte Funktion keine unterschiedlichen Ergebnisse liefern kann.

    MFG
    Dr. W (der sich noch fragt: Wo genau sitzen Sie ein?)

  14. Just to get stuck more remote from AAA

    Dr. Webbaer schrieb (17.05.2013, 10:43):
    > Bei Jerry Coyne’s Test des freien Willens aber (oben verlinkt) […]

    Ich bin dem (dem? dem! 😉 Link inzwischen mal weit genug gefolgt um festzustellen, dass er zu einem Artikel von Ian Pollock in dessen (u.a.) Blog weist, der “Jerry Coyne’s Test des freien Willens” darstellt und diskutiert.

    Leider — und das fände ich selbst an dieser Stelle übrigens ein wesentliches Schreibhemmnis — scheint es dort keinen ausweislichen Link auf einen entsprechenden Blog jenes “Jerry Coyne” geben …

    > […] der Sachverhalt, dass eine gleich parametrisierte Funktion keine unterschiedlichen Ergebnisse liefern kann.

    Ist meines Wissens sachlich-mathematisch an sich nicht zu bestreiten. Wobei …
    … man im Zusammenhang mit http://de.wikipedia.org/wiki/Funktion_(Mathematik) allerdings eher vom “Wert(e) liefern” spricht.

    Was die Frage aufdrängt, ob mit “Ergebnis” dort noch etwas Anderes oder Zusätzliches gemeint sein könnte. Mit dem wiederum die (ansonsten unproblematische) Vorgabe “gleicher Parametrisierung” nicht unbedingt kompatibel sein mag …

    Solange der Esel beiden Haufen die gleiche (Ab-)Neigung entgegenbringt, würde ich es diesen Tierchen abnehmen, sich dahingehend “symmetrisch” zu bekennen.

    p.s.
    > MFG Dr. W (der sich noch fragt: Wo genau sitzen Sie ein?)

    Gar nich — und du?

    Und wenn ich hinsichtlich Sci[… pardon, den Mit-Krustierenden] irgendetwas offentlich “ein“-mache, dann gewiss -sprechen;
    vorwiegend gegenüber jenen, die wissen, wie sie bestimmten Diskutanten die Stimmung vermiesen [1] (würden).

    Zum Beispiel:

    Frank Wappler
    http://billig.und.mehr
    #14, 30. April 2013

    Florian Freistetter schrieb (April 30, 2013):
    > John Antoniadis vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn und seine Kollegen haben einen Neutronenstern gefunden […] der in engem Abstand von einem weißen Zwerg umkreist wird

    > Antoniadis und seine Kollegen haben sich den Pulsar PSR J0348+0432 mit dem Very Large Telescope der europäischen Südsternwarte ESO ganz genau angesehen.

    > Albert Einsteins Theorie sagt vorher, dass sich die Umlaufzeiten der Himmelskörper ganz langsam ändern sollten.

    Nein, die RT sagte nicht vorher, dass es sich beim Pulsar PSR J0348+0432 um ein System handelt, dass aus genau einem Neutronenstern und genau einem weißen Zwerg “in engem Abstand” (vmtl. z.B. im Vergleich zum Radius der Sonne) handelt; und erst recht nicht die Verläufe irgendwelcher Umlaufzeiten der Bestandteile dieses Systems.

    Die RT stellt lediglich die Begriffe und Messmethoden zur Verfügung, durch deren Anwendung zumindest im Prinzip gemessen werden kann oder (falls man nicht alle eigentlich dafür erforderlichen Beobachtungsdaten in allen Einzelheiten zur Verfügung hat, sondern, wie Antoniadis und seine Kollegen, sich nur das Systems insgesamt und “von Weitem” ansehen kann) man zumindest eine Abschätzung mit reellem endlichen Vertrauensbereich erhalten kann,
    welche Massen in welchen Abständen (bisher) kreisten.

    Insbesondere, falls sich die “spin period P” des Pulsarsystems in bestimmter Weise ändert (abnimmt) dass es sich dabei auch weiterhin um genau einen Neutronenstern und genau einem weißen Zwerg “in engem Abstand” handelt; und nichts anderes und/oder weiter Unterscheidbares.
    Und in diesem Sinne hat und behält Albert Einstein nach wie vor Recht.

    [1] Eingetütet aus SZ, 10. Okt. 2012

  15. Kleine Tipps der Webkompetenz:

    1.) den gesamten Text markieren und danach einer Suchmaschine übergeben
    2.) gerne den Namen des Autors (“Jerry Coyne”) voransetzen
    3.) auch gerne direkt nach dem Autor (“Jerry Coyne”) suchen

    MFG
    Dr. W (der nun zK genommen hat, dass FRank Wappler nicht irgendwo einsitzt)

  16. Buridans Esel

    spielt übrigens auch in der Datenhaltung (“IT”) eine Rolle, er kann zum Problem werden, wenn Datentabellen Datensätze beinhalten, die durchgehend gleiche Werte tragen.

    So kann bspw. ein ‘Bernd Schneider’ am gleichen Tag geboren sein wie ein anderer ‘Bernd Schneider’, dabei sogar in derselben Stadt wohnen.

    Werden hier ungünstig Primär- oder Fremdschlüssel gebildet, hat man sozusagen den Salat.
    (Abhilfe schaffen hier künstliche Identifizierer, bspw. unter Zugriff auf die Außenwelt (“Prozessortemperatur”, “Datum/Zeit/Millisekunde”) erstellte.)

    MFG
    Dr. W

  17. 0102030405060708090A0B0C0D0E0F0G0H0J0K00

    Dr. Webbaer (17.05.2013, 20:51):
    > Kleine Tipps der Webkompetenz:

    Danke. Diskutierende, deren sachliches Einvernehmen schon derart weitgehend festgestellt wäre, einander (oder sogar: jedem) zumindest so viel (Web-)Kompetenz zuzugestehen, kann man als Physiker wohl nur beneiden.

    p.s.
    http://www.google.de/…biter%22+%22jerry+coyne%22

  18. Chaostheorie

    Es ist ein schöner Artikel über Symmetrie entstanden, es hätte aber genausogut anhand der Ausgangssituation ein Artikel über die Chaostheorie entstehen können. Der Esel würde sich bei mehrfacher Durchführung des Experiments für den einen oder anderen Haufen entscheiden, ohne dass die Ursachen klar erkennbar wären.

    Die Situation könnte auch als deterministisches Chaos interpretiert werden.

    Es wäre dann noch zu untersuchen, ob die nicht exakt bekannten Anfangsbedingungen oder mögliche Schwankungen von außen für das Problem wichtiger wären.

  19. Chaos, Esel, Symmetrie

    Der Esel muss nicht zwangsläufig ein Chaot sein, um eine Entscheidung zu treffen. Sein Hunger lässt sich ähnlich als ein Systemparameter ansehen wie in einem simpleren Beispiel die Temperaturdifferenz beim Rayleigh-Bénard Experiment. Bei gewissen singulären Parameterwerten kommt es zu symmetriebrechenden Bifurkationen und infolgedessen zur Ausformung von Mustern in Verhalten oder Gestalt.

    Für dissipative Strukturen im Sinne von Ilya Progogine sind solche Mechanismen von weitreichendem Belang, auch noch fernab vom Regime des Chaos. So zeigt die Morphogenese lebender Organismen eine beträchtliche Vielfalt von Symmetriebrüchen. Ein adulter Esel hat schliesslich nicht dieselben Symmetrien wie die Zygote, als die er seine Karriere einst begonnen hat.

  20. Chrys

    Der Esel muss nicht zwangsläufig ein Chaot sein, um eine Entscheidung zu treffen.

    Aber nicht im Sinne der Chaostheorie bzw. des deterministischen Chaos.

    Echte Chaoten sind nicht denkbar.

    MFG
    Dr. W

  21. @Chris, Wolfgang Thimm

    Das Chaos-Setting ist aber etwas ganz anderes, dort ist es eine hoch sensitive deterministische Dynamik eines abgeschlossenen Systems. Bei der spontanen Symmetriebrechung ist es ein Einfluss von außerhalb des Systems, der zu einem nichtsymmetrischen Zustand führt, wie z.B. auch bei überschwelligen Systemparametern wie zu großem Hunger des Esels (sieh Chris) oder Temperaturdifferenz beim Rayleigh-Bénard Experiment.

  22. @Josef Honerkamp, Wolfgang Thimm

    Die Dynamik von Eseln und anderen Besitzern neuraler Netze zu verstehen ist im Detail natürlich noch eine Herausforderung an die Forschung. In diesem Zusammenhang sei auch auf dieses Review Paper von M. Golubitsky und I. Stewart verwiesen.
    DOI: http://dx.doi.org/10.1090/S0273-0979-06-01108-6

    N.B. Ein Esel kommt in dem Artikel zwar nicht vor, dafür aber ein Pferd beim Rodeo.

  23. There’s no “i” in … “measurement”.

    Josef Honerkamp schrieb (25.05.2013, 19:40):
    > Bei der spontanen Symmetriebrechung ist es ein Einfluss von außerhalb des Systems, der zu einem nichtsymmetrischen Zustand führt

    Heißt laut obigem SciLog-Artikel (15. Mai 2013, 14:50) ein “Einfluss von außerhalb des Systems, der zu einem nichtsymmetrischen Zustand führt” nicht stattdessen “explizite Symmetriebrechung“??

    Vgl.:

    “spontane Symmetriebrechung” […] ist zu unterscheiden von einer expliziten Symmetriebrechung, bei der man einen der beiden Heuhaufen größer machen würde oder näher an den Esel heranbrächte

    wobei sich “man” dabei sicher als “Einfluss von außerhalb des Systems” (aus Esel und zwei Haufen) versteht.

  24. Würfeln und Verantwortung

    Ich bin einverstanden, dass die Begriffe deterministisches Chaos und Bifurkation nicht unbedingt korreliert sein müssen. Hier wären Diskussionen (und genaue Definitionen) notwendig, welche den Rahmen eines Blogs sprengen würden.
    In der Praxis findet man immer wieder das Dilemma, dass anhand von unklaren Daten entschieden werden muss.

    Hier würde ich gerne die Frage aufwerfen, inwieweit die Lösung “wie man bei einem Roboter solche Patt-Situationen, in denen es mehrere gleichwertige Strategien gibt, vorgeht: Man lässt würfeln, d.h. man benutzt irgendeinen Zufallsprozess wie z.B. das Rauschen in den elektronischen Kreisen, um eine Entscheidung doch noch herbei zu führen.” ethischen Gesichtspunkten genügt.

    Beispielsweise könnte die Sicherheitsüberwachung eines Autos, welches bremsen soll, wenn Fußgänger die Fahrbahn betreten, bei Nebel in die Situation kommen, dass es nicht weiß, ob jetzt automatisch gebremst werden soll oder nicht. Bei Nebel ist ein Bremsvorgang angesichts hinterer Fahrzeuge auch nicht risikolos.

    Angenommen es wird nicht gebremst und eine Person kommt zu Schaden. – Wie wird dann das Verfahren, mit dem man zur Entscheidung gekommen ist, gewertet?

  25. Webkompetenz II

    Dr. Webbaer schrieb (17.05.2013, 20:51):
    > Dr. W (der nun zK genommen hat, dass FRank Wappler nicht irgendwo einsitzt)

    … aber die Gegenfrage (17.05.2013, 14:10) noch nicht beantwortet hat.
    Dies als Errinnerungsstütze:

    Sehr (koordinaten-)frei

    Joachim Schulz schrieb (20. Juni 2013, 08:42):
    > Die Energie beider Experimente […] einem am chinesischen Detektor BESIII und einem am japanischen Belle-Detektor […] war genau so gewählt, dass ein bestimmtes Teilchen mit guter Wahrscheinlichkeit erzeugt wird, die sogenannte X(4260)-Resonanz.

    In den verlinkten Artikeln [entsprechenden PRL-Artikeln der beiden genannten Kollaborationen] selbst (vgl. auch http://arxiv.org/abs/1303.5949 bzw.
    http://arxiv.org/abs/1304.0121 ) wird diese Resonanz zwar “Y(4260)” genannt (aus “historischen Gründen”), aber die Bezeichnung “X(4260)” entspricht der PDG-Konvention.

    > […] Indiz, dass es hier eine weitere Resonanz gibt, die die Forschergruppe am BESIII-Experiment Zc(3900) getauft hat.
    > […] aufgefallen, dass die Energie von einem Pion und dem J/È-Meson häufig sehr genau 3900 Megaelektronenvolt beträgt.

    In beiden genannten Artikel (vgl. jeweils “Fig. 4”) fällt eher auf, dass die Verteilung(en) der “Energie” (bzw. eher die “invariante Masse”) von einem Pion und dem J/È-Meson, sofern sie zum per Fit nachgewiesenen “Signal-Peak” der Zc(3900)-Resonanz beitragen, ziemlich genau (“im Prozent-Bereich”) bei 3900 MeV zentriert sind.

    Die Breite der Verteilung(en) ist aber vergleichsweise deutlich größer (“im Zehn-Prozent Bereich”); wobei die intrinsische Breite (wegen der Unbestimmtheit der “invarianten Masse der Zc(3900)-Resonanz” an sich, die wiederum mit deren mittlerer Lebensdauer zusammenhängt) die Breite aufgrund von Mess-Unsicherheiten der Detektoren dominiert.

  26. xytrblk meint: Fasten entschleunigt

    Ich habe mehrmals bei Schreibblockaden sehr gute Erfahrung mit Heilfasten gemacht. Der Grund ist einfach:
    Sobald der Körper nicht mehr mit Essen beschäftigt ist, wird man langsamer (entschleunigt), der Kopf wird klarer und man kann sich wesentlich besser konzentrieren.
    Kann ich jedem nur empfehlen, der/die ein Buch schreiben will/muss.
    Das Fasten ist einfach – die Probleme kommen beim Fastenbrechen. Aber wenn man sieben Tage fastet (mein Rekord: 22 Tage), kann man ordentlich etwas zu Papier bringen.

  27. @Juergen vom Scheidt

    Interessant – mir fällt jetzt auch die alte Weisheit ein: “Voller Bauch studiert nicht gern.” Die Entschleuinigung scheint mir evident zu sein. Für die Klarheit im Kopf und die bessere Konzentrationsfähigkeit sehe ich aber noch keine Erklärung. Ich werde z.B. bei Hungergefühl erst einmal “ungenießbar”.

  28. Pingback:» Auf den Spuren der Schöpfung «

  29. Das Beste kommt wieder mal zum Schluss: Voller Bauch studiert nicht gern. Voller Bauch bläht zudem. Das läßt sich ja hier sehr schön beobachten. Weniger ist eben oft mehr. Armer Esel.

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