Unterschied zwischen Präzision und Genauigkeit

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Beim wissenschaftlichen Arbeiten gibt es zwei Arten von Zahlen, genaue Zahlen (deren Werte genau bekannt sind) und ungenaue Zahlen (Zahlen die mit einer Unsicherheit behaftet sind). Ein Dutzend Eier besteht z. B. genau aus zwölf Eiern, ein Kilogramm aus 1000 g und ein Zoll entspricht 2,54 cm. Genaue Zahlen ergeben sich auch beim Zählen von Objekten. Wir können z. B. die exakte Zahl von Murmeln in einem Gefäß angeben. Jedoch sollte man sich auch hier keinen Illusionen hingeben: Auch das Zählen von sehr großen Zahlen ist normalerweise mit einem gewissen Fehler verbunden. Denken Sie zum Beispiel daran, welche Schwierigkeiten damit verbunden sind, präzise Volkszählungen durchzuführen.

Genauigkeit

Zahlen, die in Messungen bestimmt werden, sind immer ungenau. Jedes Messgerät weist einen Fehler der Messeinrichtung auf (inhärente Fehler) und auch Menschen führen Messungen auf verschiedene Art und Weise durch (menschliche Fehler). Jeder Biologie-Student der schon mal das Fotometer beim Biochemie-Praktikum bedient hat weiss wovon ich rede. Wink

Präzision

Der Begriff Genauigkeit wird im Alltag fälschlicherweise häufig mit Präzision gleichgesetzt. Dabei bedeuten Genauigkeit und Präzision jedoch verschiedene Dinge.

Im Labor wiederholen wir einen Versuch meistens mehrmals (mindestens dreimal).

Die Präzision ist ein Maß dafür, wie gut verschiedene Messungen miteinander übereinstimmen. Für Präzision gab es früher den Begriff „Wiederholgenauigkeit“.

Nehmen wir einmal an, die Masse eines 1-Cent-Stücks sollte von zehn Studenten bestimmt werden, die über zehn Waagen verfügen. Die Waagen könnten leicht unterschiedlich kalibriert sein und die Studenten könnten die Waagen leicht unterschiedlich ablesen. Die zehn Messungen werden wahrscheinlich aus den obengenannten Gründen leicht voneinander abweichen. Nehmen wir einmal an das 1-Cent-Stück wiege 5g.

Die Studenten kämen aber zu folgenden Ergebnissen:

3.6g, 3.7g, 3.8g, 3.6g, 3.7g, 3.7g, 3.7g, 3.7g, 3.7g, 3.8g

Die Messungen sind zwar präzise, weil sie gut miteinander übereinstimmen, aber ungenau weil sie vom wahren Wert erheblich abweichen. Zusätzlich ergibt sich daraus, dass eine Messung alleine nicht präzise sein kann.

Einem ähnlichen Phänomen begegnen wir in der Chemie, wenn wir vom Aggregatzustand des Wassers sprechen. Ein Wassermolekül allein ist nicht fest, flüssig oder gasförmig. Nur viele Milliarden Wassermoleküle zusammen bilden einen mehr oder weniger geordneten Molekülverband mit mehr oder weniger festen Bindungen, den wir als Aggregatzustand des Wassers bezeichnen.

Richtigkeit

Die Richtigkeit ist ein Maß für die Übereinstimmung zwischen einem aus vielen wiederholten Messungen erhaltenen Mittelwert und einem anerkannten Referenzwert. Wenn also der Mittelwert aus vielen Messungen gut mit dem Referenzwert übereinstimmt, so ist die Richtigkeit hoch. Dies sagt nichts darüber aus, wie stark die einzelnen Messwerte streuen also wie gut die Präzision ist.

Eine gute Messung sollte also präzise, genau und richtig sein um verlässliche Daten zu liefern.

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Veröffentlicht von

Joe Dramiga ist Neurogenetiker und hat Biologie an der Universität Köln und am King’s College London studiert. In seiner Doktorarbeit beschäftigte er sich mit der Genexpression in einem Mausmodell für die Frontotemporale Demenz. Die Frontotemporale Demenz ist eine Erkrankung des Gehirns, die sowohl Ähnlichkeit mit Alzheimer als auch mit Parkinson hat. Kontakt: jdramiga [at] googlemail [dot] com

7 Kommentare

  1. Pingback:Präzision oder Genauigkeit - blogpaed.de

  2. hello Joe.. vielleicht ne doofe Frage aber warum gibt es dann nur Präzisionsgeräte und keine “Genauigkeitsgeräte”? 🙂 LG nach Köln an dich, Anna !

  3. Joe Dramiga schrieb (20. April 2010):
    > Die Richtigkeit ist ein Maß für die Übereinstimmung zwischen einem aus vielen wiederholten Messungen erhaltenen Mittelwert und einem anerkannten Referenzwert.

    Natürlich lässt sich auch für jedes einzelne Versuchsergebnis die Differenz zum “anerkannten Referenzwert” bzw. (schlicht) zum wahren Wert der Messgröße im betreffenden (gültigen) Versuch in Betracht ziehen und ggf. abschätzen oder sogar auswerten.
    “Richtigkeit” ist demnach nicht nur für Mittelwerte der Ergebnisse aus “vielen” Versuchswiederholungen definiert, sondern auch für jedes Ergebnis eines einzelnen (gültigen) Versuchs.

    > Die Präzision ist ein Maß dafür, wie gut verschiedene Messungen miteinander übereinstimmen. Für Präzision gab es früher den Begriff „Wiederholgenauigkeit“.

    Neben diesem Maß der Übereinstimmung von Ergebnissen verschiedener wiederholter Versuche lässt sich “Präzision” auch als ein Maß verstehen, dass jeweils eine einzelne Zahl bzw. das Ergebnis eines einzelnen (gültigen) Versuches betrifft; vgl.
    “single-precision”, “double-precision” bzw. arbitrary-precision arithmetic.
    “Präzision” beschreibt dabei die Feinheit des Wertebereichs, aus dem dieser eine betrachtete Zahlenwert bzw. dieses eine Versuchsergebnis hervorging, und kein anderer/anderes.

    (Eine Verallgemeinerung dieses auf Einzelwerte bezogenen “Präzisions”-Begriffs stell die Angabe von Vertrauensbereichen/Koinfidenzintervallen bzw. -ellipsen dar, die sich ebenfalls auf das Ergebnis nur eines einzelnen gültigen Versuches beziehen können.)

    > Unterschied zwischen Präzision und Genauigkeit

    In der Messtechnik [1][2] und Qualitätssicherung[3] ist Genauigkeit (eng. accuracy) ein Oberbegriff. Ein Messgerät ist genau, wenn es sowohl eine hohe Präzision (eng. precision) als auch eine hohe Richtigkeit (eng. trueness) besitzt.

  4. wirkt alles ein wenig (zu) theoretisch für mich .. naja vielleicht muss sich das gerade gelesene nur erstmal etwas setzen 🙂 Bei dieser Gelegenheit möchte ich natürlich nicht verabsäumen, auch die besten Wünsche für das neue Jahr 2017 zu übermitteln 

  5. “Die Präzision ist ein Maß für die Übereinstimmung zwischen unabhängigen Messergebnissen unter festen Bedingungen. Liegen also mehrere Messwerte dicht beieinander, so hat die Messmethode eine hohe Präzision. Das bedeutet aber noch nicht, dass die gemessenen Werte auch richtig sind. Sie könnten präzise falsch sein. Dies ist beispielsweise im zweiten Bild unten der Fall. Hier könnten durch einen systematischen Fehler (bei GPS z.B. durch falsches Kartendatum) die Wert zwar sehr präzise bestimmt worden sein, aber eben verschoben sein.” 🙂

  6. “Eine gute Messung sollte also präzise, genau und richtig sein (…)”.

    Ich finde diese Formulierung irreführend, weil sie “genau” als eine von drei (!) Anforderungen verlangt. Aber genau heißt ja nur, dass die Messungen “präzise” UND “richtig” sind. Es müsste also heißen:

    “Eine gute Messung sollte genau, also präzise UND richtig sein (…)”.

    Oder sehe ich das ungenau? 😉

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