Word gegen LaTeX – und wer gewinnt?

Fast jeder in der Wissenschaft ist vermutlich schon einmal in eine Diskussion verwickelt worden, ob nun bei der Textverarbeitung Word oder LaTeX für dieses oder jenes besser oder schlechter geeignet sei. Mein Gießener Kollege Markus Knauff, Kognitionspsychologe, und seine Mitarbeiterin Jelica Nejasmic wollten dies genauer wissen und haben kürzlich dazu in Plos One eine experimentelle Studie vorgelegt. Die Ergebnisse schlagen im Netz hohe Wellen, und selbst in der Nature vom 8.1.2015 ist dazu jetzt ein kurzer Beitrag erschienen.

Worum geht es? Für ihre Studie bildeten Knauff und Nejasmic vier Gruppen, Novizen und Experten jeweils im Umgang mit Word oder mit LaTeX. Unter genau definierten Bedingungen mussten die Versuchspersonen drei vorgegebene Texte reproduzieren, eine reine Textseite aus einem wissenschaftlichen Artikel, eine Seite mit einer Tabelle und ein Textstück mit mathematischen Formeln. Sie bewerteten dann die Arbeitsergebnisse der Versuchspersonen nach der Anzahl der orthografischen und grammatischen Fehler, der Anzahl der Formatierungs- und Tippfehler sowie der in einer vorgegebenen Zeit geschriebenen Textmenge.

Das Ergebnis ist überraschend deutlich: Außer im Formel-Text schneiden die Word-Gruppen besser ab als die LaTeX-Gruppen, und zwar um so viel besser, dass selbst die Gruppe der Word-Novizen deutlich bessere Texte liefert als die LaTeX-Experten. Besonders drastisch fällt das Ergebnis bei der Tabellengestaltung aus, und die Fehlerzahl schießt hier in beiden LaTeX-Gruppen gegenüber den Word-Gruppen in die Höhe. Auch der Umfang des erstellten Textes ist in beiden Word-Gruppen größer als in den LaTeX-Gruppen. Nur im Formelsatz schneidet LaTeX hinsichtlich Umfang und Fehlerfrequenz besser ab, die Unterschiede zu den Word-Experten fallen jedoch auch hier geringer aus als die Abstände im umgekehrten Fall bei den beiden anderen Textarten.

Natürlich kann man zu dieser Untersuchung vieles anmerken. Eigentlich werden hier Äpfel und Birnen miteinander verglichen, stellt doch Word eine komplette Autorenumgebung zum Erstellen von Texten zur Verfügung, LaTeX hingegen ist zunächst einmal eine sogenannte “Typesetting Language”, eine Programmiersprache, die eigentlich für den Satz, auf die Erzeugung von formatiertem Text, spezialisiert ist, den Schreibprozess selbst aber nicht unterstützt. Das Erstellen von LaTeX-Dokumenten erfordert deshalb ja auch einen Texteditor, in dem diese geschrieben werden. Das haben Knauff und Nejasmic natürlich berücksichtigt und die Schreiber in den LaTeX-Gruppen die von diesen favorisierten Editoren verwenden lassen.

Außerdem gibt es große Unterschiede in den verschiedenen Fächern. Donald Knuth, der Entwickler von TeX, auf dem LaTeX basiert, hatte bei der Arbeit an seinem mehrbändigen Werk “The Art of Computer Programming” das Problem fehlerhaften Satzes am eigenen Leib erfahren und mit der Erfindung dieser auf den Satz spezialisierten Programmiersprache darauf reagiert. In der Informatik, der Mathematik, der Physik und anderen “formellastigen” Disziplinen kommt man seitdem ohne TeX/LaTeX nicht aus, und auch viele Verlage fordern LaTeX-formatierte Texte ein.

Gleichwohl überrascht mich das Ergebnis von Knauffs und Nejasmic’ Studie nicht. Eine ausgereifte Autorenumgebung wie die, die das Zentrum von Word ausmacht und die zudem nach dem “What you see is what you get”-Prinzip (WYSIWIG) arbeitet, unterstützt uns nun einmal beim digitalen Schreiben weitaus besser als ein rudimentärer Editor, in dem faktisch ein mit Formatierungsanweisungen durchsetzter Programmtext zu erstellen ist. Die Deutlichkeit der Ergebnisse lassen Knauff und Nejasmic auch die Empfehlung aussprechen, im akademischen Bereich LaTeX nur dort einzusetzen, wo tatsächlich Formeln zu gestalten sind, weil andernfalls aufgrund des hohen Zeitverlusts ein zu verschwenderischer Umgang mit Steuermitteln zu verzeichnen sei.

Die Debatte, die seit dem Erscheinen der Studie am 19. Dezember im Netz geführt wird (siehe z.B. die Reaktionen auf Twitter) zeigt, dass hier auch eine gehörige Portion Ideologie im Spiel ist. Und damit sind wir wieder am Ausgangspunkt: Die Diskussionen zur Verwendung von Word oder LaTeX bei der Textverarbeitung werden mit dieser Studie eher angeheizt als überflüssig – das Schreiben eines Textes unterliegt so vielen Rahmenbedingungen und ist ein so zentraler Aspekt unseres intellektuellen Lebens, dass es wohl vor allem mit der akademischen Prägung und Gewöhnung an das einmal Gewählte zu tun hat, welcher Form von Textverarbeitung wir tatsächlich den Vorzug geben.

 

Ergänzung vom 12.1.2015, 9:55 Uhr: Die Autoren haben inzwischen eine Entgegnung auf die vielen Kommentare zu der Studie verfasst.

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Henning Lobin ist seit 2018 Direktor des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache in Mannheim (Mitglied der gemeinsam vom Bund und allen 16 Bundesländern finanzierten Leibniz-Gemeinschaft) und Professor für Germanistische Linguistik an der dortigen Universität. Zuvor war er ab 1999 Professor für Angewandte Sprachwissenschaft und Computerlinguistik an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Seine Forschungsschwerpunkte bilden die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Sprache, Texttechnologie, Grammatik, Wissenschaftskommunikation und Politolinguistik. Er ist Sprecher der Sektion "Geisteswissenschaften und Bildungsforschung" und Präsidiumsmitglied der Leibniz-Gemeinschaft, Mitglied germanistischer Fachbeiräte ua. von DAAD und Goethe-Institut, er war Mitglied des Forschungsbeirats der Stiftung Wissenschaft und Politik und des Fachkollegiums Sprachwissenschaft der DFG. Lobin ist Autor von neun Monografien und hat zahlreiche Sammelbände herausgegeben. Zuletzt erschienen sind Engelbarts Traum (Campus, 2014, polnische Übersetzung 2017, chinesische Übersetzung 2018), Digital und vernetzt. Das neue Bild der Sprache (Metzler, 2018) und Sprachkampf (Duden, 2021). Bei den SciLogs ist Henning Lobin seit 2014 Autor des Blogs "Die Engelbart-Galaxis", nachdem er dort bereits ab 2008 am Gruppenblog "Interactive Science" beteiligt war.

27 Kommentare

  1. Eine ausgereifte Autorenumgebung wie die, die das Zentrum von Word ausmacht und die zudem nach dem “What you see is what you get”-Prinzip (WYSIWIG) arbeitet, unterstützt uns nun einmal beim digitalen Schreiben weitaus besser als ein rudimentärer Editor, in dem faktisch ein mit Formatierungsanweisungen durchsetzter Programmtext zu erstellen ist.

    Klingt ein wenig schroff, aber es müsste schon so sein, dass eine Funktionalität, wie von M$ angeboten, mittlerweile oder “irgendwie sowieso” besser ist als ein ‘rudimentärer Editor’,
    Hint:
    Hier geht es auch um Besitzverhältnisse oder proprietäre Software.

    MFG
    Dr. W (der LATEX kennt, wie schätzt)

  2. Für den naturwissenschaftlichen, “formellastigen” Bereich ist TEX, resp. LATEX, wirklich etwas schöner im Ergebnis als beispielsweise WORD oder auch OPEN OFFICE. Und mit Eingabeumgebungen wie LYX kann man sich vom zugegeben etwas kryptischen LATEX-code mehr oder weniger verabschieden.

  3. Unter den beschriebenen Umständen kann ich mir schon gut vorstellen, dass Word besser abschneidet als Latex. Zwei große Stärken von Latex wurden anscheinend nicht getestet: Die Möglichkeit, Makros zu erstellen und vor allem, wie gut längere Texte wie z.B. Bücher formatiert werden. Das hab ich jetzt schon lange nicht mehr mit Word versucht, erinnere mich aber noch daran, wie vor ein paar Jahren eine Freundin ihre Bachelor-Arbeit in Word geschrieben hat. Aus Performance-Gründen hatte sie für jedes Kapitel ein eigenes Dokument angelegt – und am Ende viel Spaß als sie alles zusammenführen wollte…

  4. Mich überrascht das Ergebnis. In Word passiert es mir immer wieder, dass ich herumdoktere, um genau das erwünschte Erscheinungsbild zu erhalten. Mit Tex und Latex sollte sich doch ein viel einheitlicheres Ergebnis erzielen lassen, vor allem bei grösseren Dokumenten vorausgesetzt man verwendet Makros. Dies jedenfalls behauptet mein Sohn, der seine Arbeiten während des Physikstudiums mit Latex erstellt hat.

  5. “Word gegen LaTeX – und wer gewinnt?” Meine Antwort: zur Zeit “Niemand”. Als LaTeX-Anwender kenne ich beide Seiten der Medaille.

    Für alltägliche Sachen wie z. B. einen ein- bis zweiseitigen Brief zu schreiben nutze ich inzwischen Word. Einen Brief in LaTeX zu schreiben ist mir persönlich zu umständlich, weil recht simple Abweichungen von der Standardformatierung Recherche erfordern und damit meine Zeit killen. Wenn ich mit LaTeX arbeite, habe ich immer eine bzw. mehrere Referenzen im Hintergrund parat – sei es ein PDF-Dokument oder eine Suchmaschine im Browser. Leider war ich zu faul, mir eine gute Vorlage zu erstellen — irgendwann vielleicht 😉

    Etwas kompliziertere Texte wie z. B. Protokolle oder Studienarbeiten schreibe ich in LaTeX. Einerseits ist es gute Übung für mich — andererseits eine richtige Zeitsenke. Damit die Qualität der Arbeit “gut” wird, muss ich hierfür meinen Text mehrfach iterieren. Der Editor bzw. die Programmierumgebung unterstützt mich dabei sogut es geht (z. B. beim Referenzieren von Gleichungen/Abschnitten etc.) aber das wars auch schon. Für den Inhalt ist man dann selbst verantwortlich (so sollte es auch meiner Meinung nach sein).

    Zitat: “We conclude that even experienced LaTeX users may suffer a loss in productivity when LaTeX is used, relative to other document preparation systems.”

    Ich sehe die Ergebnisse der Studie als durchaus realistisch. Arbeit mit LaTeX ist zeitaufwendig und fehleranfällig. Dennoch soll eine endgültige Fassung des Texts “glänzen” und fehlerfrei sein. Damit wird der Zeitaufwand nicht sichtbar.

    Sicherlich wäre es “produktiver” gewesen, die eine Diplom- oder Bachelorarbeit bzw. das Paper in Word zu schreiben. Andererseits nützt uns dieser Produktivitätsgewinn nichts, wenn die Software oft versagt oder man keine Lizenz des Programmes besitzt. Es ist sicherlich eine Lösung für die Verwaltung oder eine Firma/Institution — aber keine gute Lösung für den Wissenschaftsbetrieb. Da sind die Anforderungen etwas anders.

  6. @me: Wenn man sich am Anfang (!) die Zeit nimmt und wirklich sorgfältig mit den Formatvorlagen in WORD arbeitet, ist das Konzept der Filial- und Zentraldokumente sehr praktisch, da nur relativ kleine Dateien bearbeitet werden müssen (insbesondere bei einem Haufen Grafiken und Tabellen) und nicht das ganze grosse Dokument. Habe ich Anno ’96 bei meiner Dissertation auch schon verwendet und es ging reibungslos.

  7. LaTex ist ein Textsatzsystems und kein Textverarbeitungssystem. Und damit sollte zu diesem Experiment schon genüge gesagt worden sein. Der Vergleich ist schlich absurd.

    Mit entsprechenden LaTex-Modulen kann ich alles machen und bin damit – als Mensch der da gut eingearbeitet ist – meist schneller und meist besser als Profis mit teuren Layout-Programmen. Egal obs um Plakate, reine Texte oder Texte mit Formeln geht.

    Wie man allein das hochsaubere Layout von Latex mit Word vergleichen will, ist mir schlicht ein Rätsel.

    • Ganz so absurd finde ich diese Studie trotzdem nicht. Man kann schon vergleichen, wie die Ergebnisse per Word und LaTeX nach einer definierten Zeit sich voneinander unterscheiden. Word ist schließlich nicht nur ein Autorensystem, sondern *auch* ein Satzsystem, und LaTeX wird in Kombination mit einem Editor *auch* als Autorensystem genutzt.

  8. @Dr. Webbaer: “Klingt ein wenig schroff, aber es müsste schon so sein, dass eine Funktionalität, wie von M$ angeboten, mittlerweile oder “irgendwie sowieso” besser ist als ein ‘rudimentärer Editor’,”

    Mit entsprechenden Modulen in Emacs und vim, stelll ich die Funktionalität von Word weit in die dunklste Stelle des Schatten.

  9. Ja, das kann ich mir gut vorstellen. Berufsbedingt schreibe ich mittlerweile überwiegend in Word, das sich hervorragend weiterentwickelt hat. Auch in Word kann man eben sauber schreiben. Und je mehr Markup-Befehle eine Sprache hat, desto mehr Fehler kann man eben machen.

    Freilich hat LaTeX noch seine Berechtigung. Die visuelle Performance – richtig eingesetzt – ist nach wie vor beeindruckend. Vermehrt sehe ich LaTeX dort, wo automatisiert viel Text gesetzt werden soll, auch in Unternehmen.

    Mein LaTeX-Lehrbuch hat dennoch wohl meist akademische Leser, und auch das ist in Ordnung.

  10. Vergeßt die alten Leute nicht, die nicht mithalten (können). Sind Zahler und Sucher.
    Früher gab’s zwei Drehknöpfe zum Auswählen, heißt Ergonomie. Fernseher hatte Bild.

  11. Und das waren nur Transkriptionsaufgaben, bei denen die Versuchspersonen wenige Gedanken auf den Inhalt verwenden mussten. Beim “echten” Schreiben, vielleicht noch gemeinsam mit Koautoren, könnten die Unterschiede noch größer ausfallen; sie wären allerdings schwerer zu messen.

    Ich habe mir einen Mittelweg angewöhnt: Texte entstehen in Word oder Google Docs und erst die Endfassung setze ich in LaTeX. Das Markup reduziert sich auf Identifier für Abbildungen und Tabellen sowie Referenzen.

  12. Es wurde bereits gesagt, da wurden Äpfel mit Birnen vergleichen. Um gegen Latex direkt zu vergleichen hätten die Worddokumente auch direkt als XML bearbeitet werden sollen 😉

    Sobald man mehr als ein paar Seiten, Inhalts- und Abbildungsverzeichnisse hat wird Word extrem nervig, auch heute noch. Von der schlechten Usability mal ganz abgesehen.

    Die Lösung ist dann wohl der goldene Mittelweg: WYSIWYM (What you see is what you mean), zum Beispiel mit Lyx. Habe ich meine Diplomarbeit mit geschrieben, das war Spitze. Wenn das Layout erstmal steht kann man sich entspannt auf den Inhalt und die Auszeichnung dessen konzentrieren.

  13. Der Vorredner hat schon darauf hingewiesen. Wenn einmal die Vorlage erstellt ist geht es mit Latex einwandfrei und effizient. Mit Latex ohne geignete Vorlagen rumzubasteln ist eine effiziente Methode sich ins Knie zu schiessen.

    In meinem Berufsleben habe ich nie mit Word gearbeitet, aber unter seinen Auswirkungen gelitten. Die stark gefummelten Worddokumente habe ich nach import in den Interleaf Publisher erst einmal strukturiert entsprechend den Elementen der Vorlage, was den ganzen unstrukturierten Formatierungskrempel des Worddokuments unschädlich gemacht hat.

    Für Interleaf gab es brauchbare Vorlagen und die fertigen Dokumente waren in jeder Hinsicht den Worddokumenten wie sie angeliefert wurden überlegen. Natürlich hat man mir erklärt, Ähnliches könne man auch mit Word erreichen, doch getan hat es keiner, denn in der Praxis war das viel zu umständlich. In Interleaf ging das flott von der Hand. Geeignete Vorlagen sind auch das Um und Auf bei der Verwendung von Latex: http://tubslatex.ejoerns.de/current/tubsdocguide.pdf

    @ Henning Lobin: haben Sie in der Kommuikation mit Ihren Verlegern schon Fortschritte gemacht? Deren Korrekturen von Hand in das Original-Worddokument einzupflegen kann auf Dauer nicht ganz ernst gemeint sein.

  14. Solche Studien überraschen mich. Wieso Latex ? Latex ist ein spezialisiertes Makropaket für Tex. Die Vorzüge liegen bekanntlich im Bereich der Bibliographie und Referenzen. Andere Makropakete für Tex – wie z.b. ConTeXt – sind Allrounder und bieten Funktionen im Kernel, die man in Latex durch Pakete hinzufügen muss. Für einen TeX-Allround-Einsatz, bei dem es auch im die eigene Layout-Gestaltung geht, würde ich eher ConTeXt nutzen. Das ist im Gegensatz zu Latex jedoch nicht erste Wahl, wenn es um das Erstellen von Bibliographien geht. Wo Latex z.b. eine sauberte Zitation in der Fußnote mit \footcite[Vgl.][20]{NameJahr} erzeugt, muss ich im ConTeXt erst mit \footnote( Vgl. \cite[alternative=authoryear, extras={, S.20}][NameJahr]) arbeiten, im Word bekomme ich ohne Bearbeiten der XML Files nicht einmal eine Fußnote ohne Umklammerung hin. In welcher Zitationsvorgabe sieht denn z.b. eine Fußnote “(S.20)” aus? Mir scheint, MS kann noch nicht einmal zwischen Fußnoten und Inline-Zitation von Hause aus unterscheiden. Dieser Vergleich ist also in jeder Form unangebracht. Nicht nur das ein Textverarbeitungsprogramm wie Word mit einem Textsatzprogramm wie TeX verglichen wird, nein man nutzt auch noch ein spezialisiertes Makropaket wie Latex und driftet damit völlig in die Bereiche jenseits der Wissenschaftlichkeit an, sagen wir Äpfel und Birnen.

  15. Ich finde die Frage völlig unerheblich. Denn wie Sie selbst schreiben, stecken hinter der Verwendung von LaTex meist andere Motivationen als hinter der Verwendung von Word.
    1. Wenn man schon diese Frage stellt, hätte man LaTex gegen Libre Office vergleichen müssen. Beide sind open source verfügbar, die proprietäre Software word nicht.
    2. Man benutzt LaTex nicht, wenn man einfach nur einen Text schreiben will, sondern auch wenn man typologische und ästhetische Anforderungen hat. Daher hinkt der Vergleich mit word.
    3. Unter dem Begriff LaTex-Experte kann ich mir nichts vorstellen. Die Abstufungen dessen, was LaTex kann und was die Benutzer können sind (je nach Fach und Zweck) unheimlich groß — insbesondere die Verwendung mathematischer Zeichen ist ein ganz eigenes Feld. Ich würde mich beispielsweise als sehr erfahren im Umgang mit LaTex bezeichnen, habe keine Probleme, altgriechische Texte umzusetzen, aber für die Wiedergabe mathematischer Formeln müsste ich mich sicher eine Weile einarbeiten.
    4. Ein absolutes Plus bei LaTex, finde ich, ist die Verwendung für wissenschaftliche (Abschluss-) Arbeiten. Während die Benutzer von Word, Libre Office und co. über die Fußnoten und Quellenangaben schimpfen bzw. über das Seitenlayout, lehnen sich LaTex-Benutzer da ganz entspannt zurück und konzentrieren sich auf den Inhalt. Darin sehe ich persönlich die größte Stärke von LaTex.

  16. Hi zusammen,

    nachdem ich mir ein paar Minuten Gedanken über den Text gemacht und einige sehr interessante Kommentare überflogen habe, kann ich nicht aufhören zu schmunzeln.

    Ich verwende ConTeXt (mkiv) zusammen mit dem Editor Textadept.
    Und es ist effektiv und effizient das Beste, was einem Schreiber passieren kann.

    ConTeXt macht es einem leicht, eine Dateistruktur in seine Dokumente einzuführen. So kann man sich unter anderem sogenannte Umgebungsdateien erstellen, in denen man alles mögliche Definiert, z.B. das Seitenformat. Diese Environments lädt man dann in einer Zeile in seine Produktdatei und hat so eine saubere Arbeitsfläche. Das Product kann dann wiederum eine Vorlage sein, z.B. eine Rechnung, ein Bewerbungsanschreiben mit Lebenslauf, ein Brief oder auch einfach nur Memoiren. Weiterhin können in ein Produkt, wieder mit nur einer kurzen Zeile, sogenannte Komponenten geladen werden, in denen Textpassagen stehen. Daraus resultiert, dass man prinzipiell ein Mal eine Vorlage erstellt und nur noch die Components editieren muss. Dies alles kann man sogar mit dem einfachen Windows Editor machen und schreibt sich für das Produzieren der PDF eine Batchdatei. Et voila… schon hat man das effizienteste Werkzeug an der Hand, auch wenn man hierbei natürlich nicht unterschlagen darf dass zwischendurch trotzdem eine gewisse Kenntnis der ConTeXt “Sprache” erforderlich ist und die Lernkurve, zugegeben, flach verläuft.

    Doch kommt hier Textadept zum Tragen. Dieser Editor setzt auf Minimalität, so dass der download samt Modulen (darunter auch deutsche Rechtschreibprüfung) weit weniger als 20 MB beträgt (zusammen mit ConTeXt dann ca. 500 MB) und auf jedem Windows, Linux und Mac System lauffähig sein dürfte. Die Einstellungsmöglichkeiten für Aussehen und Workflow von Textadept sind atemberaubend. In Verbindung mit ConTeXt seien da nur die Snippets erwähnt, die man sich selbst erstellen kann. Snippets sind vordefinierte Code-Blöcke (ähnlich zu Makros), die man u.a. durch das Schreiben eines Kennworts und anschließender Betätigung der TABulator-Taste einfügen kann. So schreibt man beispielsweise table, drückt TAB und schon hat man meine Tabelle, in die man Befehle wie trow oder tcell schreibt und mit TAB eben Reihen und Zellen einfügt. Will man beispielsweise zehn Reihen, schreibt man ein Mal das Wort trow, hält die Strg.-Taste gedrückt und drückt zehn Mal die D-Taste zum Duplizieren. Anschließen arbeitet man sich nach Bedarf nach unten weiter und drückt TAB um den Codeblock aufzurufen. Und dies ist auch nur die Spitze des Eisbergs ConTeXt in Textadept.
    Eines meiner Anwendungsbeispiele: Ich habe mir eine Rechnungsvorlage erstellt, in der eine Tabelle definiert ist. Die Rechnung selbst muss ich gar nicht mehr editieren; lediglich eine Tabelle mit den Posten schreibe ich in LibreOffice Calc und speichere sie als CSV-Datei (Comma-separated values). Abschließend muss ich nur eine Batchdatei aufrufen und habe, ohne was anderes als Calc verwendet zu haben, eine fertige PDF mit aktuellem Datum im Briefkopf und aktuellem Monat im Betreff.

    Weiterhin können in ConTeXt Grafiken (mithilfe von MetaPost) erzeugt oder aus verschiedensten Formaten eingefügt werden, z.B. in Inkscape erstellte Vektorgrafiken. Eine weitere Stärke von ConTeXt sind interaktive PDF, in denen man mit Clicks durch das gesamte Dokument navigieren kann… Ich könnte stundenlang weiterschwärmen. Und das alles kostet nichts, während es von nur einer, maximal zwei Hand voll Leuten gepflegt wird.
    Da stellt sich doch schon der gesunde Menschenverstand die Frage: “Wofür brauche ich MS Office?”, insbesondere da streng genommen auch die CSV-Tabellen in einem einfachen Editor erstellt und gewartet werden können.

    Ein Kritikpunkt ist häufig die fehlende deutsche Dokumentation. Doch auch hier findet sich mittels Google-Suche häufig ein Rat oder zumindest ein Forum, in dem man sich mit erfahrenen Nutzern austauschen kann.
    Die Betreiber von Textadept und ConTeXt selbst führen keine Foren, sondern sogenannte Mailing-lists (in englischer Sprache), die man lediglich einmal anschreiben muss, um sich anzumelden. Dies wirkt anfangs abschreckend, doch schnell merkt man den Vorteil dieses Formats: Foreneinträge werden oft übersprungen und ggf. nicht oder zu selten gelesen, während die Mail jeden Nutzer in der Liste erreicht, sodass häufig sogar die Entwickler selbst antworten (ConTeXt: Hans Hagen, Taco Hoekwater; Textadept: Mitchell).

    Im Rahmen eines Projekts sah mich mich dann (trotz installiertem LibreOffice) gezwungen, MS Office zu installieren und war froh, als ich feststellte, dass MS Office doch nichts hat, was LibreOffice nicht hat. Teilweise kann man mit LibreOffice sogar in weit mehr Formate exportieren als mit MS Office. Deshalb steht für mich ein Mal mehr fest: MS Office ist reinste Platz- und Geldverschwendung. Als Bierdeckel wirkt die MS Office DVD hingegen edel.

    Mehr, denke ich, muss man zum Vergleich TeX – Office nicht sagen. Wer PCs nur als Mittel zum Zweck sieht, der wird mit TeX nicht glücklich. Wem aber das Schreiben am Herzen liegt oder wer systematische, effiziente Schreibweise bevorzugt, dem sei ConTeXt mit Textadept ans Herz gelegt.
    Ist man ein Mal dort angekommen, will man nicht mehr zurück.

    Gruß, Sebastian

  17. Ich habe meine letzten beiden Arbeiten in Latex erstellt und bin jetzt von Latex auf Word gewechselt. Mit den Ergebnissen war ich am Ende immer zufrieden, aber die Schmerzen um ans Ziel zu gelangen, standen einfach nicht mehr im Verhältnis.

    Das Hauptproblem für mich ist, dass Latex ein Flickenteppich aus Plugins ist, die nicht immer gut miteinander auskommen. Viele Dinge funktionieren erst im 2ten oder 3ten Kompiliervorgang und auch latexmk erkennt nicht immer zuverlässig wie viele Durchläufe er jetzt braucht. Ich stand auch schon vor kryptischen Fehlermeldungen, bei denen ich mir nicht mehr zu helfen wusste als Paragraphen nacheinander aus- und wieder einzukommentieren, um den eigentlichen Fehler zu finden.

    Im Zweifel muss man immer erst mal eine halbe Stunde googeln um ein total kryptisches 20 Zeilen langes Snippet an Code zu finden, dass zwar irgendwie tut was man möchte, aber ohne das man einen blassen Schimmer hat warum.

    Vor allen Dingen kann man ein Latex-Dokument praktisch niemanden zum überarbeiten geben, anders als ein Word-Dokument und ein Word-Dokument kann auch von mehreren gleichzeitig bearbeitet und kommentiert werden und kann Änderungen nachvollziehen. Word besitzt außerdem eine bessere eingebaute Rechtschreib- und Grammatikprüfung als jedes andere Programm, das ich kenne.

    Die meisten Dinge die Word vorgeworfen werden, gehören der Vergangenheit an. Große Dateien sind kein Problem mehr, Zitate können wie in bibtex auch, zentral verwaltet werden. Inhaltsverzeichnis, Bildverzeichnis, Literaturverzeichnis alles kann automatisiert erstellt werden. Selbst Objekte platzieren ist ziemlich einfach geworden und finde ich deutlich entspannter als in Latex.

    Style-Klassen in Word finde ich persönlich angenehmer zu pflegen als Latex-Makros, fühlt sich mehr wie CSS-Klassen an.

    Es ist kinderleicht Excel-Daten in Word zu hinterlegen und Diagramme daraus zu erstellen. Viele Zeichnungen kann man schnell mit Smart-Arts erzeugen. Alles kompliziertere kann man ja immer noch als EPS-Vektor-Datei oder PDF einfügen. Formeln sind mit dem Formel-Editor auch keine Problem mehr, zumindest wenn man kein mathematisches Skript, das zu 50% aus Formeln besteht, schreibt.

    Was ich vermisse sind die Akronymverwaltung von Latex, aber das kann ich auch zur Not von Hand machen und die Tatsache, dass ich Textdateien in VIM bearbeiten und in GIT tracken konnte.

    Wer sein Tool beherrscht kann sowohl mit Word als auch mit Latex Dokumente erzeugen, die ordentlich gesetzt sind. Aber für mich ist ganz klar, dass Word Latex mittlerweile längst überholt hat. Ich verstehe auch nicht warum man Studenten mit Latex immer noch gängelt, bei uns wurden auch darauf Lobeshymnen gehalten, aber außerhalb von Universitäten kenne ich niemanden, der das noch verwendet. Hauptsächlich vermutlich, weil es für Teamarbeit einfach komplett ungeeignet ist.

    Wer unbedingt freie Software verwenden möchte, kann ja Libreoffice verwenden, muss dann halt auf ein paar Funktionen verzichten.

    Vlt. gibt es ja auch in naher Zukunft mal eine sauberere Auszeichnungssprache um PDF-Dokumente zu erstellen, so etwas wie Markdown mit CSS und einem gut entwickelten set an Plugins, mit dem es keine kryptischen Fehlermeldungen an jeder Ecke gibt.

    • @ Tom (10. März 2018 @ 02:14)

      Ich kann Sie absolut verstehen. Ich habe zwischendurch auch mehrmals überlegt, einen Text lieber schnell in Word zu tippen, anstatt mir die Mühe mit TeX zu machen.
      Allerdings habe ich früher mit Word gearbeitet; später habe ich auf Writer von LibreOffice gewechselt (weshalb ich nicht weiß, was Sie meinen, wenn Sie sagen, bei Libre müsse man auf Funktionen verzichten; allein die größere Breite an unterstützten Bildformaten und der Preis machen eher Libre vorzugswert. Zudem kam MS prinzipiell nach Libre.). Aber auch dort packt einen zwischen der Unmut; auch in WYSIWYG Editoren muss man zwischendurch fummeln. In der HTML Programmierung beispielsweise ist man in der Regel nicht lange glücklich mit WYSIWYG, sondern wechselt früher oder später zum Quellcode. Zumal Arbeiten mit Quellcode sich wesentlich leichter automatisieren lässt.
      Und da kommen wir zur Schwäche von Latex. Diese sogenannten WYSIWYMean “Editoren” sind wie Roboter, deren Sprache und Launen man erst lernen muss, bevor sie einem zuhören und so handeln, wie man es meint.
      Bei YTube gibt es ein Video, in dem Donald Knuth erklärt, mit welcher Idee er TeX programmierte. Sind nur zwei Minuten Länge und empfehlenswert; Link:

      https://www.youtube.com/watch?v=8HuwiBPLV3A

      Latex ist in dem Fall wie ein Roboter, bei dem man sich immer wieder die Frage stellen muss, welches Modul ihm gerade am besten passt. Auch dies kann eine Form von WYSIWYM sein, wie die Nutzerzahlen von Latex zeigen. Es widerspricht mir dann aber doch, immer nur nach dem passenden Modul zu suchen. Deshalb habe ich nach einer Alternative gesucht und ConTeXt gefunden.
      ConTeXt ist out of the box. Es gibt nur eine überschaubare Anzahl von Modulen, die man auch nur in speziellen Fällen braucht. Sie können z.B. in ConTeXt, ohne Module zu laden, zeichnen. Sie können die Programmiersprache Lua benutzen, um tiefergreifende Operationen zu programmieren… Ich will gar nicht wieder mit den Vorzügen von CTX anfangen, sonst schreibe ich noch morgen.
      Auch bei CTX, das ist klar, gibt es zwischendurch Momente, in denen man am liebsten “format c:” ausführen würde, aber allein die fehlende Modulsuche macht CTX zu einem besseren WYSIWYM “Editor” als LaTeX.
      Ich empfehle Ihnen daher, sich ConTeXt anzusehen, bevor Sie WYSIWYM den Rücken kehren. Zumindest bezüglich CTX würde ich Ihre Behauptung, für “Teamarbeit einfach komplett ungeeignet” nicht so stehen lassen. In Teamarbeit braucht es immer einen Manager. So kann ein “Nerd” im Team sich beispielsweise mit dem Layout und allen Definitionen befassen, während die Teammitglieder, zumindest mit CTX, nur Dateien mit einem Mindestmaß an Befehlen schreiben.
      Meine Briefe sehen in CTX z.B. so aus:

      \environment Dateiname
      \starttext
      % ————————–
      \Betreff { TEXT }
      \Anrede{ TEXT }
      \Einleitung{ TEXT }
      \Hauptteil{ TEXT }
      \Schluss{ TEXT }
      % ————————–
      \Empfaenger{ NAME }
      \Strasse{ TEXT }
      \PLZahl{ 12321 }\Stadt{ TEXT }
      % ————————–
      \stoptext

      Wenn das für ein Teammitglied zu schwierig ist, dann sollten Sie die Personalwahl überdenken. 😀 (Scherz am Rande)

      Solche Vorlagen erstellt man ein Mal und die Settings können jederzeit angepasst werden, ohne dass sich das Kernlayout ändert. Wenn man ein Mal angefangen hat, in solchen Strukturen zu arbeiten, und sie auch so funktionieren wie gewünscht, will man gar nicht mehr zurück zu WYSIWYG.
      Ich persönlich finde, dass sich das Arbeiten mit Texten so am besten organisieren und automatisieren lässt.

      In diesem Sinne: nicht immer gleich aufgeben. 😉

      Gruß, Sebastian

      • Freut mich wenn es für Sie so funktioniert. Ich habe LibreOffice länger nicht mehr verwendet, kann das also nicht wirklich gut vergleichen. Ich habe es mir gerade mal installiert und vom Funktionsumfang her scheint es ähnlich zu sein, allerdings sind die Menüs weniger übersichtlich. MS-Office ist halt der Firmenstandard und macht deshalb für mich mehr Sinn, vor allen Dingen weil ich die Dokumente dann in OneDrive speichern kann und darüber auch mit mehreren problemlos gleichzeitig bearbeiten kann. Ich sehe halt für mich keinen Vorteil darin, mich mit einem komplizierten System herum zu schlagen, wenn es mir keinen Mehrwert zum einfacheren System bringt und ich Dokumente nicht mehr mit mehreren bearbeiten kann. Komplexeres HTML würde ich auch nicht mit einem WYSIWYG-Editor bearbeiten, aber eine Webseite ist in der Regel auch deutlich komplexer als ein Dokument und mir fällt auch kein guter WYSIWYG-Editor, abgesehen von Dreamweaver vlt., ein. Markdown finde ich ganz angenehm für einfache Dokumentation. Aber um PDF-Dokumente automatisiert zu erstellen, kenne ich als andere bekannte Alternative auch nur wkhtmltopdf und die ist auch nicht gerade konfliktfrei, in dem Fall habe ich auch schon Latex verwendet und werde es auch erst mal weiter verwenden.

        • “Word ist halt der Standard”.

          Hört man immer wieder. Dazu ist zu sagen, dass Word eben nicht der Standard ist, weil es ein gutes oder gar das beste Programm wäre. Es ist der Standard, weil Microsoft jede Alternative aus dem Weg geräumt hat, mit unethischen und teils illegalen Geschäftspraktiken.

          Ein Problem ist, dass Microsoft dieses Ziel (Quasimonopol von Office-Paketen) schon vor über 20 Jahren erreicht hat, und das seitdem alle Benutzer praktisch keine Alternative kennen. LaTeX ist da in akademischen Kreisen noch die Ausnahme – es ist bekannt, wird benutzt, aber ist keine wirkliche Alternative.

          Der Grund warum wir jetzt aber wieder darüber reden ist Apple, die mit iOS (iPhone und iPad) einen recht grossen Marktanteil erreicht haben. Und weil Microsoft zu lange gezögert hat, Office nach iOS zu portieren, haben Leute nach Alternativen gesucht. Und festgestellt, das die eigentliche Arbeit, für die man bisher Word und Co. für zwingend notwendig gehalten hat, auch mit besseren Werkzeugen getan werden kann. Nicht alles, aber genug.

          Word ist ein Dinosaurier. Es wird aber keine Alternative geben – dazu ist Words Funktionsumfang viel zu gross. Allerdings werden diese Funktionen von vielen Leuten nicht gebraucht. Word wird verschwinden, denn seine Philosophie zur Texterstellung ist gerade dabei sich per Fortschritt zu verabschieden. Bis es soweit ist, müssen wir mit dem Biest leider leben. Und ich weigere mich, mehr Zeit mit ihm zu verschwenden als ich es schon habe. Derzeit ist meine einzige Verknüpfung zu Word, das manche Leute .doc/.docx-Files haben wollen. Die erstelle ich mit anderen Programmen. Funktioniert seit ein oder zwei Jahren prima.

          • Und noch etwas: Weil Word schon so lange DER Standard ist, und fast alle Leute kein anderes Programm kennen, wurden diese Leute blind gegenüber den Problemen, mit denen Word das Leben erschwert.

            Ich habe jähr(zehnt)e lang mit Word gearbeitet. Dabei verging kein Tag, bei dem ich nicht wünschte, es gäbe etwas besseres. Aber erst als ich zu Mac wechselte und Nisus Writer kennenlernte, habe ich erkannt, WIE schlecht Word tatsächlich ist. Nämlich abgrundtief schlecht.

          • Ob Word verschwinden wird, bezweifle ich. Ich bin mir sicher, das Konzept bleibt in jedem Fall erhalten, da es ja immer noch Textverarbeitungen gibt, die brauchbar sind. Mit Word stehe ich auf dem Kriegsfuß. WordPerfect von vor 20 Jahren war eine tolle Textverarbeitung.

  18. Mein persönliche Erfahrung ist die: MS Word ist, entgegen vorherrschender Meinung, sehr kompliziert zu benutzen. Im Gegensatz zu LaTeX (man muss nur die Syntax kennen oder nachschlagen), erfordert Word eine strenge Disziplin für Arbeitsabläufe, um die Wahrscheinlichkeit von unerwarteten Vorkommnissen und Totalzerstörung seines Manuskriptes bei steigender Länge und Komplexität gering zu halten. Manche Funktionen von Word sind dermassen fehlerbehaftet, dass man sie überhaupt nicht verwenden kann (z.B., die automatische Listenerstellung. Funktionieren seit Jahr(zehnt)en nicht, und werden von MS nicht korrigiert). Mit LaTeX kann ich tatsächlich einen Text schreiben, und dass was automatisiert ist, ist sinnvoll zu automatisieren; Word muss ich bedienen, wie eine altmodische Dampflok, und wenn ich alles richtig mache, kommt hoffentlich dass raus, was ich will. Und dabei automatisiert Word vieles, was man nicht braucht, das in schweisstreibender Kleinarbeit abgeschaltet werden muss.

    Zu der Erstellung einer Veröffentlichung (Fachbereich Materialwissenschaft) habe ich natürlich Word verwendet, denn .doc ist das einzige Dokumentformat (ausser LaTeX für einige Physik-Journale), dass alle Journale akzeptieren. Allerdings lernte ich (und allen anderen in meinem Team), das man all die tollen Funktionen von Word gar nicht verwenden muss. Graphiken werden von Journalen in aller Regel getrennt angefordert (als TIFFs) – eingefügte Graphiken in Word sind in aller Regel nicht mehr von reproduzierbarer Qualität. Im Manuskript genügt ein menschenlesbarer Hinweis auf Figur xx, mit angegebener Bildunterschrift (ohne Formatierung o.ä.). Styles werden von vielen Journalen nicht mehr gerne gesehen – die Gefahr, dass die Dateien dort nicht mehr verwendbar sind ist zu gross. Zudem wird NICHTS von Words Funktionen bei der Veröffentlichung verwendet – die meisten Journale kopieren, von Hand per copy and paste mit studentischer Hilfskraft, aus Word nach Adobe InDesign (oder LaTeX). Im Prinzip könnte man einen ganz normalen ASCII-Editor verwenden… wenn da nicht diese blöde ‘Standardisierung’ auf .doc wäre

  19. Ich bin ein Fan von LaTeX und ich benutze privat für die Briefe aber noch eine Textverarbeitung: LibreOffice Writer.

    Was ich an LaTeX schätze: Es ist äußerst stabil und ich kann schnell damit arbeiten. Ich kann meinen Lieblingseditor verwenden. An Uni schrieb ich natürlich meine Diplomarbeit mit LaTeX. Es hat mir so viel Arbeit erspart.

    Word nutze ich auf der Arbeit und ich könnte jedes Mal fluchen. Es ist enorm verschlimmbessert worden. Word funktioniert bei umfangreichen Dokumenten nur, wenn sich von Anfang an korrekt verhält. Ein Dokument, was falsch begonnen worden ist, ist nur schwer zu korrigieren. Bei uns in der Firma hatten wir zwei Azubis, die ihre Abschlussarbeit in Word schrieben. Leider in Unkenntnis darüber, was Word alles kann und wie man es benutzen muss. Für die Überschriften wurden nicht Konsequent die Templates verwendet… Korrigieren Sie das erstmal! Dann wollte die Berufsschule eine ganz komische Durchnummierung, wo der Anhang in A.1, A.2 und so weiter unterteilt ist. Ich wäre fast verzweifelt.

    Und das soll nun gut sein?

    Ich verwende lieber LaTeX, selbst wenn ich den großen Zauber mit Bibliographie etc. nicht benötige. Ich habe in den letzten zwei Jahren wieder Anwendungsfälle gefunden und zwar Dokumente, die ich nicht schreibe, sondern korrigieren. Aufbereitung von Daten in einem Report. Ein Python-Programm zapft eine Datenbasis an, ein Tex-Template wird durch Cheetah gejagt und heraus kommt ein Tex-Dokument. Mit PDF-Latex bekomme ich dann einen schönen Report.

  20. Aus der praktischen Erfahrung mit beiden Welten, dem Verfassen wissenschaftlicher Arbeiten und anderer Veröffentlichungen langer Texte habe ich am Ergebnis der Studie Zweifel.

    Vorab: Woher nimmt man Kandidaten, die nun überhaupt keine Vorstellung davon haben, wie man Word bedient?

    Desweiteren zielt LaTeX nicht darauf ab, einen Output produzieren, der ein festgelegtes Erscheinungsbild hat. Wenn man das Erreichen möchte, wird es in der Tat kompliziert. Der Produktivitätsgewinn besteht darin, von wirklichen Experten gefertigte Vorlagen zu nutzen und sich einfach auf den Inhalt konzentrieren zu können.

    Mit der Zeit entwickelt man eigene Kommandos und Umgebungen, die man sinnigerweise über eine eigene (abgeleitete) Dokumentenklasse bereitstellt, wird nochmals schneller und erzeugt Dokumente aus einem Guss. Im akademischen Umfeld empfiehlt es sich, solche Klassen zentral bereitzustellen und zu supporten. In der Praxis habe ich leider viele Vorlagen gesehen, die von offenkundig Ahnungslosen zusammengestoppelt wurde, mit teilweise widersprüchlichen Techniken. (Nein, Komascript sollte man mit verschiedenen Low-Level-Ansätzen für den Satzspiegel nicht mischen. Vieles, was auf Lehrstuhl-Homepages kursiert ist grausam und Ausgangspunkt vieler Probleme beim Arbeiten.)

    Wenn man dann auch programmierbare Editoren wie Vim oder Emacs nutzt, kann – zum Glück ist alles Text – sogar automatisch Änderungen vornehmen. Reiner Text erlaubt es, mit Versionskontrollsystemen wie Git verteilt und sogar offline an Dokumenten zu arbeiten, Überarbeitungen in Branches vorzunehmen und selektiv zu mergen (cherry-pick).

    Durch die Bereitstellung adäquater Basisklassen, wenigen Beispieldokumenten, einem Crashkurs in LaTeX, Git und einem ordentlichen Editor haben wir im Unternehmen sogar eingefleischt WYSIWYG-Nutzer binnen kurzer Zeit befähigt:

    a) eine unglaubliche Produktivitätssteigerung zu realisieren
    b) druckreifen Output aus einem Guss im Corporate Design zu erzeugen
    c) in verteilten Teams diese Dokumente zu entwickeln, abzustimmen und zu korrigieren.
    d) externe Datenquellen einzubinden

    Daneben gewöhnen sich Mitwirkende in solchen Projekt unmittelbar ab, sich selbst an der Gestaltung beteiligen (vergreifen) zu wollen.

    Im Übrigen fügt sich Git nahtlos in unsere die Projektplanungslösung an. Wenn es also um Dokumente geht, die inhaltslastig sind und in Projektform entstehen, kann ich die *gekonnte* Kombination aus LaTeX, Git und einer Projektmanagementsoftware nur empfehlen.

    Konsequent Dokumente auf LaTeX umzustellen, hat sich für uns jedenfalls gelohnt. Es vielleicht ein wenig mutig, weil wir natürlich vorher nicht wissen konnten, dass die Rezeption bei den Mitarbeitenden so positiv und die Einstiegshürde so niedrig sein würde.

    Für Publikationen, die eher gestalterisch geprägt sind, evaluieren wir gerade ConTeXt. Wir hoffen einen Satz Vorlagen erzeugen zu können, die es erlauben, Inhalte aktualisieren zu können, ohne für jede kleine Änderung alles einem Grafiker vorlegen zu müssen.

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