Verheißungsvolle Ergebnisse aus der Aidsforschung

BLOG: Enkapsis

Zwischen Molekularbiologie und Medizin
Enkapsis
Infektionskrankheiten sind weltweit die häufigste Todesursache, wobei ein Drittel aller Todesfälle durch die "großen drei" AIDS, Malaria und Tuberkulose zustande kommen. Während Tuberkulose durch Myobakterien ausgelöst wird, wird Malaria hauptsächlich durch eine Infektion mit den einzelligen Parasiten der Gattung Plasmodium verursacht. Das einzige Virus, das unter diesen drei Krankheiten zu finden ist, ist das HI-Virus, welches bekannterweise das Immunschwäche-Syndrom AIDS auslösen kann. Das Virus wird in zwei Typen HIV-1 und HIV-2 unterteilt, die dann wiederum in weitere Subtypen unterteilt werden. Morphologisch lassen sich die beiden Virustypen nicht unterscheiden, da ihre Verschiedenheit nur auf ihr Erbmaterial zurückgeht. So unterscheiden sich HIV-1 und HIV-2 zu ca. 50% in der Sequenz ihres Erbguts, trotzdem können beide AIDS auslösen. Die weltweite AIDS-Pandemie wird aber zu 90% durch das Virus des Typ 1 verursacht, welches wesentlich pathogener und infektiöser als Typ 2 ist. So würde vor allem eine wirksame Therapie oder Impfschutz gegen Typ 1 vielen Menschen helfen. Vielleicht wäre es in ferner Zukunft so möglich, das HI-Virus komplett, ähnlich wie es bei dem Pockenvirus der Fall war, auszurotten. Dies klingt derzeit aber noch zu utopisch.

Durch die Angehörigkeit der Gruppe der großen drei wird das HI-Virus und dessen Mechanismus, wie es den Körper infiziert und so eine Immunschwäche auslöst , mit großem Eifer erforscht. So lesen sich fast wöchentlich neue Forschungsergebnisse und mögliche Therapiansätze. Diese Woche hat aber besonders eine Meldung für großes Aufsehen und Hoffnung gesorgt. So ist es einigen Wissenschaftlern nun gelungen zu zeigen, dass ein bestimmer Antikörper eine Infektion mit dem HI-Virus verhindern kann. Man isolierte zu diesem Zwecke einen Antikörper namens HGN194 aus einer Person, die mit dem HI-Virus Typ 1 Subtyp B infiziert war und verabreichte ihn Makaken. Diese wurden dann wiederum mit anderen Subtypen infiziert und es zeigte sich, dass durch den Schutz des Antikörpers das HI-Virus keine Zellen mehr befallen konnte. Eine Infektion wurde so verhindert. Super!
Im vornherein wussten die Wissenschaftler schon, dass dieser spezielle Antikörper eine ganz bestimmte Region des Virus angreift und zwar die sogenannte V3-Schleife. Sie ist auf der Oberfläche des Virus zu finden und ermöglicht es ihm sich in Zellen einzuschleussen, um so sein Erbgut in das menschliche Genom einzubauen. Man wollte jetzt untersuchen, ob dieser Antikörper dazu eingesetzt werden kann eine Ausbreitung von anderen Subarten des Virus zu verhindern. Damit hätte man einen Antikörper der zu einem Impstoff verarbeitet werden könnte, der eventuell die gesamten Subtypen des HIV Typ 1 bekämpfen könnte, welche ja maßgeblich an der weltweiten AIDS-Pandemie beteiligt sind.

Es konnte nun also zum ersten mal in der Wissenschaftsgeschichte anhand von einem Tiermodell nachgewiesen werden, dass ein 100% Schutz vor mehreren Subtypen des HI-Virus Typ 1 möglich ist! Der Antikörper HGN194 macht es möglich. Allerdings darf man jetzt nicht zu euphorisch sein, da es trotz dieser tollen Ergebnisse trotzdem zwei Probleme gibt. Der verabreichte Antikörper ist nämlich nicht für immer im Körper aktiv und kann so auf lange Sicht keinen aktiven Schutz gegen HIV gewährleisten. Das körpereigene Immunsystem muss also selber dazu angeregt werden diesen Antikörper herzustellen, anstatt dass man ihn von außen den Menschen immer spritzt. Möglich wäre dies durch ein spezielles Design einer Impfung mit der kleine Abschnitte der V3-Schleife den Menschen verabreicht werden, wobei das Immunsystem diese Fragmente dann erkennt und selber spezifische Antikörper dagegen herstellt. So könnte die körpereigene Abwehr selber dazu angeregt werden HI-Viren zu erkennen und zu zerstören.

Ein weiteres Problem stellt die V3-Schleife selbst dar. Es ist von HI-Viren bekannt, dass sie sehr schnell mutieren können und so andere Charakteristiken aufweisen, wodurch bestehende Therapien nicht immer wirksam sind. Besonders die V3-Schleife zeigt ein hohes Potential an Mutationsfähigkeit, was in der Entwicklung eines effektiven Impfstoffs beachtet werden muss.

 

 

 


 

Quellen:

 

Avatar-Foto

Veröffentlicht von

Sebastian Reusch ist Naturwissenschaftler und studierte Biologie mit den Schwerpunkten Zell- und Entwicklungsbiologie, Genetik und Biotechnologie an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Danach arbeitete er am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin an molekularbiologischen Prozessen des Immunsystems. Derzeit promoviert er am IRI Life Sciences der Humboldt-Universität zu Berlin an grundlegenden Fragen der Zellbiologie und Biochemie des Tubulin-Zytoskeletts in Stammzellen. Seine Schwerpunktthemen hier im Blog sind Molekularbiologie und Biomedizin. Twitter: @MrEnkapsis

Schreibe einen Kommentar