Die andere Malaria

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Der Großteil aller Ressourcen zur Bekämpfung der Malaria richtet sich exklusiv gegen Plasmodium falciparum, den Erreger der oft tödlichen Malaria tropica. Daneben gibt es noch vier andere für Menschen gefährliche Plasmodium-Arten, die allerdings töten im Vergleich mit Plasmodium falciparum deutlich seltener Menschen. Gerade in den Regionen mit hoher Malaria-Inzidenz und entsprechender Sterblichkeit gelten sie als geringeres Problem.

Das ist allerdings voreilig, denn im Gegensatz zur verbreiteten Fixierung auf Todesgrippe, Killerbakterien und anders mörderisches Viehzeug lässt die reine Mortalität keinen Rückschluss auf die Bedeutung einer Krankheit zu. Im Fall der Malaria zeichnet sich seit einiger Zeit ab, dass der Erreger Plasmodium vivax eine wesentlich größere Bedrohung darstellt als man bisher vermutet hatte. In einiger Hinsicht übertrifft sein Schadenspotential das von P. falciparum sogar noch.

Experten sind sich einig, dass der Erreger deutlich schwerer zu bekämpfen ist als die klassische Malaria tropica. Der Lebenszyklus von Plasmodium vivax unterscheidet sich in einigen wichtigen Details von P. falciparum. Der wichtigste Aspekt ist sicherlich, das vivax im Verlauf seines Lebenszyklus spezielle Hypnozoiten bildet, die über Wochen bis Jahre in Leberzellen überwintern und einen erneuten Ausbruch der Krankheit auslösen. Gegenüber klassischen Malaria-Medikamenten verhält sich vivax ebenfalls anders. Gegenüber der lange Zeit gängigen Medikamentenkombination Sulfadoxin/Pyrimethamin erweist sich vivax inzwischen als weitgehend resistent, genau wie gegen Chloroquin, und es gibt Hinweise, dass der Erreger gegen die neue Artemisinin-Kombinationstherapie, die als Standardwaffe eingesetzt wird, deutlich weniger empfindlich ist als P. falciparum.


Risikogebiete für Plasmodium vivax, Karte aus Guerra et al: The International Limits and Population at Risk of Plasmodium vivax Transmission in 2009, PLoS NTD 10.1371/journal.pntd.0000774, 2010

Um so ärgerlicher ist in dem Zusammenhang, dass man speziell über den Teil des Plasmodium-Lebenszyklus, der sich außerhalb der roten Blutkörperchen abspielt und in dem der Erreger für Medikamente und Impfstoffe anfällig ist, insgesamt viel weniger weiß als über sein Verhalten im Blut. Bei Plasmodium falciparum kennt man inzwischen Antigene, die als Angriffspunkt für potentielle Malaria-Impfstoffe fungieren können, und mit RTS,S ist ein aussichtsreicher Kandidat in der klinischen Prüfung – aber gegen Plasmodium vivax ist er wirkungslos. Über äquivalente Schwachstellen bei vivax weiß man hingegen sehr wenig – die für entsprechende Untersuchungen nötigen Entwicklungsstufen des Erregers lassen sich schlicht nicht im Labor züchten und untersuchen.

Zu wenig Forschung
Dieser Mangel an Labormodellen hat gravierende Auswirkungen auf die allgemeine Erforschung von Plasmodium vivax. Während man den klassischen Malariaerreger ausführlich im Labor untersuchen kann, braucht man für vergleichbare Studien an vivax Zugang zu infizierten Patienten, mit allen Problemen die das mit sich bringt. Diese Studien sind langwierig und teuer und vor allem bringt diese Forschung wesentlich weniger wissenschaftliche Reputation als Untersuchungen mit modernen molekularbiologischen Methoden.

Das hat dazu geführt, dass die Forschung an diesem Erreger ein Schattendasein führt, speziell was die gut finanzierte High-Profile-Forschung des letzten Jahrzehnts angeht, die überwiegend in den Industrieländern stattfindet. Zum Beispiel gab das NIH im Jahr 2009 nur 5 Prozent seines Malaria-Etats für P. vivax aus, und die WHO hat nach Angaben von Carlton, Sina und Adams in PLoS NTD derzeit kein einziges aktives Vivax-Projekt laufen. Zusätzlich ist der Erreger sehr viel schwieriger unter Kontrolle zu bringen. Einerseits befällt er bevorzugt eine vergleichsweise kleine Unterpopulation der roten Blutkörperchen und ist damit im klassischen Blutausstrich schwerer zu entdecken. Andererseits gibt es außerhalb Afrikas eine größere Vielfalt an Mücken, die als Überträger fungieren, so dass die klassischen Strategien, den Vektor zu kontrollieren, in vielen Fällen in Leere laufen.

All das ist seit geraumer Zeit bekannt. Dass die internationale Malaria-Community den Erreger trotzdem überwiegend ignoriert hat, liegt wohl am klassischen Teufelskreis vernachlässigter Tropenkrankheiten: Plasmodium vivax gilt als vergleichsweise harmlos, deswegen spielt er bei Untersuchungen nur eine untergeordnete Rolle, wird seltener gefunden und identifiziert und gilt deswegen als harmlos. Aber langsam wird klar, dass sich im Schatten der hinlänglich bekannten Malaria tropica ein weiteres gravierendes Plasmodium-Problem versteckt.

Unterschätzte Gefahr
Bis vor ein paar Jahren ging die WHO davon aus, dass es jährlich etwa 80 Millionen klinische Fälle von Vivax-Malaria weltweit gibt, eine Zahl die so nicht mehr haltbar ist. Weltweit bedroht Plasmodium vivax wesentlich mehr Menschen als P. falciparum, insgesamt nahezu drei Millarden, 40 Prozent der Weltbevölkerung. Das liegt daran, dass Plasmodium vivax anders als falciparum nicht nur in tropischen Klimaregionen aktiv ist, sondern auch in den gemäßigten und subtropischen Breiten. In Asien ist Plasmodium vivax für etwa die Hälfte aller Malariafälle verantwortlich, in Süd- und Mittelamerika sogar für etwa 80 Prozent. Dass dieser Erreger in der Forschung kaum berücksichtigt wird, verrät eben auch, dass die internationale Malaria-Community bei ihrem Fokus auf Afrika die anderen Endemiegebiete sträflich vernachlässigt.

Neue Analysen aus den letzten fünf Jahren kommen zu dem Schluss, dass wohl etwa eine Viertelmilliarde Menschen jährlich betroffen ist, die Schätzungen reichen bis zu knapp 400 Millionen klinisch Erkrankten.[1] Außerdem hat sich inzwischen herausgestellt, dass Vivax-Malaria gar nicht so harmlos ist wie bisher vermutet und schwer verlaufen kann – ganz abgesehen davon, dass sie oft nach Monaten oder Jahren wiederkommt.

Gemeinsam ist falciparum und vivax, dass beide Armutskrankheiten sind – sie stehlen den Schwächsten der Gesellschaft die wenigen Ressourcen die sie besitzen, ihre Arbeitskraft und die Zukunft ihrer Kinder. Die Bekämpfung der Malaria ist mehr als nur ein medizinisches Problem. Sie ist ein Kampf um Gerechtigkeit, Freiheit und Menschenwürde.
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[1] Ich bin etwas misstrauisch gegenüber einigen Veröffentlichungen aus den letzten Jahren, laut denen Plasmodium vivax neuerdings aggressiver wird. Ich vermute, es handelt sich um ein Artefakt zusätzlicher Diagnose und Forschung. Als Beispiel sei die These herangezogen, vivax würde neuerdings auch Duffy-negative Individuen befallen. Ich habe eher den Verdacht, dass es schon immer eine geringe Vivax-Inzidenz bei Duffy-negativen Westafrikanern gab, die einfach mangels hinreichender Überwachung bisher unbekannt war.

4 Kommentare

  1. Eine Katastrophe ist das mit der Geldverteilung! Erst recht, wenn vivax tatsächlich potentiell mehr Menschen infizieren kann als falciparum.

    Zusätzlich ist der Erreger sehr viel schwieriger unter Kontrolle zu bringen. Einerseits befällt er bevorzugt eine vergleichsweise kleine Unterpopulation der roten Blutkörperchen und ist damit im klassischen Blutausstrich schwerer zu entdecken.

    Welche Unterpopulation?

  2. Jepp

    Vivax befällt vor allem Retikulozyten. Von denen sind natürlich viel weniger unterwegs, so dass der Erreger im klassischen Blutausstrich leicht mal übersehen werden kann.

  3. Alternativen der Behandlung

    Das Dilemma unserer Welt ist, dass es übermächtige Lobbys gibt, die sicherstellen, dass – wie im Fall von Malaria – verhindert wird, dass hochwirksame, sehr preiswert herzustellende Medikamente erst gar nicht zugelassen werden können.

    Die Firma http://americanbiotechlabs.com/ hat vor einigen Jahren kolloidales Silberwasser (CS) den Kliniken in Ghana zur Malariabekämpfung zur Verfügung gestellt. CS wurde immer dann eingesetzt, wenn alle üblichen Medikamente versagten – mit dem Erfolg, dass alle Patienten innerhalb kurzer Zeit (3-5Tage) gesund waren. CS (ASAP) ist in Ghana (als einzigem Land in der Welt) offiziell als Malariamedikament zugelassen. Leider ist der Teil der Seiten, in dem die entsprechenden Dokumente zu finden waren “under construction”

    CS wirkt (wenn ich es richtig verstanden habe) indem es ein Enzym blockiert, das Erreger für den Kalium/Natrium Stoffwechsel benötigen. Erreger aller Art verhungern einfach.

    Da jeder für ein paar Euro CS selbst machen kann, lassen sich die geforderten Studien nicht wirklich bezahlen – also wird CS wohl niemals offiziell zugelassen. Zudem würde CS einen Paradigmenwechsel herbeiführen – es ist nicht mehr wichtig, was jemand hat, es wirkt gegen jede infektiöse Krankheit (es gibt Studien, die die Wirksamkeit gegen weit über 500 Erreger nachgewiesen haben), auch z.B. bei Malaria und Borreliose. Vereinzelte Meldungen, dass CS bei einem Erreger nicht wirkt bzw. der Erreger resistent sei, führe ich darauf zurück, dass die Behandlung mit CS nicht lange genug gemacht wurde, der Erreger zwar geschwächt, aber halt noch nicht ganz verhungert ist.

    Die Herstellung von CS ist denkbar einfach, 3 9V-Blockbatterien zu 27V zusammenschalten, mit 2 hochreinen (0,999, ca 20-30€) Silberstäben 10cm, 2-3mm dick, Abstand ca 2-3cm in einer Schwarzglasflasche 330ml mit destilliertem Wasser ca 45min – 1h Elektrolyse machen, ergibt CS mit ca 6-10ppm. (-> mehr bringt nicht mehr !!!)

    Oki Einnahmevorschrift: 1h vorher und 1/2h nach der Einnahme nichts Essen und Trinken, damit das CS im Magen aufgenommen wird und nicht die Darmbakterien killt. Bei akuter Infektion 2 – 3 mal täglich ca 30ml Einnehmen. Auf keinen Fall dafür einen Metalllöffel benutzen !! (sonst bleibt das Silber am Löffel) sondern am besten ein Glas.

    Jetzt kann jeder selber forschen und experimentieren – seit ich CS nehme, habe ich keine schwerwiegende Infektion mehr gehabt.

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