Wann Ebola durch die Luft übertragen wird

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In den letzten Tagen kursieren auf Facebook einige Artikel, laut denen Regierung und, ja, die Systempresse uns allen perfide verheimlichen, dass Ebola auch durch die Luft übertragen wird. Ursprung der Geschichte scheint neben vor allem dieser Artikel zu sein, in dem Virologen berichten, wie sich Makaken an Ebola-infizierten Schweinen ansteckten, ohne jemals mit ihnen in Kontakt zu treten. Ich muss allerdings alle Freunde der gepflegten Apokalypse enttäuschen: Aus der großen globalen Ebola-Pandemie wird in absehbarer Zeit erstmal nichts.

Dass sich bestimmte Ebolaviren über Aerosole übertragen lassen, ist ja nicht neu. Wir wissen das seit der Entdeckung des Reston-Ebolavirus, der Makaken infiziert und tötet, aber für Menschen ungefährlich ist. RESV ist eine Story für sich. Alle anderen Ebola-Spezies sind in und rund um Zentralafrika heimisch – wie das Ding offenbar als einziger Vertreter dieses Virustyps nach Asien gelangte, ist ziemlich rätselhaft.

Und natürlich ist, wie bei allen Ebolaviren, das Reservoir unbekannt – also jene Art, in der der Erreger auf Dauer überlebt. Als Kandidat für eine globale Pandemie ist das Reston-Virus jedenfalls aus dem Rennen: Es infiziert zwar sogar selten Menschen, die davon aber nichts merken. Außerdem kann man sich anscheinend nur bei (ebenfalls symptomlos infizierten) Schweinen anstecken.

Schniefende Ebola-Schweine

Die Schweine sind eh der spannende (und etwas besorgniserregende) Teil an der ganzen Geschichte. Schweine kriegen ebenfalls Ebola, bei ihnen verursachen die Viren allerdings schwere Atemwegsinfektionen, die, soweit ich das der Literatur entnehme, unter normalen Umständen vergleichsweise selten tödlich verlaufen. Auf jeden Fall können Schweine sich untereinander anstecken, leider ist bisher nicht klar, ob das über den direkten Kontakt mit “entzündlichen Exsudaten” (d.h. hingerotzter Schnodder) passiert oder tatsächlich feine Tröpfchen oder Aerosole im Spiel sind. Auf jeden Fall scheiden Schweine reichlich Ebolaviren in die Umgebung aus.

In den Experimenten von 2012 geht es jetzt um gleich zwei interessante Fragen: Einerseits, ob Schweine auch Primaten mit dem für Menschen gefährlichen Zaire-Stamm des Ebolavirus anstecken können, andererseits, ob das durch die Luft funktioniert. Die Antwort ist in beiden Fällen ja.

Dass Rhesusaffen Ebola per Tröpfcheninfektion bekommen können, haben Forscher ja schon 1995 experimentell herausgefunden. Dazu muss man aber erstmal ein Aerosol bekommen, und dass Primaten Ebola aerosolisieren ist beim derzeitigen Stand mindestens unwahrscheinlich. Interessanterweise scheint das Forscherteam das Übertragungs-Experiment mit infizierten Makaken gemacht zu haben, ohne dass sich die gesunden Tiere angesteckt haben, die Daten sind aber anscheinend nie publiziert worden.

Unklare Ansteckung

Selbst bei den verschnupften Schweinen ist die Frage nach wie vor unklar. Das Setting ist folgendermaßen: Vier Schweine kriegen per Nasentropfen eine Riesendosis Ebola verabreicht und wohnen dann, nur durch Maschendraht getrennt, zusammen mit den Makaken. Die Makaken bekommen alle Ebola. Der Witz ist: Einmal täglich geht jemand mit dem Kärcher durch, reinigt den Schweinestall und erzeugt dabei natürlich ohne Ende schwebende Tropfen. Die beteiligten Forscher haben dann auch extra reingeschrieben, dass der genaue Ansteckungsweg unklar ist. Immerhin ist es bei Schweinen einigermaßen plausibel, dass sie reichlich Tröpfchen für eine Tröpfcheninfektion erzeugen.

Auf jeden Fall zeigen auch die Aerosolversuche, dass es vergleichsweise schwierig ist, sich mit Ebola anzustecken Man muss schon einen gewissen Aufwand treiben, um Makaken im Labor über die Luft zu infizieren, und ob der Ansteckungsweg zwischen Schweinen und Primaten auch im Freiland so funktionieren würde, ist fraglich.[1] Schweine, die sich an anderen Schweinen anstecken, werden jedenfalls wesentlich weniger krank als solche, die Ebola von Wissenschaftlern in die Nase geträufelt kriegen. Ob die überhaupt noch genug Tröpfchen produzieren – unklar.

Und auch die Opferzahlen der Epidemie in Westafrika sprechen eher dagegen, dass Ansteckung per Tröpfcheninfektion eine nennenswerte Rolle spielt: 2000 Infizierte in vier Monaten. In der Zeit geht ne Grippe um die Welt.

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[1] Dass Schweine bei Ebola-Ausbrüchen eine Rolle spielen können, ist zumindest in der Diskussion. Aber so lange keine Schweine in den Flügen aus Westafrika sitzen, ist das eher nicht unser Problem…

9 Kommentare

  1. “Und auch die Opferzahlen der Epidemie in Westafrika sprechen eher dagegen, dass Ansteckung per Aerosol eine nennenswerte Rolle spielt: 2000 Infizierte in vier Monaten. In der Zeit geht ne Grippe um die Welt.”

    Zum Verlgleich: Spanische Grippe.

    25 Millionen Tote zwischen Herbst 1918 und Frühjar 1919.

    Mehr als 4 Millionen Tote pro Monat.

    Ich wünschte, die ganzen Verschwörungs-Theoretiker und Systempresse Angreifer könnten wenigstens ein bischen Kopfrechnen.
    Ich verlange ja nicht gleich, dass jeder weiss was ein Fermi-Problem ist …

  2. In Fachkreisen ist man sich was den potentiellen Wirt anbelangt ziemlich sicher, gab vor äääh, zwei oder drei Monaten auch eine Konferenz dazu.
    Es ist Batman.

  3. Wie sieht es eigentlich mit der “Epidemietauglichkeit” von Ebola aus?
    Nach dem, was ich mal gelesen habe, taugt Ebola sowieso nicht für eine Epidemie, weil es zu schnell Symptome zeigt und zu schnell zu viele Infizierte tötet und sich so regelnmäßig früher oder später selbst ausrottet…

    • Krankheiten auslösende Viren werden von Viren-Generation zu Viren-Generation weniger tödlich, genau darum, weil sie sonst selbst aussterben. Eine Ausnahme sind die Viren, die von einem Wirt auf einen andern überspringen. Soche Artengrenzen überschreitende Viren können sehr tödlich wirken. Es wird aber bereits vermutet, dass die jetztige Ebola-Epidemie von besser an den Menschen angepassten Viren ausgeht.

  4. Kriegst Du eigentlich Regierungs-Schmiergeld für den Blog? Oder einfach “Es kann nicht sein was nicht sein darf” ? Opferzahlen kann man beliebig verfälscht bekanntgeben. Und warum sieht man auf Bildern immer alle mit Gasmaske herumrennen, wenn Ebola angeblich nicht über die Luft übertragen wird? Zum Schutz das man von Kranken nicht ins Gesicht gespuckt wird, reicht eine Maske OHNE Atemfilter aus.

  5. Also ebola-Reston war tröpfcheninfektion untereinander und auch auf Pfleger übergegangen, die Antikörper gebildet hatten, aber sonst keine weiteren Symptome zeigten. Schweine waren m.E. Nicht beteiligt. Lob nun die virenmenge zu gering war oder der Erreger überhaupt nie Menschen umbringt, weiß keiner. Aber dass ebola-zaire die bisher höchste und relativ schnellste Letalität. Nach sich zieht, ist wohl nicht zu bestreiten.

  6. wie groß ist aber die Gefahr, dass der Ebola-Virus sich in den Schweinen oder im Menschen verändert und dann über die Luft hichansteckend wird?

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