Lockheed Martin – Durchbruch in der Fusionsforschung?

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Plasmen im Mittelpunkt
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Das amerikanische Unternehmen Lockheed Martin, bisher vor allem durch Tarnkappenflugzeuge bekannt, ist momentan weltweit in den Schlagzeilen. Ausschlaggebend dafür ist die Ankündigung in 5 Jahren den Prototypen eines kleinen & kompakten Fusionsreaktor am Laufen zu haben. Das Kraftwerk soll dabei so kompakt sein, dass es problemlos mobil einsetzbar sei. Was ist dran an dieser Meldung? Um es gleich vorwegzunehmen: Schwer zu sagen, da es keine experimentellen Resultate in Form von wissenschaftlichen Veröffentlichungen gibt, sondern es sich eher um eine Konzeptstudie handelt, ein Prototyp ist noch ein paar Experimentgenerationen weg.

Abb. 1: Das Bild stammt aus einem Vortrag von Lockheed Martin vom letzten Jahr (https://www.youtube.com/watch?v=JAsRFVbcyUY) und soll die Größe von ihrem Reaktor veranschaulichen.
Abb. 1: Das Bild stammt aus einem Vortrag von Lockheed Martin vom letzten Jahr und soll die Größe von ihrem Reaktor veranschaulichen.

Wow, da hat es Lockheed Martin (LM) ja mal verstanden, weltweit auf sich aufmerksam zu machen. Grund dafür ist zum einen eine hauseigene Pressemitteilung sowie ein Bericht von Aviation week, denen exklusiv Zutritt zu dem entsprechenden Labor von Lockhead Martins Forschungsgruppe Skunk Works gestattet wurde. Der Pressemitteilung selber entnimmt man recht wenig Informationen: Man erfährt, dass Skunk Works an einem kompakten Fusionsreaktor arbeiten würde, der innerhalb von 10 Jahren einsatzbereit sei und zudem noch deutlich kleiner (und damit günstiger) sei als die konventionellen Konzepte. Der Leiter des Programms, Tom McGuire, sagt zudem, dass ein Prototyp bereits in 5 Jahren fertig sein könnte. Mehr erfährt man leider nicht, da gibt der Aviation Week Artikel einiges mehr her, auf den ich mich im folgenden beziehen werde.

Abb. 2: Forschergruppe um Tom McGuire am aktuellen Experiment (Bild: Aviation Week)
Abb. 2: Forschergruppe um Tom McGuire (links) am aktuellen Experiment (Bild: Aviation Week)

Zunächst einmal ist die eigentlich Fusionsreaktion dieselbe, wie sie auch in den konventionellen Ansätzen (magnetischer Einschluss wie Tokamak & Stellarator oder Inertialfusion) verfolgt wird: die Verschmelzung von Deuterium und Tritium. Diese Reaktion hat den Vorteil, dass sie bei relativ geringen Temperaturen von ca. 100 Mio. Grad eine hohe Fusionsrate aufweist. Relativ gering bezieht sich hierbei auf andere mögliche Fusionsreaktionen, wie zum Beispiel die immer wieder auftauchende He3 Fusion, welche erst bei wesentlich höheren Temperaturen effizient wird.

Konzept des Compact Fusion Reactors von Lockheed Martin (Bild: Aviation Week (http://aviationweek.com/technology/skunk-works-reveals-compact-fusion-reactor-details))
Abb. 3: Konzept des Compact Fusion Reactors von Lockheed Martin (Bild: Aviation Week)

Im Gegensatz zu Tokamak und Stellarator handelt es sich bei dem Compact Fusion Reactor (CFR), so nennt LM ihr Konzept, um eine lineare Maschine. Abbildung 3 zeigt eine schematische Darstellung des Aufbaus. Man erkennt in lila das Plasma und in grau die Wand des Gefäßes. Entscheidend ist in diesem Konzept die Anordnung der Magnetfeldspulen (in blau): Die Spulen außen am Gefäß erzeugen eine Konfiguration, die magnetischer Spiegel oder auch magnetische Flasche genannt wird und ist bereits seit den 1950er Jahren, also den Anfangsjahren der Fusionsforschung bekannt. Die Idee ist, dass zu den beiden Enden der Maschine hin das Magnetfeld ansteigt. Dieses hat zur Folge, dass sich geladene Teilchen, die sich gezwungenermaßen auf schraubenförmigen Bahnen um die Magnetfeldlinien bewegen (Stichwort Lorentzkraft bzw. rechte-Hand-Regel), immer schneller und auf immer kleineren Bahnen bewegen (bei ansteigendem Magnetfeld), siehe Abb. 4. Die dafür notwendige Energie wird aus der Parallelbewegung entlang der Feldlinie genommen, in diese Richtung bewegen sich die Teilchen also immer langsamer. Die Verlangsamung entlang der Feldlinie kann soweit gehen, dass die Teilchen ihre Richtung umkehren und sich entgegen der Feldlinie bewegen. Das klingt soweit recht gut, allerdings hat man ein Fusionsreaktor basierend auf diesem Konzept bald wieder verworfen, da der Verlust an energiereichen Teilchen doch wesentlich stärker war, als man es zunächst erwartet hatte. Zudem war das Auftreten von sogenannten Austauschinstabilitäten unvermeidbar.

Abb. 3: Konzept des magnetischen Spiegels (Bild: OpenStax CNX http://cnx.org/contents/031da8d3-b525-429c-80cf-6c8ed997733a@7.61:173/College_Physics )
Abb. 4: Konzept des magnetischen Spiegels (Bild: OpenStax CNX)

Deswegen hat das CFR Konzept zusätzlich zu den äußeren Spulen noch innere Magnetfeldspulen, in denen der Strom genau entgegengesetzt zu den äußeren fließt. So erzeugt man eine Art magnetisches Tal (englisch: magnetic well) im Zentrum, ein Bereich geringer Feldstärke. Sitzt man direkt im Zentrum, in Abb. 3 ist das genau der Punkt an dem die Strahlen der Neutralteilchenheizung sich treffen, so steigt die Magnetfeldstärke in alle Richtungen hin an und der eben beschriebene Spiegeleffekt ist wieder von Bedeutung. Der Versuch ein solches magnetisches Tal zum Einschluss von Fusionsplasmen zu verwenden ist auch nichts neues, in den späten 1960er und 1970er Jahren gab es intensive Bemühungen in diese Richtungen.

Neu ist an dem CRF Konzept von LM die Kombination und Anordnung der Spulen um mehrere magnetische Täler innerhalb einer Spiegelmaschine zu erzeugen, siehe Abb. 5. Die Verluste des mittleren magnetischen Tals werden dann zum Teil durch die beiden benachbarten Täler aufgefangen. Grundsätzlich abwegig ist die Idee also erst einmal nicht.

Abb. 5: Querschnitt durch das Experiment gemäß dem CFR-Konzept, blau eingefärbt die Magnetfeldspulen, gelb eingefärbt die magnetischen Täler (Bild ursprünglich von US Patent 20140301519 http://www.freepatentsonline.com/y2014/0301519.html
Abb. 5: Querschnitt durch das Experiment gemäß dem CFR-Konzept, blau eingefärbt die Magnetfeldspulen, gelb eingefärbt die magnetischen Täler (Bild ursprünglich von US Patent 20140301519)

Was sind nun die Probleme an dem Konzept? Als erstes sind dies die inneren Spulen: da sie sich innerhalb des Vakuumgefäßes befinden, sind sie einem sehr hohen Neutronenfluss ausgesetzt (Neutronen, die in der Fusionsreaktion entstanden sind). Diese Neutronen würden zu erheblichem Schaden an den Spulen führen. Dann fehlt natürlich die Möglichkeit, das Konzept im Detail nachzuprüfen, sei es durch Simulationen, analytische Überlegungen oder Nachbauen, was schlicht und einfach daran liegt, dass es bisher noch keine Publikationen dazu gibt. Klar, kann man im Grunde verstehen, da LM ein Unternehmen ist, das Geld mit seinen Ideen verdienen will. Gegenüber nature versprach der Projektleiter McGuire, dass sich die Geheimniskrämerei jetzt ändern werde.

Ein weiterer Kritikpunkt ist sicherlich der optimistische Zeitplan. So meint McGuire, dass man noch 5 Generationen von einem Prototypen entfernt sei und ca. 1 Jahr pro Generation braucht. Der anschließende Schritt zu einem kommerziellen Reaktor mit einer Leistung von 100 MW würde dann in nur 5 weiteren Jahren erfolgen. Das sind sehr kurze Zeitskalen, in denen kein Platz für eventuell auftretende Probleme in der einen oder anderen Experimentgeneration eingeplant zu sein scheint. Zugegeben, die kompakte Größe verspricht schnelle Bauzeiten. Allerdings nennt McGuire auch erwünschte Hilfe und Kommentare der Fusionscommunity als Motivation für die Veröffentlichung ihres Konzeptes. Über den hohen Grad an Optimismus in seinem Zeitplan scheint er sich also bewusst zu sein. Ich bin jedenfalls schon sehr auf die ersten Veröffentlichungen gespannt! Die bisherigen Patentschriften (z.B. hier, hier und hier) geben nämlich nicht viele physikalische Erklärungen her.

Wer McGuire und sein Labor mit dem aktuellen Experiment anschauen möchte, kann das übrigens in folgendem kurzen youtube Video tun:

Abschließend bleibt zu sagen, dass es sich bei dem CFR noch um ein Konzept handelt und man die ersten Veröffentlichungen über experimentelle Resultate und numerische Simulationen abwarten sollte. Davon abgesehen, finde ich es spannend, dass ein (industrielles) Schwergewicht wie Lockheed Martin in der Fusionsforschung tätig ist!

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Alf Köhn-Seemann hat in Kiel Physik studiert und in Stuttgart über Mikrowellenheizung von Plasmen promoviert. Von 2010 bis 2015 war er dort als Post-Doc tätig. Nach mehreren Forschungsaufenthalten im englisch-sprachigen Raum, arbeitet er von 2015 bis Ende 2017 am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Garching. Seit Ende 2017 forscht und lehrt Alf Köhn-Seemann wieder an der Uni Stuttgart.

17 Kommentare

  1. Durchbruch in der Fusionsforschung?

    Leider war das eine Schlagzeile aus der Zukunft (5 Jahre für Prototyp).

    Aber ich kauf denen das Ding sofort ab.

    In anderen Medien gabs wieder maximale Bedenken wegen der physikalisch nötigen Wandstärke, die auf die Baugröße rückwirkt. Und das Ding dann nicht auf den LKW passt. Ich würde es auch kaufen, wenn es nur 50 MW leistet. Reuter West in Berlin bringt es auf 600 MW und ist so groß, dass man darin wohl 500 solcher Fusionskontainer stapeln könnte.

    • Ja, die Bedenken las man an mehreren Stellen, unberechtigt sind sie nicht. Mal abwarten was LM dazu sagen.
      Aber wir können ja zusammenlegen, ich würde auch einen kaufen 😉

      • Äh, … ich hab natürlich den Mund zu voll genommen, als ich sagte, ich kauf denen das ab. So ein Sparvertag gibts nicht, dass ich mir einen werde leisten können. Jedenfalls nicht für mich.

        Ansonsten will ich nicht so recht was von Problemen wissen. Sie sollen den bauen (funktionsfähig natürlich) und dann werden wir sehen.
        Ich bin mir sicher, dass es irgendwie möglich sein kann.
        Dabei spielt die Größe/Leistung ja gar nicht so die Rolle. Wenn er funktioniert, dann geht das auch in größer oder kleiner.

        • Naja, nach allem was wir bisher wissen, spielt Größe in diesem Falle doch eine Rolle. “Nach allem was wir bisher wissen” meint dabei eine solide Forschungs- und Publikationsbasis von ca. 60 Jahren Fusionsforschung. Dabei haben sich ein paar Skalierungsgesetzte herauskristallisiert (Stichwort Lawson-Kriterium) die in technische Größen übersetzt bedeuten, dass Größe eine Rolle spielt.

          Insofern sind wir alle auf technische & physikalische Details von LMs Ansatz gespannt, denn – wie gesagt – da geben die bisherigen Informationen nicht allzu viel her.

  2. Lockheed Martin’s compact fusion ist nur eines von mehreren in der letzten Zeit bekannt gewordenen Fusionsprojekte. Dazu gehört auch der Dynomak der Washingtoner Universität ( ein Speromak), ebenfalls ein sehr kompakter Reaktor, der mit Magneteinschluss arbeitet wobei interne elektrische Ströme im Plasma matchentscheidend sind. In beiden Fällen (Lockheed, Washington) sind die Reaktorprinzipien schon länger bekannt und sollen nun in optimierter Form voll ausgereizt werden. Sandia Labs MagLIF (magnetized liner inertial fusion) setzt dagegen nicht auf langzeitigen Magneteinschluss, sondern auf einen nur für Mikrosekunden augebautes magnetisches Feld von vielen tausend Tesla, welches durch einen elektrischen Strompuls von 27 Megaampere erzeugt wird.
    Weitere Fusionsprojekte sind Helion Energy (basierend auf einer Art Teilchenbeschleuniger)und
    All diese Fusionsprojekte bestechen durch ihre Kompaktheit relativ zum ITER.

    • Lieber Martin,
      Sie haben völlig recht, in letzter Zeit waren mehrere alternative Reaktorkonzepte in den Medien, das gilt für den Dynomak wie auch die Z machine von Sandia Labs. Deren Kompaktheit besticht in der Tat, allerdings sind alle weiter von einem potentiellen Reaktor weg als das bei ITER der Fall ist. Aber eben durch die Kompaktheit könnte man hier schneller aufholen, wenn denn die experimentellen Resultate stimmen.
      Helion Energy ist ein schönes Beispiel für eine Firma, die ausschließlich Fusionsforschung betreibt. Ich wiederhole das wesentliche nochmal: Firma, Fusionsforschung, ausschließlich. Da gibt es mittlerweile noch ein paar mehr und das wird die Fusionsforschung auf jeden Fall voran bringen, auch wenn sie keinen Kraftwerk entwickeln (sondern eher Neutronenquellen) – immer vorausgesetzt natürlich, sie werden ihre Ergebnisse veröffentlichen. Man darf gespannt sein, was diese Firmen in den nächsten Jahren zu berichten haben!

  3. Warum das plötzliche Interesse an Fusion? Wohl weil Viele ahnen, dass eine unerschöpfliche und billige Energiequelle viele Probleme der Menschheit lösen würde und dass die Erneuerbaren Energien die mit Ihnen verbundenen Versprechungen nicht einlösen können: Die Erneuerbaren sind vielleicht in der Zukunft billig, jedenfalls aber nicht zuverlässig und deshalb heute meist auf Beistand von fossilen Energien angewiesen (wenn es still wird und der Wind nicht bläst, wird irgendwo ein Kohlekraftwerk hochgefahren). Die Erneuerbaren benötigen auch viel Platz, ja sie können ganze Landschaften verändern.

    Was ist denn die ideale Energiequelle? Es ist wohl der kleine schwarze Würfel (die Black Box), aus der sauberer elektrischer Strom herausfliesst und der kaum etwas von aussen benötigt. Falls es eine solche Energiequelle gäbe, würde das
    – ein neues Raumfahrtzeitalter einläuten: Wir könnten in Wochen anstatt in Jahren zum Mars reisen
    – gäbe es Elektritzität für alle überall und damit alle Segnungen die dazugehören
    – könnte man auf Öl, Kohle und Erdgas verzichten, denn mit billigem sauberem Strom kann man auch Häuser heizen, Züge, Autos und Schiffe antreiben.

    Ein kleiner Fusionsreaktor wäre also etwas geradezu Magisches. Die Fusionsreaktoren, die aber heute als realisierbar gelten, der Tokomak (ITER) und der Stellarator (Wendelstein 7X) haben leider wenig Magisches an sich. Es sind Riesenungetüme. Zudem hochkomplex und sehr teuer. Den von allen herbeigewünschten billigen Strom wird es mit ITER nicht geben. Wenn ITER in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts (wir haben ja noch so viel Zeit) überhaupt je über das Demo-Stadium hinauswächst.

    • Meiner Meinung nach haben ITER & W7-X auf jeden Fall etwas magisches an sich, alleine die Vorstellung das es in ihrem inneren heißer als im Zentrum der Sonne ist finde ich immer wieder faszinierend, aber das mag im Auge des Betrachters liegen 😉
      Völlig richtig, günstig wird der Fusionsstrom nicht, aber die kWh wird voraussichtlich auch nicht teurer sein, als sie es heute ist. Der Charme liegt an der CO2 Bilanz, der gleichmäßigen Verteilung der Rohstoffe auf der Erde und deren Verfügbarkeit und die beeindruckende Effizienz (vor allem im Vergleich zu chemischen Prozessen).

  4. Pingback:Fusionsforschung von Lockheed Martin und der E-cat von Andrea Rossi: Durchbruch oder Unsinn? – Astrodicticum Simplex

  5. @Martin Holzherr
    auch noch erwähnenswert ist vielleicht DPF bzw. Focus Fusion wie es Lawrenceville Plasma Physics (LPP) nennt. General Fusion versucht es mechanisch und von Tri-Alpha (Sponsor ex Microsoft Gründer Paul Allen) ist leider nichts zu hören. Helion Energy nach dem Prinzip von Magnetized Target Fusion hat überigens neulich 5 Millionen von der DARPA erhalten.

    Interessant ist auch die 2-Laser pb11 Fusion, die aber noch weit weg von einem Prototypen ist. Hören/sehen/lesen möchte ich von LM, dass Netto Energie dabei raus kommt, fusion können viele, aber keiner hat das bisher erreicht.

    • Ein Ziel von ITER wird genau das sein, was Sie fordern: Netto Energie freisetzen. Auf dem Weg dahin wurden viele kleine Schritte gemacht, die in vielen Veröffentlichungen nachzulesen sind und somit eine solide Basis bilden und die Extrapolation bzw. das Design von ITER auf eben diese solide Basis stellen.
      Veröffentlichungen sind einfach das A und O in der Wissenschaft, von daher sind wir alle gespannt, ob und was zum Beispiel LM in der nächsten Zeit veröffentlichen wird. Erst dann ist man in der Lage deren Resultate einzuschätzen, nachzuvollziehen, zu diskutieren, und zu verifizieren (oder eben falsifizieren, jenachdem…).

    • Die Alternative zum langdauernden Magneteinschluss eines Plasmas (Tokamak, Stellarator) ist die in kurzen Zeitabständen wiederholte Fusion eines kleinen Brennstoff-Targets (Kügelchen oder Zylinder) wobei mit Laser- oder Ionenbeschuss, kurzfristig sehr hohen Magnetfeldern oder mit Plasmakollisionen gearbeitet wird. Im Gegensatz zum langdauernden Plasmaeinschluss gibt es hier eine Vielzahl von Konzepten und es gibt die Chance, dass auch kleinere Anlagen erfolgreich sein könnten.
      Zu den vielversprechenden Fusionskonzepten mit Pulsbetrieb zähle ich die
      – 2-stufige Laserfusion mit “fast ignition” (EU-Projekt Hiper)
      – MagLIF der Sandia Labs wo eine Kombination von
      a) Vorheizen mit Laser (4-10 kJ)
      b) Unterdrückung von Turbulenzen und Wärmeverlusten durch ein starkes externes Magnetfeld (30 Tesla)
      c) und ein extrem hoher Strom (24 MegaAmpere) der durch den in einen Zylinder gefüllte DT-Brennstoff
      die Fusion innerhalb von einigen 100 Nanosekunden fliesst
      – Plasma Jet Driven Magneto-Inertial Fusion wo mehrere Plasmajets mit hoher kinetischer Energie (80 km/s) im Zentrum kollidieren und dort fusionieren wobei sich im Zentrum bereits ein DT-Brennstoffkügelchen befinden kann. Im Zentrum wird während der Fusion ein starkes Magnetfeld aufgebaut (z.B. durch Beschuss mit Laser oder Ionen)

      Vor kurzem stand noch die National Ignition Facility, eine Laserfusionsanlage, die nur mit einem Laserpuls arbeitet, im Fokus des Interesse. Doch sie hat das auf 2012 versprochene Ziel von ignition&burn nicht erreicht. Das fast-ignition Konzept ist vielversprechender. Es arbeitet mit 2 Laserpulsen, einem ersten für die Kompression des DT-Targets, einen zweiten extrem kurzen und extrem intensiven für die “Zündung”. Es gibt eine kleine Testanlage am Institut für Laser-Engineering (ILE) in Osaka, das sogenannte FIREX-Experiment, welches bereits über eine hohe Fusionsausbeute durch den zweiten Laser berichtet hat. Das europäische HiPER-Projekt will eine grosse “Fast-Ignition”-Anlage bauen, befindet sich aber noch in den Startlöchern.

      Relativ neu ist das Sandia MagLIF-Verfahren, das ihre Z-Pinch-Anlage für die Fusion benutzt. Simulationen haben ergeben, dass das oben beschrieben MagLIF-Verfahren Fusions-Gains von über 700 erreichen könnte, wenn mehr als 60 MegaAmpere Strom durch den Brennstoffzylinder fliessen würden. Allerdings kann die Z-Pinch-Anlage des Sandia-Labs bis jetzt nur Stromstärken um die 20 MegaAmpere erzeugen.

      Von den andern von Ihnen genannten Fusionsprojekten (General Fusion, Tri Alpha Energy, Focus Fusion, und Helion) halte ich nur Helion ( Inductive Plasmiod Accelerator (IPA) e) für einigermassen erfolgsversprechend: “To inject the plasmoid into the fusion ‘burn’ chamber two plasmoids are accelerated at high velocity with pulsed magnetic fields and merge into a single FRC plasma. The IPA experiments claimed 300 km/s velocities, Deuterium neutron production, and 2 keV Deuterium ion temperatures”

      Alle diese alternativen Fusionsanlagen arbeiten mit sehr viel höheren Brennstoffdichten als ein Tokamak oder Stellarator. Weil die Plasmadichte im Tokamak oder Stellarator so gering ist, müssen diese Anlagen entsprechend gross sein. Sogar die Prototypen von erfolgsversrpechenden Tokamaks müssen sehr gross sein, womit Experimente auch sehr teuer werden.

  6. Habe ich das richtig verstanden, dass es sich hier um einen Generator handelt, der kontinuierlich fusioniert?
    Wenn dem so ist, wie kann man die inneren Supraleiter unterhalb der kritischen Temperatur halten? Mit Kühlmittelanschlüssen, die in der Skizze übergangen werden?

    • Ja, es soll sich hier um einen kontinuierlichen Betrieb handeln. Zu Ihrer zweiten Fragen kann ich auch nichts weiter sagen, da ich beim Überfliegen der Patentschriften dazu nichts gefunden habe. Dort steht sogar, dass es nicht notwendigerweise Supraleitende Spulen sein müssten, sondern je nach Anwendung auch klassische Kupferspulen reichen würden (das wäre dann allerdings wohl eher weniger für den Dauerbetrieb…).
      Ihre Frage zielt also auf eines der Details ab, die LM mit seinen versprochenen Veröffentlichungen zukünftig zu klären hat.

    • richtig, in ITER wird die Plasmadichte bis zu 10^20 Teilchen pro Kubikmeter betragen, wohingegen im Festkörper die Teilchendichte bei ca. 10^28 Teilchen/Kubikmeter liegt und in der Trägheitsfusion komprimiert man die Brennstoffkügelchen (das Pellet) auf eine Dichte von bis zu 10^32 Teilchen/Kubikmeter.

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