Das Phänomen der Gated Communities

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Als das Stadtviertel Prenzlauer Gärten in Berlin öffnete, war das Phänomen „gated communities“ in sämtlichen Medien vertreten. Einige Medienvertreter befürchteten das Auseinanderdriften von armen und reichen Gesellschaftsteilen und sprachen von Angstarchitektur und Privatisierung des öffentlichen Raumes. Doch die wenigsten Stimmen versuchten dem Phänomen „gated communities“ auf den Grund zu gehen und wieso es in Deutschland so wenig Verbreitung findet.

Bewachte Wohnkomplexe sind ein Phänomen, welche einen hohen Verbreitungsgrad in  Entwicklungsländern aufweisen. In Mittel- und Nordeuropa ist diese Siedlungsstruktur bisher rar. Ein bewachter Wohnkomplex ist ein, durch Mauern oder Zäune abgetrenntes Areal, das einer Zugangsbeschränkung unterliegt. Darüberhinaus besteht innerhalb dieser Stadtviertel eine gemeinschaftliche Selbstverwaltung des Gemeinschaftseigentums und wird von privater Hand verwaltet. Es ist also eine Form der privaten Stadtplanung und Verwaltung.

In den USA finden bewachte Wohnviertel, oder „gated communities“ eine stärkere Verbreitung, deren Zahl stetig steigt. In den vergangenen dreißig Jahren verzwanzigfachte sich ihre Zahl auf derzeit ca. 40.000. Besonders während des Immobilienbooms entstand eine große Zahl neuer Wohnkomplexe. Viele dieser bewachten Wohnkomplexe befriedigen ein bestimmtes Livestylebedürfnis. Eines der berühmtesten Wohnkomplexe ist Celebration in Florida, das vom Disney Konzern betrieben wird. Diesem Wohnkomplex unterliegen nicht nur Regulierungen bezüglich der Hausgestaltung und des öffentlichen Raums, sondern auch hinsichtlich der Haushaltsstruktur der Bewohner. Das Leitmotiv von Celebration ist Familien mit Kindern, getreu dem Disney Image. Bei der Vergabe der Immobilien werden genau diese Bevölkerungsgruppen bevorzugt. Durch die Auswahl bestimmter Bevölkerungsgruppen entwickeln sich bewachte Wohnkomplexe zu Gegenentwürfen von Ghettos. Es besteht eine Segregation in Form vom sozialen Status oder Klasse.

In vielen Entwicklungsländern, besonders in Lateinamerika und Asien, entstehen „gated communities“ hingegen aus einem Sicherheitsbedürfnis heraus, das auf starke soziale Disparitäten innerhalb der Bevölkerung zurückzuführen ist. Die Leitmotive dieser Wohnkomplexe sind überwiegend in der Sicherheit vor Kriminalität zu finden.
„Gated communities“ sind ein global verfügbares Modell der Stadtentwicklung geworden, in Form einer privaten, anstatt einer öffentlichen, Stadtverwaltung.

Die Verbreitung dieser Wohnkomplexe ist jedoch in Ländern gering, in denen die Akteure der Stadtentwicklung in ein gemeinwohlorientiertes Institutionsgefüge eingebunden sind. Aus diesem Grund ist die Anzahl dieser Wohnkomplexe in Deutschland und Skandinavien sehr gering.

Anmerkung: Dies soll erst einmal ein kurzer Überblick zu dem Thema sein. Ich werde in den nächsten Wochen noch mehrmals auf gated communities zurückkommen.

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Meine Name ist Stefan Ohm und ich bin Geograph. Vor meinem Studium habe ich eine Ausbildung zum Fachinformatiker absolviert und danach bei Electronic Data Systems (EDS) als Lotus Notes Entwickler gearbeitet. Während meines Studiums in Hannover führte mich mein Weg zur Texas State University in San Marcos (USA) sowie zur University of Bristol (UK). Darüber hinaus absolvierte ich zwei Praktika bei NGO’s in Neu Delhi (Indien), mit dem Ziel Entwicklungsprozesse vor Ort genauer zu betrachten und damit ein besseres Verständnis über diese zu erhalten. Promoviert habe ich über den Strukturwandel im Perlflussdelta und Hongkong (China) an der Justus Liebig Universität in Gießen.

8 Kommentare

  1. Fuggerei

    Die ´Fuggerei´ in Augsburg (Anfang 16.Jhdt.) gilt als älteste geschlossene Wohnsiedlung in Deutschland. Dort hat es große Tore in den Aussenmauern, die abends geschlossen wurden.
    Die Idee von ´gated communities´ ist also schon ziehmlich alt. Allerdings wurde diese Siedlung aus sozialen Gründen für die ärmsten katholischen Bürger gebaut.

  2. Prenzlauer Gärten

    Spannendes Thema! Ich kenne die Diskussion zu den Prenzlauer Gärten zwar nicht im Einzelnen, aber können sie zu den “gated communities” gezählt werden? Wird die restliche Bevölkerung durch entsprechende Sicherheitsvorkehrungen, wie geschlossene Tore, Kameraüberwachung etc. von den Prezlauer Gärten ausgesperrt?
    Interessant auch, dass die Fuggerei in Augsburg die älteste bestehende Sozialsiedlung der Welt ist.
    Freue mich auf die nächsten Artikel zu diesem Thema!

  3. Rechtschreibfehler

    Bewachte Wohnkomplexe sind ein Phänomen, welche einen hohen Verbreitungsgrad in Entwicklungsländern aufweist

    Grammatik bzw Zeitfehler im letzten Wort 😉 aufweist + Plural = aufweisen = r

    ansonsten ein informativer Sachtext; danke für die bereitstellung

  4. “Die Verbreitung dieser Wohnkomplexe ist jedoch in Ländern gering, in denen die Akteure der Stadtentwicklung in ein gemeinwohlorientiertes Institutionsgefüge eingebunden sind.”

    Ich finde die Idee nicht schlecht nur müsste man sie auch unterlegen. Auf welche Institutionen spielen Sie denn da an? Es könnte sich doch auch schlicht um rechtliche Aspekte (bspw. dem WoEigGe) handeln, die solche Projekte nicht profitabel oder schlich nicht legal machen?
    Wir hatten in Deutschland (schon seit Bismarck) einen sozialpolitisch stärker agierenden Staat als z. Bsp. in den USA. Das Produkt war eine sich deutlich homogener entwickelnde Sozialstruktur, als z.Bsp. in den USA. Der Effekt der “auseinander gehenden Schere” der sozialen Schichtung ist hingegen erst in den vergangenen 15- 20 Jahren deutlich geworden. Das heißt das auch das Bedürfnis nach solchen Wohnparks sich erst langsam (aber offensichtlich stetig) entwickelt.

    Auf jeden Fall freue ich mich auf weitere Artikel.
    Vielleicht könnten sie die erwähnten Institutionen näher umschreiben.

    LG
    Hagen

  5. Ich seh’s negativ

    Ich kann Ihrer neutralen Bewertung nicht zustimmen: hier geht es doch darum “unter sich” zu sein und sich aus der Gesellschaft auszugrenzen, die zunehmend rauher wird. Ich finde dies bedenklich, da mir eine offene Gesellschaft lieber ist, auf die wir in Deutschland immer stolz waren. Gesteigertes Sicherheitsbedürfnis der Einwohner ist ein Zeichen für steigende Kriminalität und gesellschaftliche Polarisierung. Meine Freiheit ist auch, mich in meiner Stadt frei zu bewegen.

  6. nicht immer in Grenzen denken

    Klar wenn man nur von einigen Gated Communities ausgeht, dann stimmt das sicher mit dem Abgrenzen und für sich sein. Aber das ist nur eine Ausformung der GCs. Das ist schon wieder ganz anders bei Lifestile GCs. Und man kann mit einer GC auch die Gemeinschaft fördern und Vereinsamung unterbinden, wie ich es momentan in meiner Diplomarbeit versuche, in der ich eine Gated Cimmunity so abwandel, dass sie genau das kann……

    Also nicht immer in den vorgegebenen Schranken denken, sondern selber weiter denken 🙂

  7. Die Facharbeit

    Netter Artikel…
    Ich schreibe gerade eine Facharbeit über GC`s und würde mich freuen wenn ich iwie mit “Elisa” in Verbindung treten könnte…
    hmmm
    auf jedenfall sollte man bei einer beschreibung von GC`s beachten, dass es hauptsächlich drei verschiedene Typen gibt:
    Lifestyle
    Prestige und
    Security Zone
    Je nachdem in welchem Typ man lebt verändert sich das Aussehen und die Verwaltung.

  8. Celebration in Florida

    Das Celebration in Florida eine Gated Community ist, trifft nicht zu. Gated Communities sin umzäunt und nur durch eine Hauptstraße erreichbar. Celebration ist jedoch nicht umzäunt. Es trifft zu das Celebration eine Community ist, jedoch ist sie nicht Gated.

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