Kick it like Einstein: Transformation der Landwirtschaft im Norden der Elfenbeinküste

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In vielen Ländern südlich der Sahara ist die Landwirtschaft heute noch der dominierende Wirtschaftssektor, der auch gleichzeitig den größten Teil der Bevölkerung beschäftigt. Damit bilden diese Länder einen Gegensatz zu den Industrienationen, in denen der landwirtschaftliche Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei unter fünf Prozent liegt. Viele Entwicklungsprogramme zielen daher darauf ab, dass ein exportorientierter Industriezweig geschaffen wird. Diese Entwicklungsstrategie ist per se nicht falsch, generiert der Industriesektor doch viele Beschäftigungsverhältnisse in den Städten. Im ländlichen Raum dagegen ist die Landwirtschaft häufig der einzige Sektor, in dem die Bewohner ein ausreichendes Einkommen erwirtschaften können. Die Elfenbeinküste bietet ein gutes Beispiel für eine landwirtschaftliche Strategie um Armutsraten zu reduzieren.   

Strukturelle Unterschiede in der Elfenbeinküste

Das Land in Westafrika konnte in den vergangenen Jahren erfolgreich die landwirtschaftliche Produktion dahingehend fördern, um die hohen Armutsraten zu senken. Die Elfenbeinküste lässt sich grob in zwei unterschiedliche Regionen unterteilen. Im tropischen Süden trägt der Kakao und Kaffeeanbau entscheidend zum Wirtschaftswachstum bei. Vor allem der Kakao- bildete in den vergangenen Jahren die Cash Cow, die wichtige Devisen ins Land spülte. Im strukturschwachen Norden dagegen herrschen unterschiedliche klimatische Bedingungen. Kakao und Kaffee können hier nicht kostendeckend angebaut werden, da es zu trocken ist. Diese klimatischen Unterschiede ziehen eine Reihe von Problemen nach sich. Armut ist im Norden viel stärker verbreitet als im Süden des Landes. In der Vergangenheit führte dieses Ungleichgewicht zu starken Migrationsbewegungen aus dem Norden in den Süden. In den 1980ern migrierte annähernd die Hälfte der Bevölkerung zwischen 20 und 29 um in den Anbaugebieten des Südens zu arbeiten.
Diese strukturellen Unterschiede lassen sich auch im Einkommen, im Bildungsniveau und bei der Lebenserwartung beobachten. Regionen im Norden der Elfenbeinküste schließen bei vielen Indikatoren sehr viel schlechter ab, als der relativ wohlhabende Süden
 
Der Beginn der Baumwollproduktion in der Elfenbeinküste

Bereits seit den frühen 1970ern gab es eine Reihe von Versuchen seitens der Regierung, die nördlichen Provinzen dahingehend zu unterstützen, um die Armutsraten zu minimieren und das allgemeine Einkommen zu steigern. Eines der erfolgreichsten Förderprogramme zielte auf die Ausweitung der Baumwollproduktion ab. Klimatisch wird der Baumwollanbau im Norden der Elfenbeinküste stark begünstigt, da die Pflanze trockene und warme Umgebungen bevorzugt. Zudem ist die Ernte sehr arbeitsintensiv und kann somit viele Beschäftigungsverhältnisse schaffen.
Die Baumwolle wurde in der Elfenbeinküste am Ende des 19. Jahrhunderts aus Frankreich dem ehemaligen Kolonialherren eingeführt. Lange Zeit galt die Baumwolle daher als Kolonialpflanze. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Anbaufläche der Baumwolle nach der Unabhängigkeit der Elfenbeinküste 1960 stark abnahm. Bis in die 1980er stand die Baumwolle noch auf den Importlisten des Landes.
Ende der 1970er legte die Regierung ein umfangreiches Förderprogramm für die nördlichen Provinzen der Elfenbeinküste auf. Das Ziel war es, die Baumwollproduktion massiv auszuweiten, um nötige Wachstumseffekte in den armen, ländlichen Regionen zu erzeugen. In der damaligen Theorie sollte die Baumwollproduktion notwendige Einkommen schaffen, die auch der Nahrungsmittelproduktion helfen sollte. Als Folge sanken die Armutsraten und der Lebensstandard erhöhte sich.

 

 

 

Die Unterstützung von Baumwollproduzenten in den nördlichen Provinzen der Elfenbeinküste startete in den 1970ern mit 23 Bauern und insgesamt 62 ha Anbaufläche. Ende der 1980er bauten bereits 24.000 Bauern Baumwolle auf insgesamt 67.000 ha an. Diese Anbaufläche entsprach ca. einem Drittel der gesamten Ackerbaufläche in den nördlichen Provinzen. Durch die Baumwollproduktion konnten Armutsraten bis weit in die 1990er stark reduziert werden. Die Elemente dieses Erfolges waren Förderprogramme auf unterschiedlichen Ebenen wie in der Infrastruktur, der Etablierung von funktionierenden Märkten und im Bildungssystem. Durch die Ausweitung der Baumwollproduktion profitierten auch andere Nutzpflanzen wie Mais, Reis, Erdnüsse und Cashew-Nüsse, deren Anbau stark intensiviert wurde.

Erste Krisen im System

Nach einer ersten Krise zu Beginn des neuen Jahrtausends, ausgelöst durch sinkende Weltmarktpreisen, geriert die Ausweitung des Baumwollanbaus s stocken. Nach einer kurzen Erholung schlidderte der Baumwollanbau zwischen 2002 und 2004 in eine dramatische Krise. Die Ursachen hierfür waren politischen Unruhen in der Elfenbeinküste. Die militärischen Aktionen im Norden des Landes wirkten sich massiv auf den Anbau aus und die Produktion sank von 400.000 Tonnen (2002/2003) auf gerade einmal 180.000 Tonnen. Seitdem erholen sich die Erträge aus der Baumwollproduktion wieder. Allerdings leiden noch viele Bauern aus den Ereignissen des Bürgerkrieges und den geschehen Plünderungen von Produktionsmitteln. Ausstehende Kredite aus dieser Zeit müssen noch immer getilgt werden, da eine Kompensation durch die Regierung nicht erfolgte.

Seit 2008 steht die Förderung des Baumwollanbaus aber wieder auf der Tagesordnung der Ivorer Regierung. Gemeinsam mit internationalen Organisationen wird die Baumwollproduktion wieder gefördert, um die Armut in den nördlichen Provinzen der Elfenbeinküste weiter zu senken, Wirtschaftswachstum zu erzielen und ökonomische Stabilität aufzubauen. Die Baumwollproduktion in der Elfenbeinküste hat sich als erfolgreiche Strategie herausgestellt, um den strukturschwachen Norden zu fördern. Ohne die Baumwollproduktion würden die Armutsraten viel höher ausfallen.

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Meine Name ist Stefan Ohm und ich bin Geograph. Vor meinem Studium habe ich eine Ausbildung zum Fachinformatiker absolviert und danach bei Electronic Data Systems (EDS) als Lotus Notes Entwickler gearbeitet. Während meines Studiums in Hannover führte mich mein Weg zur Texas State University in San Marcos (USA) sowie zur University of Bristol (UK). Darüber hinaus absolvierte ich zwei Praktika bei NGO’s in Neu Delhi (Indien), mit dem Ziel Entwicklungsprozesse vor Ort genauer zu betrachten und damit ein besseres Verständnis über diese zu erhalten. Promoviert habe ich über den Strukturwandel im Perlflussdelta und Hongkong (China) an der Justus Liebig Universität in Gießen.

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