Erster Orion-Start morgen

BLOG: Go for Launch

Raumfahrt aus der Froschperspektive
Go for Launch

Morgen, Donnerstag, 4.12.2014, ab 07:05 Ostküstenzeit (13:05 MEZ) wird der erste Testflug der Orion-Kapsel der NASA gestartet. Mit dem Orion Multi-Purpose Crewed Vehicle (MPCV) werden im kommenden Jahrzehnt bis zu vier Raumfahrer ins Erdorbit, zum Mond, zur ISS oder zu einem wartenden Raumschiff für Explorationsreisen zu Asteroiden oder gar zum Mars gestartet oder durch die Atmosphäre zu einer Wasserlandung zurückgebracht werden.

Das MPCV umfasst besagte Kapsel und ein Service-Modul, das die europäische Raumfahrtbehörde ESA beisteuert und das von Airbus unter Nutzung einiger ATV-Technik gebaut wird, wobei allerdings eine wesentliche Komponente, nämlich das Haupttriebwerk, aus den USA kommt.

Die Kapsel, die bei diesem Flug eine Masse von 8.6 Tonnen haben wird, ist natürlich auf diesem Flug nicht bemannt, steht aber unter Druck und ist voll ausgerüstet.

Das Service-Modul ist noch nicht einsatzbereit, weswegen morgen nur ein “Mock-Up” dieses Moduls zum Einsatz kommt.

Ebensowenig ist die Schwerlastrakete SLS vefügbar, mit der eigentlich das MPCV gestartet werden soll. Deswegen wird für die morgige Mission namens EFT-1 (Exploration Flight Test 1) eine Delta-IV-Heavy eingesetzt. Dies ist die stärkste Version der ohnehin nicht schwachbrüstigen Delta-IV, bei der anstelle kleinerer Feststoffbooster zwei komplette Erststufen als Booster links und rechts neben die eigentliche Erststufe geschnallt werden.

Damit geht das Ding dann ganz gut los. Statt der 8.5 bis knapp 13 Tonnen Nutzlast, die die Delta-IV-Medium je nach Anzahl der Feststoffbooster ins LEO bringt, schafft die Heavy mehr als 28 Tonnen. Die Orion-Kapsel soll allerdings nicht nur in eine niedrige Parkbahn. Die Oberstufe wird nach einem kompletten Umlauf auf der kreisförmigen, niedrigen Parkbahn ein zweites Mal gezündet und hebt dabei das Apogäum auf fast 6000 km an. Das Schiff durchfliegt damit auch die Strahlungsgürtel der Erde, und zwar zwei Mal – einmal auf dem Weg nach oben und das zweite Mal auf dem Weg zurück.

Am Apogäum findet ein letztes, kleines Manöver statt, das das Perigäum, also den erdnächsten Punkt der Bahn absenkt. Damit ist sicher gestellt, dass die Kapsel (und natürlich auch der ganze Rest, denn der ist auf derselben Bahn) in die Erdatmosphäre eintritt. Danach wird die Oberstufe mit dem Dummy-Service-Modul von der Kapsel abgetrennt.

Der Wiedereintritt erfolgt über dem Pazifik mit knapp 9 km/s, also deutlich mehr als bei einem Wiedereintritt aus dem niedrigen Erdorbit. Die Bahn der Oberstufe ist dabei ausreichend getrennt von der der Kapsel,, um eine Kollision auszuschließen.

Der “Entry Interface Point”, d.h., das Durchqueren einer definierten Referenzhöhe überr der Erdoberfläche, liegt südwestlich von Kalifornien. Der Zielpunkt für die Wasserung liegt südlich der Spitze der mexikanischen Halbinsel Baja California, also keineswegs mitten im Ozean. Die NASA vetraut offenbar auf die erzielbare Navigationsgenauigkeit.

Die Kapsel bremst in der Atmosphäre durch Reibung bis auf die Ausfahrgeschwindigkeit der Fallschirme ab, etwa 480 km/h. Die Höhe ist dabei nur noch 6.7 km. Das Fallschirmsystem ist zweistufig, zwei kleinere “drogue chutes” werden zuerst entfaltet. Sie bremsen die Kapsel auf 160 km/h. Drei kleine “pilot chutes” ziehen dann die drei großen Hauptfallschirme aus ihrer Verstauung. Das geschieht in nur noch 2 km Höhe. Die Hauptfallschirme entfalten sich in Stufen, sodass die mechanische Belastung der Leinen, aber auch der späteren Kapselinsassen minimiert wird.

Weniger als viereinhalb Stunden nach dem Abheben der Rakete ist schon alles vorbei, die Kapsel schwimmt im Wasser und wird von einem Spezialschiff der US-Marine geborgen. Das Schiff kann hinten geöffnet werden und schiebt seinen Boden unter die schwimmende Kapsel.

Hier das Ganze als Film:

Und hier der Soundtrack zum Start! What else?

Weitere Information

Press-Kit zur EFT-1-Mission, Quelle: NASA. Dieses 32-seitige Dokument enthält auch einen detaillierten Zeitplan der Ereignisse vor und nach dem Start.

Webseite zum Orion-EFT-1 vom Kennedy Space Center

“Mission Status Center”, Live-Berichterstattung zum Start auf spaceflightnow.com. Dort findet man auch diese grobe “Timeline”.

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

26 Kommentare

  1. Der Phönix ist aus seiner Asche (Apollo-Raumschiff) wiedererstanden. Er sieht immer noch gleich aus, einfach etwas grösser.

    • Ein Indiz dafür, dass die Ingenieure in den 60ern schwer auf Zack waren. Die haben damals ein technisches Grundkonzept abgeliefert, das offensichtlich nicht wirklich verbessert werden kann, abgesehen von Details (Stromversorgung über Solargeneratoren anstatt Brennstoffzellen, lagerbare statt kryogene Treibstoffe, Avionik, Bedienung).

  2. Das so eine Kapsel bisher das bessre Konzept gegenüber einem Gleiter ist, haben Sie ja schon mal ausführlich erklärt. Was ich mich aber gerade frage ist, wie weit man so eine Kapsel vergrössern kann? – Also wie weit lässt sich der Durchmesser steigern, wenn man die Begrenzung durch die startrakete mal aussen vor lässt? Gibt es da trotzdem noch eine Grenze, die man besser nicht überschreitet, weil man sonst Probleme mit dem Hitzeschild bekommt? Und könnte man so eine Kapsel auch mit mehreren Etagen versehen, um mehr Leute oder Ausrüstung darin unterzubringen? Oder gibt es da auch eine maximale Länge?

    • Die kinetische Energie steigt linear mit der Masse. Diese Energie muss über die Wärmeenergie abgeführt werden. Ob doppelte Masse bei gleicher Eintrittsgeschwindigkeit eine doppelte Hitzeentwicklung bedeutet, sollten thermodynamische Betrachtungen beantworten. Man kann die Kapsel aber sicher nicht beliebig vergrößern.

    • Plasma Magnetoshell Aerobraking könnte den Wiedereintritt in Atmosphären wie die irdische (auch Venus, Mars) dramatisch verbessern und letztlich auch grössere Lander erlauben. Man liest dazu

      The advantages of such a system are many. Frictional heating would no longer be of concern as the energy dissipation required to slow the spacecraft would be deposited into the plasma ions helping to maintain the magnetospheric Beta. With the Magnetoshell now being composed of massless magnetic field and a gram of plasma, the transverse scale of the magnetic barrier can be as large as 100 meters.

      This means that for any given breaking drag forces on the Magnetoshell will be three orders of magnitude larger than the aerodynamic forces on the spacecraft. With the ability to rapidly and precisely modify the drag in varying atmospheric conditions, much larger braking forces can now be contemplated at low risk, enabling very aggressive aerocapture maneuvers. In addition, the Magnetoshell will shield against solar radiation. As will be shown, the mission benefits are dramatic. A NASA DRA 5.0 manned mission to Mars can be accomplished with 225 MT is mass savings and decreased programmatic and technical risk. Deep space planetary orbiters can be launched on rapid, direct trajectories decreasing trip times by more than 70%

      Wie funktioniert Plasma Magnetoshell Aerobraking
      Nicht mehr die Luftreibung, sondern eine magnetische Kraft bremst den Lander. Diese magnetische Kraft wird durch induzierte Ströme im erzeugten Wiedereintrittsplasma erzeugt (durch einen On-Board-Magneten von 500 Gauss). Die Bremskraft ist fast beliebig steuerbar, kann also je nach Bedarf jederzeit vergrössert oder verkleinert wereden. Die Präsentation Magneto-Shells sieht Vorteile bei folgenden Missionen (Mission mit grösstem Gewinn durch Magnrto-Shell zuerst)
      – Venus Sample Return: Large cost savings, no insertion shield
      – Manned Martian: Reduces Heat shield mass, reduced manned mission risk
      – Neptune Orbiter and Triton Lander

    • Bei so einer Kapsel sind alle Parameter miteinander verknüpft. Ändert man an einem was, ändert sich gleich alles. Da muss man sehr vorsichtig sein.

      Der Durchmesser lässt sich nicht unabhängig vom Startsystem betrachten, denn es muss ja alles auf die Rakete und unter das Rettungssystem passen. Da darf nichts überstehen. Das erlegt auch der Masse Grenzen auf.

      Gut, nehmen wir mal an, man könnte das doppelstöckig ausführen. Sowas habe ich zwar noch nie gesehen, aber das allein wäre ja noch lange kein Argument gegen eine Idee (bzw. es wäre ein dummes Argument).

      Dann wird aus dem flachen Kegel mit abgerundeter Unterseite, der die Form der Kapsel jetzt beschreibt, ein hoher Kegel, und seine Masse erhöht sich auch. Schlimmer noch – der Schwerpunkt wandert unweigerlich nach oben, vom Hizeschild weg.

      Jetzt müsste man erst mal prüfen, ob das Ganze noch beim Wiedereintritt dynamisch stabil ist. Schon bei der aktuellen Kapsel ist es meines Wissens so, dass es, anders als beim Soyuz-Eintrrittsmodul, zwei stabile Ausrichtungen in der Hyperschallanströmung gibt. Die eine mit dem Hitzeschild voran – das ist gut. Die andere mit der Spitze voran – das ist nicht gut. Je weiter der Massenmittelpunkt vom Hitzeschild weg nach oben wandert, desto eher wird das System eine Präferenz zeigen, sich verkehrt herum zu drehen. Ein klares Minus an inhärenter Sicherheit.

      Nehmen wir mal an, das kriegt man in den Griff.

      Dann hat man immer noch die unausweichliche Tatsache, dass es pro Flächeneinheit des Hitzeschilds mehr Masse und damit mehr kinetische Energie im System gibt. Der ballistische Koeffizient nimmt zu. Es gibt da mehr kg pro Quadratmeter.

      Wenn man einen Körper mit höherem ballistischen Koeffizienten mit demselben Eintrittswinkel eintreten lässt wie die aktuelle Kapsel, dann geht unweigerlich die Abbremsung langsamer. Das heißt, dass dichtere Atmosphärenschichten mit höherer Geschwindigkeit durchflogen werden. Der Wärmestrom und damit die Temperatur am Hitzeschild und im umgebenden Plasma steigen. Zudem wird die Ausfahrgeschwindigkeit für die ersten Fallschirme (480 km/h erst später erreicht, also bei niedrigerer Höhe. Aber schon jetzt ist die Höhe, bei der diese Fallschirme ausfahren, weniger als 7 km. Wie tief darf’s denn noch werden, bevor es eng wird? Ich denke, da ist jetzt nicht mehr gar so viel “Luft”.

      Oder aber, man tritt unter einem flacheren Winkel ein. Dann findet die Abbremsung aber in dünnerer Atmosphäre statt, sie dauert länger. Vielleicht bleibt der Wärmestrom im Rahmen, aber das Integral über den Wärmestrom nimmt kräftig zu. Da muss man sehr aufpassen.

      Ohnehin wird die Fallschirmfläche größer werden müssen, sonst schlägt die Kapsel zu schnell auf dem Wasser auf. Entweder werden die Fallschirme größer, und damit fragiler. Oder aber, man braucht noch einen Fallschirm mehr. Dafür muss aber Platz sein, im verstauten, wie auch im ausgefahrenen Zustand.

      Die schwerere Kapsel, die eine höhere Form hat, wird auch im Wasser viel tiefer eintauchen müssen und gleichzeitig höhere Schaukelneigung zeigen.

      Alles nicht so einfach, wie mir scheint ….

      • Besten Dank für die ausfühliche Erklärung.
        Das alles letztlich auf die Rakete passen muss, die das Ding in den Orbit bringen soll, ist schon klar. Ich wollte das lediglich aus der Perspektive betrachtet sehen, dass man erst die Kapselgrösse festlegt und anschliessend die Rakete dazu entwirft. – Ob man das in der Praxis wirklich so machen würde, ist ‘ne andere Frage, – ich glaube aber eher nicht. Und nach den Ausführungen über den Masseschwerpunkt zu schliessen, scheint es auch eine maximale Höhe für so eine Kapsel zu geben.

        Jetzt noch ein paar Anmerkungen/Fragen:
        Dass ein nach oben wandernder Masseschwerpunkt ein Problem darstellt, ist mir auch klar. Da wäre dann also zu klären, wie man die Kapsel bauen muss, damit der Schwerpunkt unten bleibt, – etwa indem man mehr technische Ausrüstung unten installiert.

        Frage zu Hitzeschilden. Bei der Landeeinheit von Curiosity auf dem Mars war der Hitzeschild eine “Scheibe”, die unter dem restlichen Teil der Landeeinheit montiert war und abgeworfen wurde, als er nicht mehr gebraucht wurde. Bei den Apollokapseln war es ähnlich, d.h. da war der Schild auch eine Art Scheibe, die unter der Kapsel montiert war, aber nicht abgeworfen wurde sondern eher verbrannte. Aber wie war das beim Spaceshuttle? – Ich hab da lange Zeit geglaubt, der Hitzeschild wären nur die schwarzen Kacheln an der Unterseite (plus Spitze und Flügelvorderkanten). Dann fiel mir irgendwann mal auf, dass die Fähren auch oben herum mit Kacheln verkleidet sind. Also scheinbar hatten die einen Rundum-Hitzeschild, wobei der schwarze Teil anscheinend höhere Temperaturen vertragen konnte als der weisse Teil. Liege ich mit dieser Annahme richtig? Oder ist da noch irgendwo ein Fehler? – Und gibt es dazu auch brauchbare, populärwissenschaftliche Quellen, wo man das nachlesen kann?

        Bei dem ballistischen Koeffizienten kam mir die Idee, die Masse auf eine grössere Fläche zu verteilen, indem man den Hitzeschlid vergrössert, und zwar durch zusätzliche Elemente, die erst kurz vor dem Eintritt in die Atmosphäre ausgefahren werden. Die Konstruktion hätte dann nicht mehr die Form eines Kegels sondern wäre eher Pilzförmig, wobei der Pilz mit dem Hut voran fliegen würde. – Ich befürchte nur, das diese Idee auch wieder Unsinn ist, weil es an den überstehenden Kanten wahrscheinlich zu Turbulenzen kommt, die einerseits die Stabilität stören und andrerseits die Wirbel so gross werden könnten, dass das Plasma, das eigentlich an der Kapsel vorbei geführt werden soll, diese nun von der Seite angreift und nebebei den Hitzeschild auch noch von oben gefährdet. Das wäre dann auch wieder Mist.
        Die Frage mit den Fallschirmen und der Wasserung ist dabei noch gar nicht geklärt. Es ist aber wahrscheinlich, dass der Überstehende Teil des Schildes beim Aufschlag auf dem Wasser brechen kann, wenn man die anderen Probleme gelöst hat.

        Also ja, es ist wirklich nicht so einfach. Aber wenn es so einfach wäre, wäre es ja auch keine Herausforderung. Und die suchen ja einige Leute…

        • Zum Shuttle-Orbiter:

          Das Stichwort, unter dem Ihre Informationssuche zum Ziel führt, ist “Space Shuttle Thermal Protection System”. Die thermisch am stärksten belasteten Stellen sind Flügelvorderkanten und Bugspitze, also die der Anströmung direkt ausgesetzten Stellen mit dem kleinsten Krümmungsradius. Die dort verwendeten Bauteile haben die höchste Temperaturresistenz aller Kompoenten des Hitzeschutzes, sie sind an der grauen Farbe zu erkennen und bestehen aus “Reinforced Carbon Carbon (RCC)“, also in Kohlenstoffmatrix eingebettete Graphitfasern.

          Die von Ihnen erwähnten schwarzen Kacheln, mit denen Teile des Rumpfs und die Unterseite der Flügel bedeckt sind, bestehen aus aufgeschäumtem Glas, das nach außen mit einer dünnen Schicht aus Borosilikatglas überzogen ist. Aber auch alle anderen Stellen der Pberfläche des Orbiters sind in irgendeiner Form thermisch geschützt.

          Die Ausführung des Hinteschiulds als ausfahrbare oder gar aufblasbare Einheit ist durchaus bereits angedacht worden. Das würde durchaus funktionieren, bringt aber nur etwas, wenn wirklich eine massive Vergrößerung der Oberfläche erzielt werden kann, damit ein Großteil des Abbremsung bereits sehr hoch stattfinden kann und nicht, wie bei einer Kapsel, erst dort, wo die Atmosphäre schon recht dicht ist. Das Stichwort ist “ballute“.

          • Besten Dank für die Erklärung.
            Das Bild von der Raumfähre Atlantis ist sehr interessant. Und dass schon andere auf die Idee gekommen sind, ausfahrbare Schilde zu entwickeln, hat mich ja erst überrascht, aber bei genauerem Nachdenken wundert es mich dann doch wieder nicht. Das Ballute-Konzept ist auch interessant. Aber wenn ich Sie richtig verstehe, dann muss der Ballon mit dem grossen Schild schon in Höhen irgendwo oberhalb von hundert Kilometern aufgeblasen werden, damit die Bremsung funktioniert, oder?

          • Ja, muss man. Dann kann man nur hoffen, dass das Ding auch dicht ist.

            Das ist immer das Problem mit diesen aktiven Geräten, die müssen ausgelöst werden und da muss eine Kette von Mechanismen funktionieren wie vorgesehen.

            Wenn das Ding nicht aufgeblasen wird, dann tritt das Schiff ein und wahrscheinlich kurz danach wieder aus der Atmosphäre aus, denn typischerweise findet so ein Eintritt mit Ballute unter einem flacheren Eintrittswinkel statt als das, was eine Kapsel mit ihrem starren Hitzeschild macht. Dann hat man hoffentlich einen Plan B.

            Wenn alles funktioniert hat, dann bremst es das Schiff durch die Hyperschallphase bis herunter auf Unterschallgeschwindigkeiten und stabilisiert dabei auch das System. Bei Kapseln ist das durchaus ein Problem.

            Dann muss der Ballute abgesprengt werden (also noch ein Mechanismus) und der Fallschirm kommt raus.

          • Ist es nicht bei vielen Dingen in der Raumfahrt so, dass bestimmte Sachen in einer bestimmten Reihenfolge hintereinander passieren bzw. funktionieren müssen, damit der ganze Flug so verläuft, wie man es haben will?

            Ein Problem hab ich mit dem Ballute aber doch noch. Und zwar wird das Konzept auf der Seite von parachutehistory.com zwar ganz nett erklärt, ist in der Form aber eher nicht für Wiedereintritt-aktionen geeignet, weil der Ballut von dem zu bremsenden Körper gezogen wird. Für den Wiedereintritt müsste er den Körper aber umhüllen, wenn ich es richtig verstehe, oder?

            Zu den Ballutes hab ich ausserdem festgestellt, dass das Konzept wohl immer wieder mal gestestet wurde, sich aber noch nicht wirklich durchgesetzt hat. So wird in der englischen Wikipedia auf den esa bulletin 103 (PDF) vom August 2000 hingewiesen, indem von einem IRDT (Inflatable Re-entry and Descent Technology) demonstrator berichtet wird, der im Februar 2000 erfolgreich getestet wurde. Wenn man auf den Seiten der ESA weiter sucht, findet man noch einen Nachfolgetest von 2005, und ein paar technische Unterlagen, bzw. Quellenverweise dazu (Inhaltsverzeichnisse von SP-Heften), aber das war es dann anscheinend. – Aber es hätte doch was für sich, wenn sich das Konzept auf eine Kapsel wie der Orion ausweiten liesse…
            (P.S.: ich hab die Artikel über den Demonstrator nicht komplett gelesen, sondern nur grob überflogen und hauptsächlich die Bilder angesehen.)

          • Es ist typisch für planetare Landungen, dass es da eine Verkettung von Aktionen gibt, die in einer bestimmten Folge, innerhalb eines kleinen Zeitfensters und mit hoher Genauigkeit ausgeführt werden, ohne realistische Backup-Möglichkeit.

            Ballutes werden geschleppt wie Fallschirme (daher der Name “balloon”+”parachute“). Wenn man die bei einem atmosphärischen Einfang einsetzen will, kommt man ohne Hitzeschild für das Schiff aus, ansonsten wahrscheinlich nicht imer. Die umhüllende aufblasbare “aeroshell” ist wohl eher die erste Wahl für einen Lander, wobei man da auch an eine Zwischenform gedacht hat, Siehe Fig. 1 rechts in dem von Ihnen genannten Artikel im ESA Bulletin.

            Ob das jemals für irdische Wiedereintritte mit bemanntem Flugfgerät zum Einsatz kommt, kann ich nicht sagen. Ich würde es imm er vorziehen, wenn die Anzahl der aktiven Komponenten bei bemannten Raumschiffen minimiert wird. Sicherheit hat absoluten Vorrang. Eine Kapsel mit Hitzeschild ist passiv, da muss nichts gesteuert oder ausgefahren werden.

          • Ballutes werden geschleppt wie Fallschirme … Wenn man die bei einem atmosphärischen Einfang einsetzen will, kommt man ohne Hitzeschild für das Schiff aus,

            Das hab ich befürchtet. Ich hatte die nämlich als Möglichkeit gedacht, um den Hitzeschlid zu vergrössern, ohne den Durchmesser der Startrakete zu vergrössern, also wie die aufblasbare “Aeroshell”.

            Dann wäre noch die Idee einer Art gesteuerten Wiedereintritts, der so langsam erfolgt, das sich nicht viel erwärmt. Aber das würde ein aktives bremsen erfordern, was wiederum einen Haufen Treibstoff kostet…

  3. Nach Peter Thiel hat sich der technische Fortschritt seit den 1970ern verlangsamt. Statt dessen sind wir heute nur noch mit inkrementellen Verbesserung schon bekannter Technologien beschäftigt.

    Leider scheint das Orion Multi-Purpose Crewed Vehicle seine These voll zu bestätigen ist es doch eine inkrementelle Verbesserung des Apollo-Raumschiffs.

    Revolutionäre neue Konzepte wie das Plasma Magneto-Shell Aerobraking dagegen befinden sich seit Jahren in irgend einem NIAC-Programm und NIAC-Programm dienen der Nasa dazu, technische Konzepte so stark zu bändigen und zu verlangsamen, dass sie nur tröpfchenweise in bestehende Raumfahrttechnologie übergeführt werden.

    Das gleiche war schon früher bie der Entwciklung neuer Reaktortechologie zu beobachten. ORNL (Oak Ridge National Labs) entwickelte viele neue, zum Teil revolutionäre Nuklearreaktoren (z.b. den Salzschmelzereaktor), entschied aber irgendwann immer, die weitere Entwicklung abzubrechen und das obwohl vielversrpechende Resultate vorlagen.

    • “Nach Peter Thiel hat sich der technische Fortschritt seit den 1970ern verlangsamt. Statt dessen sind wir heute nur noch mit inkrementellen Verbesserung schon bekannter Technologien beschäftigt.”

      Na ja, Herr Thiel meint ja auch, der Staat solle mehr F&E fördern. Andererseits lehnt seine libertäre Philosophie genau das eigentlich ab und glaubt an den Privatgeist und -investor. Das kann er sich mit seinem Vermögen ja auch leisten, welches er übrigens tatsächlich nur mit inkrementellen Verbesserungen aufbauen konnte. Es gibt aber durchaus andere, die seine Einschätzung nicht teilen.

      Wäre es bezüglich Orion so wie Thiel sagt, wäre diese Kapsel lediglich größer als Apollo. Es steckt aber mehr drin als einfache inkrementelle Verbesserung. Und wo es so ist (z.B. das Design, die Form) gelten die Rahmenbedingungen der Physik nun einmal für alle Zeiten.

      • Sie sprechen etwas wichtiges an: Forschungsförderung durch Private oder den Staat wird heute von vielen im Gegensatzpaar Libertär/Privat Sozialdemokratisch/Staatsgesteuert gesehen. Das ist ein grundfalsches Gegensatzpaar und wirkt sich für die Forschung und den technischen Fortschritt fatal aus. Denn: Noch so innovative Firmen, von noch so libertären Geistern geführt und finanziert können die staatlich geförderte und finanzierte Forschung nicht ersetzen. Es braucht beides. Sogar Peter Thiel hat kürzlich dazu gesagt. Wenn die USA als Staat – als Beispiel – die Forschung an neuen Nukleartechnologien nicht mehr fördert und es keine Einrichtungen wie das MIT gibt, da hier weiterkommen wollen, dann passiert auch nichts mehr. Denn keine private Firma hat überhaupt die Kapazität und den langen Atem um diesen Weg zu beschreiten – auch wenn das ein paar verwegene Firmen wie Terrapower (finanziert von Bill Gates) glauben mögen.
        Zur heutigen Haltung von Regierungsstellen zur Technologie schreibt Peter Thiel in The End of the Future
        Most of our political leaders are not engineers or scientists and do not listen to engineers or scientists. Today a letter from Einstein would get lost in the White House mail room, and the Manhattan Project would not even get started; it certainly could never be completed in three years. I am not aware of a single political leader in the U.S., either Democrat or Republican, who would cut health-care spending in order to free up money for biotechnology research — or, more generally, who would make serious cuts to the welfare state in order to free up serious money for major engineering projects.

        Das Paradoxe ist, dass heute zugleich technologische Wunder beispielsweise im Bereich Green Economy, Erneuerbare erwartet werden, aber viel zuwenig grundlegende Forschung dafür aktiviert und finanziert wird. Statt dessen sollen Subventionen halbgare Lösungen zur Marktreife verhelfen oder sollen Subventionen diese halbgaren Lösungen einfach durchfüttern.

      • Erstens wollen sie wahrscheinlich sowohl beim Start als auch nach der Landung Tageslicht haben. Das allein kann es aber nicht sein, denn dann könnten sie auch noch später am Tag starten.

        Zusätzliche Randbedingungen könnten sein, dass die den Wiedereintritt und das Auseinanderbrechen der Oberstufe noch bei dunklem Himmel, also vor Sonnenaufgang verfolgen wollen oder dass es Anforderungen von Lagesensoren an Bord an die Sonnenrichtung gibt.

        Vielleicht hat das aber auch mit dieser Kamera zu tun, mit der aus dem Fenster der Orion-Kapsel die Erde gefilmt wird.

  4. Das war’s, nach der eintägigen Verspätung heute ein Flug wie aus dem Bilderbuch. Pünktlich weg, pünktlich zurück. Der nächste Flug der Orion wird erst 2018 stattfinden, von der Schwerlastrakete SLS gestartet werden und auch das europäische Service-Modul verwenden, also nahe an der endgültigen Konfiguration, aber natürlich unbemannt. Missionsziel wird dann ein Free-Return am Mond sein, dreieinhalb Tage hin, dreieinhalb Tage zurück.

  5. Wie stellt man sicher, kaum Geld für leistungsfähige Nutzlasten zur Verfügung zu haben? – Man gibt es für staatliche Raketenentwicklungen aus…

    Das gilt anscheinend für NASA wie auch ESA.

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