Fußkranker Samurai humpelt heim

BLOG: Go for Launch

Raumfahrt aus der Froschperspektive
Go for Launch

+++ Update: Die Kapsel ist gefunden und geborgen. Hayabusa selbst ist in der Atmosphäre verglüht. Mehr (mit Bildern) u.a. hier +++

Was für eine Chaosmission. Da lief so ziemlich alles schief, was man sich vorstellen kann. Aber bis zum Totalschaden reichte es dann doch so gerade eben nicht – immer wieder. Dennoch hätte in den letzten Jahren wohl kaum jemand gewettet, dass die japanische Asteroidenmission Hayabusa es wieder zurück zur Erde schafft.

Grafik von Hayabusa im Anflug auf Itokawa, Quelle: JAXA

(Read this post in English here)

Aber die Bedienmannschaft im Kontrollzentrum in Sagamihara, unweit von Tokio, blieb bei der Stange und schaffte es immer wieder doch noch irgendwie, eine endlose Kette von Problemen zu lösen und ihre zunehmend kaputtere Sonde dazu zu bringen, Manöver durchzuführen, die notwendig waren, um auf eine Bahn zu kommen, die zurück zur Erde führt.

Hayabusa (Hayabusa als Kanji oder meist in Hiragana geschrieben:Hayabusa in Hiragana), japanisch für Wanderfalke, auch bekannt unter dem Arbeitsnamen MUSES-C, den die Mission bis zum erfolgreichen Start trug, hatte eigentlich ein ziemlich geradliniges Konzept. Ziel war ein erdbahnkreuzender Asteroid namens 25143/Itokawa, benannt nach dem Begründer des japanischen Raumfahrtprogramms, Hideo Itokawa(Itokawa Hideo in Kanji).

Die Raumsonde wurde am 9. Mai 2003 von einer japanischen Mu-V-Rakete von Kagoshima im Süden Japans gestartet. Trotz der Startmasse von nur 510 kg war die Rakete zu klein, um den Einschuss in den interplanetaren Transfer zu bewerkstelligen – die Startbahn war eine weite Ellipse, aus der sich die Sonde selbst mittels ihrer vier Ionentriebwerken bis zur Erdflucht beschleunigte. Mehr als zwei Jahre und einen Erdswingby später, im September 2005, kam die Sonde am Asteroiden an.

Bis dahin war die Sonde schon deutlich angeschlagen. Im Oktober 2003 ereignete sich eine gewaltige Sonneneruption, eine der stärksten, die je registriert wurden. Dadurch wurden die Halbleiterzellen auf den Solargeneratoren geschädigt und verloren an Leistung. Das ist gerade bei einer Sonde mit Ionenantrieb schlecht, denn Leistungsverlust bedeutet Schubverlust, Mehrverbrauch oder beides. Aber es reichte noch so eben.

Unterwegs verabschiedeten sich auch noch zwei der drei Drallräder, mit denen die Lage der Sonde geregelt wird. Auch schlecht, denn dann verbraucht jede kleine Lagekorrektur Treibstoff.

IDie Minerva-Landesonde, Quelle: JAXAn der Bahn um Itokawa ging es zunächst aufwärts. Der Asteroid konnte genau kartiert und umfassend fotografiert werden. Dann aber ging Einiges in die Hose. Eine kleine Landesonde namens MINERVA sollte auf Itokawa abgesetzt werden, verfehlte aber aufgrund eines Bedienfehlers den Asteroiden und entschwand auf Nimmerwiedersehen. 

Eigentlich sollte die Probenentnahme schnell gehen: Die Sonde sollte mit einem trichterförmigen Rohr aufsetzen, um dann eine Tantalkugel in den Regolith zu schießen. Aufgewirbelter Staub sollte durch das Rohr in den Probenbehälter gelangen. Da die Asteroidenoberfläche sehr heiß ist, muss das alles zügig gehen. Die Generalprobe misslang gründlich – die Sonde sollte gar nicht aufsetzen, tat es aber doch, wobei der Kontakt zur Bodenstation abriss. Es folgten bange Stunden, man befürchtete das Ende der Mission – da fing man doch wieder ein Signal auf! Offenbar hatte sich Hayabusa von der Oberfläche gelöst.

Grafik von Hayabusa auf der Oberfläche: Quelle: astronomie-heute

Wie sich später herausstellte, hatte die Sonde sogar 30 Minuten auf der Oberfläche zugebracht und war dabei in weitaus engeren Kontakt mit heißem Gestein gekommen als geplant. Dies führte offenbar bereits zu Überhitzungsschäden, die sich einige Tage später, nach der zweiten, diesmal kontrollierten Landung verschärften und zu einem Leck führten, bei dem der gesamte chemische Treibstoff für das Lageregelungssystem entwich.

Diese zweite Landung war zwar deutlich erfolgreicher als die erste. Es ist aber immer noch unklar, ob es gelang, Bodenproben zu entnehmen, weil beim nachfolgenden Fast-Exitus der Sonde der Speicher des Bordrechners teilweise gelöscht wurde. Der Mechanismus mit der Kugel scheint nicht ausgelöst worden zu sein, aber es könnte dennoch Material aufgewirbelt und eingefangen worden sein – vielleicht bis zu einem Gramm.

Es sah schlecht aus: Kein chemischer Treibstoff und zwei kaputte Schwungräder → Damit war das Lageregelungssystem hinüber. Die Batterien kurzgeschlossen und unbrauchbar, wahrscheinlich als Folge von Überhitzung → Hinnehmbar, solange die Solargeneratoren Sonnenlicht bekommen, denn im interplanetaren Flug gibt es keinen Schatten, aber katastrophal, wenn eine Panne der Lageregelung zu einem Wegdrehen führt. Zwei der vier Ionentriebwerke ausgefallen, eins angeschlagen und das verbleibende ist ausgerechnet das mit der höchsten Betriebsstundenzahl, also auch dem höchsten Ausfallrisiko. Und dann auch noch eine Taumelbewegung infolge des Impulses durch den ausströmenden Treibstoff. Dadurch zeigte die Hauptantenne nicht mehr zur Erde und die Kommunikation war unterbrochen. Der einzige Lichtblick war, dass der Xenontank für den Ionenantrieb dicht geblieben war. Sonst wäre an dieser Stelle Schicht im Schacht gewesen. 

Raumfahrtingenieure geben aber nicht so schnell auf. Es gelang der Bodenmannschaft im Laufe der kommenden Wochen, als die Erde langsam in Sichtrichtung der Antenne auf der Sonde wanderte, Kommandozugriff zu etablieren und die Taumelbewegung zu stoppen. Dazu musste zwangsläufig Xenon-Gas durch kleine Düsen ausgestoßen werden – etwas anderes hatte man nicht. Natürlich musste man damit sehr vorsichtig umgehen, denn eigentlich brauchte man das Xenon noch für den Ionenantrieb – ohne den würde es keine Rückkehr geben.

Inzwischen war das Fenster für die Rückkehr zur Erde verstrichen, aber es gab eine zweite Chance im April 2007, anderthalb Jahre nach der Ankunft am Asteroiden, die zu einer Rückkehr im Juni 2010 führen würde. Schließlich machte sich Hayabusa wieder auf den Heimweg. Die Chancen standen nach wie vor schlecht. Noch ein weiterer Ausfall würde das endgültige Missionsende bedeuten. Aber diesmal meinte es das Schicksal ausnahmsweise mal gut. Es gelang nämlich, eins der zwei defekt geglaubten Ionentriebwerke wieder anzuwerfen. Das war auch gut so, denn stattdessen fiel das angeschlagene, bisher halbwegs funktionierende Triebwerk endgültig aus.

Animation des Asteroiden 25143/Itokawa unter Verwendung des Datenmodells für seine Form, das auf der Basis von den Bildern und Laser-Altimeterdaten der Sonde Hayabusa erstellt wurde und von der Webseite der JAXA heruntergeladen werden kann. In der Mitte auf der Unterseite ist die überraschend glatte “Muses Sea” zu sehen, ein Gebiet, das frei von großen Felsen ist und auf dem die Sonde landete. Die Längsachse des Asteroiden misst etwa 550 m. Quelle: Timo Prange, Michael Khan, ESA

Hayabusa hinkte weiter, und wieder gab es eine Panne. Beim einen Ionentriebwerk fiel der Ionenbeschleuniger aus, beim anderen der Neutralisator. Man braucht aber beides, um einen funktionierenden Ionenantrieb zu haben. So bastelten die japanischen Ingenieure aus der Ferne einen “Workaround”: Sie programmierten die Sonde so, dass die funktionierende Ionenquelle des einen Triebwerks mit dem funktionierenden Neutralisator des anderen kombiniert wird.

Und es ging weiter und weiter, aber nun bald ist das Ende des langen Wegs erreicht: Am kommenden Sonntag, den 13. Juni 2010 um 16:00 MESZ (14:00 UTC), also kurz nach Abpfiff des WM-Spiels Deutschland-Australien Algerien-Slowenien und mit Anpfiff des Spiels Serbien-Ghana, wird die 17 kg schwere Eintrittskapsel mit dem (hoffentlich teilweise gefüllten) Probenbehälter in die Atmosphäre eintreten. Zuvor hat Hayabusa sich, im Laufe der vergangenen Wochen, erfolgreich in die Zielbahn manövriert. Diese schneidet die Erdatmosphäre genau so, dass die nur drei Stunden vor dem Eintritt ausgeklinkte Eintrittskapsel in der australischen Wüste nahe beim Ort Woomera landen wird. 

Die Kapsel wird nach der heißen Hyperschallphase weich am ihrem Fallschirm zur Erde gleiten, in Woomera aufgesammelt und per Flugzeug nach Japan transportiert werden, um dort in einem Schutzraum untersucht und schließlich geöffnet zu werden. Falls man dort tatsächlich Bodenproben vorfindet, wäre dies die erste Probenrückführung von der Oberfläche eines anderen Himmelskörpers als der des Mondes, also eine phänomenale wissenschaftliche und technische Meisterleistung und ein wahrer Meilenstein der Raumfahrt. Ein Meilenstein ist diese Mission aber bereits dann, wenn jetzt noch etwas schief geht oder der Probenbehälter leer sein sollte. Allein die wissenschaftliche Untersuchung des Asteroiden und die geglückte Landung waren bahnbrechend.

Und Hayabusa? Nun, die Raumsonde wird nach dem Ausklinken der Eintrittskapsel nicht mehr gebraucht. Sie wird etwas nach der Kapsel in die Atmosphäre eintreten und dort verglühen. Ja, ja, so sind wir Ingenieure: die Sonde hat ihre Schuldigkeit getan, die Sonde kann gehen … 

Meinen Glückwunsch an alle Projektbeteiligten.

Meine Meinung

Das Team hat in den vergangenen Jahren eine fantastische Leistung vollbracht. Das steht außer Frage. Aber dennoch sollte man einen Aspekt beleuchten. Die japanischen Raumfahrtaktivitäten waren traditionell mehrgeteilt. Die NASDA mit dem Hauptquartier in Tsukuba war für Erdbeobachtung, Kommunikationssatelliten, die Entwicklung der großen Raketen der H-Baureihe und die bemannte Raumfahrt zuständig. Dagegen war die ISAS in Sagamihara, die halb von der Eliteuniversität “Toudai” in Tokio und dem Wissenschaftsministerium “monbusho” betrieben wurde, für Astronomie-, interplanetare und Weltraumwissenschaftsmissionen zuständig. Das Budget der NASDA war deutlich höher, die Missionen der ISAS waren dagegen zwangsläufig fast durchweg mit einem absoluten Minimalbudget ausgestattet. Mittlerweile sind ISAS und NASDA und eine dritte Agentur zur japanischen Luft- und Raumfahrtagentur JAXA zusammengeführt, was aber das Kernproblem nur bedingt löst.

Bei Raumfahrtmissionen, wie auch bei anderen technischen Unternehmungen ist es so, dass es eine Untergrenze gibt, eine kritische Masse der Ressourcen. Wenn man diese kritische Masse nicht erreicht, dann steigt die Fehler- und Ausfallrate dramatisch an und die Erfolgschance geht rasant gegen Null. Das ist eigentlich schon unvermeidbar, es liegt einfach daran, dass man nicht die Mittel hat, ordentliche Komponenten zu beschaffen, ausreichende Redundanz bereitzustellen, alles hinreichend zu testen und die Leute so zu trainieren, dass sie ihren Job so machen können, wie sie es wollen. 

ISAS-Missionen sind für ihre Historie der Pannen berüchtigt. Nicht nur MUSES-C/Hayabusa, auch PLANET-B/Nozomi (wo der Mannschaft am Ende das Quäntchen Glück fehlte, das man bei Hayabusa offenbar hatte) und andere. Ich glaube nicht, dass das an den Leuten dort liegt. Die verstehen ihr Fach. Es spricht vieles dafür, dass man einfach nur knapp unterhalb der kritischen Masse lag. Es fehlten vielleicht nur einige Millionen. Wenn man die gehabt hätte, dann wäre auch Hayabusa so glatt gelaufen wie in dem Youtube-Video unten. 

Weitere Information

Live-Webcast aus dem Kontrollraum in Sagamihara

Press Kit zur bevorstehenden Hayabusa-Rückkehr

Webseite zur Hayabusa-Rückkehr in Webauftritt der japanischen Raumfahrtbehörde JAXA

JAXA-Pressemitteilung: “Capsule Reentry Plan” vom 12. Juni 2010

Hayabusa-Projektwebseite der JAXA

Archiv der aktuellen und bisherigen Hayabusa-Pressemitteilungen

Web-Artikel von E. Lakdawalla von der Planetary Society

Artikel auf spaceflightnow.com mit aktuellen Informationen 

Hier ein sehr schöner Film, unterlegt mit sehr passender Musik, der zeigt, die die Mission eigentlich hätte ablaufen können – wenn alles glatt gegangen wäre. Ganz einfach, oder?

Kosmologs-Artikel vom 14.12.2007 zur maximalen Rotationsgeschwindigkeit von Asteroiden

Kosmologs-Artikel vom 30.11.2007: Teil 1 der Apophis-Trilogie

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

24 Kommentare

  1. Arme Sonde

    Lieber Herr Khan,

    ich muss schon sagen, dass Sie nach meinem bescheidenen Empfinden mit einem gewissen Schreib-Talent ausgestattet sind.

    Das ist eine wirklich schöne Geschichte. Während des Lesens habe ich fast schon Mitleid mit der armen Sonde gehabt.

    Könnte man die nicht irgendwie retten? Schließlich hat die ja etwas ganz neues geschafft – und dann noch so spektakulär?

  2. @Sören Schewe

    Könnte man die nicht irgendwie retten?

    Leider nicht. Das Ausklinken der Eintrittskapsel erfolgt nur 3 Stunden vor dem Wiedereintritt. Bis dahin muss die Sonde ja zwangsläufig auch auf einer Bahn sein, die die Erdatmosphäre kreuzt. Mit einem Ionenantrieb und seinem schwachen Schub ist ein kurzfristiges Ausweichmanoever ausgeschlossen.

    Aber vielleicht koennten wir alle am Sonntag für Hayabusa die Daumen drücken. Das hilft auch, wenn man nicht an sowas glaubt.

  3. Gut, dann drücken wir mal die Daumen und hoffen, dass wenigstens das Ziel der Mission erreicht wird und die Wissenschaftler ein wenig Staub untersuchen können.

    Das wäre sogar für mich, der sich nicht so sehr für Luft- und Raumfahrt begeistert, sehr spannend.

  4. Deutschland-Australien

    Hallo Michael,

    das Spiel Deutschland-Australien beginnt um 20:30 MESZ.

    Schoene Gruesse,
    Helmut

  5. Coole Raumfahrtgeschichte

    Ich finde es ja irgendwie cool, so eine Geschichte zu lesen, wie sie nur die Raumfahrt schreibt. Irgendwie spannender, als wenn alles glatt geht! Ich drücke die Daumen, dass jetzt nichts mehr schief läuft und tatsächlich ein paar Asteroidenkrümel im Probenbehälter sind!

  6. @Daniel Fischer

    Ganz Recht, die Beobachtung des Feuerschweifs wiuedereintretender Satelliten und Raumsonden hat Tradition.

    http://www.space.com/…mpton_tracking_000531.html

    Aber gegen ATV, Compton Gamma Ray Observatory und MIR ist Hayabusa nur ein laues Fürzchen. Egal, was gäbe ich drum, auch an der Beobachtungskampagne teilzunehmen ….

  7. @Jan

    Naja, wenn man das so liest, ist es cool. Aber für die armen Kerle in der Bedienmannschaft, die bei jedem Schichtbeginn von Neuem mit Sorge die Telemetrie durchforsteten, und darauf gefasst waren, dass schon wieder etwas Neues kaputt war, was die Arbeit der letzten 5 Jahre zunichte machen würde, war das weniger cool.

    Bei meinem nächsten Raumflug nehme ich einen japanischen Ingenieur mit, Und einen Europäer vom ESOC. Am besten zwei von beiden. Nur zur Vorsicht.
    頑張れ、はやぶさちゃん!

  8. Eine Lose-Lose-Situation

    Tatsache ist, wer mit dem Betrieb einer solchen Mission betraut ist, steckt in einer Lose-Lose-Situation.

    Von außen mag das alles nett aussehen und im Moment gibt es öffentliches Interesse und Beifall. Schön und gut, aber das ist in zwei Wochen wieder vergessen.

    Die Situation stellt sich aber so dar: Es gibt das Problem mit der kritischen Masse der Ressourcen, wie ich in meinem Artikel beschrieb. Wenn man die nicht erreicht, dann knirscht es an allen Ecken und Enden.

    Daran lag das Problem mit Hayabusa, ebenso wie die allermeisten Fehlschläge anderer Missionen. Es lag mit Sicherheit nicht daran, dass japanische Ingenieure nichts können oder dass die japanische Industrie nicht in der Lage wäre, Qualität zu produzieren, wie eigentlich jeder wissen sollte.

    Das Problem war, dass Manager und Politiker ein ums andere Mal eine Mission Impossible veranlassen, es aber praktisch unmöglich machen, etwas wirklich Ordentliches daraus zu bewerkstelligen.

    Für die am Projekt beteiligten Ingenieure stellt sich das so dar, dass sie sich über Jahre hinweg den […] aufreißen dürfen und eigentlich schon von vorneherein wissen, dass es am Ende nur zwei Möglichkeiten gibt:

    1.) das Lose-Szenario: Die Mission scheitert an einer Vielzahl von eingetretenen Versagensfällen aufgrund von mangelnden Ressourcen bei Entwicklung, Bau und Betrieb.

    Schuld daran sind nicht die Ingenieure, die die wirkliche Arbeit machen, sondern die Lebensformen in oberstem Management und Politik, die anspruchsvolle Missionen beauftragen und sie von vorneherein auf ein wackliges Fundament stellen. Aber den schwarzen Peter haben die Ingenieure trotzdem, denn wenn es nicht klappt, zeigen alle mit dem Finger auf sie. Allen voran die wirklich Verantwortlichen.

    2.) Das andere Lose-Szenario: Es geschieht ein Wunder, und obwohl alles schiefgeht, gelingt es, die Mission doch noch zu retten.

    Und was passiert dann? Die Lebensformen, die oberstes Management und Politik bevölkern, sagen sich: “Na also, geht doch!” Und dann sagen sie sich: “Also haben diese Ingenieure wohl übertrieben, als sie sagten, mit den Mitteln sei das nicht zu machen. Das nächste Mal gibt’s weniger Geld.” Das heißt, der schwarze Peter geht wieder an die Ingenieure.

    Und das hier ist keineswegs ein rein japanisches Problem, liebe Leute.

    Auf die Unterstützung der Wissenschaftler kann man sich keinesfalls verlassen. Von denen kommt nämlich nur “Wir wollen aber dies, wir wollen aber das.”

    Dass mal wirkliche Unterstützung und die klaren Ansage nach oben kommt, z.B.: “He, ihr da oben, die Leute im Projekt wissen, wovon sie reden, hört mal auf sie und finanziert das Projekt ordentlich! Wenn ihr das macht, habt ihr eine gute Chance auf einen Erfolg zu einem fairen Preis. wird. Wenn ihr das aber nicht macht, habt ihr einen Scherbenhaufen und das investierte Geld ist futsch und die Reputation auch.” … Ach Leute, dass sowas mal passiert, das wäre fast noch ein größeres Wunder als dass Hayabusa es so weit geschafft hat.

  9. (Hobby-)Astronomen aufgepaßt

    Bill J Gray hat Ephemeriden für Hayabusa
    berechnet[1]. Vielleicht gelingt ja noch
    eine letzte Aufnahme vor dem Eintritt in
    die Erdatmosphäre? Ganz leicht dürfte es
    aber wegen der scheinbaren Nähe zur Sonne
    nicht werden.

    [1]

    http://tech.groups.yahoo.com/…mpml/message/23726

  10. @Elias

    Vielen Dank für die Info! Ich habe mir mal erlaubt, den korrigierten Link in den ersten Kommentar zu kopieren und den nun überflüssig gewordenen Kommentar mit der Korrektur zu löschen.

    Ich hatte zuvor schon mal in JPL Horizons nachgeschaut, allerdings ohne Erfolg. Außerdem sieht das hier eh nicht nach beobachtungsfreundlichem Wetter aus …

  11. Sichtbarkeit aus Deutschland

    Aus dem Link von Elias Kernchen:

    10 Jun. 2010 00:00:00 UT
    – Distance: 1,566,720 km
    – RA: 8h44m40s
    – DEC: 29.75 deg

    11 Jun. 2010 00:00:00 UT
    – Distance: 1,142,550 km
    – RA: 8h45m40s RA
    – DEC: 29.69 deg

    12 Jun. 2010 00:00:00 UT
    – Distance: 715,930 km
    – RA: 8h47m47s
    – DEC: 29.54 deg

    Hm, also das wäre im Sternbild Krebs, und mal ganz abgesehen vom Wetter steht der, sobald es einigermaßen dunkel wird, auch schon arg tief. Das wird wohl nix. 🙁

  12. Das erinnerte mich irgendwie an Terminator, die Szene, in der er nur noch den oberen Torso mit seinem verbliebenen Arm über den Boden zog ohne Beine..

    Ist aber schon interessant, was alles möglich ist per “Fernwartung”

  13. Asteroiden und Biowissenschaften

    Sören Schewe:

    Das wäre sogar für mich, der sich nicht so sehr für Luft- und Raumfahrt begeistert, sehr spannend.

    Je mehr man über Asteroiden (und Kometen) herausfindet, desto deutlicher wird wie interessant die Kleinplaneten auch aus biochemischer Sicht sind. Das sollte jede Menge Stoff für eine weite interdisziplinäre Forschung liefern und ist in der Tat sehr spannend.

  14. Eintrittskapsel gefunden

    Die Eintrittskapsel wurde gefunden und geborgen:

    http://www.spiegel.de/…all/0,1518,700485,00.html

    Und nein, das “Andromeda-Strain”-Szenario passt hier nicht. Itokawa ist ein Asteroid der Klasse S. da kann Hayabusa unmöglich tödliche Substanzen mit zur Erde gebr

  15. @Karl Bednarik

    Erstaunlich ist auch, dass man mit einem Objekt, das pro Tag 427000 km zurück legt, eine relativ kleine Stelle auf der rotierenden Erde treffen kann..

    Nun ja, die Landeellipse hatte eine große Achse von 100 km, wenn ich mich recht erinnere, und die kleine Achse nur einige km. Der wesentliche Beitrag zu dieser Unsicherheit ist noch nicht einmal die Zielgenauigkeit, sondern solche Faktoren wie Windgeschwindigkeit und Variation der Luftdichte.

    Der zweitwesentliche Beitrag ist der nicht ganz exakt vorhersehbare Schubs, den der Abtrennmechanismus verabreicht.

    Die Bahn der Sonde ist dagegen extrem genau mess- und steuerbar, und die Bahn der Erde ist auch hinreichend genau bekannt, ebenso wie ihre Rotation.

    Es sieht natürlich beeindruckend aus, ist aber mittlerweile absolut Stand der Technik.

  16. @Karl Bednarik: Andromeda Strain

    In der Tat, das ist wirklich mal ein guter Film, bei dem Science und Fiktion gleichermaßen zu ihrem Recht kommen.

    Aber die Situation haben wir zum Glück hier auf keinen Fall. Die Wahl eines Asteroiden der Klasse S war nicht reiner Zufall.

  17. Asteroiden-Bakterien

    Selbst wenn es auf den C-Asteroiden Mikroben geben würde, dann würden sie weder molekularen Sauerstoff vertragen, noch flüssiges Wasser.

    Viele irdische anaerobe Bakterien werden durch freien Sauerstoff abgetötet, und einige Bakterien platzen sogar durch hypotonen Schock in reinem Wasser.

    Dazu kommt noch, dass es auf der Erde viel wärmer ist, als auf den meisten Asteroiden.

    Sogar in Andromeda Strain tötet Meerwasser die Mikroben ab.

    Da stellt sich die Frage, warum sie nicht schon im menschlichen Blut abgestorben sind.

    Jede Lebensform ist optimal an ihre Umwelt angepasst, und Asteroiden-Bakterien fühlen sich nur auf Asteroiden wohl (wenn es sie überhaupt gibt).

    Es wäre natürlich lustig wenn Silizium-Bakterien unsere Fensterscheiben auffressen würden.

    Auch auf der Erde gibt es Lebensformen, die Kieselsäure sinnvoll verarbeiten können.

    Silaffine:

    http://www.staff.uni-mainz.de/hobe/

    Aber bis zu den Floraliern von Jim Cool ist es noch ein weiter Weg.

    Vielleicht gibt es auf den Asteroiden autoreproduzierende Nanomaschinen, die nach und nach das gesamte Sonnensystem in grey goo umwandeln.

    Das kann bei der Anwendung von Von-Neumann-Sonden durch ausserirdische Intelligenzen leicht passieren.

  18. Sondengeschichte nachvollziehbar

    Der Beitrag ließ die Geschichte der Sonde gut nachvollziehen. Es zeigt sich auch, dass die Konstrukteure viele Fehler bedacht haben müssen, um über „Umwegschaltungen“ doch das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren.
    Es ist menschengemacht und Störfaktoren sind „da draußen“ genug. Es kommt ja immer wieder vor, dass Sonden nicht so „wollen“ wie sie sollen – und nicht immer ist die Suche nach Auswegen erfolgreich.
    Besonders kritisch waren manche Marssonden, die schon im Anflug mit nur kleinen Fehlern – so in der Presse – ausstiegen. Dabei war es egal, wer die Sonden gesendet hatte.
    Insofern ist die Leistung der Japaner sehr hoch einzuschätzen.

  19. Pingback:Die Sonde ist tot! Es lebe die Sonde! » Leaving Orbit » SciLogs - Wissenschaftsblogs

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