Wasser auf Ceres nachgewiesen

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Raumfahrt aus der Froschperspektive
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Mithilfe von Beobachtungsdaten des hochauflösenden Spektrometers HIFI auf dem Infrarot-Weltraumteleskop Herschel der ESA, das 2009 gestartet wurde und dessen Mission letztes Jahr endete, konnte eindeutig Wasserdampf an Ceres, dem größten Zwergplaneten im Asteroidengürtel, nachgewiesen werden. Pressemitteilung zum Thema von ESA und NASA, Artikel auf spektrum.de

Jetzt habe ich gleich was dazugelernt, denn ich meinte immer, dass Wasser schon bei den Beobachtungen von Objekten im Hauptgürtel nachgewiesen wurde, die kometenähnliches Verhalten mit sporadischen Ausbrüchen zeigen, den sogenannten “Main Belt Comets” (MBCs). Nun musste ich aber lernen, dass noch kein solcher Nachweis erbracht wurde. Außerdem gibt es Zweifel daran, dass die Ausbrüche von MBCs wirklich auf den Ausstoß volatiler Stoffe zurückzuführen sind. Wobei sich dann natürlich die Anschlussfrage stellt, wie sich diese Zweifel mit der Tatsache vertragen, dass der Asteroid Ceres nun gerade eindeutig kometenähnliches Verhalten zeigt.

Die Bahnen von 1/Ceres und 4/Vesta im Sonnensystem
Credit: Michael Khan/ESA Die Bahnen von 1/Ceres und 4/Vesta im Sonnensystem

Ceres ist ein annähernd kugelförmiger Körper von 950 km Durchmesser. Sein Aufbau könnte so aussehen, dass um einen felsigen Kern ein starker Eispanzer befindet. Das entspräche prinzipiell auch den Modellen des Aufbaus von Monden der Gasplaneten. Allerdings geht man dort eigentlich erst bei deutlich größeren Körpern wie den Jupitermonden Ganymed, Europa und Callisto oder dem Saturnmond Titan von einer Differenzierung aus: Gesteinskern mit Eispanzer drumherum (und dort zusätzlich mit der Möglichkeit eines eingeschlossenen Ozeans, wenn eine ausreichende Wärmequelle, etwa durch Gezeitenkräfte oder eine ausreichende Menge an radioaktiven Elementen).

Bei kleineren Körpern wie Rhea, Dione oder Iapetus, die aber noch deutlich größer sind als Ceres, ist dagegen nicht klar, ob Differenzierung vorliegt, oder ob Silikate und Eis eher homegen durchmischt sind. Da ist mir zunächst einmal nicht klar, wieso  auch schon beim weniger als 1000 km großen Ceres von einer Differenzierung ausgegangen werden kann.

Ausbrüche mit Wasserdampfausstoß wurden bei Ceres beobachtet, als der Zwergplanet nahe dem Perihel, also dem sonnennächsten Punkt seiner Bahn war. Die gemessene Wasserdampfmenge zeigt ein zyklisches Verhalten, das mit der Rotationsperiode von 9.5 Stunden korreliert. Ebenso wie Kometen, aber anders als die meisten der großen Saturn- und Jupitermonde, hat Ceres eine sehr geringe Albedo und ist wahrscheinlich von einer dünnen Kruste umgeben, die reich an hydrierten Mineralien und Kohlenwasserstoffen ist. Eine dunkle Oberfläche hat eine hohe Wärmeaufnahme bei Sonneneinstrahlung, was natürlich die Sublimation  volatilen Materials begünstigt. Alles sehr kometenähnlich. Nur, warum sollte Ceres damit ein Alleinstellungsmerkmal haben?

Die NASA-Raumsonde Dawn ist nach ihrem Besuch beim metallisch-felsigen Asteroiden 4/Vesta nun auf dem Weg zu Ceres und wird dort im Februar 2015 ankommen. Es ist ein ganz fantastischer Glücksfall, dass so kurz nach der Entdeckung aufgrund der Herschel-Beobachtungen bereits eine Raumsonde vor Ort sein wird. Dawn wird mindestens das kommende Jahr hindurch, hoffentlich aber noch viel länger, nämlich so lange, wie die Sonde hält, Ceres aus immer niedrigeren Bahnhöhen untersuchen. Dabei dürften Fragen zur inneren Struktur und zur Zusammensetzung der Oberfläche weitgehend beantwortet werden. Die zum Ausstoß volatilen Materials hoffentlich auch, wobei allerdings Dawn dann noch ein paar Jahre durchhalten müsste. Der nächste Periheldurchgang findet am 25. April 2018 statt.

 

 

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

11 Kommentare

  1. Hallo Herr Khan, vielen Dank für den aufschlussreichen Artikel. Ich habe eine Frage zur Aussage:

    Dawn wird mindestens das kommende Jahr hindurch, hoffentlich aber noch viel länger, nämlich so lange, wie die Sonde hält,…

    Was sind die kritischen Parameter für die Sonde? Ist es die Strahlung, der Treibstoff oder die potentiellen Einschläge von Staub, Objekten?
    Viele Grüße,
    Michael

    • Staubeinschläge sollten in der Umgebung von Ceres kein höheres Risiko darstellen als anderswo. Gleiches gilt für die Strahlung. Natürlich degradiert alles Material auf Raumsonden langsam durch Umwelteinflüsse, aber es ist nicht mit einer dramnatischen Alterung zu rechnen.

      Die Energieversorgung ist ein Punkt, der der Lebensdauer von raumsonden beschränkt. Dawn aber hat wegen seines Ionenantriebs massiv überdimensionierte Solargeneratoren, sollte also auch gegenüber Wirkungsdradverlusten robust sein. Wenn es möglich ist, auf der Parkbahn lange Schattendurchgänge zu vermeiden, ist auch nicht mit Degradation der Batterien zu rechnen. Also auch von dieser Seite kein Problem.

      Die Stabilität der Bahn kann ich nicht beurteilen. Das hängt zum einen von der Bahn selbst, zum anderen von der Inhomogenität des Schwerefelds ab. Letzeres wird man erst genau wissen, wenn man Ceres erreicht und vermessen haben wird. Sollte es erforderlich werden, diue Bahn nachzuregeln, damit sich keine Exzentrizität aufnaut und kann diesem Problem nicht durch geeignete Wahl der bahnparameter abgeholfen werden, dann haben wir hier natürlich einen harten Faktor, der die Lebensdauer limitiert. Wenn das Xenon für den Ionenantrieb alle ist und wenn die Bahn einer starken zyklischen Exzentrizitätsvariation unterliegt, dann wird irgendwann einmal das Perizentrum die Oberfläche von Ceres erreicht haben. So war es bei der ESA-Mondsonde SMART-1.

      Das Press Kit der NASA zur Mission Dawn sagt allerdings, dass Dawn 2015 in einem sogenannten Quarantäneorbit geparkt werden wird, das etwa 700 km hoch ist und in dem es mindestens 50 Jahre dauern wird, bis ein Einschlag auf der Oberfläche erfolgt. Ende 2013 hat man allerdings den Missionsplan insofern geändert, als nun das ganze Jahr 2015 für die Ceres-Erforschung eingeplant und eine am Ende sehr niedrige Bahn anvisiert wird. Mir ist nicht bekannt, ob und wie am Ende die Quarantänebahn eingenommen werden kann und wie lang die orbitale Lebensdauer auf der gegenenfalls erreichten Endbahn sein wird.

      Also auch hier nicht unbedingt ein limitierender Faktor. Allerdings wird Treibstoff nicht nur für die Bahnregelung, sondern auch für die Steuerung der Lage gebraucht. Wie viel davon verwendet wird, hängt davon ab, wie lange die Schwungräder funktionstüchtig bleiben.

      Ich vermute, die Mission wird so lange fortgeführt, bis etwas Wichtiges an Bord kaputt geht oder bis keine Mittel mehr füpr den Betrieb bereit gestellt werden. Ich kann mir allerdings nur schwerlich vorstellen, dass eine noch gut funktionierende Sonde einfach so aufgegeben wird.

  2. Man weiss schon recht viel über Ceres: Er ist abgeflacht, was für eine innere Differenzierung spricht, enthält Wasser und wahrscheinlich einen Felskern und ist von einer Atmosphäre umgeben in der man Hydroxylionen nachgewiesen hat. An der Oberfläche hat es Karbonate und eisenreiche Tonmineralien. Fragt sich natürlich was da Dawn da neues finden kann mit seinen Neutronen- und Gammastrahlendetektoren und der Spektroskopie im sichtbaren und infraroten Bereich sowie der 3-Farben-Kamera. Dawn kommt sicher viel näher ran und wird allein schon deshalb mehr “sehen” als jedes noch so grosse erdgebundene Teleskop oder auch Herschel.

    • Der Teufel steckt bekanntlich im Detail. Man lernt immer am meisten aus dem, was man zu wissen glaubte, und was sich hinterher als ganz anders herausstellt. Die viel bessere räumliche und spektrale Auflösung acht den Unterschied.

      Die Auswahl der zwei Zielkörper ist ausgesprochen günstig. Ceres als sehr primitiver Körper mit Material, das sich möglicherweise seit der Frühzeit des Sonnensystems wenig verändert hat, reich an volatilen Elementen und kohligen Verbindungen.

      Vesta als differenzierter Körper, felsig, reich an metallischen Bestandteilen und zudem noch Opfer einer schweren Kollision.

      Zusammengenommen sind diese beiden repräsentativ für einen großen Teil der Burschen, die den Asteroidengürtel und auch die transneptunische Zone bevölkern. Das macht die Mission Dawn so wichtig und so interessant.

      Hier noch ein Link zu einem Artikel in Astrobiology Mag zu Ceres im Kontext der Suche nach Leben im Weltall.

  3. Dawn’s Ionen-Triebwerk soll insgesamt gleichviel Schub wie eine Delta-II -Rakete geleistet haben und das bei nur 425 kg Xenon als Treibstoff und 3 X 8.8 kg pro Triebwerk.
    Damit ist doch bewiesen, dass Ionentriebwerke jetzt schon sinnvoll eingesetzt werden können. Soviel ich mich erinnern kann, haben sie aber, Michael Kahn, mehrmals den heutigen Nutzen nichtchemischer Antriebe angezweifelt. Dawn scheint ein Gegenbeispiel zu sein.

    • “Gleich viel Schub wie die Delta-II-Rakete” ist ganz sicher nicht richtig. Wahrscheinlich meinen Sie damit das Delta-V, das meines Wissens bei über 10 km/s liegt, was daran liegt, dass nicht nur der Transfer hinaus in den Asteroidengürtel eines beträchtlichen Anschubs bedurfte, sondern dass auch noch bei Vesta auf eine niedrige Bahn herunter und dann wieder herauf manövriert wurde und auch bei Ceres auf eine niedrige Bahn hinab manövriert werden wird. Da kommt eine Menge zusammen, und ein solches Delta-v ist mit einem chemischen Antrieb nicht aufzubringen.

      Ich habe zum Thema Ionenantrieb geschrieben, dass es sich um eine Nischenanwendung handelt, geeignet für kleine bis sehr kleine Raumsonden, vorwiegend im inneren Sonnensystem und nur für bestimmte Missionen, vorwiegend solche zu Asteroiden.

      Das trifft ja auch in diesem Fall zu. Gut, Dawn schafft es bis in den Hauptgürtel, weil die Sonnengeneratoren so groß gemacht wurden, dass die Leistung bei 126 kg Solargeneratorenmasse (mehr als 10% der Startmasse der Sonde) bei 1 AU satte 10 kW beträgt, Selbst dann hat es immer noch anderthalb Jahre bis zum Mars und vier Jahre bis zur Vesta gedauert, mit Schubphasen von insgesamt mehr als 2100 Stunden.

      Man muss das Ganze auch mal in Verbindung mit der wissenschaftlichen Nutzmasse sehen. Die liegt bei 26 kg, wenn ich recht informiert bin, 11 kg für die Kameras, 10 kg für den Gammastrahlen und Neutronendetektor und 5 kg für das Spektrometer. Das war’s schon – mehr ist halt nicht drin, selbst bei mehr als 1200 kg Startmasse. Das Ding ist im Wesentlich ein elektrischer Antrieb mit ein paar Zusatzaggregaten. 2% der Masse für die Wissenschaft.

      Gut, bei dem Missionsprofil geht’s nicht anders. Nur sehe ich den Ionenantrieb hier auch nicht als großen Türöffner und ich sehe meine generell kritische Beurteilung auch nicht als widerlegt.

      • Ohne Ionenantrieb hätte Dawn nicht Vesta und Ceres umkreisen können meint Marc Rayman von NASA’s Jet Propusiton Labor:

        “Orbiting both Vesta and Ceres would be truly impossible with conventional propulsion. Thanks to ion propulsion, we’re about to make history as the first spaceship ever to orbit two unexplored alien worlds,” said Marc Rayman, Dawn’s chief engineer and mission director, based at NASA’s Jet Propulsion Laboratory in Pasadena, California.

        • Noch einmal: Delta-v-Werte von 10 km/s und mehr, wie bei Dawn, sind mit der Ausströmgeschwindigkeit, die chemische Antriebe bereitstellen können, nicht machbar. Das geht nur mit Ionenantrieb. Dieses extreme Missionsprofil ist anders nicht zu stemmen.

          Es handelt sich hier um eine Nischenanwendung.

  4. @ Michael Khan
    „Ich kann mir allerdings nur schwerlich vorstellen, dass eine noch gut funktionierende Sonde einfach so aufgegeben wird.“ WISE wurde zwar nicht aufgegeben – aber abgeschaltet – kein Geld!
    Am 17. Februar 2011 wurde der Sender von WISE abgeschaltet und der Satellit in einen Ruhezustand gebracht, aus dem er bei entsprechender Finanzierung für weitere Nutzung wieder aufgeweckt werden konnte: http://de.wikipedia.org/wiki/Wide-Field_Infrared_Survey_Explorer .
    Im August 13 wurde er wieder reaktiviert und ab 29.12.13 arbeitete WISE wieder erfolgreich.

    • Die Sache mit NeoWISE ist schon etwas anders, als sie es darstellen. WISE ist eigentlich ein Infrarotteleskop, das mit flüssigem Wasserstoff gekühlt werden muss. Als das Kühlmittel aufgebraucht war, endete die Primärmission. Die Mission wurde dann in NeoWISE umbenannt und einige Monate weiter für einen anderen Zweck betrieben als ihre ursprüngliche Bestimmung. Dieser andere Zweck ist die Suche nach erdbahnkreuzenden Asteroiden. Das ist aber wohlgemerkt nicht das, wofür das Teleskop ursprünglich gebaut wurde. Es ist so etwas wie eine Anhängselmission.

      Nach einigen Monaten in dieser Zweitaufgabe wurde der Satellit nicht “abgeschaltet” und auch nicht aufgegeben, sonden in Hibernation versetzt, aus der er wieder herausgeholt werden konnte – und wurde, nachdem man eine Aufgabe für ihn definiert und auch die mittel bereitgestellt hatte.

      Aber eine Sekundärmission ist nun einmal etwas anderes als die Primärmission und abgeschaltet wurde auch nichts.

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