Jeder weiß doch, wie man zum Mars kommt

BLOG: Go for Launch

Raumfahrt aus der Froschperspektive
Go for Launch

In letzter Zeit beantworte ich öfter Anfragen von Journalisten zum Thema Mars. Nicht alle wissen über raumfahrttechnische Dinge nun besonders gut Bescheid. Über eine Sache herrscht aber weitgehender Konsens:

Zum Mars kann man dann besonders einfach fliegen, wenn er der Erde am nächsten steht.

Wenn die Richtigkeit einer These durch Abstimmung festgelegt würde, wäre diese sehr solide fundiert.

Ich erinnere mich zudem auch noch an gefühlt Dutzende von Dokus, in denen jemand Zeit und Aufwand in die Computeranimation der obigen Behauptung gesteckt hatte. Eigentlich hätte den Doku-Machern oder ihren wissenschaftlichen Beratern da schon etwas auffallen müssen.

Tja, schade eigentlich, denn die zitierte Behauptung ist einfach nicht unzutreffend. Oder wie man in Amerika sagt:

It just ain’t so.

Animationen kann ich auch produzieren, wenn auch nur ruckelig und auf wenige Farben beschränkt, ohne Details. So in etwa müsste das aussehen, wenn ein Startfenster zum Mars immer dann offen wäre, wenn der Mars der Erde am nächsten kommt:

Nächsten Montag wird sich zeigen, ob ich Recht habe oder die Mehrheit. Da startet nämlich mit einer Proton M / Breeze M die Mission ExoMars 2016 zum Mars. Ich sitze im Main Control Room im ESOC und werde hoffentlich auch ein bisschen was bloggen können. Und vorher hoffentlich auch noch was.

Hier kann man mitverfolgen, wie es mit den Startvorbereitungen voran geht. Die Rakete und ihre Nutzlast sind jetzt integriert. Es bleibt nur noch, sie zum Startort zu transportieren, wie bei russischen Raketen üblich horizontal und per Spezialzug. Dort wird sie aufgerichtet und am Tag des Starts betankt.

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

8 Kommentare

    • Ein Hohmanntransfer ist aber nur eine Ideallösung, gültig für koplanare Ausgangs- und Zielbahnen. Mars hat genügend Inklination zur Ekliptik, dass die tatsächlich gefundenen Transfers erheblich von dieser Ideallösung abweichen.

      • Ballistic Capture ist eine gute Alternative zum Hohman-Transfer, wenn man von der Erde zum Mars will.

        We construct a new type of transfer from the Earth to Mars, whi ch ends in ballistic capture. This results in a substantial savings in capture Delta-v from that of a classical Hohmann transfer under certain conditions. This is accomplished by first becoming captured at Mars, very distant from the planet, and then from there, following a ballistic capture transfer to a desired altitude within a ballistic capture set. This is achieved by manipulating the stable sets, or sets of initial conditions whose orbits satisfy a simple definition of stability. This transfer type may be of interest for Mars missions because of lower capture ? v , moderate flight time, and flexibility of launch period from the Earth.

        Interessant auch, dass der Vergleich der 3 möglichen Antriebsarten – chemisch, nuklear thermisch und elektrisch (Ionenatrieb) – einer Rakete, die von der Erde zum Mars unterwegs ist, ergibt, dass die rein chemische Rakete den schnellsten Transfer ermöglicht während ein hybrid chemischer/Ionenantrieb die kleinstmögliche die Masse optmiert (grösserer Nutzlastanteil):

  1. Auf die Frage, wie man zum Mars kommt, wusste man schon vor fast 100 Jahren die Antwort – jedenfalls im dänischen Spielfilm HIMMELSKIBET (FLUG ZUM MARS, auch DAS HIMMELSSCHIFF) von 1918. Wie man diesen Screenshots entnehmen kann, stehen sich hier Erde und Mars nicht beim Start, sondern bei der Landung am nächsten.

    • Ich fürchte, die Macher des Films bauen nicht auf derselben physikalischen Theorie wie ich auf. Zumindest ist mir der Stillstand der Erde ebenso wenig erklärlich wie die Bedeutung der nicht ausgefüllten Kreise in deren Diagrammen.

      Andererseits kann die Marsmannschaft im Film offenbar einen gestandenen Fregattenkapitän zu See aufbieten, was natürlich die Waagschale zu deren Gunsten neigt.

      • Da ist halt seit dem Start genau ein Jahr vergangen. Die nicht ausgefüllten Kreise dürften Positionen von Erde und Mars zu anderen Zeitpunkten sein. Bleibt nur noch zu klären, wieso der Mars die Erde in dem einen Jahr eingeholt hat, statt noch weiter zurückzufallen. Aber das darf man halt nicht so eng sehen …

        Der Kapitän des Raumschiffs ist in der Tat direkt von der See- zur Raumfahrt gewechselt. Man sucht sich halt neue Herausforderungen, wenn auf den Meeren schon alles abgeklappert ist.

        • Von der Seefahrt kommt er natürlich. Schiff ist Schiff, ob See- oder Raum-.

          Aber für ein Marsschiff müssen es doch bitteschön vier Streifen sein. Kapitän zur See. So wie Captain James T Kirk. Nicht nur drei – Fregattenkapitän – so wie Commander Spock. Oder wie der Herr in Ihrem Film.

          Oder gar zweieinhalb – Korvettenkapitän. Was denn noch alles? Ein Mars-Schiff ist doch kein Kümo.

  2. Thermo-Nuklear in 3 statt 6 Monaten zum Mars
    Der NextBigFuture-Artikel Advanced Nuclear Thermal Propulsion Design for 90 Days Trip to Mars stellt einen thermonuklearen Reaktor der Firma Ultra Safe Nuclear Technologies vor mit dem eine Marsreise in 90 Tagen möglich sein soll. Falls mit so einem Antrieb der Mars in 90 Tagen erreicht werden kann, würde sein Einsatz folgendes ändern:
    1) Marsastronauten wären bei Ankunft physisch besser dran (weniger Muskelabbau etc)
    2) Kleinere Strahlenbelastung durch kosmische Strahlung und Sonnenwind
    3) Schnellere Rückreise zur Erde möglich in Fall von unlösbaren Problemen
    4) …
    Fazit: In 90 Tagen zum Mars anstatt in 180 würde bemannte Marsreisen weniger riskant machen.

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