Kepler: 715 neue Exoplaneten entdeckt

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Raumfahrt aus der Froschperspektive
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Das orbitale Teleskop Kepler der NASA, dessen Aufgabe die Suche nach Exoplaneten mittels der Transitmethode ist, hat bei der Beobachtung von 160,000 Sternen 715 neue Exoplaneten um 305 der untersuchten Sterne entdeckt, wie gestern auf einer Pressekonferenz bekanntgegeben wurde. Alle entdeckten Planeten befinden sich in Planetensystemen mit mehreren Planeten

Inklusive der bereits zuvor bekannten Kepler-Funde beläuft sich die Gesamtzahl der bestätigten Entdeckungen auf 916. Die Anzahl der insgesamt (mittels aller verwendeten Methoden, nicht nur durch Kepler) entdeckten Exoplaneten steigt damit auf fast 1700. Hinzu kommen 3601 bisher unbestätigte Kepler-Kandidaten. Von den neu durch Kepler entdeckten Exoplaneten sind 95% kleiner als der Planet Neptun, d.h., sie haben einen Durchmesser von weniger als etwa 25,000 km (Vier Mal der Erdradius).

Statistik der entdeckten Exoplaneten, gruppiert nach Durchmesser, Quelle NASA/AMES
Statistik der entdeckten Exoplaneten, gruppiert nach Durchmesser, Quelle NASA/AMES

Vier der Planeten sind weniger als zweieinhalb Mal so groß wie die Erde und umlaufen ihr Zentralgestirn in der habitablen Zone, wo der Abstand gerade richtig ist, sodass es dort möglicherweise weder zu heiß noch zu kalt für die Existenz flüssigen Wassers sein könnte. Kepler hat offenbar auch mehr als Hundert etwa erdgroße Planeten entdeckt, die aber entweder auf sehr fernen oder sehr nahen Bahnen umlaufen.

Anzahl neu entdeckter Exoplaneten pro Jahre, Quelle: NASA/AMES
Anzahl neu entdeckter Exoplaneten pro Jahre, Quelle: NASA/AMES

Wie man in der Grafik rechts sieht, ist 2014 wirklich das Jahr der Exoplanetenforschung, Zudem scheint es so, dass Kepler bei der Entdeckung neuer Exoplaneten  in den letzten Jahren das Heft in der Hand hat und zur dominierenden Quelle geworden ist.

Wichtig an den Kepler-Ergebnissen ist nicht nur die Zahl der entdeckten Planeten an sich, sondern auch die Aussagen, die sich daraus für die Eigenschaften von Planetensystemen ableiten lassen. Systeme mit kleinen, tellurischen Planeten ähneln offenbar unseren Sonnensystem: Es gibt einen Stern in der Mitte und die Planeten befinden sich auf Bahnen geringer Elliptizität und niedriger Inklination.

Die Missionsdauer von 7.5 Jahren ist allerdings bereits zu 2/3 verstrichen. Kepler ist auf einer heliozentrischen Bahn, die der Erde folgt, wobei der Erdabstand aufgrund der gravitationellen Störung durch die Erdanziehungskraft kontinuierlich zunimmt. Die Erde zieht Kepler an, führt dadurch der Bahn der Raumsonde Energie zu und hebt sie an, sodass ihre Periode zu- und die Winkelgeschwindigkeit abnimmt. Das macht die Kommunikation und das Herunterladen der generierten Datenmengen zunehmend schwieriger.

Nach Kepler wird die Exoplanetensuche erst einmal eine Zeit lang mit kleineren orbitalen Teleskopen fortgeführt werden: TESS bei den Amerikanern und CHEOPS in Europa. 2024 dann ist die ESA mit der unlängst ausgewählten M3-Mission PLATO am Zuge. Auch Gaia kann durchaus zur Exoplanetensuche beitragen, bleibt dabei aber wohl eher auf größere Objekte beschränkt. Gaia ist ja auch nicht für die Exoplanetensuche entwickelt worde. PLATO dagegen ist hat das Entwicklungsziel, nach erdähnlichen Planeten zu suchen.

Weitere Information

Pressemitteilung des NASA/AMES-Zentrums vom 26.2.2014

Präsentation mit Zusammenfassung der Ergebnisse, die auf der PK vorgestellt wurden

NASA-Pressemitteilung vom 26.2.2014

Umfangreiches digitales Press-Kit zur Pressemitteilung, Quelle: NASA/AMES

Paper zur Entdeckung: J.F. Rowe und gefühlte Hundert weitere Autoren: “Validation of Kepler’s Multiple Planet Candidates. III: Light Curve Analysis & Announcement of Hundreds of New Multi-planet Systems”, arXiv:1402.6534

Tabelle der bestätigten Exoplaneten-Funde durch Kepler mit ihren Eigenschaften und denen ihres Zentralgestirns

 

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

10 Kommentare

  1. Man findet erstaunlich viel Information über diese paar Exoplaneten. Das Interesse scheint also gross.Erdähnliche Planeten finden sich aber nur wenige unter ihnen und die vielen Supererden sind nach neuesten Analysen der zu erwartenden Atmosphären nicht habitabel.
    Viele Exoplanetenkandidaten, nämlich einige tausend, wird wohl Gaia entdecken. Allerdings wiederum vor allem Supererden. Nach Exoplanetary transits as seen by Gaia sind folgende Exo-Planeten-Entdeckungen durch Gaia zu erwarten.
    – 19 000 Planeten-Transits
    – Planets with short orbital periods of a few days are preferred for detection
    – Most transiting planets detected are Jupiter- or Neptune-sized
    – A very few Super-Earths are detected on short period orbits around M dwarfs

    TESS (NASA 2017) wird dagegen 1000 bis 10000 erdgrosse Exoplaneten entdecken mit Umlaufperioden kleiner als 2 Monate und PLATO (ESA 2024) ist dann spezialisiert auf die habitable Zone und wird in der Lage sein Erd-Zwillinge zu entdecken.

    • Ich hatte ihren Kommentar noch nicht gelesen, bevor ich meinen Artikel ergänzte, deswegen findet man da jetzt im letzten Absatz einige inhaltliche Überschneidungen – was auch nicht schlimm ist.

      Was die vielen Informationen zu den Exoplaneten betrifft: Da rate ich dann doch zur Vorsicht. Da werden nur ein oder zwei minimale Absenkungen der Helligkeit detektiert, oder bei anderen Messmethoden einige kleine (zudem auch noch Rauschen überlagerte) Frequenzvariationen des emittierten Lichts, und schon läuft bei den Astronomen die Spekulation auf Hochtouren. Viele Schlüsse aus wenigen Daten, das kann gut gehen, oft genug tut es das aber nicht.

      Wenn ich sehe, dass in der Kepler-Exoplanetenliste alle Daten, auch solche, die auf Berechnungen basieren, zu denen in beträchtlichem Umfang Annahmen getroffen werden mussten, mit endlos viel Nachkommastellen, aber ohne Angabe der Unsicherheiten genannt werden, dann finde ich das zwar typisch, aber keineswegs vertrauenerweckend.

  2. Laut http://kepler.nasa.gov gibt es inzwischen 961 verifizierte oder validierte Kepler-Planeten-Entdeckungen des Satelliten und weitere 3845 Kandidaten. Für diese Kategorie galt bisher eine Wahrscheinlichkeit von ~90%, dass es echte Planeten sind; nachdem nun allerdings die mit der neuen Methoden validierten Planeten heraus gefischt wurden, könnte der Rest u.U. weniger überzeugend sein.

  3. Wenn sich das Interesse an Expoplaneten hält und weiterhin immer bessere Exoplanetenspäher und -kartierer in den Raum geschickt werden, die mit der Transitmethode arbeiten, so dürften wohl bis 2050 viele Millionen Exoplaneten bekannt sein wie man aus den Resultaten von Kepler hochrechnen kann. Kepler hat ja über die Beobachtung von 160,000 Sternen um die 1000 bis 3000 Exoplaneten gefunden. Unter der Annahme, man werde in zukünftigen Missionen dieses Halbjahrhunderts ebenso viele Sterne nach Exoplaneten absuchen wie jetzt Gaia Sterne in der Milchstrasse untersucht – nämlich 1 Milliarde – kommt man auf diese Zahl.

    Ich könnte mir vorstellen, dass sich das Bewusstsein vieler Menschen ändert, wenn sie einmal wissen, dass es Tausende von Planeten mit erdähnlichen Bedingungen in unserer Milchstrasse gibt. Das wird vielleicht der Beginn einer Sehnsucht nach fremden Welten sein. Ich könnte mir sogar ein neues psychiatrisches Krankheitsbild vorstellen: Exowelt-Sehnsucht.

  4. Das Kepler-Weltraumteleskop beobachtet nur 105 Quadratgrad permanent, um keinen der kurzen Transite zu verpassen, und die volle Himmelskugel hat rund 41253 Quadratgrad.

    Für Erde und Sonne wäre die Abdunkelung 0,0084 Prozent groß, wäre die Abdunkelungszeit maximal 13 Stunden lang, wären die Pausen dazwischen ein Jahr lang, und wäre die Transitwahrscheinlichkeit für über die ganze Himmelskugel verteilte Beobachter 0,465 Prozent groß.

    Das Kepler-Weltraumteleskop beobachtet also nur rund 1/400 der Himmelskugel, und nur rund 1/200 aller Planetensysteme sieht Kepler von der Kante, so dass die Planeten vor ihrem Zentralstern vorbei laufen können.

    Für jeden der beobachteten erdähnlichen Planeten in der habitablen Zone gibt es daher rund 80000 weitere erdähnliche Planeten, die von Kepler nicht gesehen werden können.

    Diagramm der Transitwahrscheinlichkeit für unsere erdähnlichen Planeten:

    http://members.chello.at/karl.bednarik/TRANSWA5.PNG

    Das Kepler-Weltraumteleskop hat vier erdähnliche Planeten in der habitablen Zone nachgewiesen, was insgesamt 320000 derartiger Planeten entspricht.

    http://d1jqu7g1y74ds1.cloudfront.net/wp-content/uploads/2013/04/PR_2013_05_3en_gr.jpg

    • Zwei Anmerkungen dazu:

      1.) Die Zahl 320,000 bezieht sich nur auf den von Kepler beobachtbaren Umkreis, der wiederum nur einen kleinen Anteil unserer Galaxie ausmacht.

      2.) Das, was immer als “habitable Zone” gehandelt wird, ist eigentlich zu eng gefasst, denn es berücksichtigt nur den Wärmeeintrag durch ein Zentralgestirn. Wir wissen aber schon allein aus unserem Sonnensystem, dass es sehr wohl sein kann, dass flüssiges Wasser auch in Ozeanen unter einem Eispanzer auf großen Monden von Gasplaneten vorkommt. Auch das kann Habitabilität, also der Bildung und dem Erhalt von Leben zuträgliche Bedingungen herbeiführen.

      Die Anzahl von möglicherweise habitablen Himmelskörpern ist damit nach heutigem Kenntnisstand wahrscheinlich groß.

    • Für jeden der beobachteten erdähnlichen Planeten in der habitablen Zone gibt es daher rund 80000 weitere erdähnliche Planeten, die von Kepler nicht gesehen werden können.

      Kann man das so simpel hochrechnen? Ohne wirklich Ahnung zu haben würde ich in den sechs Hauptrichtungen unterschiedlich viele Planeten erwarten. In Richtung Milchstraßenzentrum mehr Planeten als nach “außen”. Vorwärts und rückwärts auf der Kreisbahn ums Zentrum mehr senkrecht (“oben” und “unten”) dazu.

      In welche Richtung schaut Keppler eigentlich?

  5. Bemerkenswert an der aktualisierten Kepler-Planetenstatistik ist auch, dass nun die Vorherrschaft der (leichter entdeckbaren) Exo-Jupiters gebrochen ist. Durch die neue ‘Multiplicity-Methode’ wurde deren Bestand nur um relativ wenige Exemplare ergänzt, während gleichzeitig sehr viele kleinere Planeten hinzukamen. Die Größenverteilung hat sich damit stark den planetaren Größenverhältnissen in unserem eigenen Planetensystems angenähert.

    Dieser Trend wird sich fortsetzen, sobald verstärkt Methoden zum Einsatz kommen, mit denen auch terrestrische Planeten in größeren Sternabständen effektiver dedektiert werden können. Die Mehrzahl dieser Objekte entgeht Kepler und anderen Transit-Observatorien, da bereits eine minimale Abweichung der Planetenbahnebene von der Blickrichtung der Teleskope dazu führt, dass Planeten mit größeren Bahnradien in unterer Konjunktion ober- oder unterhalb des Zentralsterns vorbeilaufen und damit der Transitmethode entgehen. Das betrifft viele Planeten in der habitablen Zone. Nur deshalb wurden bisher relativ wenige habitable Exo-Erden entdeckt. Darauf wurde während der Präsentation der neuen Keplerdaten hingewiesen.

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