Niederlande: Großer Metallklumpen fällt vom Himmel (oder auch nicht)

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Raumfahrt aus der Froschperspektive
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Laut einer niederländischen Pressenachricht erhielt heute um 10:15 die Polizei in der niederländischen Stadt Ede eine Benachrichtigung, dass ein 3 Kilogramm schwerer, etwa 5 mal 7 Zentimeter großer Metallklumpen, von oben herabfallend, das Dach des TNT-Paketverteilzentrums in der Kryptonstraße durchschlagen hatte. Dabei wurde glücklicherweise niemand verletzt.

Der Metallklumpen wurde inzwischen zum Technologiezentrum ESTEC der europäischen Raumfahrtbehörde in Noordwijk nahe der Universitätsstadt Leiden geschickt, wo er untersucht wird.

Hm, drei Kilo bei nur 5-7 cm Größe? Unter Annahme eines mittleren Durchmessers von 6 cm komme ich aber auf eine Dichte von mehr als 26 Gramm pro Kubizentimeter. Selbst Gold hat nur eine Dichte von etwas über 19 Gramm pro Kubikzentimeter. Sollte es sich etwa um Kryptonit handeln? Immerhin kam das Ding ja auch in der Kryptonstraße runter, man kann also sagen, dass es punktgenau zugestellt wurde. Na, vielleicht hat man sich nur etwas bei der Messung vertan. Wenn der mittlere Durchmesser 9 cm war, dann passt die Dichte genau zu Eisen, und Eisenmeteoriten schaffen es nicht selten bis zur Erdoberfläche.

Andere Presseberichte spekulieren, dass das Objekt von einem Flugzeug stammen könne. Da wüsste ich aber auf Anhieb nicht, wo in einem Flugzeug so grob behauene massive und schwere Metallteile verbaut sein sollen. Auch über einen Zusammenhang mit einem fehlgeschlagenen US-Raketenstart vom Stützpunkt Vandenberg in Kalifornien heute früh wurde kurzzeitig spekuliert, aber die Rakete hob erst um 11:09 MEZ ab erreichte das Orbit nicht, weil die Nutzlastverkleidung sich nicht trennte.

Da kann also kein Zusammenhang bestehen – außer das Ding besteht wirklich aus Kryptonit, dann wäre alles möglich.

Weitere Information

Artikel der niederländischen Online-Zeitung “De Pers”, mit einer Luftbildkarte des Einschlagsorts und noch einigen Fotos des Objekts.

Mittlerweile gibt es auch diesen youtube-Film, auf dem man das Objekt am Fundort und das angeblich von ihm erzeugte Loch im Dach erkennen soll. Ein Bericht des ESTEC soll in Kürze folgen. Ich glaube inzwischen nicht mehr, dass besagtes Objekt jemals im Weltraum war. Ich glaube noch nicht einmal, dass der Schrottplatz, auf dem der für diese Geschichte verantwortliche Hoaxer das Stück Eisen fand, sehr weit von der Kryptonstraat in Ede entfernt liegt.

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

9 Kommentare

  1. Plutoniumkern einer Batterie

    Frage: Wie sieht bitte
    der Plutoniumkern einer Batterie
    aus, welche einen nun evtl. abgestürzten, militärischen
    Satelliten mit Betriebsenergie
    versorgte ? Sie müsste eigentlich
    ziemlich genau die Größe haben,
    wie sie mittels des gezeigten
    Fotos (Handschuh)abschätzbar sein wird – und auch das Gewicht von einigen Kilogramm
    Diese Plutoniumkörper in “Atombatterien” sind bekannterweise durch den radioaktiven Zerfall warm.

  2. @Rudolf Übbing

    Militärische Satelliten werden nicht durch RTGs (Radioisotope thermoelectric generator) mit Strom versorgt. Die sind viel zu ineffizient, man verwendet sie allenfalls für Raumsonden zum Jupiter und weiter, weil dort Solargeneratoren nicht mehr ausreichen.

    In einem RTG ist das Plutonium in einer hochwarmfesten keramischen Matrix feinverteilt und nicht als solider Plutoniumblock.

    Militärische Satelliten verwendeten etwas anderes, nämlich kleine Fissionsreaktoren. Mittlerweile macht man das aber nicht mehr. Im Kern eines solchen Reaktors ist das spaltbare Material in Brennstäben eingebracht, ebenfalls nicht als solider Block.

    Das hier sieht ganz so aus wie ein Eisenmeteorit.

  3. Vermutlich Eisenmeteorit

    Vielen Dank für diese hochinteressanten Hinweise – ich lese gerade nach, dass erste militärische Satelliten mindestens seit 1959 (USA) verzeichnet werden und dass auch geheime militärische Satelliten existieren, man darf davon ausgehen, dass es auch gerade früher geheime militärische Satelliten gegeben hat,
    die jetzt noch als Schrott die Erde umkreisen.

    Die Technik der Radionuklidbatterien mag
    in den Anfangsjahren anders ausgesehen haben – seitdem seit etlichen Jahren hier
    technische Standards sich gebildet haben;
    die Idee zu dieser Art der Energiegewinnung
    muß spätestens dann entstanden sein,
    als man erstmalig (1945) die ersten
    heißen Plutoniumkörper für den Einsatz in
    Atombomben vor der Montage in deren Zündmechanismus
    real in den Händen halten konnte.

    Nun, die im Foto gezeigten speziellen Handschuhe schützen
    den Eisenmeteoriten eindeutig vor weiterer
    irdischer Verschmutzung.

  4. Mein Tipp: Jojo-Masse

    Das Teil sieht nun wirklich nicht wie ein Eisenmeteorit aus. Mein Tipp: Es handelt sich um eine Jojo-Masse zum Abbremsen der Rotation eines Satelliten oder einer Oberstufe

  5. @Rudolf Übbing

    man darf davon ausgehen, dass es auch gerade früher geheime militärische Satelliten gegeben hat, die jetzt noch als Schrott die Erde umkreisen.

    Ja, das schrieb ich im vorherigen Kommentar. Frühe sowjetische Radarsatelliten (“RORSATs”) mit Topaz-Reaktoren flogen in einer sehr niedrigen Bahn, sie wurden nach Außerdienststellung “entsorgt”, indem sich der Reaktor von dem Rest des Satellitenkorpus trennte und mit einem eigenen Antrieb in eine höhere Bahn katapultierte.

    Dadurch wird allerdings das Problem nicht wirklich gelöst, sondern nur in die Zukunft verlagert.

    Außerdem schuf man ein neues Problem, denn es kam zu einem Austritt von Natrium-Kalium-Tropfen (Die Reaktoren waren schelle Reaktoren und mit NaK gekühlt), die als Wolke von Schrotkugeln ihre Bahn ziehen.

    die Idee zu dieser Art der Energiegewinnung muß spätestens dann entstanden sein, als man erstmalig (1945) die ersten heißen Plutoniumkörper für den Einsatz in Atombomben vor der Montage in deren Zündmechanismus real in den Händen halten konnte.

    Es gibt nur wenige Radionuklide, die sich für RTGs eignen: gleichzeitig eine hohe Energiedichte, einen geringen Anteil an beta- und gamma-Strahlung und eine Halbswertszeit im Bereich von Jahrzehnten. Pu238 ist so ein Radionuklid, und das gibt es in der Tat erst seit dem Atomzeitalter, es wird aus Np-237 erbrütet, das man aus abgebrannten Brennelementen von Fissionskraftwerken extrahiert.

    Aber noch einmal: Das ganze Gerede von radionukliden hat mit dem gegebenen Objekt nichts zu tun, denn der Metallklumpen in Holland war nicht radioaktiv. Das war selbstverständlich eine der ersten Untersuchungen, die man vornahm.

    Nun, die im Foto gezeigten speziellen Handschuhe schützen den Eisenmeteoriten eindeutig vor weiterer irdischer Verschmutzung.

    Ich nehme an, die Betreffenden haben Handschuhe getragen, um sich selbst zu schützen, nicht das Objekt. Am Freitag wusste schließlich noch keiner, was das Ding ist und woraus es besteht – nur dass es im Postverteilzentrum Ede eindeutig falsch zugestellt war.

  6. Lustiger Zufall…
    Bin gespannt was da noch an Informationen zu veröffentlicht werden. Gerade die von dir genannte Dichte ist doch ganz interessant, auch wenn es vermutlich wirklich nur ein Messfehler ist.

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