ROSETTA: NavCam- und OSIRIS-Bild am 1.8.

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Raumfahrt aus der Froschperspektive
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Seit gestern früh um 4:48 MESZ ist der Abstand vom Kern unter 1000 km! Sagte ich gestern noch: Wenig Neues? Das sieht heute ganz anders aus, denn zur Feier des Ereignisses machte die NavCam ein Bild zu einer anderen Tageszeit als sonst und damit mit einer ganz anderen Ansicht des Stiefels, nämlich nicht mehr aus Richtung der Zehen, sondern schräg von rechts unten mit Blick auf die Sohle.

Bei der Nachbearbeitung habe ich einige Artefakte entfernt, die im Originalbild noch zu sehen sind. Auffallend ist, wie schon an einigen der vorangegangenen Tage angemerkt, wie eben und glatt die Sohle doch ist. in der Mitte des Fußes ist ein ausgedehntes Gebiet sogar wie glattgebügelt. Das ist auch auf Asteroiden zu beobachten, wie die bekannte “Muses Sea” auf 25143/Itokawa. Bei einem Kometen dürfte der Entstehungsmechanismus der glatten Stellen aber ein ganz anderer sein. Asteroiden ab etwa 150 Meter sind wahrscheinlich gravitativ zusammengehaltene Geröllhalden. Kometen müssen aber eine zusammenhängende Schale aus Silikaten und vor allem Kohlenwasserstoffverbindungen haben, der ein an Volatilen reiches Inneres fest umschließt.

Rosetta: NavCam-Bild vom 1.8.2014, Nachbearbeitung durch mich
Credit: Michael Khan / Rosetta: NavCam-Bild vom 1.8.2014, Nachbearbeitung durch mich

Und nicht nur das, auch das OSIRIS-Team entließ, obwohl es noch gar nicht Donnerstag ist, ein neues Bild in die Öffentlichkeit! Dieses entstand nicht ganz zur gleichen Zeit wie das NavCam-Bild, sondern exakt zur Zeit, als 1000 km Abstand durchliefen. Dennoch ist die Ansicht ähnlich, wenn auch nicht identisch. Auffällig auch hier die ausgedehnte glatte Stelle in der Sohlenmitte. Dazu werden wir in den kommenden Wochen sicher noch sehr viel lesen.

Der dunkle Fleck am Knöchel ist übrigens ein Artefakt, und ich sehe da noch einige andere, weniger auffällige, aber an OSIRIS-Bildern habe ich natürlich nicht herumgefuhrwerkt, anders als am NavCam-Bild.

Aufnahme der OSIRIS-NAC aus 1000 km Abstand am 1. August 2014 um 4:48 MESZ. Quelle: ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS Team MPS/UPD/LAM/IAA/SSO/INTA/UPM/DASP/IDA
Aufnahme der OSIRIS-NAC aus 1000 km Abstand am 1. August 2014 um 4:48 MESZ. Quelle: ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS Team MPS/UPD/LAM/IAA/SSO/INTA/UPM/DASP/IDA

Die Annäherungsgeschwindigkeit ist aktuell noch etwa 3.5 m/s, also Joggergeschwindigkeit, knapp 13 km/h oder 190 km/Tag. Morgen, Sonntag, 3. August, wird ein weiteres Bremsmanöver duchgeführt. Dieses wird die Relativgeschwindigkeit auf 1 m/s, also langsame Fußgängergeschwindigkeit, verringern und auch die Anflugrichtung leicht verändern. Das letzte Manöver der Anflugsequenz wird am 6. August erfolgen. Es wird den Abstand bei rund 100 km stabilisieren.

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

5 Kommentare

  1. Das letzte Manöver der Anflugsequenz wird am 6. August erfolgen. Es wird den Abstand bei rund 100 km stabilisieren.

    Irgendwie hat mich diese Aussage irritiert, weil “den Abstand bei rund 100 km stabilisieren” klang mir irgendwie so als ob die Sonde damit am Ziel angekommen wäre, den Komenten also aus rund 100 km Entfernung umkreisen soll. Aber das schien mir irgendwie komisch, wenn man die Sonde auf eine 10 Jahre dauernde Reise schickt, um einen Kometen aus nächster Nähe zu beobachten, warum sollte dann bei 100km Abstand auf einmal Schluss sein? – Diese Frage wollte ich erst hier im Blog absetzen, aber dann dachte ich, dass es doch auch bei der ESA irgendwo weitere Informationen dazu geben muss. Die hab ich dann auch gefunden, allerdings mit dem Umweg über Wikipedia. Die Suche förderte diese Animation zu Tage, und in der Beschreibung dazu steht dann auch, dass der Abstand bis auf 2,5 km verringert werden soll, wobei aber noch einige komplizierte Flugmanöver durchgeführt werden, um die Oberfläche genauer zu vermessen. Das klingt mir auch wesentlich sinnvoller als ein dauerhafter Abstand von 100 km. Um den Partikeln auszuweichen, die sich bei der weiteren Annäherung an die Sonne von der Kometenoberfläche lösen, kann man den Abstand ja später immer noch erhöhen…

      • Ach so ist das zu verstehen. Und die Phase, die danach kommt und auch in der Animation gezeigt wird, nennt sich dann wie genau?

        • Die Animation ist etwas vereinfacht und geglättet, um sie verständlicher zu machen. Rosetta steht jetzt kurz vor dem Ende der “Close Approach Trajectory”. danach kommt die Transition zur “Global Mapping Phase”. An die “Global Mapping Phase” wird sich die “Close Observation Phase” mit sehr dichten Vorbeiflügen an bis zu 5 Lokationen anschließen.

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