Schöne Nebensonne über Darmstadt

BLOG: Go for Launch

Raumfahrt aus der Froschperspektive
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Der Nachmittag des 12.11., etwa zwanzig vor vier … ich schlummere in meinem Büro dem Feierabend entgegen, da bollert einer an mein Fenster. Mein Büro ist nämlich im Erdgeschoss. Es ist Kollege Kresken. Der weckt mich dauernd auf. Haben Sie auch solche Kollegen? Ziemlich ungehalten ob dieser rüden Tat zum wiederholten Male öffne ich das Fenster. Aber bevor ich noch dazu komme, ihn anzuschnauzen, sagt er: “Los, komm ‘raus und schau dir die Nebensonne an.”

“This had better be good!” denke ich mir, schnappe die Immer-dabei-Kamera aus meinem Rucksack und nichts wie raus. Auf den ersten Blick sehe ich nur einen hellen Fleck hinter der hochliegenden Wolkendecke – die Sonne, oder? Falsch. Dieser Fleck ist zu weit rechts und auch nicht ganz hell genug – obwohl schon sehr hell. Als ich um die Hausecke komme, sehe ich tatsächlich Sonne und Nebensonne … laut Wikipedia in 22 Grad Winkelabstand und bei gleicher Elevation. Das passt.

Rechtsseitige Nebensonne am 12.11.2015 über Darmstadt
Credit: Michael Khan, Darmstadt / Rechtsseitige Nebensonne am 12.11.2015 über Darmstadt

Es handelt sich um einen Kombination aus Lichtbrechung und Spiegelung an Eiskristallen durch Lichtbrechung in ausgerichteten Eiskristallen in den Höhenwolken hervorgerufenene Effekt. Ich habe eine Serie von unterscheidlich belichteten Bildern gemacht. Eine Unterbelichtung um 2 EV ließ die Nebensonne am deutlichsten hervortreten, samt Farbverlauf.

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

7 Kommentare

  1. @Tom Nö. 🙂 Herr Khan hat mit Lichtbrechung u. (Total-)Reflexion die an der Bildung von Nebensonnen beteiligten, möglichen Prozesse richtig aufgeführt.

    “Licht von der Sonne, das durch eine Seitenfläche in einen horizontal ausgerichteten, plattenförmigen Eiskristall dringt, kann – eventuell nach Totalreflexionen an Basis- und Deckfläche des Plättchens – durch die übernächste Seitenfläche, die mit der Eintrittsfläche einen Winkel von 60º einschließt, wieder austreten. Dies führt zu der Erscheinung von Nebensonnen (Parhelia).”

    https://www.itp.uni-hannover.de/~zawischa/ITP/brechung.html

    • Nach weiterer Recherche muss ich allerdings den Vorkommentatoren Recht geben, dass Brechung zusammen mit der geordneten Ausrichtung der hexagonalen Eiskristalle das Phänomen der Nebensonne verursacht. Wie die Ray-Tracing-Simulation im von Mona verlinkten Artikel zeigt, sind Reflexion und Totalreflexion auch beteiligt, aber nicht der wesentliche Faktor.

  2. Hallo Herr Khan,

    dass ich erst jetzt zum Kommentieren komme, lag an 3 klaren Nächten in relativ dichter Folge hier in Südbayern, die ich als passionierter Meteorbeobachter trotz normaler Arbeitstage unbedingt nutzen musste. Dies hatte natürlich nicht nur eine Kumulierung der Nachtbeobachtungen, sondern ebenso des kontinuierlichen Schlafentzugs zur Folge. In der Nacht zum Tag Ihres Blogs vom 12.11.15 kam ich z.B. gerade einmal auf 2 Stunden Schlaf und war somit bis zum Wochenende einigermaßen “bedient”. Allerdings wurde ich reichlich belohnt: Insgesamt durfte ich nämlich 7(!) Tauriden-Feuerkugeln mit Magnituden zwischen ca. -4 und -8 erleben, eine davon mit einer beeindruckenden, scheinwerferartigen Landschaftsaufhellung in bläulich-grünlichem Farbton für etwa zwei Sekunden. Die vermehrte Feuerkugelaktivität des angekündigten Tauridenschwarms konnte ich somit (teilweise) in wunderbarer Weise miterleben.

    Doch nun zu den Themen Nebensonne und Nebenmond. Ihre Begeisterung über die Nebensonne hat mir große Freude bereitet. Neben meinen nächtlichen Exkursionen beobachte ich nämlich selbst seit vielen Jahren auch Haloerscheinungen am Tageshimmel, gelegentlich bei Mondschein auch am Nachthimmel. Ich stelle dabei fest, dass viele der mich umgebenden Mitmenschen meine Begeisterung darüber nur selten teilen. Um so wohltuender wirkte auf mich die Dokumentation Ihrer freudigen Aufregung über eine einzige Nebensonne!

    Nebensonnen sind übrigens gar nicht so selten, wie man meinen könnte. Bei aufmerksamer Himmelsbeobachtung wird man feststellen, dass sie im Lauf eines Jahres weit häufiger auftreten als Regenbögen. Bei einem Spaziergang am gestrigen Samstag etwa konnte ich sowohl die linke als auch die rechte Nebensonne wahrnehmen, teilweise sogar gleichzeitig, dazu auch noch zeitweise den 22°-Halo-Bogen.

    Vor einem Jahr erlebte ich übrigens besonders prachtvolle Haolerscheinungen, darunter auch eine Anzahl von seltener auftretenden. Am 01.11.2014 zwischen 13:30 und 14:00: den 22°-Halo in Ansätzen, beide Nebensonnen sehr farbintensiv, den oberen Berührungsbogen, den konkaven oberen Parrybogen deutlich ausgeprägt und einen sehr farbintensiven Zirkumzenitalbogen. Da die Erscheinungen zur gleichen Zeit auftraten, handelte es sich um ein so genanntes Halo-Phänomen.
    (Ab fünf gleichzeitig sichtbaren, unterschiedlichen Haloformen spricht man von einem solchen.) Noch aufregender wurde es am 02.11.2014 zwischen 13:00 und 15:30! Teils gleichzeitig, zumindest aber in unregelmäßiger Abfolge zeigten sich: der 22°-Halo – v.a. rechtsseitig farblich ausgeprägt – , beide Nebensonnen in extremer Farbintnsität – mitunter sogar in Blautönen(!) – ,
    der Horizontalkreis in Teilen, der obere Berührungsbogen, der Parrybogen, der wiederum sehr farbintensive Zirkumzenitalbogen bis zu einer Länge von 60° und die sehr selten in Erscheinung tretende (linke) 120°-Nebensonne – eine Nebensonne die im Abstand von 120° links oder rechts von der Sonne entlang der Linie des Horizontalkreises auftritt. Insgesamt 7 Halo-Erscheinungen in zum Teil ungewöhnlich intensiver Ausprägung in nur 2,5 Stunden: ein großartiges Erlebnis, das ich nicht so schnell vergessen werde!!

    Ihr Nachtfoto zeigt eindeutig einen Nebenmond, keine Frage.

    Die vielfältigen Halo-Erscheinungen sind übrigens ausgezeichnet beschrieben und erklärt sowie mit zahlreichen Fotos dokumentiert auf

    http://www.meteoros.de/

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