Erster Versuch: Die Sonne im H-Alpha-Band

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Raumfahrt aus der Froschperspektive
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Weißlichtbilder der Sonne mit D5-Filterfolie habe ich bereits massenhaft gemacht. Damit kann man zwar einigermaßen Sonnenflecken erkennen, aber mehr Details auf der Oberfläche sieht man kaum, Protuberanzen und Filamente gar nicht. Will man mehr sehen, muss man einzelne Frequenzbänder fltern und deutlich tiefer in die Tasche greifen als beim Erwerb der Filterfolie.

Eine der wenigen Möglichkeiten des Einstiegs zu Kosten von weniger als 1000 Euro in die Sonnenbeobachtung bei der H-Alpha-Wellenlänge von 656.28 nm, also der einer Spektrallinie des in der Sonne bekanntlich nicht gerade seltenen Elements Wasserstoff bietet das beliebte Coronado PST (Personal Solar Telescope). Dieses bietet, vor allem, wenn man eigene Okulare anstatt der üblichen mitgelieferten besseren Glasscherbe verwendet, wirklich beeindruckende Ansichten der Sonne. Das PST ist ein kleiner Refraktor mit 40 mm Apertur und 400 mm Brennweite und aus Sicherheitsgründen fest eingebauten H-Alpha-Filtern. Es taugt zu nichts als der Sonnenbeobachtung – das aber macht es wirklich gut. Wer einmal Geschmack an der Sonnenbeobachtung im H-Alpha- oder gar Kalzium-Band gewonnen hat (die hat zumindest den unschlagbaren Vorteil, nie zu irgendwelchen nachtschlafenden Zeiten stattzufinden), kann problemlos auch richtig viel Geld investieren.

Will man mit dem PST nicht nur gucken, sondern auch knipsen, dann gibt es ein Problem. Dieses hat mich einige Tage gekostet; ich werde in naher Zukunft den von mir gefundenen Lösungsweg beschreiben. Heute früh endlich habe ich die ersten brauchbaren Aufnahmen machen können. Hier eine erste Kostprobe (Klick auf die Aufnahmen führt zur Version in Originalgröße):

The Sun in the H-Alpha band, taken on 14 Aug. 2013 around 09:00 CEST from Darmstadt, Germany, source: Michael Khan, Alexandra Herzog
The Sun in the H-Alpha band, taken on 14 Aug. 2013 around 09:00 CEST from Darmstadt, Germany, source: Michael Khan, Alexandra Herzog

Es handelt sich um ein Komposit aus zwei kurz nacheinander aufgenommenen Einzelbildern (und wer damit ein Problem hat, hat Pech gehabt – das macht man halt so). Die erste Aufnahme, fotografiert bei ISO 400 und 1/50 s, zeigt die lichtschwachen Details der Korona Protuberanzen. Die Sonnenscheibe selbst ist so natürlich hoffnungslos überbelichtet. Die zweite, bei ISO 400 und 1/100 s, zeigt die Oberfläche besser, die Korona Protubertanzen aber zu dunkel.

Sicher ist die Aufnahme bei der Schärfe und dem Konstrast noch deutlich ausbaufähig. Es war ja erst einmal nur der erste erfolgreiche Versuch. Dennoch erkennt man bereits gut ausgedehnte Protuberanzen und Filamente sowie mehrere Sonnenfleckengruppen. Aus diesen könnte in den kommenden Tagen ein Flare der M- oder gar X-Klasse entstehen.

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

8 Kommentare

  1. So so, die Korona fotografiert … 🙂

    Wenn man mit einem PST die Sonnenkorona fotografieren könnte, hätten wir uns die SOHO und Co. ebenso sparen können wie Reisen zu totalen Sonnenfinsternissen … 🙂 Aber in Ernst: Die Protuberanzen, die man über der Chromosphäre stehen sieht, sind zwar – in den meisten Fällen – aus Korona-Plasma heraus kondensiert und dadurch als emittierendes Gas sichtbar geworden, aber zu dieser (nur mit echten oder technisch extrem aufwändigen künstlichen Sonnenfinsternissen nachweisbaren) äußeren Sonnenatmosphäre werden sie nicht gezählt, auch wenn sie in sie hinein ragen.

    [Antwort: Vielen Dank für die Korrektur. Sie haben natürlich vollkommen Recht. MK]

  2. ISO 400 ?

    Haben Sie schon versucht, den ISO-Wert runter zu schrauben? Licht sollte ja genug vorhanden sein und da ohnehin vom Stativ fotografiert wird, spielt die etwas längere Belichtungszeit keine grosse Rolle.

  3. @Peter: ISO-Wert

    Man sollte die Lichtstärke des PST nicht überschätzen. Zum einen liegt die Apertur bei nur 40 mm, also nur gut 1.5 Zoll. Dann verringern die Filter die Intensität quer über das Spektrum um einen Faktor 100000. Damit kann man absolut unbesorgt mit dem bloßen Auge auf die Sonne schauen, aber wirklich kurz sind die erforderlichen Belichtungszeiten nicht. Außerdem verwende ich zum Fotografieren (warum, werde ich nich erklären) eine 2.5x Barlow-Linse, die effektive Brennweite ist also 1000 mm. 1000 mm Brennweite bei einem Anderthalbzöller ….

    Sicher werde ich auch mit dem ISO-Wert experimentieren, aber ein Wert von 400 erschien mir erst einmal als ein guter Kompromiss.

  4. ISO-Wert

    Ein ISO-Wert von 100 wäre meines Erachtens vorteilhafter gewesen, weil er das Bildrauschen etwas minimiert.

    http://img.netzwelt.de/…schen_700_1146748510.jpg

    Wird der ISO-Wert halbiert verdoppelt sich die Belichtungszeit, da muss man natürlich immer abzuwägen. Bei Ihrem Sonnenfoto hätte das jedoch keine Probleme gemacht, denn es wurde höchstwahrscheinlich ein Stativ verwendet und von daher bestand keine Verwacklungsgefahr.

  5. ISO-Wert

    Die Atmosphäre “wackelt” aber ganz gehörig, deshalb sind kurze Belichtungszeiten angeraten, und ISO 400 sind da sicher ein guter Kompromiss. Zumal (welche Kamera genau verwendet wurde, weiss ich nicht) heutige DSLRs bei ISO 400 sehr rauscharm sind. Mit Verlaub, ich glaube nicht, dass ISO 100 irgendeine erkennbare Verbesserung bringt.

    Ein Kollege von mir macht mit einem Coronado Nearstar mit einer ziemlich ähnlichen Technik sehr schöne Komposite, für die Protuberanzen verwendet er allerdings eine DMS21-Kamera. Einige Bilder stehen in der Galerie der Sternwarte Aachen: http://www.sternwarte-aachen.de/…erie/sonne.html

  6. Belichtungszeit – nachgerechnet

    Wie bereits weiter oben vermerkt: Man sollte nicht vergessen, dasss hier mit einem sehr langbrennweitigen Objektiv ein sich bewegendes Objekt fotografiert wird. Die Sonne macht eine scheinbare Bewegung von 360 Grad in 86400 s, das wäre also ein Viertel Grad pro Minute oder 0.004167 Grad pro Sekunde.

    Die effektive Brennweite des 400-mm-Teleskops mit der 2.5x Barlow-Linse ist 1000 mm. Damit habe ich in der vertikalen Richtung des Kamerachips ein Sichtfeld von etwa 0.75 Grad. Bei einer Chipauflösung von 3888 x 2592 Pixeln macht das ein Blickfeld von etwa 0.000289 Grad pro Pixel, und das ist wahrlich nicht viel.

    Wenn ich das Blickfeld pro Pixel durch die scheinbare Eigenbewegung der Sonne dividiere, bekomme ich etwa 1/15. Das heißt, schon ab 1/15 s verteilt sich die Abbildung eines einzelnen abzubildenden Punkts auf mehr als einen Pixel – selbst wenn man alle anderen Effekte außer Acht lässt.

    Da ich aber schon bei ISO 400 für die Protuberanzen 1/50 s brauchte – eigentlich wäre eine etwas längere Belichtungszeit angebrachter gewesen, aber ich habe natürlich eine Belichtungsreihe gemacht und konnte sehen, dass die Verwackelungseffekte bei länger als 1/50 s immer stärker wurden – bin ich sehr skeptisch, was noch geringere ISO-Werte und damit längere Belichtungszeiten angeht. Ich würde sogar das Gegenteil behaupten – ISO 800 wäre mal einen Versuch wert. Bei ISO 1600 dagegen nimmt zumindest bei dieser Kamera das Rauschen wirklich überhand, bei ISO 800 geht es noch.

    Hinzu kommt aber die Tatsache, dass selbst ein stabiles Fotostativ nicht vollkommen schwingungsfrei ist, der Boden, auf dem es steht, nicht vollkommen fest, dass die Kamera selbst durch Hochklappen des Spiegels und Auslösen des Verschlusses Schwingungen erzeugt, und dass man auch noch die unvermeidliche Luftunruhe hat.

    Die Annahme, dass bei Verwendung eines guten Stativs problemlos lange Belichtungszeiten machbar sind, mag für manche Bereiche der irdischen Fotografie gelten, bei der astronomischen Fotografie stimmt das aber nicht.

    Ich könnte jetzt das PST auf eine nachführende Montierung setzen. Damit hätte ich wenigstens den Effekt der Eigenbewegung entfernt und die Stabilität des Aufbaus selbst maximiert – ein astronomisches Stativ mit Montierung ist immer schwingungsärmer als selbst ein gutes Fotostativ. So könnte ich etwas längere Belichtungen realisieren, das Problem mit der Luftunruhe würde sich aber eher noch verschärfen.

  7. Spiegelvorauslösung

    Hinzu kommt aber die Tatsache, dass selbst ein stabiles Fotostativ nicht vollkommen schwingungsfrei ist, der Boden, auf dem es steht, nicht vollkommen fest, dass die Kamera selbst durch Hochklappen des Spiegels und Auslösen des Verschlusses Schwingungen erzeugt, und dass man auch noch die unvermeidliche Luftunruhe hat.

    Benutzen Sie die Spiegelvorauslösung?

  8. @Peter

    Natürlich benutze ich die Spiegelvorauslösung, zusammen mit der Selbstauslöserfunktion, die zwei Sekunden Wartezeit zwischen Spiegelvorauslösung und Verschlussbetätigung bewirkt. Nicht nur bei der Sonnenfotografie, sondern bei allen astrofotografischen Aktivitäten.

    Nach zwei Sekunden sind die Schwingungen durch die Spiegelvorauslösung weitgehend abgeklungen. Diese Schwingung ist selbst bei einem Fotostativ nicht das zentrale Problem.

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