Die Mars-Webcam und ihre weltweite Amateur-Community

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Raumfahrt aus der Froschperspektive
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Seit etwa einem Jahr (wie auch in den Kosmologs berichtet) stellt die ESA Aufnahmen der entferntesten Webcam des Sonnensystems online: Es handelt sich um die VMC des ESA-Mars-Orbiters Mars Express (kurz: MEX).

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Dieser kostenlose Service an die weltweite Mars-Fan-Gemeinde wird rege genutzt, mit durchaus beeindruckenden Ergebnissen. Natürlich kann die VMC nicht einmal annähernd mit dem mithalten, was abbildende wissenschaftliche Instrumente wie HRSC auf MEX oder HiRise auf MRO leisten.

Aber dennoch ist aus den VMC-Bildern deutlich mehr herauszuholen als alles, was selbst professionellen Astronomen bis vor weniger als 45 Jahren, nämlich dem Vorbeiflug von Mariner 4, der ersten Raumsonde am Mars, zur Verfügung stand. Kein Wunder, dass sich eine aktive Community gebildet hat, die im intensivem Austausch steht und – bei aller Konkurrenz um das beste Bild – in bester Amateur- Astronomentradition eifrig kooperiert … natürlich international, wie es sich für ernsthafte Wissenschaft gehört.

Wesentlich ist, dass die ESA nicht nur die Rohbilder zur Verfügung stellt, sondern auch wichtige Zusatzdaten wie die exakten Bahndaten der Raumsonde zum Aufnahmezeitpunkt. Ohne solche Informationen ist die Auswertung nämlich so gut wie unmöglich.

Am 2. Juli 2009 wurde ein Satz neuer Aufnahmen online gestellt, die anscheinend ein meteorologisches Phänomen, nämlich eine Wolkenformation zeigte, die vom Vulkan Arsia Mons auf dem Tharsis-Hochland ausging. Am 10. Juli 2009 folgte weiteres Material. Die User wurden aufgefordert, dieses zu sichten und zu interpretieren.

Die Bildsequenz wurde von einem der eifrigsten Mitglieder der VMC-Community, Mike Malaska aus Chapel Hill, North Carolina intensiv nachbearbeitet und analysiert. Mike hat seine Vorgehensweise und seine Interpretation freundlicherweise der ESA zur Veröffentlichung überlassen. Sie kann hier heruntergeladen werden.

Mikes Artikel ist klar und sauber strukturiert. Zunächst kommt eine ausführliche Beschreibung der Bildbearbeitung, damit nachvollzogen werden kann, wie er zu seinen Ergebnissen kam. Dann folgt die Diskussion der Ergebnisse. Diese enthält eine fundierte Quellenrecherche, die offenbar seine Interpretation stützt, dass es sich um die Manifestation der auch von irdischen Gebirgen bekannten Leewellen handelt.

Ich meine: Eine sehr durchdachte und gut recherchierte Arbeit. Glückwunsch an den Autor, Mike Malaska.

 

 Eine der VMC-Aufnahmen aus der Sequenz vom 2.7.2000. Man sieht die drei großen Schildvulkane Arsia Mons, Pavonis Mons und Ascraeus Mons (vnlr). Das Phänomen, um das es hier geht, ist der weiße Streifen, der im Bild schräg nach “oben” über Arsia Mons zu sehen ist. Norden ist in dieser Darstellung rechts. Der noch größere Vulkan Olympus Mons ist, im Bild kaum auszumachen, in der Dämmerungszone schräg rechts über Pavonis Mons.

Weitere Information

Erster Satz von VMC-Aufnahmen der Tharsis-Region vom 2.7.2009, samt Zusatzinformation 

Zweiter Satz von VMC-Aufnahmen der Tharsis-Region vom 10.7.2009, samt Zusatzinformation

Mike Malaskas Artikel als PDF 

Bildmaterial aus dem Artikel Mike Malaskas auf Flickr 

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Ich bin Luft- und Raumfahrtingenieur und arbeite bei einer Raumfahrtagentur als Missionsanalytiker. Alle in meinen Artikeln geäußerten Meinungen sind aber meine eigenen und geben nicht notwendigerweise die Sichtweise meines Arbeitgebers wieder.

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