Stimmenhören und Schneesehen bei Migräne

BLOG: Graue Substanz

Migräne aus der technischen Forschungsperspektive von Gehirnstimulatoren zu mobilen Gesundheitsdiensten.
Graue Substanz

Neues vom Jahrestreffen der amerikanischen Kopfschmerzgesellschaft. Einige Menschen hören Stimmen, andere sehen alles verschneit.

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Erstmals sind zwei seltene Formen der Migräneaura näher untersucht worden.

Stimmenhören

Sprech- und Sprachstörungen wurden schon mit beeindrucken Beispielen thematisiert 2011 hier im Blog. Akustische Halluzinationen in Form von Stimmenhören oder ein Klingeln, Piepen, Zirpen und Rauschen vor dem Beginn der Kopfschmerzen ist noch weitgehend unbekannt.

Ich muss die Publikation abwarten, mehr als diese Graphik und anekdotische Berichte kenne ich auch nicht.

Schneebilder

Visual Snow ist ein anders Phänomen. Es kann dauerhaft auftreten und nicht auf eine Phase innerhalb der Migräneattacke beschränkt bleiben. Deswegen ist es nicht klar, wie diese Symptomatik zur Migräneerkrankung steht, die ja episodisch verläuft.

Wir haben schon 2007 eine Visual Snow Gallery online gestellt mit etwa 50 Beispielen, die uns Betroffene zur Verfügung gestellt haben. Über die Jahre kamen zahlreiche weitere Anfragen. Menschen die darunter leiden sind nicht selten völlig verzweifelt.

Ich musste bisher immer passen, wenn es um solide Mechanismen geht, die dies Phänomene erklären können. Wir haben nun mit der neusten Forschung wichtige Anhaltspunkte für eine Modellbildung.

Insbesondere dieser Tweet fasziniert mich, denn ich bekam sofort eine erste Idee für eine elektro-physiologische Erklärung.

 

 

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Markus Dahlem forscht seit über 20 Jahren über Migräne, hat Gastpositionen an der HU Berlin und am Massachusetts General Hospital. Außerdem ist er Geschäftsführer und Mitgründer des Berliner eHealth-Startup Newsenselab, das die Migräne- und Kopfschmerz-App M-sense entwickelt.

5 Kommentare

  1. Stimmenhören bei Migräne?
    Soweit ich weiß wird das Phänomen auch heute zumeist mit Schizophrenie oder anderen Psychosen in Verbindung gebracht.
    Gibt es da Untersuchungen zu Unterschieden?

    • Es muss natürlich zum einem eine Differentialdiagnose gemacht werden.

      Ein anderer Punkt ist, dass die Migräneaura zeitlich verknüpft mit den Kopfschmerzen auftritt; es besteht also eine Phasenrelation. Neben Stimmenhören können evtl. noch andere Aurasymptome in den ca. 60 Minuten auftreten. Also kann es zu Relationen unter den Aurasymtomen kommen, die die Hirnrindenorganisation wiederspiegeln. Ist das alles gegeben, kann man von einen bestimmten neurophysiologischen Korrelat des Stimmenhörens ausgehen und die Zuordnung zur Migräne machen.

      Das ist beim Schneesehen anders!

      Diese Fragen bleiben natürlich spannend. Denn zum einen geht es um psychiatrische Störungen und zum anderen um eine neurologische Erkrankung. Die Unterscheidung psychiatrische Störungen und neurologische Erkrankung ist dabei allein menschgemacht. An der Frage danach sieht man einmal mehr, warum Migräne z.B. bezüglich Stigmatisierung das Schicksal der psychiatrische Störungen teilt.

      Auch das war Thema auf der Tagung, gehört hier aber nicht wirklich zur Antwort hinzu.

    • Auren werden ja auch mit Epilepsi in verbindung gebracht. Nur, ob das wissenschaftlich das Gleiche sei, wie Migräne-Auren, ist für den Patienten eher nachrangig, wenn der Anfall losgeht.

      Interressant, dass hier erwähnt wird, dass es sich dabei um unterschiedliche Disziplinen handelt, die hier korrelierende Symptome behandeln/heilen sollen. Was ist nun verkehrt: Die Krankheit oder die Disziplin?

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