Neues Masterprogramm in Germanistik

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Salon der zwei Kulturen
GUTE STUBE

Am Institut für Germanistik des KIT, wo ich seit 2012 in Teilzeit eine Professur bekleide, rufen die Kollegen Maximilian Bergengruen, Andreas Böhn und Mathias Herweg zum Wintersemester 2016/17 einen neuen Master ins Leben. Das Programm ist stark interdisziplinär ausgelegt und schlägt manche Brücke über die „2 Kulturen“-Grenze hinweg. Auf meine Einladung hin stellen die drei das Konzept kurz in der Guten Stube vor:

 

Im Jahr 1959 konstatierte C.P. Snow die Existenz von „Two Cultures“ und mithin einen unüberwindlich scheinenden Graben zwischen der geistes- und naturwissenschaftlichen Kultur. Immer wieder ist im Anschluss an dieses epochemachende Buch die Frage gestellt worden, ob eine Verständigung, die Snow verneinte und zugleich erhoffte, jenseits einer Reduktion der einen auf die andere Kultur, möglich sei.

Fragen dieser Art werden im neuen Karlsruher Master Germanistik mit dem Schwerpunkt „Literatur, Medien und Wissen“ nicht beantwortet, weil die Literatur, aber auch andere fiktionale Medienprodukte – so die Ausgangsüberlegung, die der Konzeption des Masters zugrundeliegt – die behauptete Ausdifferenzierung zweier Welten oder Kulturen immer schon unterlaufen haben und unterlaufen. Gegenstand sind die mittelalterliche, frühneuzeitliche, moderne und zeitgenössische Literatur und die damit verbundenen Medienwelten. Diese Literatur bzw. Literaturen und Medienwelten sollen in ihrem Wechselverhältnis mit Wissenschaften wie Medizin, Jura, Theologie, Ökonomie, den sich in der Neuzeit formierenden Naturwissenschaften, aber auch mit Institutionen wie dem Gefängnis, der psychiatrischen Anstalt, der Kirche etc. untersucht werden.

Das vorrangige Ziel des neuen Masters besteht darin, die Synergien, die das Umfeld einer naturwissenschaftlich-technischen Universität bietet, zu bündeln, um den Studierenden ein auf den Schwerpunkt Wissen zugeschnittenes Lehrangebot zu bieten. Damit kann sich die Karlsruher Literaturwissenschaft in das derzeit gefragteste Theorie-Design des Fachs, „Literatur und Wissen“, einschreiben. Dies wird durch entsprechende medienwissenschaftliche Angebote ergänzt.

Die Karlsruher Germanistik kooperiert mit den nur in Karlsruhe ansässigen Studiengängen „Wissenschaft – Medien – Kommunikation“ (WMK) und „Europäische Kultur und Ideengeschichte“ (EUKLID) sowie mit den Instituten für Technikzukünfte (ITZ) sowie Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS). Unser Ziel besteht darin, den Mehrwert, der sich aus der Konfrontation unterschiedlicher Fachkulturen ergibt, an die Studierenden weitergeben.

Um das Angebot pointiert zu erweitern, hat der Studiengang zudem so genannte Master Classes (Meisterkurse) in seinem Portfolio. In jedem Studienjahr werden ausgewiesene Forscher/innen von anderen Universitäten, meist aber nicht ausschließlich aus dem Bereich der Wissensgeschichte, zu Kompaktseminaren eingeladen. Diese VIPs halten Veranstaltungen zu den jeweiligen Jahresthemen des Masterstudiengangs und ermöglichen es so, dieses Thema aus ganz unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten und zu vertiefen.

Das Verhältnis von Literatur und Wissen soll im Masterstudiengang nicht nur auf der theoretischen, sondern auch auf der praktischen Ebene untersucht werden, nämlich im Bereich der Wissensvermittlung, insbesondere im Museums- und Archivbereich. Auch hier können Kompetenzen gebündelt werden, die sich aus der besonderen Situation Karlsruhes in der Region herleiten: Das Land Baden-Württemberg, aber eben auch und besonders die Region Karlsruhe bieten eine große Fülle von Archiven und literarischen Gedenkstätten mit wissenschaftlichem Anspruch, mit denen das KIT Kooperationsvereinbarungen abgeschlossen hat.

Das Jahresthema für das akademische Jahr 2016/2017 lautet im Bereich der neueren deutschen Literatur und der Medienwissenschaft: Medizin/Psychiatrie. Darüber hinaus gibt es im gesamten Bereich der deutschen Literatur den Schwerpunkt „Faust“, der sowohl von der Mediävistik als auch der neueren deutschen Literaturwissenschaft angeboten wird. Auf literaturwissenschaftlichen Seminaren im ersten Semester baut eine Praxis-Veranstaltung im zweiten auf, das in Zusammenarbeit mit dem Faust-Museum Knittlingen angeboten wird. Durch eine Zusammenarbeit wie diese soll es den Studierenden ermöglicht werden, mit ihrer besonderen Kompetenz im Bereich Literatur und Wissen, einen Fuß in die Tür zu späteren Berufsfeldern zu bringen.

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Veröffentlicht von

Carsten Könneker Zu meiner Person: Ich habe Physik (Diplom 1998) sowie parallel Literaturwissenschaft, Philosophie und Kunstgeschichte (Master of Arts 1997) studiert – und erinnere mich noch lebhaft, wie sich Übungen in Elektrodynamik oder Hauptseminare über Literaturtheorie anfühlen. Das spannendste interdisziplinäre Projekt, das ich initiiert und mit meinen Kollegen von Spektrum der Wissenschaft aus der Taufe gehoben habe, sind die SciLogs, auf deren Seiten Sie gerade unterwegs sind.

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