Jupiter: Noch immer keine Einschlagspuren

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Fast zwei Wochen ist der vermeintliche Einschlag auf Jupiter nun her. Doch die erwartete Impaktwolke macht sich rar. Michael Khan wies mich per Kommentar auf einen interessanten Artikel hin, und weil der nicht versteckt versauern soll, will ich ihm einen kurzen Post widmen!

Zunächst die Fakten: Am 3. Juni, genau um 22:31 MESZ, beobachteten die Amateurastronom Anthony Wesley und Christopher Go unabhängig voneinander in Australien bzw. auf den Philippinen einen hellen Lichtblitz auf Jupiter. Ein von Wesley aufgenommenes Video zeigt das Ereignis deutlich: Es scheint, als sei ein Asteroid oder Kometenkern in die Atmosphäre des Gasplaneten eingetreten und dort explodiert. Es wäre das erste Mal, dass ein Amateurastronom ohne Vorwarnung ein solches Ereignis beobachtet hätte. Seit dem 3. Juni beobachten Profi- und Amateurastronomen den Planeten und die vermeintliche Einschlagstelle intensiv. Doch gesehen haben sie seither – nichts!

Erst im vergangenen Jahr hatte der selbe Anthony Wesley einen dunklen Fleck auf Jupiter entdeckt, der sich als eine Art Impaktwolke eines zuvor nicht beobachteten Asteroiden- oder Kometenabsturzes herausstellte. Der Fleck war in Amateurteleskopen über Wochen deutlich sichtbar, ehe er langsam verblasste. Eine im Mai veröffentlichte Studie zu diesem Ereignis kommt zu dem Schluss, dass Impaktereignisse auf Jupiter statistisch statt wie zuvor angenommen etwa alle hundert Jahre eher einmal pro Jahrzehnt auftreten sollten. Zuvor war erst ein einziges Mal der Einschlag eines großen Himmelskörpers auf einem anderen Planeten beobachtet worden: Der Absturz des Kometen Shoemaker-Levy 9 (natürlich auch auf Jupiter) im Jahr 1994 galt lange als grandioser Glücksfall für die Astronomen. Nun scheint es, als sei er doch eher ein beinahe "alltäglicher" Zwischenfall gewesen.

Auch die Einschlagsnarben der Kometenfragmente von Shoemaker-Levy 9 waren einige Zeit und auch mit einfachen Teleskopen zu sehen. Warum also zeigen sich jetzt keine derartigen Spuren? Der von Michael Khan zitierte Artikel listet einige mögliche Erklärungen auf, von denen allerdings keine wirklich hundertprozentig überzeugend ist. Der Artikel zitiert einen Wissenschaftler des JPL, Glenn Orton.

Das Ereignis war irdischen Ursprungs: Ausgeschlossen, da zwei unabhängige Beobachter an weit entfernten Orten das gleiche gesehen haben. Wäre nur einer zur richtigen Zeit zur Stelle gewesen, dann bestünde die (unwahrscheinliche) Möglichkeit, dass sich der Lichtblitz in der Erdatmosphäre und von dem Beobachtungsort aus gesehen direkt vor dem winzigen Jupiterscheibchen ereignet hat. Auch ein technischer Defekt der Kamera kann durch die Parallelbeobachtung ausgeschlossen werden.

Es handelte sich um eine elektrische Blitzentladung: Möglich, da es auch in der Jupiteratmosphäre gewaltige Blitze gibt. Allerdings wurden diese bisher nur auf der Nachtseite des Planeten und von Raumsonden gesehen. Ein von der Erde aus auf der Tagseite des Jupiter sichtbarer Blitz müsste weit mehr Energie besitzen, als die stärkste je dort beobachtete Blitzentladung. Wenn es so etwas geben sollte, warum hat man das nicht schon längst mit Teleskopen und Raumsonden gesehen?

Die Impaktspuren werden von hohen Wolken verdeckt: Diese Hypothese klingt interessant, da der vermeintliche Impakt genau in dem seit kurzem unsichtbaren und vermutlich von hohen Cirruswolken verdeckten südlichen Äquatorialband des Jupiter geschah. Doch wenn es ein Impakt war, dann trat er oberhalb der höchsten Wolkenschichten auf. Auch dort, wo noch keine Wolken sichtbar sind, existiert bereits eine ausreichend dichte Atmosphäre, die einen Eindringling abbremsen und zur Explosion bringen würde. Irdische Meteore etwa treten in Höhen von 80-90 km auf, weit oberhalb der höchsten Wolken (NLCs mal ausgenommen). Also müsste man Impaktspuren trotz der Cirrusbewölkung sehen können.

Der Impaktor war zu klein: Immer noch die wahrscheinlichste Hypothese. Aber auch wenn er klein war – sollte wirklich gar nichts sichtbares zurückbleiben? Wir wissen wohl noch nicht genug über solche Ereignisse, um diese Frage abschließend zu klären. 

Vielleicht tut sich ja noch etwas – im Moment gibt der (vermutliche) Jupiterimpakt vom 3. Juni jedoch weiter Rätsel auf. 

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Mit dem Astronomievirus infiziert wurde ich Mitte der achtziger Jahre, als ich als 8-Jähriger die Illustrationen der Planeten auf den ersten Seiten eines Weltatlas stundenlang betrachtete. Spätestens 1986, als ich den Kometen Halley im Teleskop der Sternwarte Aachen sah (nicht mehr als ein diffuses Fleckchen, aber immerhin) war es um mich geschehen. Es folgte der klassische Weg eines Amateurastronomen: immer größere Teleskope, Experimente in der Astrofotografie (zuerst analog, dann digital) und später Reisen in alle Welt zu Sonnenfinsternissen, Meteorschauern oder Kometen. Visuelle Beobachtung, Fotografie, Videoastronomie oder Teleskopselbstbau – das sind Themen die mich beschäftigten und weiter beschäftigen. Aber auch die Vermittlung von astronomischen Inhalten macht mir großen Spaß. Nach meinem Abitur nahm ich ein Physikstudium auf, das ich mit einer Diplomarbeit über ein Weltraumexperiment zur Messung der kosmischen Strahlung abschloss. Trotz aller Theorie und Technik ist es nach wie vor das Erlebnis einer perfekten Nacht unter dem Sternenhimmel, das für mich die Faszination an der Astronomie ausmacht. Die Abgeschiedenheit in der Natur, die Geräusche und Gerüche, die Kälte, die durch Nichts vergleichbare Schönheit des Kosmos, dessen Teil wir sind – eigentlich braucht man für das alles kein Teleskop und keine Kamera. Eines meiner ersten Bücher war „Die Sterne“ von Heinz Haber. Das erste Kapitel hieß „Lichter am Himmel“ – daher angelehnt ist der Name meines Blogs. Hier möchte ich erzählen, was mich astronomisch umtreibt, eigene Projekte und Reisen vorstellen, über Themen schreiben, die ich wichtig finde. Die „Himmelslichter“ sind aber nicht immer extraterrestrischen Ursprungs, auch in unserer Erdatmosphäre entstehen interessante Phänomene. Mein Blog beschäftigt sich auch mit ihnen – eben mit „allem, was am Himmel passiert“. jan [punkt] hattenbach [ät] gmx [Punkt] de Alle eigenen Texte und Bilder, die in diesem Blog veröffentlicht werden, unterliegen der CreativeCommons-Lizenz CC BY-NC-SA 4.0.

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