Lichtverschmutzung – ein Gesetz, das Hoffnung macht

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Auf die Petition beim deutschen Bundestag für ein Gesetz gegen die Lichtverschmutzung ist in den Kosmologs ja schon mehrfach hingewiesen worden. Die Zeichnungsfrist ist am 27. 12. 2007 abgelaufen, 7828 Personen haben unterschrieben. Das ist ein beachtlicher Erfolg! Dass sich Ausdauer und Beharrlichkeit auszahlen, haben in diesem Jahr die Dark-Sky-Aktivisten des EU-Neumitglieds Slowenien bewiesen. Seit dem 22. September gilt in dem südeuropäischen Land das erste wirksame nationale Gesetz gegen Lichtverschmutzung weltweit.

Eine englische Übersetzung des Gesetzestextes lag heute in meinem elektronischen Postkasten, und ich habe es mir nicht nehmen lassen, die wesentlichen Passagen ins Deutsche zu übersetzen und ein wenig zu kommentieren. Das Gesetz ist das ausführlichste und beste, das sich mit dem Problem der Lichtverschmutzung auseinander setzt. Es macht Hoffnung – und sollte als Vorlage auch für andere Länder dienen.

Hier also die wesentlichen Bestimmungen des slowenischen Gesetzes:

Artikel 4: Für Außenbeleuchtung dürfen nur Leuchten eingesetzt werden, die keine Abstrahlung oberhalb der Horizontalen aufweisen. Diese Bestimmung, von der nur wenige Ausnahmen zugelassen werden, ist für den Schutz des Nachthimmels außerordentlich wichtig. Denn gerade das in kleinem Winkel zur Horizontalen nach oben abgestrahlte Licht erzeugt die gigantischen, weit sichtbaren Lichtglocken über unseren Städten. Leider sind die meisten Straßenlampen hierzulande so konstruiert, dass sie einen erheblichen Teil ihres Lichts in den Himmel strahlen. Zumindest in Slowenien ist damit bald Schluss!

Lichtirrsinn in Aachen: Beleuchtung des Bahnhofsplatzes

Zumindest in Slowenien verboten: Lichtverschmutzung als Prestigeobjekt. Als Beispiel die neue Beleuchtung des Bahnhofsvorplatzes in Aachen – vom Hersteller als besonders innovativ gepriesen.


Artikel 5: Pro Einwohner und Jahr soll der Stromverbrauch für alle öffentlichen Außenbeleuchtungen 44,5 kWh nicht überschreiten. Das ist meines Wissens das erste Mal, das ein Gesetz eine solche Obergrenze festlegt. Der Pro-Kopf-Verbrauch liegt in Slowenien zur Zeit bei rund 90 kWh, das Gesetz verlangt also eine Halbierung der pro Einwohner für die Außenbeleuchtung  eingesetzten Energie. Dies soll durch den Austausch von alten, ineffizienten Leuchtmitteln, dem Einsatz blendfreier Lampengehäuse (siehe Artikel 4) sowie durch die Reduzierung der Beleuchtungsstärke auf das notwendige Maß erreicht werden.

Artikel 6 – 9: Für Flughäfen, Häfen, Eisenbahnwege, industrielle Produktionsstätten sowie öffentliche Einrichtungen werden Obergrenzen für die für Außenbeleuchtung eingesetzten Energiemengen festgelegt. Auch hier wird bestimmt, dass kein Licht oberhalb der Horizontalen abgestrahlt werden darf.

Artikel 10: Auch für die Beleuchtung von Gebäudefassaden sollen nur Leuchtquellen ohne Abstrahlung oberhalb der Horizontalen eingesetzt werden. Die durchschnittliche Beleuchtungsstärke der illuminierten Fassadenteile soll 1 cd/m2 nicht überschreiten.

Artikel 11: Die durchschnittliche Beleuchtungsstärke für die Illumination von historischen Gebäuden, Denkmälern, usw. soll ebenfalls nicht mehr als 1 cd/m2 betragen. Die Beleuchtung soll einen Meter unter der Oberkante des Monumentes enden. Maximal 10% des eingesetzten Lichts darf das zu beleuchtende Objekt verfehlen. Zumindet „Beleuchtungsorgien“, bei denen man sich fragt, was denn hier angestrahlt wird:, das Monument oder der Himmel, sollten damit in Slowenien der Vergangenheit angehören.

Artikel 12: Wenn bekannt ist, dass gefährdete Tierarten in den betreffenden Gebäuden, Denkmälern, etc. leben, soll auf eine Beleuchtung ganz verzichtet werden.

Artikel 13: Werbeschilder dürfen nur beleuchtet werden, wenn sie sich in geschlossenen Ortschaften oder in der Nähe von beleuchteten Starßen befinden, der horizontale Abstand des Werbeschildes zur Straße oder zum Rand der Ortschaft darf nicht mehr als 60 Meter betragen. Je nach Größe des Schildes wird eine maximal zulässige Wattzahl pro Fläche festgelegt, maximal 80 W/m2. Externe Beleuchtung der Schilder ist erlaubt, wenn die Leuchten diese maximalen Wattzahlen einhalten, von oben nach unten strahlen und zudem zwischen 24:00 Uhr und 05:00 Uhr abgeschaltet werden. Dieser Artikel ist sicher nicht zufriedenstellend. Er erlaubt nicht nur das Aufstellen und Beleuchten großer Werbeschilder an vielbefahrenen (und daher meist beleuchteten) Straßen und in Ortschaften, er fördert sogar besonders großflächige Werbeschilder, denn die maximal zulässige Wattzahl pro Quadratmeter steigt mit der Fläche des Schildes. Die Bedingung, dass auch hier kein Licht über die Horizontale hinaus abgestrahlt werden darf  und dass es eine Nachtabschaltung geben muss stellt aber einen bedeutenden Fortschritt dar.

Artikel 14: Die Beleuchtung von Sportanlagen darf ebenfalls nicht über die Horizontale strahlen. Die Beleuchtung soll spätestens eine Stunde nach Ende der jeweiligen Veranstaltung abgeschaltet werden. Es gibt keine Leistungsbeschränkung.

Artikel 15: Es gibt auch keine Beschränkungen für Baustellen während der Arbeitszeiten. Ausserhalb der Arbeitszeiten soll kein Licht über die Horizontale strahlen.

Artikel 16: Skybeamer sind verboten. Ebenfalls verboten ist die Beleuchtung von Häuserfassaden, wenn diese Wohnungsfenster enthalten.

Artikel 26: Bei Verstößen gegen diese gesetzlichen Bestimmungen können Strafen von 600 Euro bis 12.000 Euro verhängt werden.

Artikel 28: Bereits existierende Beleuchtungseinrichtungen sollen von 2009 an bis spätestens zum 31. Dezember 2013 den Bedingungen dieses Gesetzes angepasst werden.

Artikel 31: Das Gesetz tritt zum 22. September 2007 in Kraft.

Dieses Gesetz ist das Ergebnis jahrelanger Arbeit. Besonderen Dank gilt Andrej Mohar und seinen Mitstreitern von Dark Sky Slowenia für ihren unermüdlichen Einsatz! Hoffen wir, das Slowenien kein Einzelfall bleibt!

Dark Skies!

Weitere Links:
Dark Sky Slovenia (slowenisch)
7. Europäischen Symposium zum Schutz des Nachthimmels (Okt. 2007, engl.)
Seite der deutschen Fachgruppe Dark Sky in der VdS

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Mit dem Astronomievirus infiziert wurde ich Mitte der achtziger Jahre, als ich als 8-Jähriger die Illustrationen der Planeten auf den ersten Seiten eines Weltatlas stundenlang betrachtete. Spätestens 1986, als ich den Kometen Halley im Teleskop der Sternwarte Aachen sah (nicht mehr als ein diffuses Fleckchen, aber immerhin) war es um mich geschehen. Es folgte der klassische Weg eines Amateurastronomen: immer größere Teleskope, Experimente in der Astrofotografie (zuerst analog, dann digital) und später Reisen in alle Welt zu Sonnenfinsternissen, Meteorschauern oder Kometen. Visuelle Beobachtung, Fotografie, Videoastronomie oder Teleskopselbstbau – das sind Themen die mich beschäftigten und weiter beschäftigen. Aber auch die Vermittlung von astronomischen Inhalten macht mir großen Spaß. Nach meinem Abitur nahm ich ein Physikstudium auf, das ich mit einer Diplomarbeit über ein Weltraumexperiment zur Messung der kosmischen Strahlung abschloss. Trotz aller Theorie und Technik ist es nach wie vor das Erlebnis einer perfekten Nacht unter dem Sternenhimmel, das für mich die Faszination an der Astronomie ausmacht. Die Abgeschiedenheit in der Natur, die Geräusche und Gerüche, die Kälte, die durch Nichts vergleichbare Schönheit des Kosmos, dessen Teil wir sind – eigentlich braucht man für das alles kein Teleskop und keine Kamera. Eines meiner ersten Bücher war „Die Sterne“ von Heinz Haber. Das erste Kapitel hieß „Lichter am Himmel“ – daher angelehnt ist der Name meines Blogs. Hier möchte ich erzählen, was mich astronomisch umtreibt, eigene Projekte und Reisen vorstellen, über Themen schreiben, die ich wichtig finde. Die „Himmelslichter“ sind aber nicht immer extraterrestrischen Ursprungs, auch in unserer Erdatmosphäre entstehen interessante Phänomene. Mein Blog beschäftigt sich auch mit ihnen – eben mit „allem, was am Himmel passiert“. jan [punkt] hattenbach [ät] gmx [Punkt] de Alle eigenen Texte und Bilder, die in diesem Blog veröffentlicht werden, unterliegen der CreativeCommons-Lizenz CC BY-NC-SA 4.0.

6 Kommentare


  1. Hallo Roy, ich habe dir den Text (von diesem Gesetz) per email zugeschickt! Das tschechische kenne ich selbst nicht. Gruss, Jan

  2. Lichtverschmutzung

    Neben der zunehmenden Schwierigkeit, am Nachthimmel zwecks astronomischer For-schungen Beobachtungen durchzuführen, – und natürlich auch anderen Elementen, die den Biorhythmus des Menschen negativ beeinflussen- sei noch auf einen weiteren, durchaus irdischen Aspekt hingewiesen:
    Nachtaktive Insekten geraten in immer größere existenzielle Kalamitäten, da ihr Lebensraum nicht mehr den Anforderun-gen ihrer biologisch relevanten Le-bensgrundlagen und -bedürfnisse ent-spricht.
    Es ist daher überfällig, die Lichtver-schmutzung wie jede andere materielle Umweltverschmutzung zu behandeln und nach Möglichkeit per Gesetz so einzu-dämmen bzw. zu reduzieren, dass Schaden von Mensch und Tier abgewendet wird.

  3. Lichtverschmutzung

    ich hoffe auf eine schnelle Verabschiedung des Gesetzes in D.
    Ein anderer Aspekt ist die stechende
    Strahlung der Autoscheinwerfer speziell der PS-starken PKW’s in D.
    Warum entscheidet man sich hierzulande
    nicht auch für das angenehme orangenfarbige Licht wie in Frankreich?
    Nach Nachtfahrten habe ich stechende
    Augenschmerzen. Wer möchte sich dazu äussern? Ich selbst meine, dass man die
    verschiedenen Lichtquellen einmal hinsichtlich ihrer Wirkung auf den menschlichen Organismus untersuchen sollte….Oder liegen bereits Studien vor? Wenn ja, warum werden sie dann nicht umgesetzt..?

  4. Die Stadt Augsburg ist in Deutschland Vorreiter in Sachen “weniger Licht”. Nebenbei konnte die Stadt Stromkosten in Höhe von 250000 Euro einsparen.

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