Noch drei Monate: Countdown zum Venustransit läuft!

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Nun sind es noch drei Monate bis zum Venustransit am 5./6. Juni. Wer sich jetzt erst Gedanken zu diesem herausragenden Ereignis macht, sollte sich sputen. Eine zweite Chance, einen Venustransit zu erleben, bekommen wir nicht mehr: der nächste findet erst 2117 statt. Leider ist in Mitteleuropa nur das Ende des Ereignisses zu sehen. Wer den Venustransit in voller Länge sehen will, muss weit reisen – und das will geplant sein.

Generell gilt: Jeder Ort, an dem die Sonne während des knapp sieben Stunden langen Vorbeizugs der Venus zu sehen ist, ist geeignet.

Eines meiner Bilder vom Venustransit am 6. Juni 2004. Aufgenommen mit einer Canon Powershot A60, freihand ans Okular gehalten.

Der Venustransit beginnt, wenn die Venus die Sonnenscheibe das erste Mal “berührt”. Sieht der Rand der Sonne an einer Stelle etwas “angeknabbert” aus, hat das Ereignis bereits begonnen. Besonders spannend ist der Moment, wenn sich die Venus gerade ganz innerhalb der Sonnenscheibe befindet. Dann nämlich kann man unter Umständen das Phänomen des “schwarzen Tropfens” beobachten, dass in früheren Jahrhunderten für ungenaue Messungen sorgte.

Diese hochaufgelösten Bilder gelangen 2004 Ralf Hofner. Rechts sieht man deutlich das Aufscheinen der Venusatmosphäre.

Persönlich freue ich mich auf den Moment, wenn kurz vorher die Venus etwa halb in der Sonnenscheibe liegt. Denn dann zeigt sich ein feiner Lichtring um den noch außen liegenden Teil des Planeten. Dabei handelt es sich um Sonnenlicht, dass von der Venusatmosphäre gestreut wird. Beim Austritt der Venus wiederholen sich die Ereignisse in umgekehrter Reihenfolge.

Natürlich ist die Venus von der Erde aus gesehen viel zu klein, als dass sie das Sonnenlicht merklich abschwächen könnte. Aber sie erscheint immerhin groß genug, um diese Miniatur-Sonnenfinsternis mit geeignetem Schutz mit bloßem Auge verfolgen zu können. Mindestausstattung dazu ist eine Sonnenfinsternisbrille.

Wie bei einer Sonnenfinsternis durch den Mond unterscheidet man vier Kontaktzeiten. Für den Venustransit am 6. Juni 2012 lauten diese (gerechnet für Frankfurt a. M., in MESZ)

1. Kontakt (Venus berührt Sonnenscheibe): 00:04
2. Kontakt (Venus ganz in der Sonnenscheibe): 00:21
Mitte des Transits: 04:31
3. Kontakt: 06:37
4. Kontakt: 06:55

Wie man sieht, finden der erste und zweite Kontakt sowie die Mitte des Transits in Deutschland zur Nachtzeit statt. Die Sonne geht um 05:23 MESZ auf (wiederum gerechnet für Frankfurt a. M.). Nur der dritte und vierte Kontakt sind damit bei uns zu sehen. Je weiter nordöstlich man sich befindet, desto früher geht die Sonne auf, und desto länger hat man vom Rest-Transit.

Steven van Roode and François Mignard haben eine nützliche interaktive Weltkarte programmiert, mit der man sich schnell und einfach ansehen kann, wie der Venustransit an einem beliebigen Ort auf der Welt ablaufen wird. Die Beschreibung ist auf englisch, aber eigentlich ist die Karte selbsterklärend.

Im dunkelgrau hinterlegten Teil der welt ist der Venustransit nicht zu sehen, im weißen ganz. Wir befinden uns im hellgrauen Bereich – hier siht man das Schauspiel nur teilweise (Quelle: NASA).

Den vollen Transit sieht man nur im Pazifikraum, in großen Teilen Australiens, Chinas und Sibiriens, und – aufgrund der Mitternachtssonne Anfang Juni – auch in allen Regionen nördlich des nördlichen Polarkreises. Dorthin muss sich begeben, wer dieses Schauspiel in voller Länge sehen will.

Jede Region hat Vor- und Nachteile. Natürlich spielt auch die Wetterwahrscheinlichkeit eine große Rolle. Beste Aussichten hat man daher im Hinterland Australiens oder auf den Berggipfeln Hawaiis (Achtung: aufgrund der Lage der Datumsgrenze findet der Transit an manchen Orten noch am 5. Juni statt!). Leider sind das auch die entferntesten und teuersten Reiseziele. Viele Reiseanbieter aus Europa haben Island oder die nördlichen Regionen von Schweden und Norwegen im Programm. Wenn es da klappt, kann man Mitternachtssonne und Venustransit gleichzeitig verfolgen – ein Anblick, der wohl den wenigsten Menschen je vergönnt war. Allerdings kann das Wetter hier auch sehr ungnädig sein…

Stellt sich die Frage, warum man für den Venustransit überhaupt um die Welt reisen sollte. Dafür gibt es für mich zwei Gründe. Der erste ist die absolute Seltenheit dieses Ereignisses. Gut – 2004 haben wir einen Venustransit schon mal sehen können, sogar in Deutschland und sogar bei bestem Wetter. Aber davor hatte es seit 1882 keinen mehr gegeben. Es verhält sich so wie mit dem Halleyschen Kometen: Wer als halbwegs astronomie- und naturbegeisterter Mensch einmal im Leben die Chance hat, ihn zu sehen, tut einiges dafür.

Der zweite Grund liegt in der Geschichte. Im 18. und 19. Jahrhundert war die Beobachtung des Venustransits eine wissenschaftliche Herausforderung. Die Anstrengungen, die die europäischen Nationen unternahmen, um den Transit von unterschiedlichen Orten auf der Welt zu beobachten, waren bis dahin beispiellos. Und verglichen mit den abenteuerlichen Reisen damals ist eine Flugreise nach Australien heutzutage ein Kinderspiel.

Wer hier bleibt, hat schließlich noch mit dem Wetterproblem zu kämpfen. Zwar ist der Sommer eigentlich eine recht günstige Jahreszeit, aber der 11. August 1999 ist mir in so unangenehmer Erinnerung, dass ich mich auf den mitteleuropäischen Sommer nicht mehr verlasse…

Ausführliches zum nahenden Venustransit auch im Märzheft von Sterne und Weltraum.

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Mit dem Astronomievirus infiziert wurde ich Mitte der achtziger Jahre, als ich als 8-Jähriger die Illustrationen der Planeten auf den ersten Seiten eines Weltatlas stundenlang betrachtete. Spätestens 1986, als ich den Kometen Halley im Teleskop der Sternwarte Aachen sah (nicht mehr als ein diffuses Fleckchen, aber immerhin) war es um mich geschehen. Es folgte der klassische Weg eines Amateurastronomen: immer größere Teleskope, Experimente in der Astrofotografie (zuerst analog, dann digital) und später Reisen in alle Welt zu Sonnenfinsternissen, Meteorschauern oder Kometen. Visuelle Beobachtung, Fotografie, Videoastronomie oder Teleskopselbstbau – das sind Themen die mich beschäftigten und weiter beschäftigen. Aber auch die Vermittlung von astronomischen Inhalten macht mir großen Spaß. Nach meinem Abitur nahm ich ein Physikstudium auf, das ich mit einer Diplomarbeit über ein Weltraumexperiment zur Messung der kosmischen Strahlung abschloss. Trotz aller Theorie und Technik ist es nach wie vor das Erlebnis einer perfekten Nacht unter dem Sternenhimmel, das für mich die Faszination an der Astronomie ausmacht. Die Abgeschiedenheit in der Natur, die Geräusche und Gerüche, die Kälte, die durch Nichts vergleichbare Schönheit des Kosmos, dessen Teil wir sind – eigentlich braucht man für das alles kein Teleskop und keine Kamera. Eines meiner ersten Bücher war „Die Sterne“ von Heinz Haber. Das erste Kapitel hieß „Lichter am Himmel“ – daher angelehnt ist der Name meines Blogs. Hier möchte ich erzählen, was mich astronomisch umtreibt, eigene Projekte und Reisen vorstellen, über Themen schreiben, die ich wichtig finde. Die „Himmelslichter“ sind aber nicht immer extraterrestrischen Ursprungs, auch in unserer Erdatmosphäre entstehen interessante Phänomene. Mein Blog beschäftigt sich auch mit ihnen – eben mit „allem, was am Himmel passiert“. jan [punkt] hattenbach [ät] gmx [Punkt] de Alle eigenen Texte und Bilder, die in diesem Blog veröffentlicht werden, unterliegen der CreativeCommons-Lizenz CC BY-NC-SA 4.0.

9 Kommentare

  1. Mein Point Venus

    Nun, ich will es nicht zu einfach machen! Daher folgender Hinweis: an meinem anvisierten Venustransit-Beobachtungsort ist der Venustransit ganz zu sehen, die Wetterwahrscheinlichkeit exzellent, weil der Platz hoch oben über den Wolken liegt (hoffentlich!). Der erste Kontakt ist um 12:10 Ortzeit (Sonnenhöhe: 86°) und der letzte um 18:44 (Sonnenhöhe: 3°).

    Wo ist dieser Ort?

  2. Hawaii, Kitt Peak

    ist sicher ein guter Ort für die Venustransitbeobachtung. Aber auch Alaska könnte einiges versprechen.

  3. Aber welcher Bundesstaat?

    12 Stunden Zeitverschiebung zu Frankfurt, d.h. ca. 170ter Längengrad. Sonnenstand 86° gegen Mittag und Sommersonnenwende, d.h. ca. nördlicher Wendekreis. Und da (exakt 155° 27′ 36”W 19° 49′ 45” N) gibt es einen 4205 m Berg mit einem Teleskop.

    Es ist der 50te Bundesstaat.

  4. @all: Hawaii it is

    Vollkommen richtig! Der Mauna Kea und insbesondere das Visitor’s Center werden einer der Hotspots der Venustransitgucker sein.

    Australien stand auch eine Weile hoch im Kurs, aber die Konfiguration “tienfstehende Sonne zum Transitende über dem Pazifik” kommt mir sehr reizvoll vor. Außerdem kann man dort oben ja einige sehr interessante Sternwarten besichtigen.

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