Schwarmfinanzierte Mondlandung im Jahr 2024?

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Ambitioniert, was die britische Firma “Lunar Missions Ltd.” da vorhat: Bis zum Jahr 2024 einen Lander auf dem Mond absetzen, finanziert durch Spendengeber aus der ganzen Welt. Eine Crowdfundingaktion auf kickstarter.com, heute gestartet, soll die ersten 770000 Euro heranschaffen, um das Projekt anzuschieben. Die restliche Mission soll später von Sponsoren und durch den Verkauf digitaler „Erinnerungsboxen“ finanziert wird, in denen man dann zum Beispiel sein Selfie für die Ewigkeit als Datei auf dem Mond deponieren kann. Oder auch seine DNA in Form eines Haars, man kann ja nie wissen wer einen wieder zum Leben erweckt. Für Kickstarter-Förderer soll die Erinnerungsbox im Mondstaub übrigens inklusive sein.

Eine schwarmfinanzierte, unbemannte Mondlandung im Jahr 2024 plant die Firma Lunar Missions Ltd. Bild: Lunar Missions Ltd.
Eine schwarmfinanzierte, unbemannte Mondlandung im Jahr 2024 plant die Firma Lunar Missions Ltd. Bild: Lunar Missions Ltd.

Die Vorbereitungen zu dem Projekt laufen schon einige Jahre, heute Nachmittag ab 15:35 MEZ wird es offiziell vorgestellt, via Livestream hier zu verfolgen. Die Pressesperrfrist endete aber bereits heute Nacht, so dass sich das Netz nun mit Berichten und allerlei Meinungen füllen dürfte. Mit Wissenschaftlern zweier Universitäten, einer Weltraumfahrt-Firma und einer Reihe illustrer “Endorser” hat sich Lunar Missions bereits umgeben.

Meine persönliche Meinung: Das Projekt hat Charme. Ob “Lunar Mission One” aber Aussichten auf Erfolg hat, ist schwer zu sagen.

Denn noch steht das Projekt ganz am Anfang, vieles scheint mir noch nicht bis ins Detail durchgeplant – zumindest geht es nicht aus dem vorab verteilten Pressematerial hervor. Der Zehn-Jahres-Zeitplan sehr grob. Das Crowdfunding ist erst die erste von vielen Hürden, und sicher nicht die höchste.

Funktioniert die Finanzierung, ist eine “Mondlandung für alle” prinzipiell machbar, denke ich. Allerdings kommen mir einige Details des Plans recht kühn vor. Das betrifft vor allem das Hauptziel der Mission: den Mond bis in 20, vielleicht sogar 100 Meter anzubohren und die Bodenproben in situ zu analysieren.

Selbst der Bohrer, der mit der europäisch-russischen Sonde ExoMars 2018 zum Mars fliegen soll, soll nur maximal zwei Meter erreichen und wird von ausgewiesen Experten entwickelt. 20 Meter ist dem gegenüber eine gewaltige Herausforderung: Wie verankert man das Landemodul so, dass am Ende nicht der Bohrer den Lander dreht? Wie schwer muss ein Lander sein, um eine solche Aufgabe ausführen zu können? Was für eine Startrakete braucht man? Und warum überhaupt so tief bohren?

Diese Fragen stellte ich David Iron, Gründungsmitglied von Lunar Missions, der diese Dinge naturgemäß optimistisch sieht: Um eine so tiefe Bohrung durchzuführen, solle eine Technik namens wire-line drilling eingesetzt werden, die auch bei kommerziellen Bohrungen auf der Erde verwendet wird. Der etwa zwei Meter lange und 5 Zentimeter dicke Bohrer ist dabei durch ein Kabel mit der Oberfläche verbunden, die maximale Bohrtiefe ist damit anders als bei konventionellen Bohrern durch die Kabellänge gegeben: „Wir sind zuversichtlich, dass wir 20 Meter erreichen können. Je tiefer darüber hinaus, desto besser.”

Anders als ExoMars stünde die Mondsonde unter direkter Kontrolle von der Erde, was die Durchführung vereinfache, meint Iron. Tatsächlich wird die wire-line-Technik  für ihren Einsatz auf interplanetaren Missionen getestet, wobei allerdings ist von einer Anwendung in planetarem Eis die Rede ist. Inwiefern ein solcher Bohrer auch im Mondgestein verwendbar ist, kann ich nicht beurteilen.

Auf die Suche nach Eis in schattigen Mondkratern sein man jedenfalls nicht aus, so Iron. „Unser Ziel ist die Landung auf einem hoch gelegenen Punkt am Mondsüdpol, auf Material, dass beim Einschlag von Asteroiden vor langer Zeit ausgeworfen wurde.“ Zehn Meter müsse man schon erreichen, wolle man von kosmischer Strahlung völlig unverändertes Material zu Tage fördern. Je tiefer, desto mehr lerne man aber über die Geschichte des Mondes. Mit einem Gesamtgewicht des Landers von unter einer Tonne (von dem der Bohrer um die 10 Kilogramm ausmachen soll) würde für den Flug zum Mond eine mitterschwere Rakete ausreichen, etwa eine Falcon 9 der Firma Space X, meint Iron.

Zwar denke ich, dass eine Tiefbohrung von bis zu 100 Metern technisch nicht machbar ist, lasse mich aber gerne vom Gegenteil überzeugen. Lunar Missions hat immerhin die Firma RAL Space an Bord – die kennen sich mit solchen Dingen wohl besser aus als ich. Und auch, wenn es letztlich auf eine abgespeckte Variante der “Lunar Mission One” mit realistischeren Zielen herausläuft – vielleicht haben wir wirklich die Chance, 2024 eine schwarmfinanzierte Mondlandung zu erleben. Erst einmal geht es um die Anschubfinanzierung. Ob die erfolgreich ist, wissen wir schon bald, denn die Crowdfundingaktion endet am 17. Dezember 2014.

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Mit dem Astronomievirus infiziert wurde ich Mitte der achtziger Jahre, als ich als 8-Jähriger die Illustrationen der Planeten auf den ersten Seiten eines Weltatlas stundenlang betrachtete. Spätestens 1986, als ich den Kometen Halley im Teleskop der Sternwarte Aachen sah (nicht mehr als ein diffuses Fleckchen, aber immerhin) war es um mich geschehen. Es folgte der klassische Weg eines Amateurastronomen: immer größere Teleskope, Experimente in der Astrofotografie (zuerst analog, dann digital) und später Reisen in alle Welt zu Sonnenfinsternissen, Meteorschauern oder Kometen. Visuelle Beobachtung, Fotografie, Videoastronomie oder Teleskopselbstbau – das sind Themen die mich beschäftigten und weiter beschäftigen. Aber auch die Vermittlung von astronomischen Inhalten macht mir großen Spaß. Nach meinem Abitur nahm ich ein Physikstudium auf, das ich mit einer Diplomarbeit über ein Weltraumexperiment zur Messung der kosmischen Strahlung abschloss. Trotz aller Theorie und Technik ist es nach wie vor das Erlebnis einer perfekten Nacht unter dem Sternenhimmel, das für mich die Faszination an der Astronomie ausmacht. Die Abgeschiedenheit in der Natur, die Geräusche und Gerüche, die Kälte, die durch Nichts vergleichbare Schönheit des Kosmos, dessen Teil wir sind – eigentlich braucht man für das alles kein Teleskop und keine Kamera. Eines meiner ersten Bücher war „Die Sterne“ von Heinz Haber. Das erste Kapitel hieß „Lichter am Himmel“ – daher angelehnt ist der Name meines Blogs. Hier möchte ich erzählen, was mich astronomisch umtreibt, eigene Projekte und Reisen vorstellen, über Themen schreiben, die ich wichtig finde. Die „Himmelslichter“ sind aber nicht immer extraterrestrischen Ursprungs, auch in unserer Erdatmosphäre entstehen interessante Phänomene. Mein Blog beschäftigt sich auch mit ihnen – eben mit „allem, was am Himmel passiert“. jan [punkt] hattenbach [ät] gmx [Punkt] de Alle eigenen Texte und Bilder, die in diesem Blog veröffentlicht werden, unterliegen der CreativeCommons-Lizenz CC BY-NC-SA 4.0.

18 Kommentare

  1. Das ist wirklich eine sehr gute Sache! Endlich kann man einen Eindruck erhalten, was den Durchschnittsbürger eine Mond- oder auch Marslandung denn nun wirklich wert ist. Vorallem wenn seine Haare mitfliegen dürfen. 🙂 Interessant dürften dann die kompletten Kosten von deutlich emhr als eine Milliarden Euro sein (der Mondorbiter LEO ohne Lander war mit 1/2 Milliarde veranschlagt).

    Rüdiger Neitzel

  2. Der Google Lunar X-Prize verspricht demjeningen Team 20 Millionen Dollar, welches vor dem 31. Dezember 2015 einen Roboter auf dem Mond landet, der sich dort mindestens 500 Meter vom Landeplatz weiterbewegt und HDTV-Bilder zurücksendet.
    Nach Einschätzung der Initianten dieses Preises genügen die 20 Millionen allerdings nicht ganz um das ganze Abenteuer zu finanzieren, dazu wären mindestens doppelt soviel nötig.
    30 Teams sollen sich gebildet haben,einige nennen sich internationale Teams andere vertreten die Länder Israel, Brasilien, Malaysia, Japan; Deutschland, Kanada, Rumänien, die USA und Russland Es scheint aber, dass das Datum 31. Dezember 2015 von keinem dieser Teams eingehalten werden kann. Möglicherweise wird er verlängert.

    Interessant erscheint mir hier, dass die NASA selbst die Kosten für eine Rückkehr zum Mond im Jahr 2005 noch auf 100 Milliarden Dollar geschätzt hat. Allerdings wäre in diesen Kosten mehrere Missionen zum Mond eingeschlossen gewesen. Es wäre so etwas wie das Apollo-Programm on steroids gewesen.

    Die Kosten einer einzigen robotischen Mondlandung ohne Rückkehr werden heute auf deutlich weniger als 100 Millionen Dollar geschätzt.

    • Sehr geehrter Herr Holzherr, Sie schreiben “Die Kosten einer einzigen robotischen Mondlandung ohne Rückkehr werden heute auf deutlich weniger als 100 Millionen Dollar geschätzt.” Haben Sie dazu eine belastbare Quelle? Wenn nein, scheint mir das unglaubwürdig. Bitte beachten Sie, robotische Missionen im nahen Erdorbit kosten zur Zeit mindestens 150 Millionen Euro (inkl. Bodenkontrolle). Beispiel: EnMAP etwa 200 Millionen Euro. Zum Mond: LRO etwa 600 Milionen Dollar, Kaguya/Selene etwa 500 Millionen Dollar. Weiter weg: Rosetta/Philae etwa 1.2 Milliarden, Mars Exploration Rover etwa 1 Millarde Dollar.

      Man bekommt keine Mission für unter 100 Millionen.

      Gruß, Rüdiger Neitzel

      • Die 100 Millionen Dollar wären für eine nackte Mission, die keine oder nur unwesentliche Ergebnisse liefern will. Als Masstab nehme ich den Preis für den Transport von 6400 kg Nutzmasse in den GTO (mit der FalconHeavy), welcher von SpaceX mit 85 Millionen Dollar bepreist ist. In diesem Preis ist aber sicherlich auch eine Gewinnmarge eingeschlossen, die Eigenkosten müssen wesentlich kleiner sein. Zugegeben, eine sanfte Mondlandung würde sicher auch seinen Preis haben. Wie teuer eine Landefähre ist, kann ich zugegenerwese nicht abschätzen.

  3. Zum Thema Kosten steht in den Presseinformationen nichts. Ich sehe es ähnlich wie Rüdiger Neizel: für 100 Millionen Dollar ist so etwas nicht zu haben, halbe Milliarde bis Milliarde ist da realistischer. Vielleicht erfahren wir heute Nachmittag ja mehr dazu.

    • Bevor man die Frage stellt, was die Mission kostet, muss man wissen, ob das Konzept mit dem “wire line drill”, wie die sich ads vorstellen, beim Mond funktioniert. Mondgestein ist richtig hart, wenn man erst einmal durch eine dünne Schicht aufliegenden Regoliths durch ist. Das ist etwas ganz anderes als Sand, Erde oder Eis. Wenn dieser zentrale Punkt geklärt ist, kann man an den Gewamtentwurf der Sonde denken.

  4. “Zum Thema Kosten steht in den Presseinformationen nichts” – aber in diversen Artikeln von letzter Nacht, die ich hier schon verlinkt hatte: 500 Millionen Pfund, zzgl. einer gewaltigen Marketingkampagne, um dutzende Millionen Spender zu gewinnen. Denen es jeweils rund hundert Pfund wert ist, ein paar persönliche Daten und DNA-Schnipsel (nicht mal ganze Haare) am Südpol des Mondes vergraben zu lassen; die Zahlen sind da widerspüchlich. V.a. über das Ansprechen persönlicher Eitelkeiten ist es einer US-Firma immerhin letztes Jahr gelungen, 1.5 Mio. Dollar zu kassieren, in dem sie “Selfies” aus dem Erdorbit versprach (nicht dass der entsprechende Satellit bislang gestartet wäre): Insofern betrachte ich Lunar Mission One erstmal nur als ein weiteres kurioses soziales Experiment …

  5. Auf den ersten Blick hört sich das gut an. ABER: Wenn man davon ausgeht, dass die Spendenbereitschaft von Tag zu Tag um 10% exponentiell Zeit abfällt, hat man bei diesem Startbetrag nach 90 Tagen eine Million zusammen (am 90ten Tag werden dann noch 8 Euro gespendet). Bei einem unrealistischen täglichen Abfall von 1% landet man nach 180 Tagen bei 10 Millionen. Bei gleichbleibender Spendenbereitschaft von je 100 Pfund wären das dann etwa 100.000 Spender.

    • Erstmal geht es bei der laufenden Kickstarter-Aktion nur um die Anschubfinanzierung, dafür werden 770000 € angepeilt. Zweitens hat man bei diesen Schwarmfinanzierungen auch schon beobachtet, dass die Spendenbereitschaft am Ende der Aktion zunimmt, wenn das Ziel verfehlt zu werden droht.

      Ich denke, die 770000 knacken die. Ob sie die x Millionen für die eigentliche Mission zusammenkriegen (und wie sie das machen), steht auf einem anderen Blatt. Leider war die Präsentation eben nicht sehr ergiebig – nichts, was nicht schon im Vorab-Material stand, wurde verkündet. Und Fragen wurden auch keine zugelassen.

  6. Leider war die Präsentation eben nicht sehr ergiebig – nichts, was nicht schon im Vorab-Material stand, wurde verkündet. Und Fragen wurden auch keine zugelassen.

    Schon mal eine bemerkenswerte Vorgehensweise für ein Unternehmen, das um Investoren wirbt.

    Die Summe für die “Anschubfinanzierung” klingt erst einmal nicht unrealistisch. Es geht ja jetzt erst einmal um die Phase-A-Studie, wie es bei Raumfahrtagenuren heißt, oder nicht? Dies setzt voraus, dass die Phase 0, also die erste Identifikation und die Missionsanalyse, bereits erfolgreich absolviert wurde. In der Phase A wird die Machbarkeit sowei untersucht dass die Anforderungen und Randbedingungen für die Phase B, in der die Komponenten entwickelt werden, niedergelegt werden können. In der Phase C erfolgt der Detailentwurf. In der Phase D werden die Komponenten gebaut, getestet, integriert und das System qualifiziert. Ab Phase B kostet das richtig Geld, weil man viele Leute braucht. Leute kosten Geld, viele Leute kosten viel Geld.

    • Mit Crowdfunding kann man nicht 500 Millionen Dollar zusammenkratzen, mit der Anschubfinanzierung aber kann man sich einen anregenden Zeitvertreib finanzieren und erst noch auf Verständnis hoffen, wenn man später verkünden muss, leider sei nun das Geld ausgegangen.

      • Wie ich den Business-Plan ex- und impliziten Aussagen entnehme, soll Ende dieses Jahrzehnts – wenn die technische Planung der Mission fortgeschritten ist – eine ungeheure weltweite Marketing-Kampagne entfacht werden, um dutzenden Millionen Kunden den Kauf von ‘digital memory boxes’ mit oder ohne DNS-Beigaben schmackhaft zu machen. Was dann Milliarden in die Kassen spülen soll: Nicht näher erläuterte Marktanalysen in den USA und dem UK hätten gezeigt, dass damit zu rechnen sei …

  7. Ich habe mir hier mal deren “press pack ” angeschaut. Viel Konkretes steht in der Tat nicht drin. Was mich etwas irritiert, ist der Zeitplan (Seite 4). Da steht mehr zum Marketing als zur Technik. Viuelleicht ein Ingenieur-Vorurteil, aber ich meine, das spiegelt eine unrealistische Prioritätensetzung wieder.

    Die Ausschreibung für die industrielle Arbeit ist 2016. 2017 wird etwas gemacht, was mir nach Phase A mit ein wenig Phase 0 aussieht. Erst 2017? Und 2018 beginnt dann endlich die Technologieentwicklung, die der Bohrertechnologie aber erst 2020. Na, dann darf da aber nicht mehr viel schief gehen. 2021 sind die System- und Komponentests, 2020 AIV und Aufbau des Kontrollzentrums und 2024 der Start.

    Hui!

    Ziemlich sportlich, vor allem angesichts geringer Erfahrung des Projektteams und eines hohen Anteils an Technologieentwicklung,

    Auch ist mir der Science Case immer noch nicht klar. Liegt sicher nur an mir, aber ich verstehe nicht ganz, warum es der Südpol sein muss. Damit sie, wenn sie auf einem geeigneten Berg stehen, immer Sonnenlichtund damit Sonnenenergie haben, nehme ich an, aber es wird nicht gesagt. Deren Lander hat Solargeneratoren an den Seitenwänden, also wird es keine RTGs geben. Besonders groß sehen die aber nicht aus und ausfahrbare Module sehe ich nicht. Naja, die eigentliche Sonde muss ja erst noch entworfen werden.

    Aber gibt es wissenschaftliche Gründe für das Landen am Südpol? Es wird doch explizit gesagt, dass die pristines Hochlandmaterial entnehmen wollen, was 4.5 Milliarden Jahre alt ist, also aus der Zeit der Formation des Mondes stammt, etwa 100 Millionen Jahre nach Beginn der Entstehung des Sonnensystems. Aber wenn man das will, sollte man doch gerade nicht in eines der großen Einschlagbecken gehen (so wie das Aitkenbecken am Südpol).

    Die Südpolregion hat auch operationelle Nachteile, weil die Erde immer zwei von vier Wochen lang nicht sichtbar ist und damit auch kein Funkkontakt zu irdischen Bodenstationen besteht. Es sei denn, die können sicher sein, über einen Orbiter einer anderen Raumfahrtnation zu kommunizieren.

  8. Die Kritik ist aber mehr persönlicher Unglauben als Handfestes. Für das Bohren zählen auch andere Parameter als Tiefe, dazu muss man auch Dinge berücksichtigen wie Material in das hereingebohrt wird, verfügbare Energie, Durchmesser, was man mit den Bohrkernen machen will und wie konservativ man vorgehen will bezüglich Zuverlässlichkeit und vor allem wie viel von der Nutzlast für den Bohrer draufgeht (die Mondoberfläche ist ja auch billiger zu erreichen als der Mars). Deswegen halt ich den Vergleich mit Exomars für Unsinn.

    Der prominente Support verleiht dem ganzen ja schon viel Gewicht, ebenso hat die UK doch eine recht gute und große Raumfahrtsindustrie.

    Das gesagt: es ist trotzdem seeeehr Abenteuerlich.

    • Zur Frage, ob Mond oder Mars “billiger” zu erreichen sind, hier eine Abschätzung. Diese gibt auch durchaus belastbare Anhaltswerte für die im gegebenen Fall zu erwartende Landermasse, wenn eine “mittelgroße” Rakete, in etwa von Soyuz-Fregat-Größe vorgesehen wird.

      Ausgehend von diesen Zahlen wissen wir in etwa, wie groß deren Mondlander in etwa sein wird. Sie Zahl skaliert linear mit der Ausgangsgröße, der Systemmasse (vollgetankt) im GTO. Wenn die eine Ariane 6 nehmen, die etwa 3 Mal mehr Masse in die Ausgangsbahn schafft, dann steht nachher auch in etwa 3 Mal mehr Msse auf dem Mond. Aber das würde auch ein Erkleckliches mehr kosten. Sicherlich drei Mal mehr, aber vielleicht kommt nochmals was drauf.

      Vielleicht sind auch solche Kosten gar kein Problem. Laut der Marktanalysen, die im “Press Pack” (Seite 8) soll ja das zu erzielende Einnahmevolumen sich im Bereich von 3 Milliarden GBP bewegen.

      Jetzt liegt es an den Machern von Lunar Mission One, die Eignung eines “Line Wire Drill” für eine Tiefbohrung im Mondhochland zu demonstrieren. Aber da dies die Schlüsselkomponente ist, mit der das ganze Konzept steht oder fällt, erstaunt mich die Zeitplanung schon etwas. Die Bohrerentwicklung beginnt erst 2020? OK; vielleicht wissen wir 2017 ja schon mehr.

      Dem prominenten Support wüde ich nicht gar so viel Bedeutung beimessen. Brian Cox hat allgemein gehaltene Statements abgegeben, andere auch. Warme Worte kosten die nichts, helfen aber auch nicht weiter.

      Ich möchte an dieser Stelle auch mal auf ein anderes ambitioniertes Projekt hinweisen, das nicht nur technisch, sondern auch in seiner Finanzierung eigene Wege geht, nämlich “Mars One” (ja, genau, die “Einbahnstraße zum Mars”). Das ist natürlich ein ganz anderes Projekt mit ganz anderen Zielen und ganz anderen Urhebern, aber eine Übereinstimmung fällt mir da schon auf: Das Betonen der kommerziellen und Marketing-Aspekte und das Hinausschieben der technischen Vorleistungen.

      Ich habe den Fehler gemacht, die vorherigen Zeitpläne von Mars One nicht lokal abzuspeichern. Man sieht auf deren Webseite immer nur, was die aktuell angeben. Aber ältere Diskussionen, wie zum Beispiel die hier aus dem Mai 2013 zeigt, dass damals noch der Aufbau eines Simulationshabitats auf der Erde im selben Jahr vorgesehen war. Nun ist ein solches Simulationshabitat an sich noch gar nicht aussagekräftig, aber dennoch fragt man sich schon, was denn mit dem Plan geschah? 2013 war es noch in der Roadmap, aber in der aktuellen sehe ich es nicht mehr.

      Damals sollte auch schon dieses Jahr mit dem Bau eines Kommunikationssatelliten begonnen werden, der 2016 gestartet werden sollte, zusammen mit einer Demonstrationmission und gefolgt 2018 vom Rover. In der aktuellen Roadmap werden dagegen Kommunikationssatellit und Demo beide 2018 gestartet, der Rover 2020. Auch das Weitere verschiebt sich, wobei ich nicht sehe, dass bis jetzt (Ende 2014) auch nur ein technischer Meilenstein erreicht worden wäre.

  9. Vorsicht, der Vergleich mit ExoMars ist nur dann Unsinn, wenn man genaue Kenntnisse der Randbedingungen hat und diese auf dem Mond besser sind als auf dem Mars. Vielleicht ist das Mondgestein ja viel härter. Wurden im Proposal denn die Bohrtiefe, erwartetes Material in das gebohrt wird, die verfügbare Energie und der Bohrdurchmesser angegeben? Wenn nicht, kann man keine exakten Aussagen zu den Extrakosten machen. Tatsache ist aber: Es wird deutlich teurer als suggeriert, mind. jedoch viele hundert Millionen Euro. Und daran ändert sich auch nichts mit Projekterfahrung (braucht man dazu sowieso) oder prominenten Unterstützern (die nur Geld sammeln können).

  10. Ich sehe keinen “Vergleich mit ExoMars” im Artikel von Jan, sondern allein einige Fragen, die er dem Lunar-Mission-One-Projektverantwortlichen stellte. Das halte ich für durchaus legitim. Der ExoMars-Rover ist nun einmal die erste planetare Mission, bei der eine Bohrung, die mehr als ein bloßen Ankratzen ist, mit Probenentahme durchgeführt. Dann ist die Frage legitim, warum das hier anders angegangen wird, zumal die Frage ja nicht impliziert, dass der Fragende es besser zu wissen meint.

    Die Frage ist deswegen umso legitimer, als es bei den Landestellen, die für eine Mars-Rover-Mission von Interesse sind, um Sedimentgestein geht. Auf dem Mond aber ist das natürlich kein Thema, da geht es um magmatisches Gestein, im Hochland sogar um magmatisches Tiefengestein. Um das Bohren im Regolith geht es doch ausdrücklich nicht, oder doch?

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