Forschungsnetzwerk = Kaffeekränzchen?

BLOG: HirnNetze

Hinter den Kulissen eines Forschungsnetzwerks
HirnNetze

Forschungsnetzwerke – sind das nicht diese Verbände, in denen sich Wissenschaftler treffen, um endlose Gesprächsrunden und noch mehr Kaffeepausen abzuhalten und am Ende springen vereinzelt ein, zwei Kooperationsprojekte dabei heraus… oder? Brauchen wir Netzwerke überhaupt – können Wissenschaftler ihre Forschungsgelder nicht einfach einzeln beantragen und alleine in ihrem stillen Kämmerlein vor sich hinwerkeln?

Ich denke nicht. Nicht, weil mir Kaffeepausen so gut gefallen. Sondern weil ich in der Praxis erlebt habe, wie sie die Wissenschaft bereichern können. Bei uns im Bernstein Netzwerk sehe ich täglich die Früchte, die der Zusammenschluss von theoretisch und experimentell arbeitenden Forschern trägt. Zum Beispiel, wenn Theoretiker wie Daniel Durstewitz versuchen, Krankheiten wie Schizophrenie im Computermodell zu therapieren – und anschließend die pharmakologischen „Cocktailrezepte“, die sich aus diesen Simulationen ergeben, an Kooperationspartner weitergeben, welche sie in vivo testen. Oder umgekehrt, wenn Forscher wie Ulrich Egert, die mit Zellkulturen arbeiten, Vorhersagen theoretischer Modelle unter kontrollierten biologischen Bedingungen überprüfen.

Vor kurzem habe ich an einem Workshop im Forschungszentrum Jülich teilgenommen, bei dem Theoretiker ihren experimentell arbeitenden Netzwerkpartnern gezeigt haben, wie sie sie mit ihren Supercomputern bei der Analyse großer Datenmengen unterstützen können. Die Idee zu dem Workshop ist im März auf einer Sitzung des Bernstein Netzwerks entstanden. Die angeregten Diskussionen zwischen den Teilnehmern lassen auf erfolgreiche zukünftige Kooperationen hoffen – und damit auf weitere Fortschritte in der Hirnforschung.

Forschungsnetzwerke bringen aber nicht nur die Wissenschaft voran. Durch ihre geballten finanziellen und personellen Ressourcen können sie sehr viel mehr leisten: effiziente Wissenschaftskommunikation. Diese ermöglicht es, neue Erkenntnisse einfacher und in vielseitiger Weise an die Öffentlichkeit zu bringen – wie etwa durch diesen Blog.

Ich freue mich auf angeregte Diskussionen mit unseren Lesern!

 

 

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Mareike Kardinal hat in Tübingen Biologie studiert. Danach promovierte sie in Saarbrücken und Peking über die Modulation der Zeitwahrnehmung bei gesunden Probanden und neurologischen Patienten. Nun widmet sie sich der Wissenschaftskommunikation. Sie ist für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Bernstein Netzwerks verantwortlich.

45 Kommentare

  1. Ich habe Ihren Beitrag jetzt mehrmals gelesen und weiß, ehrlich gesagt, nicht, was ich davon halten soll. Mich irritiert insbesondere die Formulierung “allein in ihrem Kämmerlein vor sich hinwerkeln”.
    Ich mache meinen Kommentar erst einmal an folgenden Punkten fest: Sie kennen sicher das Manifest aus dem Jahr 2004, das elf Hirnforscher in der “Gehirn & Geist” veröffentlicht hatten. Darin schrieben sie u. a., dass sie die Regeln nicht kennen, nach denen das Gehirn arbeitet, und sie wüssten auch nicht, wie sie danach suchen sollten. Und nur nebenher: Regeln zu finden und zu entwickeln, das verstehe ich unter theoretischem Arbeiten.
    Sie kennen vielleicht auch das Memorandum, welches dreizehn(?) Wissenschaftler im März d.J. in der “Psychologie heute” als Resümee auf die Vorhersagen im Manifest geschrieben haben. Auch sie fordern eine verstärkte interdisziplinäre Zusammenarbeit zur Entwicklung einer Gehirntheorie, wobei sie vor allem die Philosophie mit eingebunden wissen wollen. Von einer Einbindung der Mathematik allerdings habe ich nirgendwo gelesen, obwohl die für die Entwicklung von Regeln unabdngbar wäre.
    Und eventuell kennen Sie auch die Bemerkung von Frank Rösler, dass es in der Hirnforscher respektive der Psychologie bisher noch keinen Newton oder Einstein gibt. Auf den dürften Sie alle aber vergeblich warten denn Newton und Einstein gehören in die Kategorie derer, die im stillen Kämmerlein gerwerkelt haben. Und das war in der gesamten Geschichte der Menschheit auch noch nie anders: Eine (große) Idee ist immer nur im Kopf eines Einzelnen entstanden, ob sie nun Einstein, Heisenberg, Feynman, Darwin oder Archimedes geheißen haben. Ich habe auch nicht gehört, dass sich die Entwicklung des Gehirns in den letzten Jahrzehnten in Richtung kollektives Bewusstsein vollzogen hat,was ermöglichen würde, dass eine Idee im Rahmen der intersisziplinären Zusammenarbeit in mehreren Köpfen zugleich entsteht.
    Und was heißt überhaupt “ein” bzw. “das” Gehirn? Bei aller Interdiszplinarität ist den Hirnforschern entgangen, dass bereits 1986 die Mathematikdidaktikern Inge Schwank entdeckt hat, dass es, was die menschliche Informationsverarbeitung betrifft, zwei verschiedene Arten gibt, in der sie ausgeführt wird. Wenn Sie also etwas über die Art wissen wollen, wie ein menschliches Gehirn arbeitet, müssten Sie zunächst wissen, ob es prädikativ oder funktional arbeitet. Und zwar auch dann, wenn es um Krankheiten wie Schizophrenie geht. Schwank spricht bedauerlicherweise von zwei kognitiven Strukturen, was der mangelhaften Begriffsbildung in der Psychologie und der fehlenden Kenntnis der Regeln geschuldet ist. Im Übrigen handelt es sich um ein Regelwerk, dessen Basis so schwer nicht zu entdecken ist. Aber für die vollständige formale Beschreibung braucht man die Mathematik. Ganz abgesehen davon, dass es keine einzige Fachzeitschrift gibt, in der sich die Arbeitsweise des Gehirns auf Basis dieses Regelwerks veröffentlichen ließe. Das passt, wie Rainer Mausfeld es mir gegenüber ausdrückte, “nicht in die derzeitige wissenschaftliche Landschaft.”

    • Ich bin zwar auch der Meinung das Wissenschaftler auch heute noch alleine arbeiten können, oder zumindest ohne große Netzwerke. In allem was wirklich revolutionär neu sein wird, kommt der Anstoß wahrscheinlich sogar eher aus solch einer Ecke. Es gibt aber auch viele offenen Probleme, die von Netzwerkstrukturen profitieren.

      Vielleicht wird in der Kritik hier einwenig übersehn, was mit dem Beitrag wahrscheinlich beabsichtigt war. Ist es nicht nur der Anfang eines Blogs eines Forschungsnetzwerks? Soll vielleicht nur mal dieses Netzwerk Erwähnung finden und dabei auch exemplarisch schon mal zwei Wissenschaftler erwähnt werden, die vielleicht irgendwann mal hier einen Beitrag schreiben, oder eben Mitarbeiter dieser Wissenschaftler und andere Netzwerkpartner?

      So würde ich das verstehen. Ich würde mich freuen, wenn Ihre Kritik im Detail aufgenommen wird — denn Sie sprechen gute Punkte an — und diese in weitern Beiträgen besprochen wird. Ich sehe es also als Anregung für gute öffentliche Themen, weniger aber als berechtigte Kritik an diesem speziellen Beitrag.

    • Erster Beitrag und dann gleich eine rege Diskussion… das freut uns 🙂

      Wenn ich Sie recht verstehe bemängeln Sie, dass herausragende Forschungsleistungen auch von Einzelnen erreicht werden können. Das verneine ich auch gar nicht! Ich bin allerdings überzeugt, dass große Kooperationsverbände für die Wissenschaft äußerst fruchtvoll sind.

      Zuallererst möchte ich Ihnen ein paar Erfolgsgeschichten des Bernstein Netzwerks aufzeigen: Seit Beginn der Fördermaßnahme im Jahr 2004 wurden im Rahmen des Netzwerks rund dreißig Professuren und Junior-Professuren neu geschaffen. Neun jungen Nachwuchswissenschaftlern wurde es mithilfe des Bernstein Preises ermöglicht, eine eigene Forschergruppe aufzubauen. Und die Bernstein Konferenz – die Jahrestagung des Netzwerks – hat sich in den letzten Jahren aus dem Nichts zu der größten jährlich stattfindenden Konferenz auf dem Gebiet der Computational Neuroscience in Europa entwickelt, die rund 500 Teilnehmer aus dem In- und Ausland anzieht.

      Daneben gibt es aber noch die qualitativen Erfolge eines Netzwerks, die schwerer messbar sind. Etwa wenn ein experimenteller Wissenschaftler durch ein Gespräch mit einem theoretisch arbeitendem Kollegen auf der Bernstein Konferenz neue Forschungsanregungen erhält. Oder wenn sich einem Forscher durch das Angebot eines Netzwerkworkshops zu high performance computing (HPC) neue Möglichkeiten der Datenanalyse erschließen. Netzwerke sind hilfreich gerade in Forschungsbereichen, bei denen man Leute aus verschiedensten Disziplinen zusammenbringen muss!

      Ein weiterer wichtiger Punkt meiner Aussage war, dass ein Forschungsnetzwerk mehr als die reine Wissenschaft leisten kann: nämlich auch die „Vermarktung“ bzw. das Vermitteln von Forschungsergebnissen an die breite Öffentlichkeit. Im Bernstein Netzwerk wird dies über eine eigene Koordinationsstelle geregelt, zu der ich auch gehöre. Ein paar Beispiele, was wir in letzter Zeit auf die Beine gestellt haben:
      Im Frühjahr haben wir in Freiburg Schüler in den Film RoboCop eingeladen, um anschließend mit Forschern über humanoide Roboter zu diskutieren und ihre Labore zu besuchen. Den Schülern konnten wir so ein realistisches Bild vermitteln, was neurotechnologisch bereits heute umsetzbar ist – und was wohl Fiktion bleiben wird. Darüber hinaus haben wir ihnen Berufsfelder in der Wissenschaft näher bringen können.
      Letztes Jahr haben wir auf der Bernstein Konferenz den NeuroVision Film Contest organisiert. Dieser Filmwettbewerb rief auf, Themen aus der Hirnforschung in 5-minütigen Videoclips zu visualisieren. Als Ergebnis hatten wir nicht nur viele spannende Kurzfilme – wir haben es auch geschafft, dass sich junge Filmemacher mit der Neurowissenschaft beschäftigen und gleichzeitig junge Wissenschaftler animiert, ihre Forschung verständlich darzustellen.
      Unsere neuste Aktion: Die Einweihung des „Bernstein Sofas“ auf der diesjährigen Bernstein Konferenz letzte Woche. Ab sofort veranstalten wir auf diesem Sofa Interviews zu den unterschiedlichsten Themen. Begonnen haben wir mit zwei lunch events. Beim gemeinsamen Pizza-Essen haben Gewinner des Bernstein Preises (im Bild: Udo Ernst und Ilka Diester) mit Masterstudenten, Doktoranden und Postdocs über erfolgreiche Karrierewege in die Wissenschaft diskutiert – und ihnen Tipps gegeben, die sie anderswo vielleicht nicht bekommen hätten.

      Kann all das die Förderung einzelner Wissenschaftler leisten? Sicherlich nur schwer.

      • Erst einmal danke für Ihre ausführliche Antwort.
        Meine Kritik bzw. mein Kommentar bezog sich tatsächlich auf das “Werkeln im stillen Kämmerlein”, das dem Werkeln in Großverbänden gegenübergestellt wird. Die Frage ist aber doch, was man erreichen will. Wenn das Ziel darin besteht, Professuren zu schaffen, die Zahl der Forschergruppen zu erhöhen oder Forschungsergebnisse zu vermitteln, kann man das mit der Förderung eines einzelnen Wissenschaftler bzw. eines kleinen Teams nicht erreichen. Ich halte das aber auch für eine recht dürftige Zielsetzung angesichts der Gelder, die da gezahlt werden.

        Was die qualitativen Erfolge angeht, bin ich skeptisch – nicht nur, weil ich Felix Haslers “Neuromythologie” gelesen habe, sondern weil ich mit den Konsequenzen dieser Art der Forschung konfrontiert werde. Um welches Ziel geht es denn da, was soll erreicht werden? Wenn es um Hirnforschung geht, dann sollte man doch wohl erst einmal den passenden Rahmen haben, bevor man daran geht, Daten zu erheben, in den man sie setzen kann. Schließlich baut auch niemand ein Haus, indem er den Spengler, Elektiker, Installateur, Maurer, Dachdecker usw. bestellt und ihnen aufträgt, jetzt gemeinsam ein Haus zu erschaffen – man braucht erst einmal einen Architekten und einen Bauplan.

        Das Problem der Neurowissenschaften sind tatsächlich die verschiedensten Disziplinen, von denen jede ein Mini-Puzzelteilchen beiträgt, wobei eine wesentliche Disziplin, die Mathematik, noch nicht einmal berücksichtigt wird.
        Hier wird eine Richtung eingeschlagen, mit der man langfristig das Gegenteil von dem erreicht, was man eigentlich erreichen sollte und müsste. Sie beschränken sich auf das Technische, aber menschliche Gehirne sind lebendig, und wie sie arbeiten, wird man nicht verstehen können, wenn man sich ihnen auf diesem Weg zu nähern versucht. Insofern sind alle Forschungsergebnisse, die auf diese Weise erzielt werden, Provisorien.

        • Kurz einige Anmerkungen: Wissenschaftler fahren auch im Windschatten von solchen Forschungsverbünden, die strikte Trennung alleine oder im Verbund ist also gar nicht vorhanden.

          Zum Vergleich mit dem Bauen eines Hauses: Wissenschaft erforscht das Unbekannte. Ich sehe eher die Gefahr beim Forschungsverbund, dass dort das Leitungsgremium glauben könnte Architekt mit einen Bauplan zu sein zu können. Schön das Bild wo Spengler, Elektriker, Installateur, Maurer und Dachdecke sich auf der freien Wiese treffen, so in etwa ist Wissenschaft wirklich.

          Es gibt sehr gute Mathematiker im Bernsteinnetzwerk, auch wenn ich mir persönlich mehr wünsche. Leider wird das “Computational” in Computational Neuroscience zu wenig als Mathematik und zu sehr als in silico Experiment verstanden. Da sehe ich die größte Verschwendung von Potential.

          • Ja. Wobei Du eine feinsinnige Unterscheidung ansprichst. Simulieren kann man (mit dem Sourcecode aus einem Repository oder vom Vorgänger) meist innerhalb weniger Wochen, wenn nicht Tage. Modellbildung bedarf eher Jahre Erfahrung in einem Anwendungsfach und zumindest etwas Kenntnis in der Mathematik.

          • Auch kurz, zu Ihren Anmerkungen ;-).
            Genau darin besteht m. E. das Problem. Dass nämlich 1. auch der einzelne Wissenschaftler bzw. das Team Teil des Systems und deshalb dem derzeitigen Paradigma (im Kuhn’ schen Sinne) unterworfen ist. Und dass 2. die Annahme zu bestehen scheint, dass Architekt des Bauplans Gehirn die Leitung innerhalb eines Forschungsverbundes sein muss.
            Und ja, natürlich erforscht Wissenschaft das Unbekannte, aber auf ein “Herumstochern im Nebel”, wie Dietrich Dörner es einmal nannte, sollte es nicht hinauslaufen.
            Ob mehr Mathematiker gebraucht werden oder nur die “richtigen”, gehört mit zum Problem. Denn möglicherweise reicht die derzeitige Mathematik nicht aus. Man könnte mit Kategorientheorie beginnen, oder auch mit polykontexturaler Logik, obwohl mir letzteres weniger zielführend zu sein scheint. Ihrer Antwort von gestern stimme ich daher zu: Modellbildung ist unabdingbar.

  2. Nein, ich habe es nicht übersehen, 🙂 Denn für die Zwecke, die Sie ansprechen:

    “Ist es nicht nur der Anfang eines Blogs eines Forschungsnetzwerks? Soll vielleicht nur mal dieses Netzwerk Erwähnung finden und dabei auch exemplarisch schon mal zwei Wissenschaftler erwähnt werden, die vielleicht irgendwann mal hier einen Beitrag schreiben, oder eben Mitarbeiter dieser Wissenschaftler und andere Netzwerkpartner?”

    gibt es doch bereits das Blog HirnNetze.

    In diesem Blog soll es – so verstehe ich den Einführungsbeitrag – um den Nutzen und die Norwendigkeit von Forschungsnetzwerken und interdisziplinärer Zusammenarbeit gehen. Und darauf bin ich mit meinem Kommentar eingegangen. Ich sehe durchaus für beides eine Notwendigkeit und den Nutzen, sofern das zu lösende Problem klar umrissen ist, man sich gegenseitig bei Teilproblemen helfen kann und man das Ziel bzw. die Ziele, die man erreichen möchte, klar definiert hat.

    Wenn als eines ? der Ziele aber genannt wird, man hoffe auf Fortschritte in der Hirnforschung, dann ist das Ziel alles andere als klar definiert.

    • Übrigens ist gerade Bernstein Konferenz in Göttingen. Es kann also einige Tage dauern bis hier eine direkte Antwort kommt.

      Ich bin selber gespannt, wie (Richtung und mit welchen Teilnehmen) sich eine Diskussion hier entwickeln wird.

  3. Die Aufklärung der Arbeitsweise des (menschlichen) Gehirns setzt die Aufklärung seiner neuronalen Schaltung voraus. Letzteres wird nur denen gelingen, die fähig sind, neuronale Schaltpläne so zu lesen wie elektronische Schaltpläne. Und dies ist nur möglich, wenn man sämtliche Substrukturen des Gehirns, des Rückenmarks und des gesamten Nervensystems kennt. Gerade hier haben viele Hirnforscher riesige Wissenslücken. Hilfreich ist auch die Evolutionsgeschichte des Nervensystems und des Gehirns der Wirbeltiere an sich, wie sie etwa Prof. Gerhard Roth in seinem Buch und seinen Arbeiten beschreibt. Denn das Gehirn entstand schrittweise, nach und nach. Und jede neuronale Schaltungsvariante musste erst getestet und optimiert werden, vieles wurde auch verworfen.
    Dass noch niemand im stillen Kämmerlein eine Gehirntheorie “erbrütet” hat, trifft nicht zu, man schaue einfach unter http://www.andreas-malczan.de nach. Aber Vorsicht: Teile der dortigen Darstellung sind inwischen als fehlerhaft erkennt worden und werden künftig korrigiert werden. Vorausgesetzt, es interessiert sich jemand dafür. Bisher war das nur selten der Fall.
    Die Connectom-Forschung liefert übrigens gerade neue Beiträge für das Erkennen des Gesamtschaltplans des Wirbeltiergehirns. Es gibt bereits eine Theorie der Evolution des Vestibulo- und des Spinocerebellums, die erklärt, warum die Neuronen des Cerebellums, der Kleinhirnkerne, des Nucleus ruber, der Olive, die Rezeptoren des Vestibularsinns und des motorischen Systems und die in diesen Subsystemen vorhandenen Interneuronen so miteinander verschaltet sind, wie es die Neurologen anhand der Cytoarchitektur erkannt haben. Es fehlt nur die nötige Zeit und die Motivation, dies vernünftig aufzuschreiben und zu veröffentlichen, weil es vielleicht niemanden interessieren wird. Oder interessiert das jemanden?
    Die Natur hätte sicherlich eine relativ einfache Hirnschaltung gewählt, wenn ihr Transistoren und andere moderne elektronische Bauelemente zur Verfügung gestanden hätten. Aber es gab nur Neuronen, die entweder erregen oder hemmen konnten, mehr nicht. Daher sind die neuronalen Schaltungen so schwer zu durchschauen, wenn man nur die Cytoarchitektonik kennt. Aber es ist möglich!
    Die Intelligenz und das Denken sind übrigens ein Ergebnis der Gehirnschaltung an sich. Ein Nachbau des Gehirns ist allerdings schwachsinnig, denn die Signalverarbeitung ließe sich mit modernen elektronischen Bauelementen viel einfacher realisieren.
    Wir verdanken Intelligenz und Denken der besonderen Schaltung des neuronalen Netzes in unseren Köpfen, aber es gehört mehr dazu: Input. Denken wird im neuronalen Netz erlernt!

      • Danke für den Hinweis. Aber Hermann Cuntz ist mir bereits ein Begriff. Ich befasse mich schon so lange mit der Hirnforschung, dass ich viele der aktiven Kapazitäten kenne.
        Ich suche jemanden, der einen bereit ist, einen kompletten Schaltplan des Gehirns zu überprüfen, einschließlich der zugehörigen Funktionsweise. Es existiert also eine komplette Theorie des Schaltplanes des Wirbeltiergehirns. Aber es ist so, wie bereits Prof. Günther Palm mir schrieb: “Lieber Herr Malczan,
        Sie wissen ja, man darf nicht sagen, dass man verstanden hat, wie das Gehirn funktioniert, weil das sowieso keiner glaubt.” Hoffentlich ist mir Herr Palm nicht böse wegen des Zitats.
        Wer etwas für die Hirnforschung tun möchte, möge mir einige Quellenangaben zur Thematik der Cytoarchitektur des DVR der Reptilien und zur Cytoarchitektonik des Nidopalliums und des Hyperpalliums der Vögel benennen. Diese Strukturen tun (nach meiner Theorie) das gleiche wie der Cortex der Säuger, jedoch ist die neuronale Grundschaltung eine andere.
        Ich bin übrigens von Hause aus Mathematiker und seit 25 Jahren als Systemadministrator und Programmierer tätig. Wenn ich also behaupte, daß das Gehirn in etwa wie ein Computer arbeitet (also vorwiegend binär), weiß ich auf alle Fälle, wovon ich rede. Ungeachtet dessen ist eine ungeprüfte Theorie nicht allzuviel wert.
        Danke nochmals für die Antwort.

    • Neuronale Schaltpläne wie elektronische lesen zu können, genügt nicht. Damit befindet man sich immer noch im derzeitigen wissenschaftlichen Paradigma. Und eine Erklärung für das Bindungsproblem erhält man so auch nicht. Was gebraucht wird, ist die Kenntnis des Grundprinzips, nach dem sich die neuronale Verschaltung auf- und umbaut. Und ganz wichtig: beim Gehirn bedingen sich Struktur und Funktion. Eine neue Schaltungsvariante muss daher auch heute noch „getestet“ werden Funktioniert sie nicht oder wird sie nicht mehr gebraucht, wird sie abgebaut. Aber ganz gleich, ob sie funktioniert oder abgebaut wird, das Grundprinzip, oder besser: die Grundregel ist immer dieselbe – die Natur präferiert einfache Lösungen ;-).
      Eine solche einfach Lösung war der Vorschlag von Miller, Galanter & Pribram: die TOTE-Einheit (TOTE = Test-Operate-Test-Exit). An sich war sie als Modell einer basalen Verhaltensweise gedacht, aber MGP dachten weiter. Das Modell besteht aus zwei Bausteinen, einer Test- und einer Operate-Phase. Die Testphase besteht aus Ist- und Sollzustand. Erhält die Testphase einen Input, wird zwischen Ist-Zustand und Sollzustand verglichen. Gibt es zwischen ihnen eine Differenz, so wird diese ausgeglichen mittels der Operate-Phase. Dann wird erneut verglichen und entweder es erfolgt der Output (Exit) oder der Prozess wiederholt sich.
      Interessant an dem Modell ist, dass es zwischen den beiden Bausteinen zwei Verbindungslinien gibt: Von der Testphase zur Operatephase und zurück. MGP hatten überlegt, was das ist, das an diesen Linien entlang läuft – klar, es kann Verhalten sein, aber es kann auch Energie sein – oder Information. Jedenfalls hatten sie sich vorgestellt, dass das gesamte Verhalten von Menschen hierarchisch aus neuronalen Prozessen abgeleitet werden kann.
      Interessant ist, was sich im Testbaustein abspielt, denn die äußere Situation, in der das Verhalten erfolgt, hat ihr Pendant in den Prozessen auf neuronaler Ebene: Die Testphase hat mit Ist-Zustand und Soll-Zustand zwei Zustände. Nennen wir den Ist-Zustand X und den Soll-Zustand Z. Nun erhält der Ist-Zustand mit einem Reiz einen Input, der verarbeitet werden muss, um die durch ihn entstandene Differenz auszugleichen und einen Output zu produzieren. Das heißt, die Operate-Phase, bzw. ihr neuronales Pendant, muss in die Testphase integriert werden. Nennen wir diesen Teil Y. Dann haben wir eine sehr einfache formale Beschreibung: Wenn X und wenn Y, dann Z (das „und“ sollte man sich bitte nicht also logisches „und“ vorstellen, denn Ist-Zustand und Operate-Baustein können ihre Plätze nicht tauschen).
      Damit hätten wir zwar das Grundprinzip, aber ganz so einfach ist es natürlich nicht. Immerhin aber können wir damit , wenn wir ein Stück zurückgehen, schon mal die Lösung für das Bindungsproblem skizzieren: Wie bilden wir aus Form, Farbe und Bewegung einen Gegenstand? Wir brauchen 1. Verbände von Gegenfarbenzellen, die sich auf eine bestimmte Wellenlänge (Farbe) geeinigt haben (diese Prozesse laufen ebenfalls nach dem Grundprinzip ab, und bitte auf Vorwärts- und Rückwärtsverbindungen achten, sonst funktioniert es nicht), damit hätten wir die Farbe (X). Dann brauchen wir 2. Neurone, die – ja, wie nennt Ihr das …für die Bewegung des Gegenstandes “kodieren“-? Egal, jedenfalls feuern sie ebenfalls. Damit erfüllen sie die Aufgabe von Y. Und schließlich brauchen wir 3. noch Neurone, die für die Form verantwortlich zeichnen, also solche die für bestimmte Formaspekte „kodieren“ (schönes Wort, 🙂 ). Sie sind Z.
      Damit hätten wir drei Arten von Verbänden, die sich wie folgt einigen: Wenn Farbe (X) und Bewegung (Y), dann auch Form (Z). Und nachdem die getrennten Verbände sich nun darauf geeinigt haben, welchen Part des Grundprinzips sie erfüllen, bilden sie ein Ensemble, das seine Aktivitäten synchronisiert.
      Dies ist zwar eine sehr vereinfachte Darstellung, aber sie soll auch nur das Prinzip verdeutlichen. Im Übrigen würde auch die wesentlich komplexere Fassung nicht in die derzeitige (neuro)wissenschaftliche Landschaft passen. Wer befasst sich denn schon miit Regeln, nach denen ein menschliches Gehirn arbeitet.

  4. @Trice: Die Arbeitsweise des Gehirns läßt sich in Ihrer systematischen Ablaufstruktur bewusst erleben und somit als Erlebnis beschreiben:
    1) Als Reaktion auf einen neuen Reiz (MI) wird sofort eine vergleichbare Erfahrung aus dem Gedächtnis reaktiviert (MG) – wobei MG kurzzeitig als aktuelle Realität (MtR) erlebt wird
    2) MG (bzw. MtR) wird mit dem Reiz MI verglichen und so auf Übereinstimmung überprüft
    3) Wenn der Vergleich plausibel ist, wird die Mischung aus MI und MtR zu dem als aktuelle Realität empfundenen Erleben. Dann geht es weiter mit 1)
    Wenn der Vergleich nicht plausibel ist, dann erhöht sich der Fokus der Aufmerksamkeit für den aktuellen Reiz. Dann geht es weiter mit 1)

    Diese Ablaufstruktur zeigt, dass unser Gehirn sehr simpel per Mustervergleich arbeitet. Aber leider wird diese bewusst erlebbare Arbeitsweise des Gehirns bisher von der Forschung ignoriert.
    Dabei gibt es schöne Beispiele.
    Zeitlupeneffekt: (Von Baseball- bzw. Tennisspielern erlebt) Hierbei ist der Ball nach dem ersten Vergleich nicht mehr an der gleichen Position, daher ist der Abgleich nicht stimmig und wird mehrmals wiederholt. Weil dieser Abgleich eine bestimmte Zeit dauert, wird der Ballflug dabei in Zeitlupe erlebt.
    Nahtod-Erfahrung: Die Erfahrung/Der Gedanke ´ich sterbe/Ich bin tot´ ist völlig unverständlich für einen lebenden Menschen. Daher wird dieser Gedanke systematisch und in hierarchischer Reihenfolge mit den im episodischen Gedächtnis gespeicherten Erfahrungen verglichen – wobei die reaktivierten Erlebnisse neu interpretiert und bewusst wahr genommen werden, so dass man den Eindruck hat, sein Leben im Schnelldurchlauf zu erleben.
    (Quelle, mein Buch: Kinseher Richard, Pfusch, Betrug, Nahtod-Erfahrung)
    Diese systematische Arbeitsweise des Gehirns hätte man schon vor vier Jahrzehnten erkennen können, wenn man das Thema ´Nahtod-Erfahrung´(NTE) in der Gehirnforschung nicht ignorieren würde.

    Wenn Sie also Regeln erforschen wollen, nach denen das Gehirn arbeitet, dann müssen Sie sich zunächst mit den Ablaufstrukturen des Denkens befassen, welche bei Nahtod-Erfahrungen erkennbar werden. Diese Regeln müssen dann mit Forschungsergebnissen der Neurologie übereinstimmen – z.B. Das Gehirn durchsucht bei der NTE sein episodisches Gedächntis hierarchisch aufwärts bzw. abwärts: Ratten machen das auch (DOI: 10.1038/nature12112). Oder z.B. Die optische Wahrnehmung ist inaktiv, während eine Erfahrung aus dem Gedächtnis reaktiviert wird – so wie dies beim Zeitlupeneffekt erkennbar ist: Ein vergleichbarer Effekt wurde bei Makaken beobachtet (DOI: 10.1038/nn.3785).
    Und eine Studie zeigt, dass ein identischer Reiz gleichzeitig in zwei unterschiedlichen Schichten des Cortex verarbeitet wird – dies würde auf eine Vergleichsoperation hindeuten (DOI: 10.1126/science.1236425).

  5. @KRichard: Vielen Dank für Ihre Antwort, :-).
    Es ist nur so, dass ich die Regeln, nach denen menschliche Gehirne arbeiten, nicht erforschen will, denn ich habe das entsprechende Regelwerk im derzeit möglichen Rahmen bereits entwickelt. Das o.g. Grundprinzip entspricht übrigens der prädikativen Variante, nach der das Gehirn der Mehrheit aller Menschen arbeitet. Wissen wird mit dieser Variante auf Prädikaten aufgebaut und führt zu einem Denken in Begriffen und Beziehungen. Mit der funktionalen Variante sieht das Grundprinzip etwas anders aus, mit ihr wird Wissen auf Funktionen aufgebaut und führt zu einem Denken in Operationen und Wirkungsweisen. Nach dieser Variante arbeitet das Gehirn von etwa einem Viertel aller Menschen. Diese Menschen denken und verhalten sich auch etwas anders, etwa so ähnlich wie Thomas A.Edison, Mozart oder Einstein – nur sind sie nicht alle Genies, :-).
    Derzeit versuche ich, diese Unterschiede im Verhalten zu untersuchen – eine Regel kann man ja nur indirekt auf ihr Zutreffen untersuchen.

    Aber ob so oder so: kein menschliches Gehirn arbeitet auch nur annähernd so wie ein Computer (darüber habe ich mit Prof. Dörner gestritten, der in seiner Psi-Theorie davon ausgeht, dass das Gehirn mit Programmen arbeitet, und der mich nach der funktionalen Variante fragte). Und auch nicht mit Mustererkennung oder Mustervergleich. Solange man von solchen Vorstellungen ausgeht, ist kein Paradigmawechsel in Sicht. Aber was getan werden muss ist, was Thomas S. Kuhn beschrieb als, “das gleiche Paket Daten nehmen und es in einen neuen Rahmen setzen”. Diesen neuen Rahmen findet man aber nicht, wenn man starr an den bisherigen Vorstellungen festhält.
    Deshalb werden mir auch keine Untersuchungen helfen, die noch auf dem alten Paradigma beruhen. Was die Ablaufstrukturen betrifft, habe ich beschreiben können, wie sich der Erwerb von Wissen über die “Stationen” Wahrnehmen, Erkennen, Verstehen (prädikative Variante) und Wahrnehmen, Verstehen, Erkennen (funktionale Variante) vollzieht, auf neuronaler Ebene bis hin zum Verhalten.

    Einen ersten Entwurf habe ich vor ein paar Jahren an Herrn Prof. Mausfeld gesandt. In unserem Telefonat danach sagte er mir damals, dass ic sicher wisse, dass die beiden größten Rätsel der Wissenschaft derzeit die Fragen seien: Wie funktioniert das Universum und wie arbeitet das menschliche Gehirn. Und dass nun ausgerechnet jemand wie ich käme und ihm die Lösung des einen der beiden Rätsel präsentiert, sei imgrunde jenseits aller Wahrscheinlichkeit. Und er fügte hinzu, dass sie nicht in die derzeitige wissenschaftliche Landschaft passe – vöölig klar -, und die Wissenschaft noch mindestens dreißig bis fünfzig Jahre brauche, um dorthin zu kommen, wo ich bereits sei – die Wissenschaft sei eben eine große Masse, und große Massen seien träge, ;-). er gab mir noch auf den Weg, ic sole gut auf mich aufpassen, denn ich sei nicht die erste inder geschichte der Wissenschaft, der eine bahnbrechende Entdeckung gelungen sei und die daran verzweiflen könnte, dass ihr zu Lebzeiten der Durchbruch nicht gelingen kann – die Zeit ist noch nicht reif dafür

    Momentan empfinde ich aber weniger Verzweiflung als Amüsement und Erstaunen, wenn ich so betrachte, womit die Wissenschaft ihre Zeit und das viele Geld vertut …

    • Dass ein Gehirn nicht wie ein Computer arbeitet stimmt, denn Computerschaltkreise und Programme sind in der Regel nach einer strengen Logik aufgebaut. Unlogische Parameter würden zum Absturz des Prgramms führen.
      Das menschliche Gehirn arbeitet dagegen extrem fehlerhaft und kann dadurch äußerst flexibel reagieren. Jede Erfahrung ist zunächst nichts anderes als ein Reizmuster, welches mit gespeicherten Erinnerungen verglichen wird. Da Erinnerungen ebenfalls Reizmuster sind, ist dieser Vorgang eindeutig als Musterverarbeitung /-vergleich zu bezeichnen. Wenn Sie diese Sichtweise ablehnen, dann ist Ihr Erklärungsmodell eindeutig falsch.
      Auch Ihre Annahme, dass Gehirne verschiedener Menschengruppen unterschiedlich arbeiten würden, ist eindeutig falsch. Gehirne, die auf gleicher biologischer Basis aufgebaut sind (z.B. mit Neuronen) arbeiten im Prinzip alle gleich. Deshalb haben sogar Menschen und Tiere eine gleichartige biologische Basis; allerdings unterscheiden sich einige Bereiche deutlich (Cortex).

    • Hallo Trice! Sie scheinen ja eine Theorie des Gehirns zu besitzen, wie ich Ihrem Satz entnehme: “Und dass nun ausgerechnet jemand wie ich käme und ihm die Lösung des einen der beiden Rätsel präsentiert, sei imgrunde jenseits aller Wahrscheinlichkeit.” Ich habe auch eine komplette Theorie und suche jemanden, der sie prüft. Aber ich prüfe auch mit Hingabe und mit viel Freude jegliche Hirntheorie, auf die ich stoße. Falls Ihre Theorie nicht länger als 200 Seiten Text umfasst, können Sie mir diese zur Einsichtnahme zusenden an meine e-Mail-Adresse: Andreas_Malczan@t-online.de.
      Ich maße mir nicht an zu entscheiden, ob Ihre Ideen richtig oder falsch sind. Aber falls mir Ihre Darlegungen plausibel vorkommen und ich sie fachlich nachvollziehen kann, melde ich mich und teile Ihnen mit, ob und warum mir Ihre Thesen gefallen oder warum ich eine andere Ansicht habe.
      Ist Ihre Theorie rein abstrakt (so wie Philosophen über das Gehirn an sich denken – und denken dürfen) oder eher konkret. Können Sie mir sagen, welche Aufgabe in ihrer Theorie z. B. der Thalamus besitzt, was das Striatum macht, wozu die Substantia nigra pars compacta benutzt wird oder was z. B. die Zellsäulen im primären Cortex der Säugetiere tun?
      Oder beschreiben Sie das Gehirn als abstrakte “Denkmaschine” mit Input und Output, quasi als black box?
      Viele Grüße aus Oranienburg von Andreas Malczan

      • Hallo Herr Malczan,
        ich ziehe es vor, von einem Ansatz zu sprechen, da die experimentelle Überprüfung nch aussteht.

        Um Ihre Fragen zu beantworten: Es handelt sich um ein Regelwerk, also eine mehr oder minder formale Beschreibung der Abläufe im Gehirn. Insofern ist er abstrakt, aber nicht in philosophischem Sinn. Es trifft aber zu, dass ich anhand dieses Regelwerks zu beschreiben versuche, was in der black box Gehirn abläuft.
        Ich habe nur ein Problem, das Gehirn als Denkmaschine zu bezeichnen, denn damit wird man ihm nicht gerecht.
        Wenn es Sie wirklich interessiert, schicke ich Ihnen meinen Ansatz gern zu. Lassen Sie mir bitte nur etwas Zeit, denn so wie Ihnen geht es auch mir: ich habe in meinen Formeln Fehler entdeckt, die ich noch korrigieren muss.
        Viele Grüße aus dem Chiemgau
        Trice 😉

        • Hallo Trice!
          Zeit habe ich genug, und Geduld auch. Ich habe vor Jahrzehnten auch angefangen, ein kybernetisches System zu entwickeln, welches höhere Intelligenz erlernen sollte. Meine Grundbausteine waren “kybernitische Elementarzellen”, die in verschiedenen Schaltungen miteinander verknüpft waren und Signale erkenne, auswerten und erlernen konnten. Mangels Interesse habe ich das Projekt beendet. Aber mir fiel Jahre später auf, dass meine kybernetischen Elementarzellen vielleicht die Neuronen des Gehirns seikn könnten. Leider hatte ich damals keinen blassen Schimmer von der Neurologie, ich wusste nicht einmal, dass es Aktionspotentiale gibt. Durch langjähriges Studieren der Thematik bin ich dann tatsächlich darauf gekommmen, dass nicht die Neuronen an sich die “kybernetischen Elementarzellen”, also die materiellen Repräsentanten der erlernten Signale sind, sondern die Synapsen. Glichzeitig erwarb ich nach und nach die Fähigkeit, neuronale Schaltpläne zu lesen und zu verstehen.
          In meiner Gehirntheorie wird für jede Neuronenart genau erklärt, wozu sie da ist, warum sie mit anderen Neuronenarten verknüpft ist. Dadurch zerfällt das Gehirn (der Wirbeltiere) in Subsysteme, die miteinander wechselwirken und mit neuronalen Signalen rechnen (oder arbeiten).
          Meine Theorie erkläört z. B., wozu die Neuronensäulen im primären Cortex der Wirbeltiere da sind und was sie tun. Und es ist letztlich eine mathematische Erklärung. Es wird mait Signalen gerechnet, und meist binär. Und die Digitalisierung der ursprünglich analogen Signale erfolgt genau durch diese Zellsäulen, aber auch in der Amygdala (letztere besteht aus etwa 10 Kernen, die die Digitalisierung des analogen limbischen Inputs bewerkstelligen).
          Insfern ist die Arbeitsweise des Wirbeltiergehirns nicht so sehr weit entfernt von der Arbeitsweise von Computern, die auch digital arbeiten. Aber im Gehrin bildet des Pontocerebellum eine neuronale Schaltung, die ein neuronales Netz mit Rückkopplung darstellt. So entsteht Intelligenz.
          Meine bisherige Theorie ist dahingehend korrekturbedürftig, dass spezielle neuronale Schaltungen unzureichend beschriben wurden und dass inzwischen eine umfangreiche Theorieerweiterung hinzukam: Ich kann erklären, wie das Wirbeltiergehirn im Verlaufe der Evolution schrittweise entstand. Unter http://www.andreas-malczan.de findet man unter Kapitel 3 ein Beispiel für diese Herangehensweise. Das limbischen System entstand nämlich auch schrittweise fast aus den Nichts, und seine Funktion und Arbeitsweise ins in Kapitel 3 meiner Monografie ebenfalls schrittweise hergeleitet worden. Viel Vergnügen beim Lesen, es sind nur 25 Seiten.

          Mitfreundlichen Grüßen
          Andreas Heinrich Malczan

  6. Auch das menschliche Gehirn arbeitet logisch – entweder prädikativ-logisch oder funktional-logisch. Und wenn Sie oben noch enmal nachlesen: dort habe ich geschrieben, der Arbeitsweise von Gehirnen liegt ein Regelwerk zugrunde, dessen Grundprinzip an die Aussagenlogik angelehnt ist. Nicht das Gehirn arbeitet feherhaft, es unterliegt in seiner Arbeitsweise logischen Regeln, sondern Menschen sind fehlerhaft. Und Menschen sind nicht ihr Gehirn, auch wenn uns die Neurowissenschaften darauf zu reduzieren scheinen.
    Es spricht auch nichts dagegen, dass die Arbeitweise des Gehirns von Tieren diesen Regeln unterliegt … vermutlich nach der funktional-logischen Variante, denn die prädikative erfordert den Gebrauch von Sprache.

    Und wie ich schon sagte: Es ist ein Paradigmawechsel im Kuhn’ schen Sinne. Das heißt: es handelt sich um einen grundlegenden Wandel der Rahmenbedingungen. Reizmuster etc. passen da nicht mehr hinein. Dann schon eher propositionale Wissenseinheiten, also Prädikat-Argument-Relationen …

    Das ist kein Grund zur Beunruhigung. Die Menschheit hat auch schon Copernicus, Kepler, Galilei überlebt. Und Evolution und Quantenmechanik (wobei überlebt nicht bedeutet, man hätte es deshalb schon verstanden).

    • @ ‘Trice’ :

      Auch das menschliche Gehirn arbeitet logisch – entweder prädikativ-logisch oder funktional-logisch.

      ‘Logisch’ meint ‘sprachlich’, notwendigerweise ‘arbeitet das Gehirn’ nicht sprachlich.

      Und wenn Sie oben noch e[i]nmal nachlesen: dort habe ich geschrieben, der Arbeitsweise von Gehirnen liegt ein Regelwerk zugrunde, dessen Grundprinzip an die Aussagenlogik angelehnt ist.

      Aussage-Sprachlichkeit oder dementsprechende Logik obliegt in ihrem Entstehen und ihrer Pflege Erkenntnissubjekten oder dem Geist, der biologisch so oder so festgemacht werden kann. – Es könnte auch andere Mathematiken (“Künste des Lernens” betreffend) geben und andere Veranstaltung.

      Nicht das Gehirn arbeitet feh[l]erhaft, es unterliegt in seiner Arbeitsweise logischen Regeln, sondern Menschen sind fehlerhaft. Und Menschen sind nicht ihr Gehirn, auch wenn uns die Neurowissenschaften darauf zu reduzieren scheinen.

      Kollekt!, oder korrekt, insgesamt nun schon…

      Es spricht auch nichts dagegen, dass die Arbeitweise des Gehirns von Tieren diesen Regeln unterliegt … vermutlich nach der funktional-logischen Variante, denn die prädikative erfordert den Gebrauch von Sprache.

      …sehr nett formuliert. Das Wesen des Lebewesens entsteht i.p. Sittlichkeit und Erkenntnis durch die Verlautbarung. Wer oder was nicht redet oder spricht, ist soz. nicht.

      MFG
      Dr. W (der den Rest der Kommentatorik einfach mal so ablegt, als diensttäglich)

      • “‘Logisch’ meint ‘sprachlich’, notwendigerweise ‘arbeitet das Gehirn’ nicht sprachlich.”

        Wie wollen wir es denn nennen, wenn der Arbeitsweise des Gehirns eine “Wenn…, dann…”- Regel unterliegt? Für Vorschläge bin ich offen und gebe sie auch gern an Frau Schwank weiter.
        (http://www.ikm.uni-osnabrueck.de/reddot/148.htm)

        Aber was hat die formale Beschreibung der Arbeitsweise des Gehirns eines Lebewesen mit seinem Wesen zu tun?

        Irritierte mittwöchentliche Grüße
        Trice

    • Zur fehlerhaften Arbeitsweise des Gehirns gibt es bereits viele Experimente. Aktuell können Sie in der Zeitschrift Gehirn & Geist 10/2014 einen Artikel über Prof. Loftus lesen.
      Sie zeigte z.B. dass bereits die Wortwahl einer Frage zu unterschiedlich falschen Erinnerungen führt – und, dass es sehr einfach ist einen Menschen so zu beeinflussen, dass er sich an falsche Tatsachen ´erinnert´.

      • Und warum sollte das ein Fehler des _Gehirns_ sein?
        Ich zitiere mal Maxwell Bennett und Peter Hacker in “Neurowissenschaft und Philosophie”:
        “Eine dieser Begriffsverwirrungen wird daran deutlich, daß dem Gehirn immer wieder psychologische Eigenschaften zugeschrieben werden.(…) Wir Menschen verfügenüber eine Vielzahl psychischer Eigenschaften, die im Leben zum Einsatz gebracht werden, wenn wir wahrnehmen, denken, Überlegungen anstellen, Emotionen empfinden Dinge haben wollen, Pläne schmieden und Entscheidungen treffen.Daß wir diese Fähigkeiten haben, definiert uns als die Lebewesen, die wir tatsächlich sind.Die Bedingungen und Begleitumstände des Vorhandenseins und der Ausübung dieser Vermögen kann man erforschen. Das ist die Aufgabe der Neurowissenschaft, die immer mehr darüber herausfindet.Doch ihre Entdeckungen ändern gar nichts an der begrifflichen Wahrheit, daß diese Fähigkeiten und deren Ausübung in der Wahrnehmung wie im Denken und Fühlen _Eigenschaften_ _von_ _Menschen_ sind, nicht ihrer Teile und insbesondere _nicht_ _des_ _Gehirns_.”

        • @Trice: Alle Reize/Gedanken werden vom Gehirn verarbeitet und können erst dann bewusst wahrgenommen werden. Daher kann man bei Wahrnehmung, Denken, Fühlen von keiner Trennung zwischen ´Mensch´ und ´Gehirn´ ausgehen.
          @Christoph: wenn wir uns fehlerhaft erinnern, dann sind Erinnerungen offensichtlich falsch verarbeitet worden. D.h. die Idee, dass ein Gehirn streng logisch wie ein Computer/Computerprogramm arbeiten würde – ist damit eindeutig wiederlegt.

          • Wenn ich einen Computer so programmiere, daß auf die Eingabe 2+2 die Ausgabe = 5 erfolgt, und der Computer macht das auch so, dann hat der Computer fehlerfrei gearbeitet, und ein Fehler liegt nur für den vor, der eine korrekte Rechnung erwartet hat. Ebenso ist die Ausgabe einer “falschen” Erinnerung durch das Gehirn nur in dessen Augen ein Fehler, der eine “richtige”erwartet, besser die Forderung nach einer richtigen stellt.

          • @Christoph: Jetzt sollten wir die Diskussion abbrechen. Das Ganze wird kindisch, wenn man einen Fehler nicht mehr als ´Fehler´ betrachten kann.
            Dies ändert aber nichts an der Aussage, dass Gehirne nicht streng logisch arbeiten können: Denn wenn als ein Ergebnis einer Aktion sowohl richige wie falsche Resultate zulässig sind, dann ist ein solches Ergebnis ohne jeden Aussagewert.

          • @ Herr Deblon :
            Zudem “2 + 2 = 5” nicht in einer Mathematik selbst falsch sein muss, sondern auf die Welt, auf die sich eine Mathematik (“Kunst des Lernens”) bezieht, bezogen falsch sein kann.

          • Sie Postulieren Kausalitäten, wo es vermutlich nur um Korrelationen geht. Und es spricht auch niemand von einer “Trennung” zwischen Mensch und Gehirn, sondern nur davon, dass dem Gehirn Eigenschaften zugesprochen werden, die Eigenschaften der Menschen sind.
            Menschen fühlen, denken, nehmen etwas wahr. Das Gehirn tut dies nicht.
            Sagt Ihnen der Begriff “explanatory gap” etwas?

  7. Sehr geehrter Professor Dahlem,

    Sie sind theoretischer Physiker und interessieren sich offenbar für die Arbeitsweise des Gehirns. Wären Sie denn bereit, etwas Zeit in die Entwicklung einer Gehirntheorie zu investieren, die die Arbeitsweise des Gehirns sowohl auf eine spezielle neuronale Schaltung aus vielen Subschaltungen zurückführt, aber andererseits die prinzipielle (elektronisch/neuronale) Arbeitsweise rein theoretisch erklärt. Stellen Sie sich vor, wir verzichten auf alle Interneuronen, Axone und Dendriten. Diese übertragen ja neuronale Erregung von A nach B. Statt dessen stellen wir uns eine neuronale Erregungsfunktion vor, die an der Stelle der Inputneuronen einfach das hat, was in der Potentialtheorie als Quellen verstanden wird. Das virtuelle Erregungsfeld entsteht durch Überlagerung, ähnlich wie die Überlagerung des Gravitationsfeldes mehrerer oder vieler Planeten oder beliebiger anderer Himmmelskörper. Wir unterstellen zusätzlich eine entfernungsabhängige Dämpfung des virtuellen Erregungsfeldes eines einzelnen Inputneurons analog der Kabelgleichung.
    Mit dieser Grundlage können wir unter Anwendung bekannter neuronaler Eigenschaften mathematische Transformationen der virtuellen Erregungsfeldstärke beschreiben, die letztlich dazu führen, dass der analoge Input (Feuerrate als analoge Größe) in eine digitale Größe umgewandelt werden kann. Vier Transformationsstufen sind dafür nötig. Jedes Einzelelement (Bit) einer solchen digitalen neuronalen Größe stellt im Gehirnsystem eine von kurzen Pausen unterbrochene Oszillation dar, deren Frequenz die ursprüngliche Signalstärke repräsentiert. Im Cerebellum werden diese digitalen Signale erlernt, wiedererkannnt und miteinander verknüpft (Bindungsproblem).
    Das Wesentliche an dieser Theorie ist, dass die Umwandlung analoger Rezeptorsignel in digitale Daten durch wenige mathematische Transformationen beschrieben werden kann, die funktionale Zusammenhänge in virtuellen Erregungsfunktionen darstellen. Neuronen werden auf dieser Abstraktionsstufe nicht mehr gebraucht. Und in allen Teilen eíner neuronalen Substruktur liefen die gleichen Transformationen ab. Das Argument, man könne die Arbeit von Milliarden Neuronen nicht erfassen, würde sich in Luft auflösen: Alle Neuronen der gleichen Subschaltung tun das gleiche. Daher auch der eintönige, fast kristalline Aufbau des Cerebellums oder die ewige Wiederholung der neuronalen Säulen im Cortex der Wirbeltiere. Sie wissen ja selbst, dass in einem Speicherschaltkreis inzwischen auch Milliarden Transistoren verbaut sind und alle die gleiche Subschaltung realisieren.
    Übrigens ließe sich zeigen, in welcher neuronalen Substruktur welche Transformationsstufe abläuft, denn die Cytoarchitektonik der benutzten Substrukturen ist gut erforscht, aber den meisten leider unbekannt. Damit wären die materiellen Repräsentanten der neuronalen Transformationen bereits nachgewiesen.
    Könnte Sie dies interessieren? Würden Sie sich beteiligen wollen? Hirnforschung ist immer ein Gemeinschaftsprojekt!

    Mit freundlichen Grüßen

    Andreas Heinrich Malczan

    • Wenn Sie für die Erforschung des Gehirns auf Interneuronen, Axone, Dentriten verzichten wollen, dann hat das Ganze nichts mehr mit dem Gehirn zu tun. Rückschlüsse auf das Gehirn wären damit nicht zulässig.

      • Hallo, KRichard,

        man kann die Signalverarbeitung in einem Überlagerungsempfänger sehr wohl analysieren und beschreiben, ohne Radioröhren, Widerstände, auch Transistoren, Dioden usw. überhaupt zu erwähnen!
        Ebenso kann man eine Theorie der Signalverarbeitung in einem modernen Computer oder auch nur in einem modernen Computerchip aufstellen, ohne das Wort Transistor oder ähnliche Vokabeln der Elektrizitätslehre zu benutzen.
        Das Gehirn verarbeitet Signale. Eine Theorie der Signalverarbeitung kann abstrakt aufzeigen, was diese Signale sind, was mit ihnen passiert. Und die wesentlichsten Signaltransformationen, nach denen übrigens alle suchen, sind völlig abstrakt beschreibbar. Ich weiß, wovon ich rede, denn die zugehörige Theorie ist fertig und kann bei Bedarf geprüft werden. Die Theorie umfasst etwa 20 Seiten A4. Aber letztlich geht es darum, zu zeigen, an welchen Stellen im Gehirn durch welche Neuronenarten diese rein theoretisch hergeleiteten Signaltransformationen tatsächlich realisiert werden. Die hirzu nötige Theorie ist ebenfalls fast fertig, umfasst jedoch mehr als 200 Seiten und könnte nur von denen verstanden werden, die den nötigen fachlichen Hintergrund haben: Neurologen, Mathematiker und Physiker.

        Mit freundlichen Grüßen
        Andreas Heinrich Malczan

        • @Andreas: Es geht mir nicht um die Bezeichnung, sondern um deren Funktion.
          Wenn Sie eine elektronische Schaltung haben, dann lassen sich einfache Schaltvorgänge nachvollziehen, weil die Parameter immer gleich sind.
          Das Gehirn und seine Bestandteile sind dagegen plastisch – d.h. sie haben nie zweimal den gleichen Zustand. Daher kann das theoretisch gleiche Signal jedesmal eine andere Wirkung erzielen.
          Eine elektronische Schaltung und neuronale Wechselwirkungen im Gehirn zu vergleichen ist daher nicht möglich und eine darauf aufgebaute Theorie hat nur begrenzten Aussagewert.
          Neuronen werden z.B. durch pH-Wert, Drogen, Hormone, Temperatur, aktuellen Erregungszustand, Sauerstoffverfügbarkeit beeinflusst. Und die Synapsen,welche für die Weiterleitung von Signalen wichtig sind, ändern sich ebenfalls dauernd.

          • @KRichard: Niemand kann uns hindern, in einer neuronalen Schaltung Objekte zu verwenden, die sich wie (idealisierte) Neuronen verhalten. Es gibt also Transmitter, Axone, Dendriten, Aktionspotentiale. Und wenn wir uns darauf verständigen, was ein neuronales Signal ist, können wir von der konkreten Neuronenschaltung abstrahieren. Dann interessiert uns nur noch das Verhalten des Signals und seine Beeinflussung und Veränderung, während es die Schaltung durchläuft. Und die Schaltung selbst kann außen vor gelassen werden. Die Vierpoltheorie behandelt elektronische Schaltungen auch völlig abstrakt und auf mathematisch hohem Niveau und hat sehr zum Verständnis von elektrischen und elektronischen Schaltungen beigetragen.
            In meiner Theorie kann man die Schaltung des Gehirns (jedenfalls etwa 90 % davon) konkret aufzeichnen. Man kann jedem beteiligten Neuron seine Aufgabe zuordnen. Und man erkennt, dass es in der Gehirnschaltung eine Clusterbildung gibt. Die Schaltung besteht aus Clustern, also Elementarschaltungen, die völlig unabhängig von den anderen Clustern arbeiten. Alle Cluster erster Stufe sind untereinander identisch. Cluster zweiter Stufe verarbeiten den Output der Cluster erster Stufe, versorgen diese aber auch mit Output, und sie haben alle die gleiche Grundschaltung.
            Aber es gibt eine Besonderheit. Ein Cluster bildet kein Objekt an einem bestimmten Ort, sondern die Clusterneuronen sind nach einem festen Schema im Gehirn verteilt. Cluster erster Stufe besitzen eine kleine Menge Rezeptoren, dazu einige Neuronen erster, zweiter und dritter Stufe (Begriff aus der Neurologie: erstes Neuron, zweites Neuron, drittes Neuron im Projektionsweg vom Rückenmarkganglion), weiterhin gehören dazu etliche Neuoronen im Thalamus, in den Basalganlgien, im limbischen System usw. dazu.
            Am besten wird dies klar, wenn man sich die Bilder der Connectomforscher ansieht. Tausende Linien (Axone) sind fast parallel zueinander und verzweigen sich zu Mustern im Gehirn. Eine solche Linie und alle ihre Verzweigungen bilden bei mir ein Cluster. Es gibt fast kein Subsystem des Gehirns, welches nicht Teil des Clusters ist. Insofern erkläre ich die Funktion der Schaltung. Aber die Signaltransformationen, die ganz abstrakt beschreiben, was mit den Signalen (Aktionspotentialen) geschieht, kann rein theoretisch beschrieben werden, Und das ist reine Mathematik und benötigt keinen Neuronenbegriff.

            Viele Grüße

            Andreas H.M.

    • Ausführlichere Antwort kam per Email. Dort gehe ich mehr auf den Faktor Zeit ein, weswegen dies nicht öffentlich gemacht sein muss. Vielleicht schrieb ich später mehr dazu.
      Ich verfolge die Diskussion mit Interesse!
      Ihr
      Markus Dahlem

  8. Hallo, Ihr Blogger!

    Hiermit danke ich allen recht herzlich für Ihre Beiträge und Kommentare. Ich werde hier zukünftig hin und wieder hineinschauen. Mein nächstes Fernziel besteht darin, eine Monografie zum Wirbeltiergehirn zur Druckreife zu bringen. Vielleicht schaffe ich es bis zum 18. Juni 2015. Dies wäre der Geburtstag von Valentin Braitenberg gewesen. Er war der erste, der mich ermutigte, meine Gehirntheorie zu Papier zu bringen. Dafür danke ich ihm noch heute, auch wenn er nicht mehr unter uns weilt.
    Mein Dank geht auch nach Ulm an Professor Günter Palm und nach Tübingen an Frau Professor Almut Schüz für die tatkräftige Förderung und Unterstützung. Falls mein Vorhaben gelingen sollte, werde ich dies in diesem Blog bekanntgeben.
    Inzwischen habe ich dutzende Literaturquellen zum DVR der Reptilien und zum Nidopallium gefunden, aber nun gilt es, die herauszufiltern, die die Cytoarchitektonik beschreiben. Und die ist so elementar, dass kaum jemand was dazu sagt: Projektionsneuronen und Interneuronen sind wild gemischt ohne erkennbares System, insbesondere fehlen Zellsäulen, wie sie im Säugercortex zu finden sind. Und ein Teil der Veröffentlichungen ist kostenpflichtig, weil Verlage damit Geld machen wollen. Selbst wenn die Forschung aus öffentlichen Mitteln finanziert wurde. Wie soll ich an diese Texte kommen mit meiner bescheidenen Rente? Ungeachtet dessen wäre es mir ein großes Vergnügen, die neuronale Schaltung des DVR und des Nidopalliums als das zu entlarven, was sie wahrscheinlich sind: Schaltungen, die der Digitalisierung der analogen Signale der Rezeptoren dienen. Genau der gleichen Aufgabe dienen die cortikalen Säulen im Wirbeltiercortex. Aber eine solche Behauptung muss wasserdicht bewiesen werden. Daher muss ich wieder an meine Arbeit und mich meiner Monografie widmen. Nichts ist schlimmer als einee Veröffentlichung, die didaktisch mangelhaft, unverständlich oder gar fehlerhaft ist.

    Grüße an alle Interessierten

    Andreas Heinrich Malczan

  9. Sehr geehrte Frau Dr. Kardinal,

    Sie haben diesen Blog eingerichtet im Auftrage des Bernstein Netzwerkes und betreuen diesen. Daher wende ich mich an Sie.
    Es gab in der letzten Zeit gewisse Verwirrungen, wenn ich davon sprach, dass (nach meiner Theorie) das Gehirn (wenigstens in Teilen) digital arbeitet. Obwohl ich Mathematiker bin und seit Jahrzehnten asl Systemadministrator und Programmierer in der EDV tätig bin, scheint der Begriff des Digitalen selbst bei Fachleuten auf Unverständnis zu stoßen. Zu stark ist die Überzeugung, Computer und Gehirne wären völlig verschieden. Daher meine Bitte: Könnte man sich im Bernstein Netzwerk darauf verständigen, wann ein System digital oder binär arbeitet?
    Welche Kriterien muss ein System (Computer, Steuerung, Gehirn) erfüllen, damit es digital arbeitet?
    Nehmen wir einen normalen Computer. Dort sind in den Speicherzellen natürliche Zahlen im Dualsystem gespeichert. Jede Speicherzelle hat eine Adresse. Liegt die Adresse auf der Adressleitung an, so gibt die Speicherzelle ihren Speicherinhalt auf die Datenleitung aus.
    Stellen wir uns vor, Microsoft erweitert das Funktionsspektrum von Computern. Bei jeder Speicherzelle wird nicht mehr nur eine Dualzahl gespeichert, sondern Microsoft entschließt sich, jeder Bitstelle eine Signalstärke zuzuordnen. Dann besitzt jede Dualzahl an jeder Bitposition nicht nur den Wert 0 uder 1, sondern etwa eine natürliche Zahl zwischen 1 und 200. Diese Zahl entpricht der Feuerrate eines Neurons. Bisher wurde bei Microsoft jede Bitstelle auf einer separaten Datenleitung weitergeleitet. Dies behalten wir bei. Jede Bitstelle einer solchen “Dualzahl” besitzt ihre eigene Datenleitung. Arbeiten wir dann noch binär?
    Dies mögen ihre Experten aus dem Bernstein Center beantworten. Wenn sie meiner These zustimmen, dann arbeitet das Gehirn binär. Jedes Elementarsignal ist eine Dualzahl, bei der nur eine Bitstelle einen Wert größer als Null hat, nämlich die Feuerrate f. Alle anderen Bitpositionen sind gleich Null. Man könnte auch sagen, ein Komplexsignal ist ein Feuerratenvektor.
    Und Komplexsignale stellen eine beliebige Linearkombination aus solchen Elementarsignalen dar.
    Im Gegensatz zum Computer besitzt also jede Bitposition einer Dualzahl nicht den Wert 0 oder 1, sondern einen Wert, der der Feuerrate entspricht.
    Für ein solches Zahlenmodell kann ich sowohl die konkrete Schaltung des Wirbeltiergehirns vorlegen als auch die mathematischen Transformationen beschreiben, die aus dem analogen Rezeptoreninput diese digitalisierten Daten erzeugen.

    Nun sind Sie am Zuge. Fragen Sie Ihre Experten!
    Vielen Dank und freundliche Grüße aus Oranienburg

    Ihr Andreas Heinrich Malczan

    • Sehr geehrter Herr Malczan,

      wir freuen uns über Ihr aktives Interesse am Gedankenaustausch mit uns. Sie sprechen sehr interessante Themen an und vielleicht wäre es möglich, in Zukunft einmal die angesprochene Fragestellung in einem Blogbeitrag von einem unserer Experten zu behandeln.

      Bis dahin wünsche ich Ihnen gutes Gelingen für das Erstellen Ihrer Monografie!

      Freundliche Grüße
      Mareike Kardinal

      PS: Was den Zugang zu kostenpflichtigen Veröffentlichungen angeht (den Sie im vorherigen Kommentar ansprachen): Die meisten Veröffentlichungen sind über Universitätsbibliotheken jedem kostenlos zugängig.

  10. @Malczan: Per Google [Neuronen: Total bilingual] finden Sie eine Notiz des MPI um Prof. Dr. Andreas Neef. Darin wird gezeigt, dass Neuronen nicht nur per Direktsignal arbeiten sondern zusätzlich auch über schwache elektrische Felder beeinflusst werden. Die Forschergruppe bietet dazu sogar kostenlos ein open source Programm an, welches interessierte Wissenschaftler nutzen können.

    • @KRichard: Danke für den Hinweis. Es gibt auch Arbeiten darüber, wie möglicherweise die Glia an den Erregungszuständen beteiligt ist. Solange alles noch offen ist, sollte man alle Ansätze verfolgen.

    • @KRichard: Habe die Literaturquelle gefunden, gelesen und verstanden. Es ist also doch nicht so abwegig, die Erregungsfelder (Spannungspotentiale…) an sich zu betrachten.
      Leider vermenschlichen wir die Neuronen. Ich finde das nicht so gut. Da “reden Neuronen miteinander auf zwei verschiedenen Wegen”, am Ende denken die Leute, die Neuronen im Kopf sind eigenständige Lebewesen mit einem eigenen Gehirn und können sich sogar unterhalten.
      Ganz emotionslos gesagt sind dort nur Signale zu beobachten, deren Repräsentanten einerseits Aktionspotentiale sind, andererseits unterschwellige Erregungen oder andere Phänomene. Oft wird auch gesagt, die Nervenzellen denken usw. Nein: Der Mensch denkt.
      Ich werde mir die Arbeiten von Prof. Dr. Andreas Neef noch etwas gründlicher Anschauen, auch die Software. Aber das dauert halt ein bisschen.
      Danke nochmals für den Tipp!

      Andreas Heinrich Malczan

  11. Kritik der gegenwärtigen Hirnforschung

    Es gibt immer mehrere Sichten auf die Welt. Die einen gehen ins Detail und erforschen letztlich den Mikrokosmos. Die anderen gehen auch ins Detail, schlagen aber eine andere Richtung ein: Sie erforschen den Makrokosmos.
    Die einen erforschen – erfolgreich – den Aufbau der Welt aus Molekülen, aus Atomen, ja gar aus Elementarteilchen. Und sie wissen, wie wichtig ihre Arbeit ist.
    Die anderen erforschen die Erdteile, die Erde, den Mond, das Sonnensystem, die Milchstraße, ja gar das Weltall. Und sie wissen, wie wichtig ihre Arbeit ist.
    In der Hirnforschung hat man den neurologischen Mikrokosmos als Forschungsobjekt gewählt. Die Zellmembran, die Vesikel mit den Transmittermolekülen, die feinsten Verästelungen der Axone und Dendriten scheinen ungeheuer wichtig zu sein. Professor Markram meint gar, die feinsten Details in der Struktur einer cortikalen Zellsäule würden, auch wenn man sie gar nicht versteht, in einer numerischen Simulation ihr Geheimnis offenbaren.
    Den zweiten Weg, die Erforschung des Makrokosmos, geht man erst gar nicht.
    Niemand – von mir abgesehen – versucht, die neuronale Schaltung des Gehirns von außen zu betrachten. Was aber, wenn diese Schaltung nur im makroskopischen zu verstehen ist. Gerne hätte ich hier Widerspruch vernommen!
    Was, wenn der Output aller Rezeptoren des Gleichgewichtssinns als Ganzes, als topologisch geordnete Signalmenge, einer Signaltransformation unterzogen werden, die alle Signale gleich behandelt? Eine diskrete Funktion zweier Veränderlicher, bei der jedem diskretem Punkt der Fläche des Sacculus bzw. des Utriculus durch die Haarzellen in diesem Punkt ein Aktionspotential zugeordnet wird, liefert die Signale. Diese erreichen verschiedene Vestibularkerne und das Cerebellum. Was, wenn diese diskrete Funktion zweier Veränderlicher mittels der beteiligten Neuronen in eine andere, neue Flächenfunktion transformiert wird, deren Hauptaufgabe es ist, dem Lebewesen den Schwerkraftgradienten leichtverständlich bereitzustellen derart, dass damit das motorische System signalmäßig beeinflusst wird.
    Und was wäre denn, wenn man den Output etwa der Muskelspindeln, der Sehnenorgane usw. als Output eines Körpermodells interpretieren würde, der in seiner Gesamtheit als topologisch geordnete Signalmenge in Cerebellum einer Signaltransformation unterzogen werden würde, die für jedes Teilsignal identisch wäre? Und wenn die gleiche Signalmenge, die auch dem Cortex zugeführt wird, vom cortikalen System und dem dazugehörigen Basalgangliensystem ebenfalls einer Signaltransformation unterzogen wird. In diesem Falle wären die cortikalen Zellsäulen lediglich unbedeutende Hilfsmittel in einer Signaltransformation! Ihre genaue Struktur und ihren „Feinaufbau“ könnte man dann komplett vernachlässigen!
    Dann interessieren auch die konkreten Neuronen plötzlich gar nicht mehr. Nur der ursprüngliche Input und der Output an das motorische System und die signaltechnischen Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Modalitäten.
    Und was, wenn diese Betrachtungsweise endlich aufklären könnte, wozu das Cerebellum am Anfang der Evolution überhaupt „erfunden“ werden musste? Oder die Amygdala? Oder das Striatum? Oder das Tectum? Was, wenn sich zeigen ließe, dass sogar die Insekten die Signaltransformationen der Wirbeltiere wenigstens teilweise nutzen. Dass also diese Art der Signalverarbeitung nicht von den Wirbeltieren, den Quadropoden, den Primaten oder dem Homo sapiens „erfunden“ wurde? Und wenn uns irgendwann die Einsicht erreicht, dass nicht die Neuronen, sondern die spezielle Art der Signalverarbeitung das bewirkt, was wir das Denken, das Bewusstsein und die Intelligenz nennen? Und wenn diese mit Transistoren, Dioden, Kondensatoren, Induktivitäten und elektrischen Widerständen und elektrischen Leitungen viel leichter zu realisieren ist als mit den real existierenden Neuronen?
    Wir brauchen eine zweite Herangehensweise, die vom neurologischen Mikrokosmos abstrahiert und Neuronenmengen und Signalmengen, Signalfunktionen und Signaltransformationen untersucht. Wer hätte Interesse daran?
    Und wer hat Interesse daran, eine solche Herangehensweise mit allen Mitteln zu verhindern?

    Mit freundlichen Grüßen

    Andreas Heinrich Malczan

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