2 Grad in L’Aquila

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Am Mittwoch haben sich die G8-Staaten erstmals zur Begrenzung der globalen Erwärmung auf maximal 2 ºC bekannt. Tags darauf schlossen sich die Schwellenländer im Rahmen des Major Economies Forum (MEF) dem an: China, Indien, Indonesien, Mexiko, Südkorea und Südafrika.

Wir halten das für einen großen Durchbruch, denn nun herrscht Klarheit und Einigkeit darüber, was die Zielmarke der internationalen Klimapolitik ist. Welche globalen Emissionen mit diesem Ziel kompatibel sind, ist eine Frage, die die Wissenschaft beantworten kann – wir haben das kürzlich hier diskutiert. Wie dieser Kuchen an noch möglichen Emissionen zwischen den Ländern aufgeteilt wird, ist Verhandlungssache – darum wird es im Dezember in Kopenhagen gehen.

2 Grad

Vergangener Temperaturverlauf (blau) und Zukunftsprojektionen des IPCC (2007). Gezeigt sind drei verschiedene Emissionsszenarien (B1, A2 und A1FI); die farbigen Bereiche sind die dazu gehörigen klimatologischen Unsicherheitsspannen. Ohne erfolgreiche Klimaschutzmaßnahmen würde selbst beim optimistischsten Emissionsszenario (B1) die 2-Grad-Grenze überschritten.

Als 1992 in Rio die Klimarahmenkonvention verabschiedet wurde, war das Ziel, einen "gefährlichen anthropogenen Eingriff in das Klimasystem" zu verhindern – aber es blieb offen, wo ein "gefährlicher" Klimawandel beginnt. Aus der Wissenschaft kam einige Jahre später der Vorschlag, maximal 2 Grad Erwärmung über das Temperaturniveau vor der Industrialisierung als Leitplanke zu nehmen. Im Juni 1996 – auf ihrem 1939. Ratstreffen – hat sich die EU diesem Ziel verschrieben und es seither mehrfach bekräftigt. Im Laufe der Jahre haben sich immer mehr Länder angeschlossen. Bis diese Woche war der Stand bei 124 Ländern (eingerechnet jene, die eine Begrenzung auf 1,5ºC fordern – vor allem die kleinen Inselstaaten, die auch bei 2 ºC Erwärmung im Meer versinken dürften). Doch die größten Emittenten wie die USA und China fehlten noch.

Seit gestern ist der Stand nun bei 133 Ländern – die 80% der Weltbevölkerung und 75% der globalen fossilen CO2-Emissionen umfassen. US-Präsident Obama macht damit – nach intensiven Beratungen mit Klimaexperten in den letzten Wochen – sein Versprechen wahr, eine auf Wissenschaft basierte Politik zu betreiben und eine Wende zum Klimaschutz in den USA einzuleiten.

Noch bemerkenswerter ist das Bekenntnis Chinas zur 2-Grad-Grenze. Denn teilt man den "Kuchen" der noch bis 2050 erlaubten CO2-Emissionen pro Kopf gleich auf die Weltbevölkerung auf (wie China es ähnlich selbst vorgeschlagen hat), stünden China mit knapp 20% der Weltbevölkerung noch rund 150 GtCO2 bis 2050 zu (wenn man von einem globalen Budget von rund 750 Gt an fossilen CO2-Emissionen bis 2050 ausgeht, entsprechend einer Wahrscheinlichkeit von ca. 2/3, unter 2 Grad zu bleiben). Bei Chinas aktuellen Emissionen von rund 6 Gt jährlich würde dieses Budget nur für 25 Jahre reichen, nicht für 40. Wachsen Chinas Emissionen in den nächsten Jahren erst noch weiter an, ist schon bald eine Kehrtwende und eine Reduktion auf nahe Null vor 2040 erforderlich, um im Budget zu bleiben.

Dennoch ist das Ergebnis von L’Aquila in den Medien teilweise als unzureichend kritisiert worden, vor allem weil konkrete Minderungsziele bis 2020 fehlen. Das stimmt zwar – doch das entscheidende Forum dafür sind die UNFCCC-Verhandlungen in Kopenhagen im Dezember, sodass wir nicht überrascht sind, dass die Akteure jetzt noch nicht alle Karten auf den Tisch gelegt haben. Die Einigung auf die 2-Grad-Marke ist dennoch ein sehr gutes Vorzeichen für Kopenhagen.

Und die G-8-Staaten haben sich zu mindestens 80% Emissionsreduktion bis 2050 verpflichtet. Das sendet ein klares Signal an die Wirtschaft, dass wir in den kommenden Jahrzehnten die fast vollständige Dekarbonisierung unseres Energiesystems vor uns haben. Dieses Signal gibt die Planungssicherheit, die die dafür notwendigen Investitionen in Energieeffizienz und erneuerbare Energien brauchen.

Vor allem aber gibt es jetzt – erstmals seit 1992 – ein konkretes, allgemein anerkanntes Klimaschutzziel, aus dem sich die nötigen politischen Schritte ableiten und an dem sie sich messen lassen.

Stefan Rahmstorf, Anders Levermann und Martin Visbeck

Dokumentation:

Hier der Originaltext der relevanten Passage des G8-Dokuments:

We reaffirm the importance of the work of the Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) and notably of its Fourth Assessment Report, which constitutes the most comprehensive assessment of the science. We recognise the broad scientific view that the increase in global average temperature above pre-industrial levels ought not to exceed 2°C. Because this global challenge can only be met by a global response, we reiterate our willingness to share with all countries the goal of achieving at least a 50% reduction of global emissions by 2050, recognising that this implies that global emissions need to peak as soon as possible and decline thereafter. As part of this, we also support a goal of developed countries reducing emissions of greenhouse gases in aggregate by 80% or more by 2050 compared to 1990 or more recent years. Consistent with this ambitious long-term objective, we will undertake robust aggregate and individual mid-term reductions, taking into account that baselines may vary and that efforts need to be comparable. Similarly, major emerging economies need to undertake quantifiable actions to collectively reduce emissions significantly below business-as-usual by a specified year.

Und hier die Textpassage des Major Economies Forum:

We recognize the scientific view that the increase in global average temperature above pre-industrial levels ought not to exceed 2 degrees C. In this regard and in the context of the ultimate objective of the Convention and the Bali Action Plan, we will work between now and Copenhagen, with each other and under the Convention, to identify a global goal for substantially reducing global emissions by 2050. Progress toward the global goal would be regularly reviewed, noting the importance of frequent, comprehensive, and accurate inventories.

Stefan Rahmstorf ist Klimatologe und Abteilungsleiter am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und Professor für Physik der Ozeane an der Universität Potsdam. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf Klimaänderungen in der Erdgeschichte und der Rolle der Ozeane im Klimageschehen.

16 Kommentare

  1. wo ist die LIA?

    sehr geehrter herr rahmstorf!

    bei allem respekt, aber das diagramm zum temperaturverlauf ist naja, sagen wir interessant. ich vermisse eine od. mehere gröbere dellen zwischen 1600 und 1900. sagen sie bitte nicht, sie haben sich auf den berühmten hockey stick “verlassen”.
    wie auch immer, ich hoffe, sie lassen auch kritische beiträge zu. als meteorologe fällt mir zum 20. jahrhundert neben dem rasanten anstieg der CO2 konzetration auch noch folgendes auf, was in vielen fällen zu wenig beachtung erfährt. die erde war geprägt von einem langanhaltenden hoch der sonnenaktivität mit all den möglichen und unmöglichen direkten bzw. indirekten wirkungen auf die atmosphäre. dies kann die klimaerwärmung wie sie stattfand nicht besonders gut erklären, bis 1950 zu mindest wäre der beitrag aber als überwiegend zu beschreiben. die leztzen 20 jahre (des 20. jhdts.!) waren geprägt von einer serie an el nino ereignissen, welche am peak um 1998 deutlich zeigten, wie stark sie die globale T beeinflussen können. diese lang anhaltende positive PDO phase kann nicht irrelevant sein. außerdem kann ein major el nino ereigniss milliarden lebenwesen im meer töten und zusätzlich in etwa so vie CO2 freisetzen, wie es die menscheit/jahr schafft.
    ich darf sie bitten, kurz stellung zu nehmen.

    [Antwort: Lieber “Christian”, zunächst – wenn Sie Meteorologe sind, warum diskutieren Sie nicht mit offenem Visier, d.h. unter ihrem vollen Namen? Aus der Anonymität heraus zu kritisieren ist sehr leicht.

    Die oben blau gezeigte Temperaturrekonstruktion ist die von Mann et al. PNAS 2008 und representiert den aktuellsten Stand der Forschung – allerdings unterscheiden sich auch die anderen Rekonstruktionen in der Fachliteratur (im letzten IPCC-Bericht sind alle gezeigt) hier nicht wesentlich.

    Wie sie selbst andeuten kann die Sonne die Erwärmung nicht erklären (die Sonnenaktivität ist auf dem tiefsten Stand seit Beginn der Satellitenmessungen in den 1970ern), und wie ich in einer Antwort beim letzten Post schon erklärt habe, kann man mit El Niño nur kurzfristige Schwankungen, nicht aber einen Langzeittrend des Klimas erklären. Stefan Rahmstorf]

  2. Ich tippe mal das die Pläne für Begrenzung des CO2 noch 10 bis 20 Jahre weiter geköchelt werden, da Lobbyisten gut daran verdienen und die Politik weiterhin konkrete Handlungsfähigkeit zur Umwelt mit Abwrackprämien, Glühbirnenverboten und Ähnlichem demonstrieren kann. Die Pläne haben die gleiche Qualität, wie die Pläne zur Sanierung der Staatsausgaben sowie der und Renten- und Gesundheitssysteme. Vielleicht sind in 20 Jahren ja auch Alternativpläne ausgereift, z.B. Senkung des Erdalbedo, die höhere Erfolgsaussichten haben.

  3. „Wendetag des Willens der Entscheidungst

    Lieber Herr Rahmstorf,

    nach vielen Jahrzehnten des Spannungsfeldes zwischen den wissenschaftlichen Erkenntnissen und den global gesehen nicht dazu passenden politischen Reaktionen, gibt es jetzt – wie Sie sagen – erstmals seit 1992 ein konkretes, allgemein anerkanntes Klimaschutzziel, aus dem sich die nötigen politischen Schritte ableiten und an dem sie sich messen lassen.

    Eine für den Fortbestand der Menschheit wichtigere Entscheidung dürfte es kaum geben. Daran, dass Sie zustande kam, haben Sie und Ihre Kollegen, mit ihren immer eindringlicheren Worten einen großen Anteil. Vielen Dank dafür.

    Nun wir werden sehen, ob die erlebbare Wirklichkeit, dem Stand hält, was uns Bürgern aktuell an politischem Willen versprochen wird. Meine Zweifel, dass dem so kommen wird, habe ich daran – und ich denke, damit nicht alleine dazustehen.

    Dennoch – trotz aller bisherigen Erfahrungswerte, die etwas anderes vermuten lassen, als engagiertes und vor allem langfristiges wie zielgerichtetes politisches Handeln gegen die weitere globale Erwärmung, sollten wir dem Wachstum von entsprechender Bewusstheit unsere ganze Aufmerksamkeit schenken.

    Ich nehme diesen Lichtblick des großen Durchbruchs, wie Sie ihn nennen, als Anlass eines Freudentages und werde von nun den 10. Juli als „Wendetag des Willens der Entscheidungsträger“ begehen.

    Mögen Sie Recht behalten, lieber Herr Rahmstof, mit Ihrer Zuversicht.

    Mit freundlichen Grüßen
    Wolfgang Rech

  4. Taten statt Worte bitte!

    Da lassen sich die G8-Helden von der Presse feiern, weil sie etwas beschlossen haben was vieleicht mal deren Nachfolger umsetzen sollen.

    Eingespart wurde durch all diese Gipfel und Konferenzen noch keine einzige Tonne CO2.

    Wenn schon G8-Gipfel, warum werden da nicht echte und sofort wirksame Maßnahmen beschlossen? Z.B. Importbeschränkungen von Gen-Soja, Biosprit aus Ölpalmen und geschützete Tropenhölzer? Dann hätte zumindest das Abholzen der Regenwälder, immerhin zu ca. 25% am CO2-Zuwachs verantwortlich, schlagartig ein Ende.

    Ach so, das geht nicht, da verärgert man sich als Politiker ja seine Sponsoren aus den Konzernzentralen.

  5. China

    Laut einer Studie der “Netherlands Environmental Assessment Agency”

    http://www.pbl.nl/…-increase-halves-in-2008.html

    ist Chinas Ausstoß in 2008 bereits bei 7,5 Gt, d.h. der aktuelle Ausstoß reicht nur 20 Jahre, wenn man auf 150 Gt begrenzen will.
    Ich bin skeptisch, lasse mich aber gerne überraschen.

  6. Vorindustrielle Temperatur

    Hallo Herr Rahmstorf, Herr Levermann, Herr Visbeck,

    die von Ihnen oben verwendete Temperaturkurve ist nicht im zitierten Artikel Mann et al. (PNAS, 2008) enthalten. Sie entspricht auch nicht den Diagrammen 6.10 bzw. 6.13 im aktuellen IPCC-Report.

    Ihre Kurve vermischt zunächst Daten aus physikalisch voneinander unabhängigen Quellen (unterschiedliche Proxies und direkte Messungen) ohne dies zumindest farblich entsprechend zu kennzeichnen. Weiterhin gibt es vollständige Temperaturrekonstruktionen, die den Zeitraum vor 1850 umfassen, nur für die Nordhalbkugel. Sie unterlassen es, darauf hinzuweisen. Drittens handelt es sich bei den Quellen um sog. “Spaghetti-Diagramme”, die einen deutlich längeren Zeitraum und eine deutlich größere Schwankungsbreite zeigen, als durch Ihr obiges Diagramm suggeriert wird.

    Sowohl bei Mann et al., als auch im IPCC-Bericht erkennt man die mittelalterlichen Klimaoptima um 1000 und um 1400 sowie die darauf folgende Abkühlung (LIA) und den erneuten Anstieg ab ca. 1850.

    Ich kann hier leider keine Bilder posten, aber sowohl die genannten Abbildungen aus dem IPCC-Bericht, als auch die aus Mann’s Arbeit liegen Ihnen sicher vor und dürfen von Ihnen sicher auch verwendet werden.

    Daher meine Bitte: Zeigen Sie Ihren Lesern exakt diese Originalquellen und nicht nur eine durch ihre Vereinfachung falsch wirkende Nachahmung. Dies ist dann Wissenschaft, über diese kann man diskutieren. Ihr Diagramm dagegen scheint eher politisch motiviert zu sein. Absicht?

    Zu den Originalquellen würde weiterhin eine Debatte darüber gehören, inwieweit diese verläßlich sind, also inwieweit diese physikalisch aussagekräftig und vergleichbar sind (bspw. Nutzung von Baumringen, Erweiterung des Bildes für die Nordhalbkugel auf den gesamten Planeten). Daß das hier wahrscheinlich den Rahmen sprengen würde, sehe ich zwar ein.

    Aber es würde zumindest deutlich machen, daß schon die Festlegung einer sog. “vorindustriellen Temperatur” mit einer Genauigkeit von unter plus/minus 1 Grad kaum möglich ist. Das sieht auch jeder naturwissenschaftliche Laie sofort, wenn man ihm die “Spaghetti-Graphen” zeigt.

    Womit dann das “2 Grad”-Ziel einen weiteren wesentlichen Schritt in Richtung Lächerlichkeit zurückgelegt hätte. Denn wenn man nicht festlegen kann, worauf sich diese “2 Grad” beziehen, dann sind sie ohne Relevanz.

    [Antwort: Lieber Herr Heller, die Kurve zeigt die Rekonstruktion von Mann et al. 2008, global, Land und Meer, nach der EIV-Methode. Sie haben recht, dass diese nicht im Paper abgebildet ist – dort sind nur Nordhalbkugelkurven gezeigt, aber die korrekte Referenz für das 2-Grad-Ziel ist natürlich global. Die globalen Rekonstruktionen sind im Text des Papers diskutiert und in den zugehörigen Online-Daten von Mann et al verfügbar. Die Unsicherheit in den mittleren vorindustriellen Temperaturen beträgt nur wenige Zehntel Grad.

    Noch eine Bitte: ich fände es sinnvoll, sachlich zu diskutieren und Beiträge nicht mit unnötiger Polemik und Unterstellungen zu belasten (“durch ihre Vereinfachung falsch wirkende Nachahmung”, “Ihr Diagramm dagegen scheint eher politisch motiviert zu sein. Absicht?”). Was soll das bringen? Stefan Rahmstorf]

  7. @ peter heller

    da haben sie nicht unrecht!

    ich denke, dass erst das m. mann et al. diagarmm im ippc 2001 und die nachfolgende verbreitung durch einen gewissen herrn gore viele der heutigen “skeptiker” aufgeschreckt hat. man kann auch nicht behaupten, dass sich unter diesen nur lobbyisten und laien befinden, es sind sehr wohl einige renomierte klimaforscher dabei, mit teils unterschiedlichen ansätzen.
    die problematik des hockey sticks ist ja ausreichend diskutiert und bekannt und ich finde es ehrlich gesagt auch von herrn rahmstorf und kollegen nicht besonders geschickt, diese darstellungen so extrem zu strapazieren. ich und viele andere wären ganz sicher weniger skeptisch, wenn man wenigstens die MWP und die LIA deutlicher darstellen würde. aber, wie ich schon erwähnte, ist es ganz einfach so, dass niemand seine eigenen kinder gerne sterben sieht…

    [Antwort: Lieber “Christian”, wir zeigen hier ja nicht den inzwischen über 10 Jahre alten “hockey stick” sondern die aktuellste und methodisch ausgereifteste Klimarekonstruktion, die derzeit verfügbar ist, insofern gehen Ihre Bemerkungen ins Leere. Wissenschaft ist nicht Wunschdenken: wir müssen das zeigen, was die Daten ergeben – und können nicht einen MWP oder LIA “deutlicher darstellen”, nur weil wir die gerne hätten. Stefan Rahmstorf]

  8. Thomas Weber

    Da ich viel in den Schwellenländern zu tun habe kommen mir zuweilen Zweifel, ob die aktuellen CO2-Emissionen dort halbwegs korrekt erfasst sind. Jedenfalls kann ich nicht wirklich glauben, dass der pro Kopf Ausstoß in den USA 10 x höher ist als in Indien.

    Dort gibt es selbst in den Großstädten seit Jahrzehnten nur stundenweise Strom. Im Rest der Zeit knattert vor jedem zweiten Haus ein 2-Takt Generator.

    Es gibt zwar wesentlich weniger Kraftfahrzeuge, aber was dort aus den Auspuffrohren kommt spottet jeder Beschreibung und verursacht, zusammen mit den ungefilterten Industrieabgasen und offenen Feuerstellen, über den Städten Dunstglocken, die uns noch aus den 60-iger Jahren im Ruhrgebiet bekannt sind.

    Der Emissionshandel wird vermutlich dafür sorgen, dass der CO2-Ausstoß nur von den Industrie- zu den Schwellenländern verlagert wird und sich eine ganze Menge Finanzjongleure daran eine goldene Nase verdienen.

    Deshalb werden auch die wirklich wirksamen Maßnahmen wie Aufforstungen, Reduzierung der Abholzungen, Biochar-Landwirtschaft usw. nicht im nötigen Umfang gefördert. Da können nämlich weder die Großindustrie noch die Finanzhaie dran verdienen.

  9. können wir das glauben???

    Guten Tag allerseits ,

    Der Positivismus in den Berichten zum G8 Treffen könnte einem geradezu die schlechten Erfahrungswerte in Bezug auf politischem Handeln wegblasen , grundsätzlich aber gibt es schlagartig einige reflexartige Gedankengänge in mir.
    Naheliegende Massnahmen (Importbeschränkungen) für sofortige CO2-Reduktionen wären wohl eine zu grosse Erwartunghaltung an die
    Wirtschaftslobby ,die wohl schon aus wirtschaftsliberalistischen Gründen ihr nicht abverlangt werden würde .

    Da die ökonomischen Interessen so dominant in der Weltwirtschaftsordnung sind, wirft sich für mich sofort die Frage auf , warum ausgerechnet Staaten,
    die eventuell sogar von einem Klimawandel in einigen Bereichen profitieren würden , diesem (selbstlosen?) Bekenntnis zu einer
    klimapolitischen Kehrtwende langfristig folgen sollten .
    Vor allem Russland ,Kanada und west+zentralasiatische Staaten gehören (laut WBGU Gutachten) vorraussichtlich
    (aufgrund der Wirkung der Temperatur und des (veränderten) Niederschlags auf die Eignung von Landflächen) zu den Gewinnern .
    Die landwirtschaftliche Fläche und die Wirtschaftlichkeit nimmt also je nach Szenario in einigen Regionen erheblich zu , warum sollte man dann noch eine eventuelle T-erhöhung mit Sorge betrachten ?
    Zudem kann sich kaum jemand vorstellen , dass die gigantischen Werte in Form von Eröl , Erdgas und evtl. Methanhydrate ,die zum Teil erst durch die Klimaerwärmung immer leichter abbaubar werden , einfach nicht genutzt werden würden .
    Ist es nicht zu naiv zu glauben, dass irgend ein Staat auf der Welt auf solch gigantische Einnahmen verzichtet ??
    Die Berichte über die Absteckung von “Claims” in nördlichen Regionen sind doch wohl ernst zu nehmen , oder etwa nicht ??
    Die Schizophrenie und die fehlende Bereitschaft zum Politikwandel wird für mich nicht zuletzt durch die Massnahmen für das künstliche Überleben der Autoindustrie sehr deutlich (Abwrackprämie ua.).

    Ein weiter ökonomischer Gesichtspunkt:
    die zunehmende Verbilligung des Erdöls durch den mittel-bis langfristig zu erwartenden Nachfrageeinbruch
    (begründet mit der steigende
    Substituierung durch erneuerbare Energien) , könnte Staaten , die sowieso schwankend gegenüber Klimamassnahmen Stellung bezogen, dazu bewegen aus dem Konsenz wieder auszusteigen , da sie sich einen enormen Wettbewerbsvorteil erhoffen könnten .
    Ich gehe nämlich davon aus , dass die momentanen Preisschwankungen nur vorrübergehend den Preis nach oben suchen um dann aus den o.g. Gründen irgendwann abzustürzen . Man könnte natürlich durch Verknappung des Angebots dieser Problematik entgehen , die gegenwärtigen Aktivitäten lassen aber Gegenteiliges vermuten.

    Als Fazit könnte man zu dem Schluss kommen , dass ein wahrscheinlich nicht geringer Teil der Regierungen nur aus opportunistischen Gründen diesem Konsenz zustimmen aber im Hinterstübchen einen geeigneten Zeitpunkt abwarten um ihre national-ökonomischen Interessen
    (ganz egoistisch wie üblich) neu aufleben lassen und ihren Idealismus fallen lassen .
    Vor allem , wenn der Temperaturanstieg den errechneten Szenarien eventuell eine längere Zeit nicht folgen würde und andere mögliche Faktoren überwiegen könnten, wäre die zu erwartende starke Verunsicherung unter den politischen Entscheidungsträgern federführend und sie
    wären wieder Sklave des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Drucks .
    Dieser Druck wird schon aufgrund des heraufziehenden Überbevölkerungsproblems (das in der ganzen Klimadebatte ausgeschlossen ist) mehr als erheblich sein .
    Es ist auch die Frage , inwieweit ein (öfters mal schwankender)Obama den liberalistischen und fundamental-christlichen Flügeln Einhalt gebieten kann oder will.
    Deren Abscheu gegenüber zentralistischer Massnahmen in Bezug auf CO2-reduktionen ist zu offensichtlich zumal in diesen Kreisen der Beigeschmack des Mit-Schuldigseins durch die Wirtschafts/Lebensweise anscheinend unerträglich ist. Dieses manifestierte sich in der Ablehnung des Kyoto-protokolls ..
    Ich sehe schon ein , dass Sie , liebe Autoren , in einer Zwangslage des “positiv-Denken-müssens” gefangen sind und wahrscheinlich ausserhalb der wissenschaftlichen Debatte keine Stellungnahmen abgeben dürfen/können , da vor allem die hier lauernden “Skeptiker” Sie gnadenlos der politischen Beeinflussung bezichtigen würden , aber vielleicht gibt es ja doch erwähnenswerte Punkte positiver oder negativer Art,die ich zu wenig bedacht habe bei meiner Skepsis gegenüber den langfristigen politischen Absichtserklärungen. Auch den europäischen Regierungen nehme ich die Aufrichtigkeit nicht ab !!!
    Schönen Gruss

  10. zweitwärmster Juni

    Gerade ist auf der NASA-Website http://data.giss.nasa.gov/…edata/GLB.Ts+dSST.txt die Junitemperatur erschienen. Es war global der zweitwärmste Juni seit Beginn der Aufzeichnungen, übertroffen nur noch vom Rekord-El Niño-Jahr 1998. Auf Rang 3 verwiesen wurde der Juni 2005.

  11. das sollte so sein…

    “”—Wissenschaft ist nicht Wunschdenken: wir müssen das zeigen, was die Daten ergeben – und können nicht einen MWP oder LIA “deutlicher darstellen”, nur weil wir die gerne hätten. Stefan Rahmstorf]””—

    ja, werter herr rahmstorf, da haben sie völlig recht!

    es bleibt halt die frage, was ist wirklich wissenschaft?
    oder wer od. was stellt die globale mitteltemperatur der letzten 1000a am objektievsten dar?

    ich weiss es nicht, wissen sie es?
    es gibt dutzende, teils gravierend unterschiedliche rekonstruktionen und man kann nicht bestreiten, dass jene, die der agw these zustimmen, generell an glättungen der vorindustriellen zeit mehr gefallen finden. was ist wirklich korrekt?

    [Antwort: Welche globalen Rekonstruktionen für das letzte Jahrtausend gibt es denn, außer Mann&Jones 2003 (sehr dünne Datenbasis in der Südhalbkugel) und die oben gezeigte von Mann et al. 2008? Ich verstehe auch Ihre Logik nicht. Ein glatterer Klimaverlauf im vorindustriellen Zeitalter würde auf eine kleinere Klimasensitivität hindeuten und damit auch auf eine geringere Temperaturerhöhung in Reaktion auf das anthropogene CO2 – natürlich würde mir das gefallen, es wäre eine große Erleichterung, aber wollen Sie ernsthaft unterstellen, dadurch würde ich mein fachliches Urteilsvermögen beeinflussen lassen?

    Übrigens habe ich die vergangenen Jahren immer eine ähnliche Grafik zur Illustration der 2-Grad-Grenze wie oben mit mehreren Rekonstruktionen für die Nordhalbkugel gezeigt, weil es bislang noch keine gute globale gab. Die Differenzen zwischen diesen Rekonstruktionen von wenigen Zehnteln Grad sind auf dieser Skala (y-Achse umfasst 8 Grad) nur gering, sie tun in diesem Kontext auch nichts zur Sache.]

    ich denke, man weiss es nicht genau. wenn sie (rahmstorf, mann et al.) zeigen, dass es eben so war, dann stehen gleichzeitig andere, auch peer reeviewte studien dagegen. lassen sie es nur 3/10°C sein, welche das minimum der lia decaden nach unten korregieren und die mwp um den gleichen betrag nach oben, so sieht die ganze sache deutlich anders aus. mag irrelevant sein, nur wissen wir doch, dass genau diese rekonstruktionen sehr wichtig für die klimasimulationen sind. ich will nicht mehr sagen als dass diese “kleinigkeiten” einen wesentlichen einfluss auf die zukunft haben, zu mindest was die “prognosen” betrifft.

    [Antwort: Da täuschen Sie sich: diese Rekonstruktionen haben (zumindest bis heute) keinerlei Einfluss auf die Zukunftsprojektionen, denn die Modelle sind ganz unabhängig von diesen Proxyrekonstruktionen entwickelt worden. Ein solcher Einfluss würde nur dann entstehen, wenn man bei den Simulationsrechnungen für das letzte Jahrtausend eine signifkante Diskrepanz zwischen Modellen und Proxydaten finden würde. Dann würde man die Ursache suchen und die Modelle entsprechend weiterentwickeln. Der Vergleich aller Proxyrekonstruktionen mit den verfügbaren Modellrechnungen (IPCC Abb. 6.13 und 6.14) zeigt aber keine solche Diskrepanz (außer beim GKSS-Modell, die Ursache ist inzwischen geklärt), die Modelle geben die Vergangenheit gut wieder. Stefan Rahmstorf]

  12. RTL-Extra

    Hallo Herr Rahmstorf,

    in einer RTL-Sendung wird nun berichtet, dass viele Ihrer Kollegen daran zweifeln, dass der CO2-Ausstoß des Menschen an der Erderwärmung Schuld ist. Die Sonne wird als Ursache gesehen. Als interessierter Laie fühle ich mich wie das berühmte, merkwürdig zufrieden dreinschauende Eichhörnchen.

    Hier ein Link zur Sendung:
    http://video.google.de/…91183500847565&hl=de

    Können Sie dazu bitte Stellung nehmen.

    Vielen Dank
    Friend Oliva

    [Antwort: Mehr zum “Klimaschwindel” finden Sie hier. Stefan Rahmstorf]

  13. Moberg

    “Es war global der zweitwärmste Juni seit Beginn der Aufzeichnungen, übertroffen nur noch vom Rekord-El Niño-Jahr 1998. Auf Rang 3 verwiesen wurde der Juni 2005.”

    Was sagt uns das? Tatsache ist auch (und zwar gemessen und nicht geschätzt und geglättet), dass die 10 höchsten Welt-Getreideernten in den letzten 10 Jahren waren. Die höchste letzte Saison, die zweithöchste in dieser.

  14. geschätze autoren

    ein frage hätte ich noch, auf diesen artikel bezogen.
    wenn nun die klimasenitivität bzgl. co2 so hoch sein soll, dass über die wasserdamf rückkopplung eine t erhöhung von 2 grad und mehr bis 2100 erfolgen wird, wie sollen wir diese je stoppen können?
    selbst wenn wir 2100 nur um die 500ppm co2 haben und die anthropogenen emissionen deutlich abgenommen haben, wie soll die erwärmte erde co2 aufnehmen, vor allem wie viel? die warme luft beeinhaltet deutlich mehr h2o dampf als heute, also weit mehr natürlicher treibhauseffekt, immer weniger albedo, die eisflächen nehmen ja kontiniuierlich weiter ab, die natürlichen methan und co2 emissionen nehmen ungeachtet der anthropogenen weiter zu, permafrost taut und taut und taut weiter auf…usw. wo bleibt die natürliche kühlung…beim versagen des golfstromes in 1000 jahren, od. wie sehen sie das?

    [Antwort: Sehr geehrter Herr “Christian”, sie beschreiben dort einige seit langem bekannte Rückkopplungen des Klimasystems korrekt. Einige Risiken wie zum Bespiel den Abbruch des Nordatlantikstroms erwähnen Sie ebenso richtig. Was nötig ist, um unter zwei Grad zu bleiben, haben wir in zwei früheren Beiträgen bereits erläutert. Bitte lesen Sie hier:
    Die Klimalösung – Zwei Notwendigkeiten des Zwei-Grad-Ziels
    und hier
    Wie viel CO2 ist zu viel?
    nochmal nach.
    Desweiteren gilt natürlich, dass ein direkter Umschwung von der Verneinung des Problem zur Deklaration vollkommener Ohnmacht, kein hilfreicher Ansatz ist. Es gibt keine Alternative zur Reduktion anthropogener Treibhausgase, weil weder bei 2, noch bei 3 noch bei 4 noch bei 5 noch bei 6 Grad Schluss ist. Ob es eine Grenze der Erwärmung gibt und wo sie liegt ist nicht bekannt. In jedem Fall liegt sie über dem, an das sich die Gesellschaft anpassen kann.
    Mit freundlichen Grüßen,
    Anders Levermann]

  15. interessant

    … Bis diese Woche war der Stand bei 124 Ländern (eingerechnet jene, die eine Begrenzung auf 1,5ºC fordern – vor allem die kleinen Inselstaaten, die auch bei 2 ºC Erwärmung im Meer versinken dürften)…

    Iche denke, bzw. habe ich das von Herrn Schellnhuber gehört (Nobel Treffen am Bodensee, das Vidoe lasse ich besser weg, sonst werde ich wieder nicht veröffentlicht…), dass 1° Erwärmung (über viele Jahrhunderte) einen Meerespiegelanstieg von mehreren Metern bedeuten würde. Oder anders gefragt, wie weit könnte der Spiegel noch steigen, wenn die T auf die nächsten 100a konstant am Niveau 1990 bis 2000 bleiben würde?