Teleskop unterm Mikroskop

BLOG: Uhura Uraniae

Ko(s)mische Streifzüge durch Zeit und Raum
Uhura Uraniae

Auf dem Amateurmarkt kommen einem ab und zu gebrauchte Objektive unter und dann will man meist zunächst die Güte der Optik prüfen. Mit diesem Anliegen besuchte ich dieses Jahr die Mikroskop-Technik-Firma und ließ ein Teleskopobjektiv unters Mikroskop legen. Dabei lernte ich auch etwas über richtiges Fensterputzen 🙂

Zu Besuch bei Askania Rathenow

Diese Firma ist ein geprüfter Partner von Zeiss Jena und arbeitet also an führender Position der mitteleuropäischen Optik-Industrie.

Schon mit dem bloßen Auge sah man ein paar Sachen auf dem Glas, die da ganz offensichtlich nicht hingehören. In Rathenow wurde daher unser Objektiv zunächst nur unter der Lupe und dann unterm Mikroskop betrachtet. Das wäre für Astronomen gewiss viel zu hell, weil da ja sehr viel Licht von unten reinkommt. Glücklicherweise wird diese Firma von einem erfahrenen Optik-Ingenieur geleitet, der in den vielen Jahrzehnten seines Arbeitslebens so einiges gesehen hat.

Mit sicherem Blick scannt sein Auge das Glas. Er stellt fest: Die meisten Verunreinigungen sind oberflächlich. “puh, na wenigstens das … und lassen die sich wegmachen?”

Also … naja, das wird nicht für alle leicht werden, aber wahrscheinlich schon. Also, ja.

 

Schauen Sie mal: So sieht das aus, wenn man durchguckt:

Sieht doch fast aus, wie eins meiner ersten Astrofotos aus der schwarz-weiß-Celluloid-Zeit. Aber hier sind die weißen Punkte Staubkörnchen, die natürlich von der Optik leicht weggehen. Die verschmierte Struktur ist zwar etwas hartnäckiger, aber da man sie mit einem speziellen Glasradiergummi verschmieren kann, kann man sie auch entfernen.

Abb.: Gummistift zum Schmutzentfernen auf Optik

Objektiv “krank

Das einzige, was gefährlich ist, wenn man es nicht behandelt, sind organische Beschädigungen im Objektiv und die gibt es leider auch ein paar … aber in diesem Objektiv zum Glück wenige:

Hier in der Bildmitte, diese blaße Strukturblase – d.i. ein Fungus (rechts nochmal vergrößert abgebildet). Pilze sind organisch und das heißt, sie wachsen, wenn man sie nicht aufhält. Damit machen sie das Glas nachhaltig kaputt. Man muss sie abtöten und nach dem Entfernen muss man die Stelle versiegeln, weil der Pilz sonst neu ausbrechen kann.

Teleskoppflege I – Refraktor

Glas versiegeln geht im Grunde auch für astronomische Optiken genauso wie für Ihre Fensterscheiben zuhause: Reinigung mit “Lotus-Effekt”. Wenn man damit die Fensterscheiben zuhause behandelt, dann werden auch diese länger sauber bleiben, weil zunächst (zumindest für eine Weile) das Wasser einfach abperlt, also nicht haften bleibt und beim Verdunsten Rückstände hinterlässt. Der Begriff “selbstreinigend” in diesem Zusammenhang ist natürlich (leider noch) Quatsch, aber jedenfalls verlängert der Lotus-Effekt die Putzintervalle und das ist doch eigentlich genau das, was der typische Astronom will: Sterne gucken und Putzen so selten wie möglich.

Wir lernen: Astronomen, die den Durchblick haben, sind die besten Fensterputzer. 🙂

 


Gimmick:

Der Schluss dieses kleines log-posts liest sich irgendwie wie ein Spot aus der TV-Werbung – obwohl ich leider kein so prächtiges Lächeln habe wie die Leute aus der Zahnpasta-Werbung und mich damit über die noch weißere Wäsche freuen kann (wo man sich immer denkt “passen Sie auf, sonst wird die Wäsche irgendwann so weiß, dass sie schon durchsichtig ist … könnte Ihnen peinlich werden”).

Ich nehme dies aber als Anlass, an dieser Stelle mal für Weiße Zwerge und Rote Riesen (statt für Weiße Riesen) zu werben.

Das Foto ist ein nicht nachbearbeitet, nicht getrixt: durch diese Fenster sah es wirklich so aus, als würden hier zwei Sonnen am Himmel stehen – da hilft auch ein Putzen mit Lotus-Effekt nichts. Es wurde schon spekuliert, ob dieser Effekt im “Schülerlabor Raumzeitwerkstatt” von der Gravitation des Fensterrahmens kommt.

Ansonsten bin ich gespannt auf die Kommentare der Hobby-Astros, die dies ausprobieren oder schon ausprobiert haben.

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"physics was my first love and it will be my last physics of the future and physics of the past" Dr. Dr. Susanne M Hoffmann ist seit 1998 als Astronomin tätig (Universitäten, Planetarien, öffentliche Sternwarten, u.a.). Ihr fachlicher Hintergrund besteht in Physik und Wissenschaftsgeschichte (zwei Diplome), Informatik und Fachdidaktik (neue Medien/ Medienwissenschaft) als Weiterqualifikationen. Sie ist aufgewachsen im wiedervereinigten Berlin, zuhause auf dem Planeten Erde. Jobbedingt hat sie 2001-2006 in Potsdam gelebt, 2005-2008 saisonal in Mauretanien (winters) und Portugal (sommers), 2008-2009 und 2013-'15 in Berlin, 2010 in Hamburg, 2010-2012 in Hildesheim, 2015/6 in Wald/Österreich, 2017 in Semarang (Indonesien), seit 2017 in Jena, mit Gastaufenthalten im Rahmen von Forschungskollaborationen in Kairo+Luxor (Ägypten), Jerusalem+Tel Aviv (Israel), Hefei (China)... . Ihr fachliches Spezialgebiet sind Himmelskarten und Himmelsgloben; konkret deren Mathematik, Kartographie, Messverfahren = Astrometrie, ihre historische Entwicklung, Sternbilder als Kulturkalender und Koordinatensystem, Anomalien der Sternkarte - also fehlende und zusätzliche Sterne, Sternnamen... und die Schaustellung von alle dem in Projektionsplanetarien. Sie versteht dieses Blog als "Kommentar an die Welt", als Kolumne, als Informationsdienst, da sie der Gesellschaft, die ihr das viele studieren und forschen ermöglichte, etwas zurückgeben möchte (in der Hoffnung, dass ihr die Gesellschaft auch weiterhin die Forschung finanziert).

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