Dritte Welt

BLOG: Landschaft & Oekologie

Unsere Umwelt zwischen Kultur und Natur
Landschaft & Oekologie

Vor Kurzem diskutierte ich lange mit einem sowohl klugen als auch weisen Menschen über allerlei hochinteressante und hochwichtige Fragen. Mehrfach trat das ein, was man das Gefühl der Erleuchtung nennt: Plötzlich erscheint etwas, was man schon lange irgendwie kennt, in einem neuen, hellen, klaren Licht. Ich fing dann an zu jammern, daß ich nichts tun könne als mir solche Gedanken zu machen, ich für mich selber, und dabei wenn’s gut geht beglückende Gefühle bekomme. Aber ich könne damit ja nichts mehr anfangen. In meinem Kopf mag stattfinden was will – es hat keine Konsequenzen, ich kann damit nichts in Bewegung setzen; siech wie ich bin, bin ich zu nichts mehr nütze. Mein Gesprächspartner war empört. „Ganz falsch, hier nach dem möglichen Nutzen zu fragen“, rief er aufgebracht. „Das hat seinen Wert in sich!“ Und ich solle aufhören zu lamentieren, denn: „Du bist im Paradies“.

 

Wir kamen von da, es liegt ja nahe, auf das Thema der „dritten Welt“ oder des „dritten Reichs“, wie man es von Popper, Frege und vielen anderen Denkern kennt. Wo gehört denn das hin, was seinen Wert in sich haben soll? In der ersten Welt, der der Dinge (oder wie man diese Welt auch immer näher bestimmen mag), ist es gewiß nicht zu finden. Das eine hat da immer nur Wert für anderes. Hat es den nicht, hat es gar keinen. Als einen der ersten und wichtigsten Punkte im Studium haben die Studenten heute zu lernen, daß die Dinge, etwa die der Natur, nicht für sich Wert haben, sondern ihnen dieser zugeschrieben wird von Menschen, und dies immer mit Hinblick auf eine Funktion für etwas anderes. In der zweiten Welt, der der Gedanken (über die Dinge), ist das auch nicht zu finden, was einen Wert für sich haben soll. Dann an jeden Gedanken ist die Frage zu stellen, wofür – für welches Andere als er selbst – er denn gut sei (so wie ich es ja eben zum Ärger meines Gesprächspartners gemacht hatte).

Wie ist es nun mit der dritten Welt? Vielleicht anders. Man könnte sich damit beruhigen, daß es für die normale Wissenschaft – und für Philosophien, für die die normale Wissenschaft das Ideal für Erkenntnis insgesamt abgibt – diese dritte Welt ohnehin nicht gibt. Was es gibt, sind erste und zweite. Natürlich, denn was den Inhalt dieser beiden Welten ausmacht, sind Tatsachen – Dinge und Ereignisse z. B. astronomischer Art, Gedanken als Vorgänge in Raum und Zeit, gleichgültig ob man sie nun psychologisch („der Gedanke, der ihm in den Sinn kam, verschaffte ihm ein unbehagliches Gefühl“) oder physiologisch („Zugabe der chemischen Substanz A führt dazu, daß die neuronalen Vorgänge, die normalerweise unter den gegebenen Umständen ablaufen, nicht mehr ablaufen“) auffaßt. Man kann alles, was zur ersten und zweiten Welt gehört, „feststellen“, es handelt sich um Gegenstände der empirischen Wissenschaften.

Was ist dagegen das, was der dritten Welt angehören soll? Für jene Wissenschaftler gibt es das nicht, es handelt sich nur um Zuschreibungen, die die Wissenschaftler vornehmen: Auch die vermeintlichen Werte an sich sind nur Werte, die wir den an sich „wertfreien“ Dingen zugeschrieben haben. Wir können ihnen jederzeit andere oder gar keine zuschreiben. Aber diese sozusagen normale Wissenschaftlerhaltung hat ihre Nachteile. Wert haben die Dinge (und Gedanken) hier nur, wenn und insofern die Menschen ihn ihnen zuschreiben. In Zeiten vor der Entstehung der modernen Wissenschaft war alles von eine höchsten Vernunft sinnvoll eingerichtet, und Sinn bedeutete: Sinn in Bezug auf das, was seinen Wert in sich hat. Aber jetzt hat Wert nur das, was ihn von Menschen zugeschrieben bekommen hat. Doch was ist, wenn die Menschen selbst keinen Wert und keinen Sinn haben, wie das schon viele kluge Leute gemeint haben? Dann ist alles sinnlos, und der unheimlichste aller Gäste, der Nihilismus, steht vor der Tür (Nietzsche).

Ich habe mich mit diesen „Welten“ nie systematisch beschäftigt, nie ein Buch darüber gelesen oder auch nur einen Aufsatz dazu. Alles, was ich weiß oder zu wissen glaube, ist aufgeschnappt an verschiedensten Stellen. Um ein bißchen Ordnung in das Chaos zu bekommen, schreibe ich diesen Artikel.

Man kann staunen, in welcher Vielfalt von Formen der Gedanke der dritten Welt auftaucht, ähnlichen und regelrecht gegensätzlichen. Ob ich das, was ich nun alles nenne, zu Recht einer Grundfigur „dritte Welt“ zuordne oder zu Unrecht, weiß ich nicht.

Bei Frege scheint der Gedanke etwa so zu gehen. Es gibt die tatsächlichen Dinge und die Gedanken (über sie), z. B. mathematische Gedanken. Innerhalb derer gibt es aber einen auffälligen Unterschied. Als Gedanken, als faktisch auftretende Gedanken sind sie alle gleich, sind sie eben an bestimmten Raumzeitstellen faktisch auftretende Gedanken. 2 x 2 = 4 ist da nicht anders als 2 x 2 = 5 oder 2 x 2 = 7. Bzw. 2 x 2 = 7 besteht, auf der physiologischen Ebene, nicht deshalb aus anderen neuronalen Vorgängen als 2 x 2 = 4, weil dieses richtig und jenes falsch ist. Das richtige hat auch nicht insofern einen Vorzug vor den falschen, weil es „normalerweise“ herauskommt. Wenn man bedenkt, wie viele Erstkläßler sich mit so etwas abquälen müssen und falsche Antworten geben, sind vielleicht die beiden falschen Ergebnisse häufiger als das eine richtige.

Dessen Besonderheit erkennt man nur, wenn man eine weitere Ebene einführt, nämlich die gerade angedeutete: Die einen Gedanken sind eben richtig oder wahr, die anderen nicht. Die wahren (bzw. richtigen)[1] sind dies, so Frege, nun nicht nur in dem Moment, in dem sie gedacht werden, also faktische psychologisch oder physiologisch beschriebene Gedanken in einem Kopf an dieser Stelle zu dieser Zeit sind. Sie waren schon wahr, bevor es überhaupt Köpfe gab, die rechnen konnten, und sie werden wahr sein, wenn es längst keine Menschen mit Köpfen mehr gibt. Sie sind nicht an bestimmten Orten im Raum und zu bestimmten Zeitpunkten, sie gelten überall und sie sind „von Ewigkeit zu Ewigkeit“. Man kann sich leicht vorstellen, daß man von da aus auf den Gedanken des Werts an sich kommen kann, den das hat, was seine Existenz in der dritten Welt hat: Es ist unvergänglich, ist ewig, und ist allgegenwärtig. Das Pathos der Mathematiker versteht man von hier aus leicht: Was wir ans Licht bringen, ist für alle Zeiten gültig. Wir allein bauen an einem ewigen Werk. Andere Wissenschaftler können das nicht von sich behaupten, jedenfalls seit sie um die prinzipielle Falsifizierbarkeit all ihrer Hervorbringungen wissen. Aber wenn das auch im Einzelnen so ist: zusammen bauen sie doch an einem ewig gültigen Werk. Ob sie es je vollenden werden, ob sie es in Teilen vielleicht schon fertiggestellt haben, ob es eventuell eines Tages fertig vor uns stehen wird oder für immer nur Idee bleiben wird, der die Wissenschaftler folgen, dabei wissen, daß sie es nie fertigstellen werden, sind Fragen, die uns hier nicht interessieren müssen.

Aber „sind“ diese „Dinge“ der dritten Welt, etwa ein wahrer Gedanke, denn überhaupt? Kann man bezogen auf sie von „Existenz“ sprechen? Insofern sie „sind“, unterscheiden sie sich ja gerade nicht von den unwahren Gedanken, sie unterscheiden sich nur insofern, als sie nicht sind, sondern gelten. Solche Einwände kamen bald. Teils wurden sie mit der Absicht vorgebraucht, die ganze Theorie der drei Welten zu Fall zu bringen, teils, um im Rahmen dieser Theorie das Wesen dessen genauer zu bestimmen, was der dritten Welt angehört.

Und das ist sehr verschiedenartig. So wie ich Frege vorhin interpretiert habe, ist der zentrale Punkt: Die wahren Gedanken, die in der dritten Welt ihren „Ort“ haben, sind ewig, wie Platon’sche Ideen (bei Platon „erste Welt“, es gibt bei ihm nur zwei, die zweite sind die Schatten an der Höhlenwand und überhaupt alles Vergängliche).

Daran kann man nun, wie wir in unserem Gespräch, allerlei Gedanken nun nicht nur über Freges mathematische und vielleicht alle wissenschaftlichen Gegenstände anschließen, sondern z. B. über den Wert der Tätigkeit, die auf die Erzeugung solcher Gedanken gerichtet ist: Sie hat vielleicht auch ihren Wert in sich. Es ist eine Tätigkeit höherer Art, bzw. der höchsten Art, die dem Menschen möglich ist. Ich, der ich mir gerade Gedanken von ewigem Wert machte, bin „im Paradies“, mußte ich mir sagen lassen. Ob und wie sich das auch wirklich begründen läßt, wäre eine Anschlußfrage.

Einen anderen Aspekt der Sache (ist es überhaupt ein anderer Aspekt derselben Sache oder ist es eine andere Sache und wir machen einen Fehler, wenn wir hier wie da von einem Gegenstand sprechen?) bemerkt man, wenn man sich gewisse Konsequenzen von Poppers Theorie ansieht. Popper zeichnet das Bild eines Wissenschaftlers, der geradezu ein Idealmensch ist und in der Gesellschaft auch das Ideal abgeben kann für Menschengruppen jeder Art: Er ist kritisch, er übernimmt nicht einfach, was ihm als gültig angeboten wird, sondern prüft es erst, er taugt nicht als Untertan in einem totalitären Staat.

Und wenn er es (eine Theorie, eine Gesetzeshypothese) prüft, dann ist das Wesentliche, daß er seine eigene zu prüfende Behauptung so formuliert, daß sie einem möglichst hohen Widerlegungsrisiko ausgesetzt ist. Man kann zwar eine Prüfung immer so anlegen, daß der Kandidat sie besteht. Ob er aber ein guter Kandidat ist, sieht man erst, wenn man ihn einer strengen Prüfung aussetzt. Der Wissenschaftler ist darum auch kritisch gegen sein eigenes Denken, und er ist kühn: Er setzt es einem hohen Risiko aus. Der Zeiger wird zwischen Null und 80 auf einer Skala stehen, die bis 100 geht – das sagt der Wissenschaftler nicht. Denn diese Behauptung ist fast ohne Risiko: irgendwo zwischen Null und 80 wird er mit hoher Wahrscheinlichkeit stehen, das können ganz verschiedene Theorien voraussagen. Der Wissenschaftler sagt vielmehr: der Zeiger wird zwischen 26, 3 und 26,8 stehen. Steht er da nicht, ist meine Hypothese falsifiziert und ich muß sie verwerfen. Ich habe eine riskante Behauptung aufgestellt und bin gescheitert.

Ganz falsch, sagt Thomas Kuhn. Solche Wissenschaftler mag es geben, aber wenn sie zur falschen Zeit auftreten, geht die Geschichte über sie hinweg. Sie sind sogar – normalerweise: in der normal science – für den Fortgang der wissenschaftlichen Erkenntnis überhaupt ohne Bedeutung. Von Bedeutung sind die, die sich ganz anders verhalten als Poppers Idealwissenschaftler: die nicht das Widerlegungsrisiko suchen, sondern die Bestätigung dessen, was sie glauben, die im Wesentlichen alles, was ihnen begegnet, in die alten Schubladen stecken und abschneiden, was über den Rand hervorschaut, die so lange wie es nur irgend geht an ihren Vorurteilen kleben, die also stumpfe Starrköpfe sind. Sie aber sind es, die dafür sorgen, daß die normale Wissenschaft sich so lange wie nur irgend möglich im Rahmen des alten Paradigmas abmüht, bis in kleinste Kleinigkeiten aus diesem herausholt, was nur in seinem Rahmen möglich ist.

So kommen die enormen Wissensbestände zusammen, die die Normalwissenschaften anhäufen, auch über ganz nebensächliche, ja abwegige Dinge. Und so kommt es ab und zu auch dazu, daß das alte Paradigma doch mit einem bestimmten Problem nicht fertig wird, einige Wissenschaftler zu zweifeln beginnen und schließlich eine wissenschaftliche Revolution stattfindet.

Schon richtig, sagt wiederum Popper, solche Starrköpfe gibt es wirklich, die sich von der Falsifikation der alten Theorie durch ein entscheidendes Experiment nicht beeindrucken lassen, die die Falsifikation anzweifeln (jede Falsifikation kann man mit Grund anzweifeln) und nach einer Lösung suchen, die es ihnen erlaubt, ihre Vorurteile beizubehalten. Aber solche dummen, sturen, nicht kühnen, nicht kritischen Wissenschaftler bringen die Wissenschaft nicht weiter. In der dritten Welt zählen sie darum nicht. Sie sind wie die vielen, die falsche Gedanken erzeugen über irgend etwas: ihre Gedanken sind als Gedanken, als raumzeitliche psychologisch-physiologische Gebilde, nicht anders als die wahren, aber sie gelten nicht, sie sind der Müll der Geschichte. Die Gedanken der kühnen Idealwissenschaftler dagegen bleiben zwar nicht ewig wie die wahren mathematischen Gedanken Freges, sie werden vielleicht, ja wahrscheinlich von nachfolgenden kühnen Wissenschaftlern falsifiziert werden. Aber sie sind Schritte auf dem richtigen Weg gewesen. Das ist ihr bleibender Wert. Wert an sich, ewigen Wert hat nicht das einzelne Produkt des Idealwissenschaftlers, wohl aber dessen Haltung.

Aus Kuhns Gedanken jedoch ist die dritte Welt nicht verschwunden. Ich weiß nicht, wie er persönlich darüber dachte, vielleicht lehnte er, mit der Mehrzahl seiner Normalwissenschaftler, den Gedanken der drei Welten zugunsten des Gedankens der zwei Welten ab. Aber seine Theorie hat Platz für eine dritte Welt. Diese ist jedoch anders als die von Frege und Popper. Sie steckt im Paradigma. Das ist ein Denkgebilde, aber es ist von ganz anderer Beschaffenheit als die Gedanken als Fakten (2. Welt). Es hat diese im Griff. Der Wissenschaftler, der sich Gedanken macht, weiß nichts von dem Paradigma, das seine eigene Gedankenproduktion lenkt. Es ist wie eine gefärbte Brille, von der ihr Träger nichts weiß. Er glaubt, so wie die Brille sie ihm zeigt, so sei die Welt an sich. In der Revolution zerbricht die Brille, die Wissenschaftler setzen eine neue auf, und nach einiger Zeit glauben sie an die neue, wie sie an die alte geglaubt hatten.

Das Paradigma als dritte Welt ist der Ort, an dem wahr und falsch nicht gelten, an dem vielmehr darüber entschieden wird, was als wahr und falsch zu gelten hat, an dem nicht gesagt wird: dies ist wahr oder richtig, jenes ist falsch, sondern wo über die Regeln oder Gesetze entschieden wird, nach denen es zugeht, wenn die Wissenschaftler sagen: nach diesen Kriterien richten wir uns, wenn wir gefragt werden, ob etwas zu akzeptieren oder zu verwerfen sei. Oder wo die Gesetze, die unser Leben ordnen, nicht gelten, vielmehr die Gesetze gemacht werden (Parlament). Es ist ähnlich dem Gott der Nominalisten: Er ist vollkommen unerkennbar, und was als wahr gilt in der Welt, das gilt für ihn keineswegs; er hätte ja auch eine Welt schaffen können, in der das Gegenteil als wahr zu gelten hat. Und was wir für böse halten, kann für ihn gut sein und umgekehrt. Er bestimmt darüber, was gut und böse ist, es wäre darum falsch zu sagen, daß er gut ist. Nur unserem beschränkten Einsichtsvermögen scheint das so, er ist darüber erhaben.

Die dritte Welt wird so zur Sphäre des Heiligen in archaischen Kulturen. In dieser Sphäre ist gut und böse noch ungeschieden (Bataille). Erst das Christentum bereinigte das Heilige, ließ allein das unbedingt Gute am alten Heiligen noch übrig. Aber in den archaischen Zeiten gab es außer der umfriedeten und gewaltsam befriedeten Sphäre, die sich die Menschen geschaffen hatten, um der für ihre Erhaltung als Individuen notwendigen Arbeit nachzugehen und in der es nach Regeln zugeht, in der man weiß, was gut und böse ist, diejenige Sphäre, in der diese Trennungen noch nicht bestehen oder in der sie für den, der sich in diese Sphäre begibt, temporär wieder aufgehoben sind. Der Mensch, der sich, etwa im Zuge eines Initiationsritus, in einen Wolf verwandelt, der durch die Wildnis streift, tut nichts Böses, wenn er Menschen tötet.

Auch im Krieg tut man nichts Böses, wenn man tötet. Was man sonst ängstlich und unter großen Anstrengungen in seinem Bestand zusammenhält, sich selbst als individuelles lebendes Wesen, setzt man rauschhaft aufs Spiel. Der Rausch des Krieges ist zugleich größte Lust und größter Schrecken – wie das, was man außerhalb der umfriedeten Sphäre in der Wildnis erlebt. Schon der Gedanke daran läßt die Menschen erbeben, aber nicht nur vor Angst, sondern auch vor Lust (an dem sonst Verbotenen).

In der Paradigmentheorie und ähnlichen Weltsichten ist die dritte Welt etwas, das die Bestimmungen enthält, nach denen sich die Dinge und die Gedanken über sie in der ersten und zweiten Welt zu richten haben. Ähnlich regiert dieser Gedanke die Theorien der Strukturalisten. Strukturen sind nicht einfach etwas, was wir, die Wissenschaftler, uns ausdenken, um Ordnung in die Welt unserer Gegenstände zu bekommen, damit aber nichts als unser Produkt. Sondern sie sind etwas Wirkliches und sie beherrschen die Welt (die erste und zweite). Ein Diskurs kann nicht einfach nach Belieben verlaufen. Das jeweilige Diskursuniversum hat Strukturen, die bestimmen, wie der Diskurs nur verlaufen kann. Es gibt bestimmte Positionen in einem Diskurs, die „besetzt“ werden können von den einzelnen Ereignissen (Aussagen etwa, die zu bestimmten Zeiten möglich sind) wie Planstellen in einer Behörde, oder aber die Position bleibt frei; außerhalb der Planstellen gibt es für ein Ereignis keine Möglichkeit, real zu werden.

Die Diskursstrukturen, dritte Welt gegenüber den Dingen und den Gedanken/Reden über sie, haben hier wieder einen anderen Charakter bekommen. Eigentlich etwas ganz anderes als die Realität, als die Tatsachen (erste und zweite Welt) werden sie zur wahren Realität, zu den härtesten Tatsachen, denen sich die armselige Wirklichkeit nur fügen kann.

 

Man kann das sicher noch weiter fortspinnen. Man könnte etwa nach dem Verhältnis der dritten Welten zum ausgeschlossenen Dritten der Logik fragen, oder nach der „Dreieinigkeit“ der Theologen. Gewiß kann man sich dieses ganzen Gewirrs von Gedanken mit einem Schlag entledigen, indem man die dritten Welten zu Hirngespinsten erklärt. Man bleibt konsequent nominalistisch: Wir denken uns diese Strukturen zu irgendwelchen Zwecken aus, mehr ist da nicht. Und meist mache ich es auch so. Wenn ich, wie oft, zur Untersuchung eines bestimmten Frage, z. B. „welches Naturbild hatten die Romantiker“, Idealtypen bilde, z. B. einen Idealtyp von Romantik und diesen gegen einen Idealtyp von Aufklärung absetze, so achte ich, Max Weber folgend, sorgfältig darauf, daß ja an keiner Stelle die Sache so verstanden werden kann, als ob ich die wahren Eigenschaften der Romantik entdeckt hätte: Den Idealtyp habe ich konstruiert, er hat keine andere Quelle als mich und sein einziger Sinn liegt in seiner heuristischen Fruchtbarkeit. Zeigt er diese nicht, verwerfe ich ihn.

Aber es gibt wissenschaftliche Fragestellungen, für die scheint der Gedanke der dritten Welt mehr herzugeben als jener strikte Nominalismus. Die Diskursanalyse könnte so ein Fall sein. Und es gibt Situationen im Leben, in denen man mit dem Gedanken der dritten Welt offenbar etwas anfangen kann, z. B. die Situation, in der ich darüber klagte, daß ich in der Welt nichts mehr bewirken kann. Da fragt man sich, ob es nicht denkmöglich oder denknotwendig sein könnte, daß etwas von einem Wert ist, den es nicht erst durch seine Funktionalität für anderes erhält. Die Welt der ewig wahren Gedanken (und sollte es die nicht geben: der Wert, der einer sozusagen auf sie bezogenen Haltung zukommt, ähnlich wie bei Popper) wäre ein starker Kandidat. Man wäre damit ziemlich nahe an der klassischen Berufsethik der Wissenschaftler: Suche nach Wissen um des Wissens willen. Das will heute keiner mehr hören. Aber was ist daran falsch?

 

 

[1] Es gibt eine lange Diskussion darüber, ob man bezogen auf Gedanken ethischer Art von „wahr“ sprechen darf oder von (normativ) richtig sprechen muß, und wenn letzteres gilt, ob es eine Variante von „wahr“ ist oder nicht. Sie muß uns, glaube ich, an dieser Stelle nicht interessieren. Ich werde von „wahr“ sprechen.

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Ich habe von 1969-1973 an der Ludwig-Maximilians-Universität München und der FU Berlin Biologie studiert. Von 1994 bis zu meiner Emeritierung im Jahre 2011 war ich Inhaber des Lehrstuhls für Landschaftsökologie der Technischen Universität München. Nach meinem Studium war ich zehn Jahre lang ausschließlich in der empirischen Forschung (Geobotanik, Vegetationsökologie) tätig, dann habe ich mich vor allem mit Theorie und Geschichte der Ökologie befaßt, aber auch – besonders im Zusammenhang mit der Ausbildung von Landschaftsplanern und Landschaftsarchitekten – mit der Idee der Landschaft. Ludwig Trepl

132 Kommentare

  1. @Maciej Zasada
    30. Dezember 2015 11:33

    “ich weiß nicht was es heißt, wie Hinz und Kunz zu denken. Ich kenne die beiden Herren nicht.”

    Einfach mal auf die Straße schauen: fast die Hälfte der Männer heißen Hinz, (fast) die andere Hälfte Kunz. Kulturübergreifend, d.h. nebenher mögen sie Ibrahimovic, Kalou oder Gaddafi heißen.

  2. @ Balanus
    29. Dezember 2015 21:48

    “Besonders problematisch scheint mir vor allem Welt 3 zu sein: Denn irgendwer muss darüber befinden, was der objektive Gehalt…”

    Das glaube ich nicht. Wir müssen und können nicht endgültig wissen, was zur 3. Welt gehört, wenn, wie bei Popper, “Wahrheit” in irgendeinem Verständnis Kriterium dafür ist. Wir können nie mehr sagen als: wenn die Behauptung B gültig wäre, dann würde sie zur 3. Welt gehören. Entscheiden tut darüber allein der liebe Gott, denn der weiß ja alles.

    Problematisch an der 3.-Welt-Theorien, jedenfalls des Popper’schen und des Frege’schen Typs scheint mir, daß da eine “Welt” behauptet wird. Bei Welt 1 kann man das behaupten, bei Welt 2 auch, da geht es um kategorial unterschiedliche Dinge. Aber bei Welt 3 handelt es sich ja um etwas, was es ohne die denkenden Menschen nicht gäbe. Auch wenn die Frege’sche Behauptung ganz einleuchtend erscheint, daß ein wahrer mathematischer Satz auch schon wahr war, als es noch keine Menschen gab: als mathematischen Satz gibt es ihn nur, weil und wenn Menschen denken. Darum ist es vielleicht besser, statt von einer 3. Welt von einem Aspekt von Gedanken zu sprechen: Als Ereignisse (2. Welt) unterscheiden sich wahre und falsche Gedanken nicht, egal ob ich das Denken psychologisch auffasse oder auf Physiologie reduziere (falls das möglich ist); wohl aber unterscheiden sie sich, wenn man nach der Gültigkeit fragt.

  3. @ Maciej Zasada
    30. Dezember 2015 1:23

    „Die Methode, welche das Unwissen punktuell beseitigt, kann nicht allgemein zur Beseitigung des Unwissens angewandt werden.“

    Da ist sicher was dran. Ich vermute, der Hauptunterschied ist: Die punktuelle Beseitigung des Unwissens ist eine Tatsache, der man sich zudem nie völlig sicher sein kann. Der Mensch ist ein endliches Wesen und kann immer irren. Die „allgemeine Beseitigung des Unwissens“ dagegen ist keine Tatsache, sondern eine regulative Idee (wir sollen mit der Wissenschaft nicht aufhören, bevor wir dieses Ziel erreicht haben, also nie).

    „Behauptung 1: Die Dinge des Universums können generell in zwei Daseinszuständen existieren ff.“

    Das sieht erst mal nach einer der zahlreichen Ontologien aus, und dazu möchte ich nichts sagen, solange ich nicht weiß, wie man auf sie kommt und wie sie im Verhältnis zu anderen stehen.

    Allerdings: Wenn Sie schreiben: „Beim Thema, das uns beschäftigt, versagt jede empirische Methodik vollständig“, dann heißt das, daß wir davon ein apriorisches Wissen haben. Das gewinnt man nicht empirisch, sondern reflexiv. Wenn Sie das meinen, sollten Sie es aber etwas begründen, nicht nur so behaupten.

    „Der Zustand des Allwissens ist dem der vollkommenen Ignoranz äquivalent, denn die vollkommene Informiertheit keinen Wert besitzt, der sie von der vollständiger Ignoranz unterscheiden würde (dem Allwissen als einem Merkmal fehlte die wissensbestimmende, notwendige Qualität des Unwissens)“

    Ich weiß nicht, was Sie mit „äquivalent“ meinen. Wenn es heißen soll: das Allwissen ist nichts anderes als vollkommene Ignoranz“, dann wäre es falsch. Denn es läßt sich eine allwissende Intelligenz denken, die von sich sagen kann: Unwissen ist etwas, was die endlichen Intelligenzen haben, ich aber nicht. Ich weiß nämlich alles.

    „Wir können mittels eines Maßstabes die Höhe eines Arbeitszimmers, nicht aber die Methode, mit deren Hilfe das Lego-Hotel zusammengebaut wird, bestimmen, ist das jetzt klar formuliert?“

    Ja natürlich, so ist es, ein Maßstab reicht dazu nicht. Aber was wollen Sie damit sagen?

    Im Übrigen weiß ich nicht, wozu Sie den ganzen Aufwand betreiben. Sie wollen doch nur sagen, warum ein Allwissen in Ihrem Sinn uns nicht möglich ist, oder? Das geht aber ganz einfach: Empirisches Wissen sagt uns nie etwas anderes als: soweit wir bisher feststellen konnten, ist es so, nie: so ist es notwendigerweise. Also kann sich immer noch herausstellen, daß es anders ist. Apriorisches Wissen dagegen ist immer nur Wissen über unser Denken, nicht über „die Welt“. – Ich wüßte auch nicht, daß irgend jemand behauptet hat, ein Allwissen in Ihrem Sinn sei uns möglich. Wenn von vielen gesagt wird, absolutes Wissen sei möglich oder sei doch ein notwendiger Begriff, so bedeutet das etwas anderes.

  4. @ Eli Schalom und Maciej Zasada
    Bitte entschuldigen Sie, dass ich mich hier so “von der Seite einschalten”, aber ich erachte es doch als äußerst anmaßend und v.a. zeitstehlend (was wohl das schlimmere ist) wenn hier so geredet wird, wie von Eli Schalom und Maciej Zasada (was das @ vor dem Namen bedeuten soll, habe ich bisher nicht verstanden). Da wir ewig von “Neuem” und von “Neuen Erkenntnissen” usw. geschwafelt, ohne dass auch nur im Ansatz begründet wird, was denn das “Neue” gegenüber welchem “Altem” (?) wäre. Das sind Propheten, die hier reden, Leute die Anhänger finden wollen, ohne dass diese über das nachdenken, was gesagt wird. Abgesehen davon, dass ich keinerlei Verständnis dafür haben, dass man sowas überhaupt macht, ärgert mich v. a. die Unverfrorenheit mit der hier entgegengeredet wird. Ich weiß ja nicht genau, was Sie sonst machen, aber offenbar haben sie das Bedürfnis irgendwo irgendwas gelten zu wollen. Ich weiß nicht, was Sie mit Ihrem esoterischen Geschwafel erreichen wollen. Erklären Sie doch zumindest das! Ewig steht im Hintergrund der Gotthard Günther und sein “Alternative” zur zweiwertigen Logik, aber erklärt hat mir hier dazu noch keiner was (trotz wiederholter Nachfrage) – das alles sind nur Glaubensbekenntnisse… Was leistet die mehrwertige Logik, die Polykontextualität usw. Ich habe den Eindruck, dass der Einzige, der dazu hier etwas Sinnvolles zu sagen hätte, Ludwig Trepl wäre, aber der kann sich, wie es scheint, an nichts erinnern.
    Ich bitte Sie also inständig darum, wenn sie diesen Blog nicht ins Bodenlosniveaulose steuern wollen, endlich dazu Stellung zu nehmen: was ist Ihre Sicht der Welt?

    Herzliche Grüße

    Georg Hausladen

    • Hallo Herr Georg Hausladen,

      Sie schreiben: “Bitte entschuldigen Sie, dass ich mich hier so “von der Seite einschalte”
      ….was darauf schließen lässt, dass Sie einen unzureichenden Eindruck vom Gesamt der Diskussion haben. Wie wär‘s deshalb mit etwas Vorsicht beim Scharfschießen?

      1)
      In ‚einen Topf‘ gehören wir weltanschaulich sicherlich nicht. Ich kenne @Maciej Zasada nur aus den paar Kommentaren, die er hier in einigen Artikeln gepostet hat. Einige wenige seiner Sätze kann ich – losgelöst vom Gesamt seiner Äußerungen – bejahen, aber zu seinen Theorien als Ganzes kann ich nichts sagen. Herr Zasada hat zwar stets – und das weiß auch Herr Trepl – hinter seinem Kommentarnamen den Link zu seiner Homepage, wo man sich über seine Sicht schlau machen könnte, was ich aber noch nicht getan habe und vorerst auch nicht würde tun können.

      2)
      Herr Trepl weiß von mir etwas mehr durch privaten Kontakt . Für mich weise ich deshalb Ihren Vorwurf: „die Unverfrorenheit mit der hier entgegengeredet wird“ zurück. Herr Trepl konnte, als er die Diskussion anregte, wissen, warum ich hier im Blog im Moment nur Behauptungen aufstelle und noch keine Argumente bringen kann. In seinem vorherigen Artikel „Anonymus“ erfahren Sie etwas mehr über die Ursache dieser aktuellen Diskussion. Inzwischen hatte ich mich aus der aber schon abgemeldet. Also bleiben Sie ruhig, meinerseits hat es mit der ‚Unverfrorenheit‘ ohnehin ein Ende.

      3)
      Das @ dient in Blogs etc. als Anrede bei einem Pseudonym. Aber nicht nur, es ist einfach auch ein Hinweis darauf, wen man meint, wenn man antwortet, da die Antwort ja mitunter nicht direkt hinter dem betreffenden Kommentar landet.

      PS: Hm…. Sie fragen: “was ist Ihre Sicht der Welt?” Sollten Sie speziell von mir Näheres wissen wollen, (außer dass ich eine schöpferische, forschende, katholische Christin bin) können Sie über Herrn Trepl oder hier über das IT gerne mit mir Kontakt aufnehmen.

      • “können Sie über Herrn Trepl oder hier über das IT gerne mit mir Kontakt aufnehmen.”

        Genau darum geht es immer: außer Narzißmus nicht Neues unter der Sonne. Sie haben vergessen, Herrn Hausladen Ihr Buch anzupreisen.

        • Danke für das Kompliment, Herr Hilsebein! Bei meiner charakterlichen Veranlagung könnte ein gewisses Maß an ‚Narzissmus‘/Egoismus ein menschlicher Fortschritt sein, auch wenn die Äußerung bei Ihnen, wie fast immer, negativ rauskommt. Oder ist es auch Ihrerseits so, dass ich die Tatsache, dass Sie sich so ärgern, eher positiv werten sollte?

      • “Herr Trepl konnte, als er die Diskussion anregte, wissen, warum ich hier im Blog im Moment nur Behauptungen aufstelle und noch keine Argumente bringen kann.”

        Ich weiß es immer noch nicht. Wenn ich auch nur halbwegs verstanden habe, wovor Sie sich fürchten, dann wird das doch durch bloße Behauptungen nur schlimmer.
        Im übrigen: welche Diskussion habe ich denn angeregt?

  5. @ Eli Schalom

    “Nachdem ich mehrfach deutlich gemacht habe, warum ich keine Argumente bringen kann, finde ich es rücksichtlos, dennoch zu bohren”

    Aber nicht doch, gar nicht haben Sie das deutlich gemacht. Ihre Behauptungen bringen Sie ja, aber sie begründen Sie nicht. Meinen Sie, eine begründete Behauptung schadet Ihnen mehr als ein einfach so in die Welt gesetzte?

    “Sie können sich doch anhand meiner Anhaltspunkte stattdessen auch einmal selbstlos selber in pro-Argumenten üben.”

    Wie denn? Dafür reichen die Anhaltspunkte bei weitem nicht.

    “‘Ich frag ja dauernd nach….’ Dann frage ich zurück: Wo??? Nachfragen um Vorhandenes einsortieren zu können und demgegenüber nachfragen um neue Ansätze verstehen zu können, sind zwei sehr verschiedene Paar Schuhe.”

    Wo? Immerzu hab ich nachgefragt. Ums Einsortieren geht es mir allenfalls, wenn es zum Verstehen notwendig ist (das gibt’s nun leider mal). Icc will doch keine Klassifikation von Gedanken schreiben und suche einen Platz für Sie. – Ich hab zwar meine Zweifel, daß Ihr Ansatz neu ist, aber er könnte es ja in der einen oder anderen Hinsicht sein. Doch ich habe immer nur die Antwort bekommen, damit könnten Sie jetzt noch nicht rausrücken, da müßte ich aufs Manuskript warten u.ä. Habe Sie das denn ganz vergessen? Ich habe eher den Eindruck, daß es in unserer Korrespondenz um kaum etwas anderes ging.

  6. @Ludwig Trepl
    “Lesen Sie doch mal, was Kant im Anschluß daran sagt: Es ist gut, daß wir da nichts wissen können, denn andernfalls würde jede Moral und jede Religion zerstört.”
    Erstens: warum soll eigentlich Religion erhaltungswürdig sein?
    Zweitens: warum soll bloß Religion moralerzeugend und moralbewahrend sein?
    Drittens: “denn andernfalls würde jede Moral und jede Religion zerstört” – vielleicht könnte dann (endlich) eine universale Religion entstehen, die zwar keine Religion im traditionellen Sinn wäre, aber im Gegensatz zu den traditionellen Religionen einen Sinn besäße?
    Viertens: für den Theisten: die Grundsatzfrage: was hat Gott mit der Religion zu tun?

    Eli: “Da wird offenbar der Glaube zerstört, um für das Wissen Platz zu schaffen.”
    Da ist was dran, …”

    Dazu sage ich mir: ich darf wissen, was die Anderen bloß glauben müssen.

    • @ Maciej Zasada

      Nein, da geht Ihr Verdacht in die ganz falsche Richtung.

      “Erstens: warum soll eigentlich Religion erhaltungswürdig sein?”
      Das hab ich geschrieben, weil ich vermutete, Eli Schalom liegt etwas an der Religion. (Mir auch, aber ich meine es vermutlich anders, so wie Sie (“…einen Sinn besäße”).

      “warum soll bloß Religion moralerzeugend und moralbewahrend sein?”
      Das ist genau andersrum bei Kant. Moral ist ganz unabhängig von Religion und ist das Primäre. Ohne Moral kann man nicht (auf legitime, vernünftige Weise) zu Religion kommen, muß aber nicht.

      “vielleicht könnte dann (endlich) eine universale Religion entstehen, die zwar keine Religion im traditionellen Sinn wäre, aber im Gegensatz zu den traditionellen Religionen einen Sinn besäße?”
      Ziemlich genau das ist es, worauf es bei Kant in Die Religion in den Grenzen der bloßen Vernunft hinausläuft.

      “die Grundsatzfrage: was hat Gott mit der Religion zu tun?”
      Bei Kant ist das so, er definiert Religion einfach so. Andere, etwa Schleiermacher kurz nach Kant, definieren Religion so, daß ein Gott nicht nötig ist.

      “Dazu sage ich mir: ich darf wissen, was die Anderen bloß glauben müssen.”
      Wenn man der Kantschen Argumentation folgt, dann kann man hier einfach nicht wissen. Man muß ihr vielleicht nicht folgen, aber es ist ein harter Brocken.

      • “Wenn man der Kantschen Argumentation folgt, dann kann man hier einfach nicht wissen.”
        Aber das Wissen existiert, wenn es nicht darum geht? Wo finden Sie das Wissen, das Sie meinen und das verlässlich genug ist, um darauf stabiles Gebäude zu errichten?
        Ich sehe da keines.
        Zwischen dem Unwissen, das das Diesseits betrifft und dem Unwissen, das das Jenseits betrifft existiert kein Unterschied, denn auch dann, wenn wir im Wahn begriffen davon ausgehen zu wissen, wissen wir nicht wirklich. Das einzig verlässliche am Wissen scheint gerade diese Erfahrung zu sein. Und auch diese gelingt bloß den auserwählten Mutigsten. Die Anderen erfahren nichts.
        Darum geht es in der Religion und darum geht es in der modernen Religion der Wissenschaft. Das Wissen hat darin keinen Platz, bloß das “Wissen” und das Glauben an “Wissen”.
        Meinen Sie, ich spreche von den Zufällen oder Ausnahmen? Ich spreche von der Regel.

        Eine andere Metapher zum “Zeugenhaus”:
        Wäre die Erde ein von dichter Wolkenschicht umgebener Planet, würde sich die Sehnsucht nach Wissen über das Universum nicht entwickeln können, es sei denn als Glaube. Befände sich ein Hirte auf einem einsamen Gipfel, an dem das einzige Mal in der planetarischen Geschichte, durch einen unwahrscheinlichen Zufall für 2 Minuten die Wolkendecke aufreissen würde, hätte er die Bestätigung des Glaubens erfahren (und wäre er zusätzlich imstande das Phänomen zu fotografieren, würde er als Messias, der seine Worte mit Beweisen belegen kann, in die Täler gekommen…Doch dieser Moment, so bedeutend für den Wolkenplaneten, wäre keine Erklärung, im Gegenteil: die Theorie würde fast sicher in die Abgründe des Unwissens führen – das kann man mit Sicherheit sagen, denn unser Planet verhinderte nie die freie Sicht und die Entstehung der Sehnsucht – verlässlich wissen wir über das Universum nicht viel mehr als Wolken-Menschen.

        • Ich verstehe Ihren Text nur sehr teilweise, und auch da vielleicht falsch.

          “Zwischen dem Unwissen, das das Diesseits betrifft und dem Unwissen, das das Jenseits betrifft existiert kein Unterschied.”
          Wieso das? Das Unwissen, was das Diesseits betrifft, kann oft durch Wissen beseitigt werden. Das ist ganz trivial: Ich weiß nicht, wie hoch mein Zimmer ist; ich nehme einen Zollstock und messe nach, und schon weiß ich es. Sie verstehen unter “Wissen” aber offenbar etwas anderes, etwas viel Tiefsinnigeres, so wie in Sokrates’ “Ich weiß, daß ich nichts weiß”. Aber da müßten Sie mir sagen, was Sie genau meinen, sonst kann ich damit nichts anfangen. – Das Unwissen über das Jenseits jedoch ist von vollkommen anderem Charakter. Man kann darüber (z.B. ob es Gott gibt) nichts wissen, das kann man wissen. Das liegt einfach daran, daß das Jenseits so definiert ist, daß man dort keine (sinnlichen) Erfahrungen machen kann. Könnte man es, dann wäre es halt nicht das Jenseits.

          “Darum geht es in der Religion und darum geht es in der modernen Religion der Wissenschaft.”
          Worum genau soll es da gehen? In der Religion geht es jedenfalls um religiöse Fragen (indirekt auch um moralische). Eine solche ist nicht, wie alt die Erde ist oder ob Frauen ein Kopftuch tragen müssen, sondern z.B., ob ich von meinen Sünden “erlöst” bin oder werden kann oder ob ich dazu etwas beitragen kann, indem ich gute Werke tue usw. In der “modernen Religion der Wissenschaft” geht es um solche Fragen ganz und gar nicht. Ihr Satz klingt aber so, als ginge es in Religion und Wissenschaft ums Gleiche, als würden sie konkurrieren. Dem ist aber überhaupt nicht so.

          Ihr Bild mit dem Wolkenplaneten hab ich nicht verstanden, ich weiß nicht, was es sagen soll.

          Sie schreiben nichts zu meinen Erläuterungen bzgl. Kant. Heißt das, daß Sie sie akzeptieren?

          • @Ludwig Trepl
            Unwissen ist dem Wissen äquivalent (in gleicher Weise wie in der Musik der Ton der Stille äquivalent ist). Sie können die Höhe Ihres Arbeitszimmers ausmessen, doch nehmen Sie ein LEGO-Satz, der “Grand Hotel” heißt und Sie werden beim Zusammenstellen der Steine ohne Bedienungsanleitung nicht weit vorankommen. Sie werden vielleicht in der Lage sein, unzählige Versionen des Hotels zusammenstellen, doch das Original, das mit den Steinen ursprünglich gebaut werden soll, für das die Steine ursprünglich in eine Menge gesetzt worden sind, werden Sie höchst wahrscheinlich nicht errichten können.
            Das Wissen über die fragliche Struktur wäre nämlich in der nicht vorhandenen Bedienungsanleitung enthalten – was bleibt ist Unwissen (Ignoranz).
            Das Unwissen verhindert keine Aktion – es macht die Aktion und Theorie unsinnig (und zwar dann, wenn das Maßstab der Aktion, die aus dem Stand des Unwissens gestartet wird, das Erreichen der ursprünglich vorgegebenen oder apriorisch vorliegenden Formebene sein soll).
            Das Maßstab der wissenschaftlichen und der religiösen Bemühung ist aber das Erreichen der wahren, apriorisch vorliegenden Formebene der gesamten Wirklichkeit…aus dem Stand des Unwissens, LEGO hin oder her.

            Wolken-Metapher ist auch für Sie wichtig: wenn die Erde von einer dicken, undurchdringlichen Wolkendecke bedeckt wäre, wäre der Nachthimmel sternlos. grau, uninteressant – der Satz “der Gestirne Himmel über mir” wäre sinnlos…

            “Ihr Satz klingt aber so, als ginge es in Religion und Wissenschaft ums Gleiche, als würden sie konkurrieren. Dem ist aber überhaupt nicht so.”

            Religion, Wissenschaft, Politik und Popmusik sind dasselbe. Eine Behauptung ohne Beweis (s. /1/)

            “Aber da müßten Sie mir sagen, was Sie genau meinen, sonst kann ich damit nichts anfangen…Man kann darüber (z.B. ob es Gott gibt) nichts wissen, das kann man wissen. Das liegt einfach daran, daß das Jenseits so definiert ist, daß man dort keine (sinnlichen) Erfahrungen machen kann. Könnte man es, dann wäre es halt nicht das Jenseits.”

            Ich muss Ihnen nichts sagen, auch wenn Sie fragen stellen, wollen Sie keine Antworten…Sie stellen keine Fragen, Sie Antworten.

            “dann wäre es halt nicht das Jenseits”

            Eine Frage, die ich Ihnen hier und jetzt stelle: was ist, wenn das, was Sie für das “Jenseits” halten, in Wirklichkeit Diesseits ist, Diesseits, das Sie dadurch nicht wissen können, weil Sie von der Möglichkeit des Zimmers, das eine messbare Höhe haben muss, restlos überzeugt sind? Was ist, wenn Sie in Wirklichkeit in diesem Diesseits existieren und nicht in dem “Diesseits” der sinnlichen Reize?
            Wenn Sie nichts über das Jenseits berichten können, dann auch nicht darüber, wo Ihre tatsächliche Mitte liegt…die Mitte, die mit dem, was Sie wirklich sind, identisch ist (bitte, Kant, aber etwas moduliert: Ich als Ding an sich)

            “Sie schreiben nichts zu meinen Erläuterungen bzgl. Kant. Heißt das, daß Sie sie akzeptieren?”

            /1/ Ich habe nur Zeit für Dinge, die ich für sinnvoll halte.

          • @Maciej

            “Sie können die Höhe Ihres Arbeitszimmers ausmessen, doch nehmen Sie einenLEGO-Satz” usw.

            Ich verstehe nicht, was Sie mir damit sagen wollen. Die Frage war, wenn ich mich recht erinnere, ob es “Wissen” gibt. Und da hab ich geantwortet, wie man vom Nichtwissen über die Zimmerhöhe zum Wissen darüber kommt. Darauf haben Sie mir nicht geantwortet, sondern sind auf ein anderes Thema gewechselt. – Man könnte statt dieses Zimmerhöhen-Beispiels ohne weiteres 1000 andere Beispiele nehmen. Ich habe nur ein Beispiel gebracht für Wissen; ein einziges reicht für die Frage, ob es möglich ist. Was paßt Ihnen daran nicht?

            “Wolken-Metapher ist auch für Sie wichtig … ”
            Mag ja sein, aber ich habe nicht verstanden, was sie bedeuten soll.

            “der Satz ‘der bestirnte Himmel über mir’ wäre sinnlos…”
            Keineswegs. Über die Vielzahl der Sterne hätten die Menschen ja trotz der Wolken etwas erfahren können, z.B. indem sie eine Kamera hochschießen. Außerdem funktioniert der Gedanke, der in dem Satz “der bestirnte Himmel über mir” steckt, auch ohne den Himmel (der ist nur ein Beispiel und läßt sich ersetzen; “das moralische Gesetz in mir” ist nicht nur ein Beispiel, es läßt sich nicht ersetzen.)

            “Religion, Wissenschaft, Politik und Popmusik sind dasselbe. Eine Behauptung ohne Beweis”.

            Ich sage: Religion, Wissenschaft, Politik und Popmusik sind nicht dasselbe. Eine Behauptung ohne Beweis”.
            So kann man nicht miteinander reden. – Für meine Behauptung ließen sich aber, wie Sie wissen, sehr leicht Beweise beibringen. Man muß ja nur einen einzigen Unterschied finden, das reicht. Wenn Sie sagen würden: “…sind im Hinblick auf … dasselbe”, dann könnte der Satz richtig sein (falls man “im Hinblick auf …” richtig bestimmt). Aber das sagen Sie nicht.

            “Das Maßstab der wissenschaftlichen und der religiösen Bemühung ist aber das Erreichen der wahren, apriorisch vorliegenden Formebene der gesamten Wirklichkeit”

            Das klingt so, als ob es richtig sein könnte, aber an der Formulierung wäre doch noch zu feilen.

            “Ich muss Ihnen nichts sagen, auch wenn Sie Fragen stellen, wollen Sie keine Antworten…Sie stellen keine Fragen, Sie antworten.”

            Hä??? Wenn ich Fragen stelle, will ich Antworten (und nicht ein Ausweichen auf andere Themen). Und wenn ich gefragt werde, will ich antworten. – Bei mir geht’s ganz normal zu, ich denke nicht um Ecken, denke nicht esoterisch, sondern wie Hinz und Kunz.

            “… was Sie für das “Jenseits” halten”.
            Wie kommen Sie denn darauf, daß ich etwas für das Jenseits halte? Ich bin nie dort gewesen, hab auch nicht durch einen Spalt einen Blick hineinwerfen können, ich weiß also gar nicht, ob es sowas gibt wie ein Jenseits. Ich benutze das Wort, weil es andere benutzen, und ich versuche zu verstehen, was es für Implikationen hat usw.

            ” … weil Sie von der Möglichkeit des Zimmers, das eine messbare Höhe haben muss, restlos überzeugt sind …”
            Jetzt tun Sie doch nicht so, als ob Sie nicht davon restlos überzeugt wären. Sie könnte vielleicht sagen, daß es Bedingungen geben könnte, unter denen sich diese Überzeugung nicht aufrechterhalten läßt. Damit wäre aber keineswegs die Behauptung von der messbaren Höhe usw. widerlegt, sondern dann würden Sie einfach über eine andere Sache reden.

            “‘Sie schreiben nichts zu meinen Erläuterungen bzgl. Kant. Heißt das, daß Sie sie akzeptieren?’
            /1/ Ich habe nur Zeit für Dinge, die ich für sinnvoll halte.”

            Was soll das denn nun? Sie haben über Kant geschrieben, und zwar etwas, was geradezu haarsträubend falsch ist (wovon sich jeder überzeugen kann, den lesen kann). Und darum habe ich Sie korrigiert, ich dachte: sowas kann man doch nicht stehenlassen. Nun habe ich mich vielleicht hier und da geirrt, und da wollte ich wissen, wie Sie das sehen. Das halten Sie offenbar für sinnlos. Na meinetwegen, aber dann sollten Sie nicht derartige Behauptungen in die Welt setzen.

          • @Maciej Zasada

            Noch mal zu dem da, weil es mich ärgert:

            “Ich muss Ihnen nichts sagen, auch wenn Sie Fragen stellen, wollen Sie keine Antworten…Sie stellen keine Fragen, Sie antworten.”

            Es ärgert wich, weil es dafür keinen Anhaltspunkt gibt; der wäre ja wohl genannt worden.

            Nehmen Sie den obigen Artikel. Er ist eine einzige Frage, nichts von einer Antwort. Ich sage, daß ich von dem 3-Welten-Thema nichts verstehe, weil ich mich nie genauer damit befaßt habe, die Sache mich aber interessiert und ich darum gern Antworten hätte, von anderen, nicht von mir. Also genau das Gegenteil dessen, was man mir unterstellt.

            Überhaupt, und das schreibe ich hier nicht zum ersten mal, aber wohl vergeblich, weil es vielen allzu fremd ist: Im Gegensatz zu den meisten, die hier kommentieren, habe ich zu den meisten Dingen keine Meinung, keinen Standpunkt, sondern es sind weitgehend offene Fragen für mich. Darum sage ich auch selten meine Meinung, sondern referiere aus der Literatur und lasse es offen, ob ich mich dem anschließe oder nicht; nicht immer, aber vergleichsweise sehr oft. Mir ist nämlich klar, daß das, was ich wirklich “meine Meinung” nennen könnte, sich kaum halten läßt; und ich weiß auch, daß das, was ich aus der Literatur referiere, so gut wie immer umstritten ist, daß es da kaum so etwas gibt wie einen “Stand der Forschung”, dem man sich anschließen kann, um auf der sicheren Seite zu stehen. Und vor allem weiß ich, daß ich mit dem, was ich professionell einigermaßen kann (ich bin Naturwissenschafter) hier überhaupt nichts ausrichten kann.

          • @Ludwig
            “Die Frage war, wenn ich mich recht erinnere, ob es “Wissen” gibt. Und da hab ich geantwortet, wie man vom Nichtwissen über die Zimmerhöhe zum Wissen darüber kommt.”
            “Ich habe nur ein Beispiel gebracht für Wissen; ein einziges reicht für die Frage, ob es möglich ist. Was paßt Ihnen daran nicht?”

            mich erschreckt meine eigene imperative Reaktion.
            Die menschliche Vernunft muss wohl eine Form des Autismus sein…
            Ok.

            These:
            Die Methode, welche das Unwissen punktuell beseitigt, kann nicht allgemein zur Beseitigung des Unwissens angewandt werden.

            Behauptung 1:
            Die Dinge des Universums können generell in zwei Daseinszuständen existieren: im materiellen Prozesszustand und im immateriellen Prozesszustand.

            Diese zwei Daseinszustände reichen aus, um die Existenzmerkmale sämtlicher Dinge des Universums zu beschreiben, denn sämtliche Dinge des Universums bestehen entweder (1) aus Materie und sind materielle Effekte einer kausalen Entwicklung, oder führen durch ihre Wirkung zur Entstehung solcher Effekte, oder (2) bestehen nicht aus Materie und sind Effekte einer kausalen Entwicklung oder führen durch ihre Wirkung zur Entstehung solcher Effekte.

            Behauptung 2:

            Sämtliche Dinge des Universums sind entweder selbst Prozesse oder sind durch Prozesse entstanden.

            Die primäre Existenzeigenschaft der Dinge ist ihr Dasein als Prozess. Unabhängig davon, ob sie riesige Gasplaneten, Gedanken, Staub oder Weinflaschen sind, sind sie entweder Effekte einer kausalen Entwicklung oder befinden sich selbst innerhalb eines Prozesses (Prozesses der Manifestation, der Mutation (Transformation) oder der Erhaltung).
            Wir sehen: Das Dasein innerhalb eines Prozesses ist das wichtigste Existenzmerkmal der Dinge.

            Kommentar zu These:
            Beim Thema, das uns beschäftigt, versagt jede empirische Methodik vollständig.

            Der Zustand des Unwissens ist notwendig, um den Zustand des Wissens zu bezeichnen und umgekehrt.
            Die Existenz des Unwissens ist daher die notwendige Bedingung des Wissens.

            Postulat K:
            Das Wissen wird vom Unwissen scharf unterschieden (das Wissen ist entweder vorhanden oder es ist nicht vorhanden; es existiert kein Halbwissen – Halbwissen ist Unwissen).

            Der Zustand des Allwissens ist dem der vollkommenen Ignoranz äquivalent, denn die vollkommene Informiertheit keinen Wert besitzt, der sie von der vollständiger Ignoranz unterscheiden würde (dem Allwissen als einem Merkmal fehlte die wissensbestimmende, notwendige Qualität des Unwissens)

            Jede präzise Information über einen Zustand A bezieht sich auf einen bestimmten Zeitpunkt innerhalb eines Prozesses, innerhalb dessen dieser Zustand erfolgt. Daher muss sich das Wissen über A auf einen bestimmten Zeitpunkt des Prozesses, in dem A erfolgt beziehen und nicht auf das Prozess als solches (wir können mittels eines Maßstabes die Höhe eines Arbeitszimmers, nicht aber die Methode, mit deren Hilfe das Lego-Hotel zusammengebaut wird, bestimmen, ist das jetzt klar formuliert?)

            Das Allwissen über den Zustand A beinhaltet höchstens die Information über dessen Ursache und deren Effekt zum bestimmten Zeitpunkt t (das göttliche Allwissen beinhaltet das Wissen über die erste Ursache und deren letzten Effekt). Das gemeine Wissen über Zustand A, begrenzt sich auf die Information über A zum bestimmten Zeitpunkt t.

            Die Zeit als die Daseinsebene aller Prozesse verhindert die Existenz des vollständigen Wissens über Prozesse. Unabhängig von der verwendeten Methode der Wissensbeschaffung ist das Wissen unvollständig (hier: durch Postulat K bestimmen wir die Wahrheit der eingangs gestellten These)

            Maciej Zasada für Eli Schalom

            PS: ich denke übrigens auch wie Hinz und Kunz. Ich vertraue Kant nicht und ich hab keine Ahnung.

          • @Maciej Zasada

            “ich denke übrigens auch wie Hinz und Kunz. Ich vertraue Kant nicht und ich hab keine Ahnung.”

            Da ist ein Widerspruch drin. Denn weder Hinz noch Kunz würden sagen “Ich vertraue Kant nicht und ich hab keine Ahnung”. Sondern sie würden sagen: Ich hab keine Ahnung, also weiß ich nicht, ob ich ihm vertrauen kann. Jeder, der halbwegs denken kann wie Hinz und Kunz, würde das sagen.

  7. @Eli Schalom

    “Hier der Link.”

    Ich hab unter diesem link nichts gefunden, was es mir ermöglicht zu verstehen, was Sie mit “traditionell” oder “traditionellen Schubladen” meinen. Sie müßten es mir schon noch mal erklären.

    Zum Rest Ihres Kommentars antworte ich Ihnen nicht. Nichts von dem, was Sie da an mir widerlegen wollen, habe ich geschrieben. Sie sollten einfach genauer lesen.

    • Ich meinte diesen Absatz aus dem Kommentar auf Anonymus:

      ……. Aber in allem anderen verwende ich das Wort [traditionell] zugegebenermaßen auch etwas missverständlich eigenwillig. Ich unterscheide damit zwischen aller aktuellen bisherigen Weltsicht und speziell meiner neuen, womit ich (…nicht nur bei Ihnen ) verhindern will, in völlig unpassende bisherige Schubladen zu geraten.”

      “Zum Rest Ihres Kommentars..”

      ….bezieht sich das auf beide? Ich hatte zwei Kommerntare geschrieben.

      Lieber Herr Trepl, wie ich schon schrieb, habe ich durch diese jüngste Diskussion also auch schon eine Antwort auf meine Frage von privat an Sie. Deshalb danke, für die Herausforderung dazu. Vorerst kann ich sie nicht weiterführen.

      Ich meine aber, dass auch Sie meine Äußerungen nochmal und genauer lesen sollten. Schon zu Beginn schrieb ich ja, dass ich aufgrund Ihres Anonymus Artikels die Gefahr von Missverständnissen zwischen uns jetzt höher einschätze, als ich ursprünglich annahm.

      “Eli Schalom redet immer von Wissen über die “Außenwelt”. Da wird offenbar der Glaube zerstört, um für das Wissen Platz zu schaffen.”

      Da ist was dran, insofern durch den erwähnten ‘Schlüssel’ vom ‘Universum des Glaubens’ ein großer Bereich für das ‘Universum des Wissens’ zugänglich werden wird. Ja und auch so etwas muss man wollen.

      Kommen sie ausreichend gesund ins neue Jahr!

      Mal schaun, was das dann bringen wird.

      • @ Eli Schalom

        Also bedeutet “traditionell” bei Ihnen alles, was nicht Ihrer Meinung entspricht. Recht kühn. Wenn sich nun herausstellen sollte, daß Ihre Meinung in dem, was uns überliefert ist aus der Vergangenheit – was man ja i.a. traditionell nennt – schon vorkommt, vielleicht sogar häufig?

        “Da wird offenbar der Glaube zerstört, um für das Wissen Platz zu schaffen.”
        Da ist was dran, …”

        Lesen Sie doch mal, was Kant im Anschluß daran sagt: Es ist gut, daß wir da nichts wissen können, denn andernfalls würde jede Moral und jede Religion zerstört.

  8. Auch im 2. Versuch fehlten 2 Absätze. Nochmal:

    ** … die Haltung des (guten!) Wissenschaftlers ist die richtige, die absolut gültige, nicht nur “richtiger” als eine andere Haltung: sie ist auf das Hervorbringen richtiger Gedanken gerichtet, nicht z.B. auf die Bestätigung von Vorurteilen. **

    Haltung, denk ich (od. meinen Sie), ist also die Absicht (des Gedankens) die hinter (bzw. vor) einer Handlung steht/kommt. Eine gute Haltung eines Wissenschaftlers wäre also das aufrichtige Bemühen etwas wichtiges/richtiges (für die Menschheit und wohl auch ihn selber) herausfinden zu wollen. “Absolut“ gültig ist ja so eine Sache – doch wenn es hilft ein akutes Problem zu lösen ist das ja “schon mal was“. **Nicht auf Bestätigung von Vorurteilen** versteht sich .. Dumm (schwierig allerdings manchmal) dass manche (Mit-) Menschen etwas das ich als Vorurteil sehe (erst mal) nicht so sehen. So hat jeder gewissermaßen seine eigene zweite Welt – i.S.v. **da können richtige darunter sein und falsche, das ist egal, es kommt nur darauf an, daß sie faktisch gedacht werden.**

    “Eigtl.“ gibt es nur eine Welt, was hier in der Formulierung **aber als Materialist gibt es für mich nur eine Welt mit zahlreichen Beschreibungsebenen** schon mal gesagt wurde. Dass diese eine Welt (das All) aus unterschiedlichen Existenz-/Seinsausprägungen bestehen mag (“Multiversum“) änderte daran nichts. So i.S.v. **das jeweilige (Diskurs-) Universum hat Strukturen, die bestimmen, wie der Diskurs nur verlaufen kann.**

    Ja – mich interessiert die “dritte Welt“. Was kluge, weise, intelligente Menschen (infolge ihres “höheren“ Denkens, ihrer 3. Welt) über das “All“ sagen/schreiben. Der bereits hier mal verlinkte Text von B. Russell http://www.ditext.com/russell/rus1.html hat mit i.d.Z. gefallen.

    • “Eine gute Haltung eines Wissenschaftlers wäre also das aufrichtige Bemühen etwas wichtiges/richtiges (für die Menschheit und wohl auch ihn selber) herausfinden zu wollen. “Absolut“ gültig ist ja so eine Sache”

      Das, was ich da geschrieben habe, ist meine Interpretation von Popper; sie mag falsch sein, und was ich selber meine, wäre noch mal was anderes (ich meine vorläufig selber noch gar nichts, ich suche halt so rum). – “Absolut gültig” muß man, dachte ich, wohl sagen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß sich im Rahmen von Poppers Vorstellungswelt die Auffassung von der Haltung des “guten” Wissenschaftlers relativieren läßt, d. h. daß sich ihm der absolute Charakter nehmen läßt. Dagegen sind die einzelnen Erkenntnisse, die der gute Wissenschaftler gewinnt, überhaupt nicht absolut, sie sind ja prinzipiell falsifizierbar. Das ist zwar nicht ganz dasselbe wie “nicht absolut sein” (denn das hieße ja: unter bestimmten Bedingungen wahr, unter anderen falsch, und das meint das “falsifizierbar” nicht), aber jedenfalls kann man eine falsifizierbare Aussage nicht “absolut wahr” nennen.

  9. Irgendetwas (mea culpa) ist da schief gelaufen. 2. Versuch:

    >> … die Haltung des (guten!) Wissenschaftlers ist die richtige, die absolut gültige, nicht nur “richtiger” als eine andere Haltung: sie ist auf das Hervorbringen richtiger Gedanken gerichtet, nicht z.B. auf die Bestätigung von Vorurteilen. <> Nicht auf Bestätigung von Vorurteilen <> da können richtige darunter sein und falsche, das ist egal, es kommt nur darauf an, daß sie faktisch gedacht werden. <> aber als Materialist gibt es für mich nur eine Welt mit zahlreichen Beschreibungsebenen <> das jeweilige (Diskurs-) Universum hat Strukturen, die bestimmen, wie der Diskurs nur verlaufen kann. <<

    Ja – mich interessiert die "dritte Welt". Was kluge, weise, intelligente Menschen (infolge ihres "höheren" Denkens, ihrer 3. Welt) über das "All" sagen/schreiben. Der bereits hier mal verlinkte Text von B. Russell (von 1912)

    http://www.ditext.com/russell/rus1.html

    hat mir i.d.Z. gefallen.

  10. >> … die Haltung des (guten!) Wissenschaftlers ist die richtige, die absolut gültige, nicht nur “richtiger” als eine andere Haltung: sie ist auf das Hervorbringen richtiger Gedanken gerichtet, nicht z.B. auf die Bestätigung von Vorurteilen. <> Nicht auf Bestätigung von Vorurteilen <> da können richtige darunter sein und falsche, das ist egal, es kommt nur darauf an, daß sie faktisch gedacht werden. <> aber als Materialist gibt es für mich nur eine Welt mit zahlreichen Beschreibungsebenen <> das jeweilige (Diskurs-) Universum hat Strukturen, die bestimmen, wie der Diskurs nur verlaufen kann. << .. 🙂 ..

    Ja – mich interessiert die "dritte Welt". Was kluge, weise, intelligente Menschen (infolge ihres "höheren" Denkens, ihrer 3. Welt) über das "All(es)" sagen/schreiben. Der hier schon mal verlinkte Text von B. Russell (von 1912)

    http://www.ditext.com/russell/rus1.html

    hat mir i.d.Z. gefallen.

  11. Sie interessiert offenbar die “3. Welt” in einem Verständnis, das etwa dem von Frege und Popper entspricht; bei anderen (z.B. Strukturalisten, die sich aber größtenteils selbst wohl nicht zu so einer Theorie bekennen würden) kann man diese “Wellt” wohl nicht so charakterisieren.

    “3. Welt verstehe ich als als meine (möglichst) objektive Welt”

    Das “meine” würden die wohl nicht akzeptieren. Die 3. Welt ist die Welt wahrer Gedanken (über objektive Gegenstände), würden sie wohl sagen. Da gibt es nicht meine und deine objektive Welt, die verschieden sind, sondern nur eine, die objektive Welt eben. “richtigeres” Denken triffts auch nicht genau. Es müssen richtige Gedanken sein, nicht nur richtigere im Verhältnis zu weniger richtigen. Popper hat das vielleicht anders gesehen, denn dem zufolge wissen wir ja sowieso nicht, ob ein Gedanke richtig ist, er ist immer “falsifizierbar”. Aber, so hab ich ihn interpretiert, die Haltung des (guten!) Wissenschaftlers ist die richtige, die absolut gültige, nicht nur “richtiger” als eine andere Haltung: sie ist auf das Hervorbringen richtiger Gedanken gerichtet, nicht z.B. auf die Bestätigung von Vorurteilen. Auch wenn die Gedanken, die er hervorbringt, vielleiicht falsch sind: er ist jedenfalls auf dem richtigen Weg. – Die 1. Welt ist aber immer (bei den3.-Welt-Theoretikern, nicht zb. bei 2-Welten Theoretikern wie Plato) die Welt der Dinge, nicht die der Gedanken.

    Das lange Zitat von mir kann ich jetzt nicht noch mal erkläre, weil ich nicht weiß, was daran Ihnen unklar ist.

    In der zweiten Welt sind die Gedanken als Tatsachen, wie sie halt hier und da gedacht werden, Vorkommnisse wie andere Vorkommnisse auch. Da können richtige darunter sein und falsche, das ist egal, es kommt nur darauf an, daß sie faktisch gedacht werden.

  12. Guten Morgen Herr Trepl,

    Zitat aus dem Text:

    >>>>> In der Paradigmentheorie und ähnlichen Weltsichten ist die dritte Welt etwas, das die Bestimmungen enthält, nach denen sich die Dinge und die Gedanken über sie in der ersten und zweiten Welt zu richten haben. Ähnlich regiert dieser Gedanke die Theorien der Strukturalisten. Strukturen sind nicht einfach etwas, was wir, die Wissenschaftler, uns ausdenken, um Ordnung in die Welt unserer Gegenstände zu bekommen, damit aber nichts als unser Produkt. Sondern sie sind etwas Wirkliches und sie beherrschen die Welt (die erste und zweite). Ein Diskurs kann nicht einfach nach Belieben verlaufen. (1) Das jeweilige Diskursuniversum hat Strukturen, die bestimmen, wie der Diskurs nur verlaufen kann. (2) Es gibt bestimmte Positionen in einem Diskurs, die „besetzt“ werden können von den einzelnen Ereignissen (Aussagen etwa, die zu bestimmten Zeiten möglich sind) wie Planstellen in einer Behörde, oder aber die Position bleibt frei; (2a) außerhalb der Planstellen gibt es für ein Ereignis keine Möglichkeit, real zu werden.
    Die Diskursstrukturen, dritte Welt gegenüber den Dingen und den Gedanken/Reden über sie, haben hier wieder einen anderen Charakter bekommen. (3) Eigentlich etwas ganz anderes als die Realität, als die Tatsachen (erste und zweite Welt) werden sie zur wahren Realität, zu den härtesten Tatsachen, denen sich die armselige Wirklichkeit nur fügen kann. <<<<<

    Ich verstehe das nicht so klar. Sowohl die beabsichtigte Gesamtaussage und insb. auch die nummerierten Sätze. Könnten Sie es bitte noch einmal anders formulieren bzw. erklären. Danke.

    3. Welt verstehe ich als als meine (möglichst) objektiven (Welt 2 mehr als die subjektiven, relativ “dummen“, unwissenden) Gedanken über die Welt = höheres, intelligenteres, besseres, richtigeres Denken (meine immaterielle Realität); wissenschaftliches, philosophisches Denken. (Außen-) Welt 1 als (Denk-) Objekt "meiner" (Innen-) Welt 2 und 3 (Denken also i.S.v. reagieren auf Wahrnehmungen).

  13. Auch wenn, oder gerade weil, je länger der Tag dauert sich in mir die Überzeugung umso mehr festigt, daß zu den großen Verbrechen des Christentums neben der Einführung der Inquisition die des Heiligen Abends gehört: Ich wünsche Euch allen ein gesegnetes Weihnachtsfest. Ludwig Trepl

    Au weia, ist der Satz verkorkst. Liegt auch an Weihnachten.

    • Nachtrag zu meinen Weihnachtswünschen: Mir kommen Zweifel an meiner Behauptung, die Einführung des Heiligen Abends gehöre zu den Großverbrechen des Christentums. Vielleicht erklärt sie sich eher mit Leibniz’ Lehre von der Welt als der besten aller möglichen: Ohne dieses Grauen, das der Hl. Abend vor der Bescherung zweifellos ist, wäre etwas fraglos im Übermaß Gutes nicht möglich gewesen (wie, das liegt wenigstens vorerst noch im Dunkeln). Wenn ich mir vorstelle, wie die Freudenschreie meines siebenjährigen Enkels bei Auspacken der siebenten Lego-Starwars-Figur kein bißchen leiser waren als beim Auspacken der ersten, dann denke ich doch manchmal, daß der Preis nicht zu hoch war.

  14. @Ludwig Trepl (22. Dezember 2015 11:29)

    » .. „Der Wert einer Sache kann nicht sinnlich wahrgenommen werden, sondern wird im Zuge der Bewertung, nun ja, erkannt.“

    Damit sagen Sie, daß es diesen Wert doch als Wert der Dinge selbst gibt, sie haben ihn bereits vor der Bewertung, und er wird von uns erkannt.«

    Stimmt, ‚erkannt‘ ist hier der falsche Begriff, denn es geht mir ja darum, dass der Wert einer Sache erst dadurch zustande kommt, dass ein Subjekt dieser Sache einen Wert beimisst.

    »Da hätte eben Frege gesagt (wenn er Kantianer gewesen wäre): Aber es waren doch wahre Gedanken, das ist hier die Frage; …«

    Ja, wenn Frege Kants Gedanken gekannt hätte, hätte er das sagen können. Aber es geht uns hier ja um die Gedanken, die einen „Wert an sich“ haben sollen, gerade auch dann, wenn sie keiner kennt, außer eben demjenigen, der diese Gedanken gedacht hat (aber z. B. zu malade ist, sie mitzuteilen, so dass andere davon profitieren könnten).

    » Den [„Wert an sich“] hat er [der Mensch] vielmehr insofern, als er nicht nur Naturwesen ist, sondern auch – und zwar jeder – moralisches Wesen (also auch gegen das handeln kann, was die Natur von ihm verlangt oder wohin ihn die Natur treibt oder zieht).«

    Was ist das „moralische Wesen“? Auch bloß eine Zuschreibung, oder eine Umschreibung für die (biologische) Fähigkeit des Menschen, seine Handlungen (im biologischen Sinne) bewusst steuern, begründen und bewerten zu können? Inwiefern das „moralische Wesen“ einen „Wert-an-sich“ begründen soll, ist mir nicht so ohne weiteres einsichtig. Dass ein Mensch anders betrachtet und behandelt wird als ein Tier, muss nicht am zugeschriebenen Wert liegen, sondern kann auch ganz andere (praktische oder gar biologische) Gründe (oder Ursachen) haben.

    »Was ist, wenn man einen wahren Gedanken hat, der einen in die Verzweiflung treibt, wie die Geschichte von Luther geht?«

    In diesem Falle wird wohl keiner sagen: „Du bist im Paradies“.

    Über wahre Gedanken kann man halt erst dann urteilen, wenn sie in Sprache gegossen wurden. Diesen kategorialen Sprung von der Idee zum sprachlichen Ausdruck überstehen wohl nicht alle Gedanken so, dass sie als wahrer Gedanke wiedererkannt werden können.

    • @ Balanus

      “Aber es geht uns hier ja um die Gedanken, die einen „Wert an sich“ haben sollen, gerade auch dann, wenn sie keiner kennt, außer eben demjenigen, der diese Gedanken gedacht hat”

      Kann, ja muß man, wenn man mal in diesem Fahrwasser ist, das nicht radikalisieren und sagen: Die wahren Gedanken haben auch dann einen Wert an sich, wenn sie niemand gedacht hat und der Weltuntergang verhindert, daß sie je einer denkt? Nach Frege, wenn ich das richtig verstanden habe, “sind” sie ja, auch wenn sie keiner denkt, nach Rickert (glaub ich) “sind” sie nicht, sondern “gelten”. –

      Sie sind immer schnell bei der Hand mit einer Meinung, und die entspricht fast immer dem modernen Paradigma. Ich bin da viel vorsichtiger, zumal in dieser Sache, von der ich kaum etwas verstehe. Ich denke mir: Was ich eben angedeutet habe als “radikalisierte” Version, das wird jeder Religiöse, zumindest jeder Anhänger “unserer” Religionen (Judentum, Christentum, Islam) sofort unterschreiben. Aber mich interessiert: was davon läßt sich säkularisieren? Also in Begriffe und Gedanken übersetzen, die ohne Offenbarung auskommen und die in allem den Kriterien der Wissenschaftlichkeit genügen? Die als Kapitel in einem philosophischen Buch erscheinen können, ohne daß einer sagt: gehört hier nicht her, das ist Theologie?

      “Was ist das „moralische Wesen“? Auch bloß eine Zuschreibung, oder eine Umschreibung für die (biologische) Fähigkeit des Menschen, seine Handlungen (im biologischen Sinne) bewusst steuern, begründen und bewerten zu können?”

      In welchem Sinne soll man das “bloß eine Zuschreibung” nennen können? Daß er ein Naturwesen ist, nennen wir auch und zurecht nicht “bloß eine Zuschreibung”. Daß er ein moralisches Wesen ist, weiß jeder, denn er weiß, daß all seine Handlungen prinzipiell von dem Gedanken begleitet sind: darf/soll ich denn das? Bei dem, was wir Natur nennen, ist das nicht so; da gibt es kein Sollen. Fänden wir so etwas bei einem Tier, dann würden wir sagen: das ist nicht nur ein Naturwesen, sondern auch ein moralisches Wesen.

      “Inwiefern das „moralische Wesen“ einen „Wert-an-sich“ begründen soll, ist mir nicht so ohne weiteres einsichtig.”

      Die Begründung sieht man i.a. in der Selbstzweckhaftigkeit des Menschen. Wir urteilen einfach so (Sie ja auch in diesem Kommentar): ein totes Ding oder ein Tier hat einen Wert, weil es zu etwas dient. Und die Dienen-Kette setzt sich fort (das Gras der Kuh, die Kuh dem Tiger, der Tiger dem Jäger, u.z als Bettvorleger), bis man beim Menschen ist, da fragen wir nicht mehr weiter. Bis zum Moralischen sind’s noch ein paar Schritte. Ich rate Ihnen, dazu mal ein paar einschlägige Texte zu lesen. Es geht irgendwie nicht so recht: Sie diskutieren hier eifrig mit, aber an entscheidenden Stellen fehlt Ihnen das, was die Naturwissenschaftler immer “Grundlagen” nennen.

  15. @Eli Schalom

    »Naturalisten, Szientisten etc. nun, tun aber genau das. Sie konstruieren Vorstellungen, um mit aller Gewalt, das, was sie da an den Wänden hören, als Phänomene oder Fähigkeiten des Innenraumes begründen zu können.«

    Ich denke eher, dass Naturalisten, Szientisten etc. einfach nichts hören an diesen „Außenwänden“. Und dass sie angesichts der völlig unterschiedlichen Berichte über das angeblich Gehörte zu der Überzeugung gelangt sind, dass es tatsächlich nichts zu hören gibt.

    »Das gelingt jedenfalls nicht mit der Prämisse, dass man die Außenräume als nicht existent betrachtet, während sie es doch zweifellos sind.«

    Ich weiß nicht, ich für meinen Teil würde die Existenz der „Außenräume“ durchaus anerkennen, wenn damit jene Räume gemeint sind, die außerhalb der menschlichen Erkenntnisfähigkeit liegen.

    Ihnen auch eine schöne und frohe Zeit, innen und (dr)außen…

    (Wer oder was ist der „hmb10“???)

    • @Balanus zu @Eli Schalom

      “Ich weiß nicht, ich für meinen Teil würde die Existenz der „Außenräume“ durchaus anerkennen, wenn damit jene Räume gemeint sind, die außerhalb der menschlichen Erkenntnisfähigkeit liegen.”

      Das gilt für die Außenräume von Eli Schalom aber bestimmt nicht. Wie es in denen zugeht, davon erkennen wir ja ziemlich viel. Es ist halt das orthodox-katholische Jenseits, also das universalienrealistische. Das nominalistische Jenseits ist tatsächlich unerkennbar – wenn man davon absieht, daß die mittelalterlichen Nominalisten halt die Offenbarung für eine Quelle des Wissens ansahen / ansehen mußten.

      • “- wenn man davon absieht, daß die mittelalterlichen Nominalisten halt die Offenbarung für eine Quelle des Wissens ansahen / ansehen mußten.”

        Wieso mußten? Ist denen nicht der Gedanke gekommen, daß es sich um bloße Selbstgespräche handeln könnte?

        • @ Hilsebein

          “…Offenbarung für eine Quelle des Wissens ansahen / ansehen mußten.”

          Das war von mir ein billiger Gedanke, und ich hab mich auch gleich ein wenig geschämt dafür. Ich meinte:

          Wenn sie die Offenbarung nicht als Wissensquelle zugelassen hätten, dann hätten sie alles, was die Kirche über Gott und den Himmel usw. sagt, für grundloses Gerede erklären müssen, denn Ihr Gottesbegriff ließ nur den einen Schluß zu: darüber können wir grundsätzlich nichts wissen. Dafür wären sie auf den Scheiterhaufen gekommen (im “Namen der Rose”, wo sie die Guten sind, droht ihnen das ja auch, allerdings wird der Grund nicht deutlich). Aber, wie gesagt, es ist ein billiger Gedanke. Es kann ja vorkommen, aber im Großen und Ganzen darf man nicht unterstellen, daß diese Leute aus Angst Dinge schreiben, an die sie nicht glauben.

      • @Ludwig Trepl

        …….und schwupps ist alles wieder in den alten Schubladen:
        “Das gilt für die Außenräume von Eli Schalom aber bestimmt nicht. Wie es in denen zugeht, davon erkennen wir ja ziemlich viel.“

        Hm, wie das?….

        ….. wie ich es ja schon im Kommentar zum Anonymus Artikel (14. Dezember 2015 13:21) schrieb: ….“auf ‚geheimnisvolle Weise‘ [wird] doch immer wieder in traditionellem Denken subsumiert, umgemodelt, einsortiert und abgehakt. Und nichts ist verstanden worden. Es ist unglaublich, wie nachhaltig das funktioniert.“
        Vielleicht funktioniert das ja besonders bei viel belesenen Philosophen. 😉

        Es ist halt das orthodox-katholische Jenseits, also das universalienrealistische.“ .

        Was genau meinen Sie mit „universalienrealistisch“?

        Wenn Sie, wie ich mich zu erinnern meine, im evangelischen Milieu sozialisiert wurden, kennen Sie den „orthodox-katholischen“ Umgang mit dem Jenseits nicht. Sie mögen darüber gelesen haben, aber kennen ist ja was anderes. Gleichwohl mit Ihrer Philosophie suchen Sie bemerkenswert scharfsinnig genau danach. Das ist meine Einschätzung, ob Ihnen das so bewusst ist und Sie es selber so sehen wollen, weiß ich nicht.

        Wenn allerdings das Folgende, was Sie an @Balanus schreiben, der Grund Ihres Scharfsinns ist:

        „Aber mich interessiert: was davon lässt sich säkularisieren? Also in Begriffe und Gedanken übersetzen, die ohne Offenbarung auskommen und die in allem den Kriterien der Wissenschaftlichkeit genügen? Die als Kapitel in einem philosophischen Buch erscheinen können, ohne dass einer sagt: gehört hier nicht her, das ist Theologie?“

        ….dann werden Sie gewiss nicht dahin gelangen. Denn „die ohne Offenbarung auskommen“ das ist eine Illusion.

        In dem „Zeugenhaus“ wusste der Gefangene, dass es außer seinem Wohnbereich eine Welt da draußen gab. Mal angenommen er hätte es absolut nicht gewusst, dann wäre er darauf angewiesen gewesen, dass jemand, wie etwa die Wirtin, von außen zu ihm kommt und ihm von der Welt da draußen erzählt. Gleichwohl hätte er ihrer Erzählung glauben müssen. Die Türe, durch die die Wirtin immer kam, hätte ihm geholfen zu glauben. Käme die Wirtin nun außerdem aus einer Außenwelt, die völlig anderen Gesetzmäßigkeiten unterliegt, als denen der Innenwelt des Gefangenen und wäre sie für diesen deshalb nicht wahrnehmbar, dann hätte sie sich ihm im Kontext seiner Gesetzmäßigkeiten wahrnehmbar machen müssen, um ihm überhaupt irgendetwas mitteilen zu können. Mit anderen Worten, sie hätte sich ihm ‚offenbaren‘ müssen. Und vor allem hier hätte der Gefangene ihr auch glauben müssen.

        Offenbarung in diesem Sinne verstanden, ist keineswegs unwissenschaftlich.

        „Wenn sie [die mittelalterlichen Nominalisten] die Offenbarung nicht als Wissensquelle zugelassen hätten, dann hätten sie alles, was die Kirche über Gott und den Himmel usw. sagt, für grundloses Gerede erklären müssen,….“

        Wieso das?

        …. „denn [I]ihr Gottesbegriff ließ nur den einen Schluss zu: darüber können wir grundsätzlich nichts wissen.“

        Wenn Sie mein Beispiel mit dem Gefangenen nehmen, dann ist eben beides gleichzeitig möglich: Offenbarung als Wissen und Nichtwissen. Es geht um zwei konträre Welten, die nicht mit ein und derselben ‚Sprache‘ kommunizieren können, wobei in diesem Fall ‘Sprache’ mehr meint als nur Sprache. Die ganze Existenz ist nur indirekt kommunizierbar.

        • “dann werden Sie gewiss nicht dahin gelangen. Denn „die ohne Offenbarung auskommen“ das ist eine Illusion.”

          “Offenbarung in diesem Sinne verstanden, ist keineswegs unwissenschaftlich”

          “Wenn Sie mein Beispiel mit dem Gefangenen nehmen, dann ist eben beides gleichzeitig möglich: Offenbarung als Wissen und Nichtwissen. Es geht um zwei konträre Welten, die nicht mit ein und derselben ‚Sprache‘ kommunizieren können, wobei in diesem Fall ‘Sprache’ mehr meint als nur Sprache. Die ganze Existenz ist nur indirekt kommunizierbar.”

          Sie wissen immer noch nicht, was ein Argument ist. Sie schreiben immer nur Behauptungen auf. Ich kann auch behaupten, daß der Mond aus Käse ist und mir das der Erzengel Michael höchstpersönlich aus dem Jenseits mitgeteilt hat.

        • @ Eli Schalom

          “und schwupps ist alles wieder in den alten Schubladen”

          Erstens, meine “Schubladen” kommen mir wesentlich jünger vor als Ihre.

          Zweitens: “Das gilt für die Außenräume von Eli Schalom aber bestimmt nicht. Wie es in denen zugeht, davon erkennen wir ja ziemlich viel.“ Das soll zeigen, daß alles wieder in den alten Schubladen ist. Ich versteh es nicht. Daß wir davon (vom Jenseits) ziemlich viel verstehen (Ihrer Meinung nach) soll zeigen, daß (offenbar bei mir) wieder alles in den alten Schubladen ist? Bitte lesen Sie mal das, was ich geschrieben habe in meinem Leben, soweit es unser Thema betrifft, ist nicht besonders viel. Dann werden Sie sehen, daß ich gar nichts in Schubladen stecke. In diesem Falle würde “in Schubladen stecken” wohl bedeuten, daß, weil ich erkannt habe, daß Sie meinen, daß “wir vom Jenseits ziemlich viel verstehen”, ich Sie in die gleiche Schublade stecke wie andere, die das auch meinen (z.B. die katholische Orthodoxie), Sie aber doch in Ihrer Individualität wahrgenommen werden wollen und sollten. Das meine ich auch, aber eine Übereinstimmung/ Nichtübereinstimmung in bestimmter Hinsicht (hier: vom Jenseits etwas wissen/gar nichts wissen können) muß man trotzdem feststellen dürfen, weil man sonst gar nichts verstehen kann. Sie machen das auch, immerzu. Mit Schubladenbildung in Ihrem Sinn hat das gar nichts zu tun.

          “auf ‚geheimnisvolle Weise‘ [wird] doch immer wieder in traditionellem Denken subsumiert, umgemodelt, einsortiert und abgehakt.”

          Sie wissen einfach nicht, was das traditionelle Denken ist. Wenn Sie stattdessen “Denken des jeweiligen Autors, egal ob es traditionell oder anti-traditionell ist” schreiben würden, könnte man dem vielleicht etwas abgewinnen.

          “Was genau meinen Sie mit „universalienrealistisch“?”

          Das zu erklären reicht der Platz hier nicht; schauen Sie in einem Lexikon nach. Der Streit zwischen Universalienrealisten und Nominalisten war das bei weitem wichtigste theologische Ereignis des Mittelalters, mit gewaltigen Nachwirkungen bis heute. Man könnte auch das, worüber in diesem Blog meist gestritten wird, als Fortsetzung dieses Streits interpretieren.

          “Wenn Sie, wie ich mich zu erinnern meine, im evangelischen Milieu sozialisiert wurden, kennen Sie den „orthodox-katholischen“ Umgang mit dem Jenseits nicht.”

          Was soll denn dieser Quatsch?! Es gibt Tausende von Leuten, die in einem anderen Milieu sozialisiert worden sind als in einem katholischen, und die trotzdem mehr davon wissen, was katholische Orthodoxie ist, als die allermeisten katholisch sozialisierten. Durch studieren lernt man doch einiges mehr als durch die Gespräche als Kind mit dem Pfarrer, wenn auch vielleicht nicht, wie die Orthodoxie sich “anfühlt”. Aber darum geht es ja hier nun wirklich nicht. Sie schreiben “aber kennen ist ja was anderes”; eben, und in unserem Fall gehört zum Kennen, daß man weiß, wer die Universalienrealisten waren, nicht, was für ein Gefühl ein heutiger Priester, der für orthodox gilt, in seiner Umgebung verbreitet. – Übrigens bin ich nicht “im evangelischen Milieu sozialisiert worden” (in dem lebe ich jetzt), sondern sozusagen normal, also wie die meisten, in gar keinem religiösen Milieu, auch wenn die religiösen Dinge, die damals das Leben üblicherweise gliederten, wie Taufe, Konfirmation, schon stattfanden.

          “Denn ‘die ohne Offenbarung auskommen’ das ist eine Illusion.”

          Warum? Berücksichtigen Sie bitte das, was D. Hilsebein in seiner Antwort auf Ihren Kommentar schreibt. Das ist das wichtigste, was Sie lernen müssen. – Im Übrigen: auch wenn Sie recht hätten, muß das doch nichts daran ändern, daß ich sage: „Aber mich interessiert: was davon lässt sich säkularisieren?” Ob die Säkularisierung vielleicht das Wesentliche an der Religion nicht “retten” kann, ist einfach eine andere Frage. Da suche ich nach einer Antwort – anders als Sie, Sie wissen ja alles schon.

          “Offenbarung in diesem Sinne verstanden, ist keineswegs unwissenschaftlich.”.

          Unter den Voraussetzungen, die Sie machen, nicht. Aber wer sagt denn, daß es die “Außenwelt” überhaupt gibt? Oder daß ihm die Wirtin nicht lauter Lügen auftischt? Oder daß er sie ganz falsch versteht? Oder daß er Halluzinationen falsch deutet? Es gibt noch viele weitere Möglichkeiten, die übrigens die Theologen, kaum die Philosophen schon entdeckt haben.

          “Wieso das?…. ‘denn [I]ihr (der Nominalisten) Gottesbegriff ließ nur den einen Schluss zu: darüber können wir grundsätzlich nichts wissen.’ (Zitat von mir) Wenn Sie mein Beispiel mit dem Gefangenen nehmen, dann ist eben beides gleichzeitig möglich: Offenbarung als Wissen und Nichtwissen.”

          Ja, das sagten die Nominalisten ja auch. Nur über Offenbarung können wir etwas über das Jenseits wissen, durch Denken, also mit menschlichen Mitteln, dagegen können wir dahin nicht gelangen. Wir müssen blind glauben, daß das richtig ist, was als Offenbarung ausgegeben wird, dann können wir uns einbilden, etwas über das Jenseits zu wissen. Wie das in einem aufgeklärten Kopf möglich sein soll, ist mir unbegreiflich. (Sie dürfen jetzt nicht glauben, daß ich mit dem Begriff der Offenbarung gar nichts anfangen könnte, aber das wird dann etwas komplizierter).

          • @Ludwig Trepl ….nur kurz, um ein paar Missverständnis zu klären:

            1) Ihren Satz:
            “Das gilt für die Außenräume von Eli Schalom aber bestimmt nicht. Wie es in denen zugeht, davon erkennen wir ja ziemlich viel.“

            habe ich so verstanden, dass SIE sagen und auch meinen „davon erkennen wir ja ziemlich viel“ und nicht ich sage das.
            Sie meinten also:
            „……Wie es in denen zugeht, davon – so meint Eli Schalom, wie viele andere, – erkennen wir– ihnen zufolge – „ja ziemlich viel.

            2. „Sie wissen einfach nicht, was das traditionelle Denken ist.

            Ich hatte in einem vorangehenden Post erklärt, wie speziell ich den Begriff „traditionell“ verwende.

            3.) “ ………….. anders als Sie, Sie wissen ja alles schon.“

            Empfinden Sie das nicht deshalb so, weil Sie zu wissen meinen, was ich weiß? Ich weiß aber nur besser, was ich weiß, also was ich erarbeitet, entdeckt und erkannt habe. Das bedeutet eben nicht, ich wüsste *alles* schon oder besser.

            4.) >>…., meine “Schubladen” kommen mir wesentlich jünger vor als Ihre.<<

            Warum wohl? Weil sie zu wissen glauben, das, was ich weiß, in die älteren stecken zu können, noch ehe Sie nachfragen. Aber in dem Kommentar lag es wohl an dem Missverständnis. Vergessen wir‘ s also.

            Zu dem Inhaltlichen später oder viel später mehr……

            Meine vorsichtigen Andeutungen und Metaphern reichen offenkundig nicht, – das gilt auch für Herrn Hilsebein – um Sie ans Nachdenken zu bringen und für möglich zu halten, was für Sie unmöglich ist. Mehr kann ich im Rahmen der Kommenare aber nicht ermöglichen.
            Mit ein bisschen Wohlwollen und Liebe im Bauch würden Sie vielleicht zu der Überlegung gelangen, dass ich, wenn ich in einem Blog wie diesen und überhaupt auf Scilogs wiederholt solche Behauptungen aufstelle, handfeste Gründe dafür haben muss. Dann kämen sie mit Hilfe meiner Andeutungen vielleicht ganz von selber da drauf, denn es steht Ihnen wie mir letztlich auch alles dafür zur Verfügung. Auch Argumente muss man akzeptieren *wollen*, um sie erkennen zu können. Der Mensch ist ein Meister darin, auch handfeste Argumente emotional ausblenden zu können, wenn sie nicht ins eigene Konzept passen.

          • @ Eli Schalom

            “Mehr kann ich im Rahmen der Kommenare aber nicht ermöglichen.”

            Das dachte ich mir schon: Sie kneifen. Ihre Kommentare sind nicht gerade kurz und dennoch ist es Ihnen nicht möglich, Ihre Sätze mit ‘denn’ oder ‘da’ fortzusetzen? So schwer ist das nicht. Natürlich glaubt Ihnen keiner, daß Sie über die jenseitige Welt etwas wissen können, sowenig, wie keiner mehr ein perpetuum mobile akzeptieren würde. Wir haben nun mal eine geistige Entwicklung durchlaufen, die Sie offenbar verschlafen haben. Aber Sie könnten das Argumentieren lernen.

          • @ Eli Schalom:

            “Sie meinten also:
            „……Wie es in denen zugeht, davon – so meint Eli Schalom, wie viele andere, – erkennen wir- ihnen zufolge – „ja ziemlich viel.“”

            Schon eher, nicht ganz. Ich habe versucht zu erraten, in welche der Großgruppen, die man zu unserer Frage bilden kann, das, was Sie sagen, wohl gehören dürfte (wissen kann ich es ja nicht, weil Sie nichts verraten), und da kommt halt das heraus. Da steckt nichts Diffamierendes drin. Nicht nur die katholische Orthodoxie gehört da rein, auch so hochrespektable Philosophen wie Descartes und Leibniz und sogar – wenn da auch “Wissen” eine ganz andere Bedeutung hat – Kant. Halt alle, die dem nominalistischen Credo, wir könnten über das Jenseits gar nichts wissen, widersprechen und beispielsweise meinen, daß Gott uns nicht betrügt, oder daß er gut sei, das wüßten wir durchaus.

            “Ich hatte in einem vorangehenden Post erklärt, wie speziell ich den Begriff „traditionell“ verwende.”

            Ich habe die Kommentare zum vorliegenden Aufsatz durchsucht und nichts gefunden.

            “Empfinden Sie das nicht deshalb so, weil Sie zu wissen meinen, was ich weiß?”

            Nein, das “Sie wissen ja alles schon” rührt einfach daher, daß Sie immer alles wissen (man sagt dazu “alles”, das bedeutet natürlich nicht wörtlich alles, das weiß jeder), das reiben Sie einem dauernd unter die Nase. Wenn ich irgendwas schreibe, wovon Sie offensichtlich nicht verstehen, was Ihnen aber aus welchen Gründen auch immer nicht paßt, oder wenn ich auch nur sage, daß mir etwas eine offene Frage zu sein scheint, dann kommt die Behauptung, wie es anders, nämlich wirklich ist. Aber nie erfährt man, warum es denn so sein soll, wie Sie behaupten. Herr Hilsebein hat schon recht: Sie wissen einfach nicht, was ein Argument ist.

            ‘meine “Schubladen” kommen mir wesentlich jünger vor als Ihre.’ (Zitat von mir) Warum wohl? Weil sie zu wissen glauben, das, was ich weiß, in die älteren stecken zu können, noch ehe Sie nachfragen.”

            Ich frag ja dauernd nach, aber da kommt regelmäßig die Antwort: das kann ich Ihnen noch nicht verraten. Darum muß ich versuchen zu erraten, was Sie “wissen”. Und wenn nicht alles trügt, gehört das einem wesentlich älteren Typ von Denken an als das, was in meinem Kopf so vorgeht.

          • “Halt alle, die dem nominalistischen Credo, wir könnten über das Jenseits gar nichts wissen, widersprechen und beispielsweise meinen, daß Gott uns nicht betrügt, oder daß er gut sei, das wüßten wir durchaus.”

            Da wissen Sie mehr als ich. Kant auch? Wie war ihm das möglich, wo doch Begriffe ohne Anschauung leer sind?

          • @Eli Schalom
            Die Gefahr besteht darin, den zarten Gedanken dem kritischen Diskurs (hier) auszusetzen. Es wird hier nämlich konsumiert, verdaut und primärfarben auf die weiße Leinwand ausgekotzt. “Auch schon wieder der/die, mit seiner/ihrer eigenen Welt – das hatten wir bereits, das können wir perzeptiv abkürzen als Schwachsinn”.
            Eli, Sie kommen nicht darum herum, logisch (sic) zu argumentieren, denn derjenige, der zwischen den Stühlen steht und nicht den Futzis und nicht den Tutzis angehört, sowohl von den einen, als auch von den anderen angegriffen wird, denn ihre gemeinsame Logik besagt: “wer nicht mit, der gegen uns, tertium non datur”.
            Erst die Logik, die sie nicht nur nicht verstehen, sondern (infolgedessen) nicht überwinden und (infolgedessen) beführchten, überzeugt sie argumentativ…was völlig unlogisch ist, aber einwandfrei funktioniert.
            Dass Ihre Gedanken (oder Wie Sie sich ausdrücken:”Schubladen” zart und jung sind, erkenne ich nicht an ihrer Frische, sondern daran, dass Sie noch nicht all ihre Konsequenzen bedacht haben. ist aber nicht weiter schlimm – das wird sich ändern.

            Sie akzeptieren nicht die

          • @ Dietmar Hilsebein

            “Wie war ihm [Kant] das möglich, wo doch Begriffe ohne Anschauung leer sind?”

            Ja, das war falsch von mir. Ich hab geschrieben: “wenn da auch ‘Wissen’ eine ganz andere Bedeutung hat” und dachte, damit hätte ich hinreichend vage das Richtige angedeutet, aber das geht natürlich nicht. Es ist eben kein “Wissen”, sondern ein “Glauben” – eine subjektive Überzeugung von einer unwiderlegbaren Art, worin sich dieses Glauben von anderem, was man auch Glauben nennt, unterscheidet. Deshalb hat Kant ja auch geschrieben: Ich mußte das Wissen zerstören, um für den Glauben Platz zu schaffen”, oder so ähnlich. Daß wir wie auch immer vom Transzendenten etwas “wissen” können, hätte Kant heftig zurückgewiesen. Eli Schalom redet immer von Wissen über die “Außenwelt”. Da wird offenbar der Glaube zerstört, um für das Wissen Platz zu schaffen.

          • @ Maciej Zasada

            Ja, damit haben Sie recht.

            “Dass Ihre Gedanken (oder Wie Sie sich ausdrücken:”Schubladen” zart und jung sind, erkenne ich nicht an ihrer Frische, sondern daran, dass Sie noch nicht all ihre Konsequenzen bedacht haben. ist aber nicht weiter schlimm – das wird sich ändern.”

            ….allerdings habe ich das noch nicht! Und natürlich wird sich das änern. Ich habe ja gehofft, dass das andere für mich tun werden, da ich das gar nicht alleine schaffen kann. Bin schon froh, wenn mir das Wichtigste gelingt.

          • @ Ludwig Trepl

            “ Was soll denn dieser Quatsch?! Es gibt Tausende von Leuten, die in einem anderen Milieu sozialisiert worden sind als in einem katholischen, und die trotzdem mehr davon wissen, was katholische Orthodoxie ist, als die allermeisten katholisch sozialisierten.“

            Das ist ganz und gar nicht Quatsch. Aber wenn Sie so etwas sagen, scheine ich mich mit Ihren Vorstellungen arg vertan zu haben. Was sicherlich der Fall ist, ist, dass viele dem Namen nach ‚katholisch Sozialisierte‘ nicht tatsächlich ‚katholisch sozialisiert‘ sind. Das hängt ja entscheidend von der konkreten Erziehung ab. Und sicher gibt es auch evangelisch Sozialisierte, die tatsächlich konkret katholisch sozialisiert wurden. Und ja, es wird auch humanistisch Sozialisierte oder im Islam Sozialisierte geben, die offen sind für das, was ich mit „katholisch sozialisiert“ meine.

            “Durch studieren lernt man doch einiges mehr als durch die Gespräche als Kind mit dem Pfarrer, wenn auch vielleicht nicht, wie die Orthodoxie sich “anfühlt”. Aber darum geht es ja hier nun wirklich nicht.“

            Ich nahm immer an, dass Ihnen das klar ist: ein Kind kann doch noch so viele „Gespräche mit dem Pfarrer“ haben, wenn es die nicht an sich selber konkret umsetzt, mögen sie sein Wissen vergrößern oder auch seine Gefühle heben, aber sie werden nicht seine katholische Sozialisierung verursachen.

            “…..nicht, was für ein Gefühl ein heutiger Priester, der für orthodox gilt, in seiner Umgebung verbreitet.“

            Ein Priester der nur ein Gefühl verbreitet, verursacht keine Sozialisierung und schon gar keine katholische.

            „Sie schreiben “aber kennen ist ja was anderes”; eben, und in unserem Fall gehört zum Kennen, dass man weiß, wer die Universalienrealisten waren,“

            Ich habe dazu durchaus eine Vorstellung, wollte aber wissen was SIE darunter und wie GENAU Sie die verstehen.

            „Übrigens bin ich nicht “im evangelischen Milieu sozialisiert worden” (in dem lebe ich jetzt), sondern sozusagen normal, also wie die meisten, in gar keinem religiösen Milieu, auch wenn die religiösen Dinge, die damals das Leben üblicherweise gliederten, wie Taufe, Konfirmation, schon stattfanden.“

            Dass echte christliche Sozialisierung bei der Mehrzahl der 68ger Generation nicht stattgefunden hat, ist möglich, ja anzunehmen, aber nicht erwiesen. Die heutige Situation könnte aber ein Indiz dafür sein.

            „Wenn Sie mein Beispiel mit dem Gefangenen nehmen, dann ist eben beides gleichzeitig möglich: Offenbarung als Wissen und Nichtwissen.“

            Mir scheint, der Satz von mir war missverständlich formuliert, müsste besser so lauten: „dann ist eben beides gleichzeitig möglich: Offenbarungswissen und Nichtwissen (im Sinne von naturwissenschaftlichem Wissen.)“ Die Naturwissenschaften haben sich eben noch nicht – und tun es zum Teil hartnäckig nicht – um einen Zugang zu Offenbarungswissen bemüht. Also ist es für sie Nichtwissen.

            Mit meinem “Zeugenhausbeispiel” wollte ich auf diese noch ausstehende Aufgabe aufmerksam machen. Es dürfte doch klar sein, dass zwei parallele Universen (eine Möglichkeit, die man heute nicht mehr ausschließen kann), mit völlig anderen, ja konträren Gesetzmäßigkeiten (im Beispiel: Außen und Innen) zur Folge haben, dass je nach Verhältnis der beiden universalen Gesetzmäßigkeiten, systemintern für die einen die Gesetzmäßigkeiten des anderen nicht zugänglich, also Nichtwissen, sind. In dem Beispiel: Innenwissen ist dann etwa Nichtwissen gegenüber Außenwissen. Und wo eine Verständigung von hüben nach drüben möglich und versucht wird, muss grundsätzlich umfassende, ontologische Übersetzung stattfinden. Das wäre z.B. der Fall, wenn umgekehrt für das ‚Außenwissen‘ das Innenwissen nicht Nichtwissen wäre.

          • oops hinter dem “nur” in dem Satz :
            “Ein Priester der nur ein Gefühl verbreitet, verursacht keine Sozialisierung und schon gar keine katholische.”

            habe ich in den Klammern statt “b” “i” geschreiben. Vielleicht gelingt Ihnen, das zu korrigieren. Danke!

          • @Ludwig Trepl (zum Kommentar von 26. Dez. 2015 18:38)

            „Ich habe die Kommentare zum vorliegenden Aufsatz durchsucht und nichts gefunden.“

            Die Kommentare zum Anonymus Artikel gehören in diesem Fall natürlich mit zum Gesamt meiner aktuell vorangegangenen: Hier der Link.

            Ich hatte vor diesem Artikel ja seit Langem nicht mehr auf Scilogs kommentiert und jetzt nur reagiert, weil Sie mich darin unverhofft zur Reaktion herausgefordert haben. Sie wissen aber wie die meisten anderen hier, dass ich nicht vorhabe, vor Fertigstellung meines Manuskripts erneut auf Scilogs zu meinem Thema und mit meinen Argumenten zu diskutieren. Dass das tatsächlich noch nicht möglich ist, zeigt sich eben auch in dieser Diskussion jetzt wieder an dem Wie der Reaktionen. Die Metapher mit dem „Zeugenhaus“ zum hiesigen Thema war angesichts früherer Diskurse mit @Balanus zunächst einfach nur eine Anregung für ihn.

            “Ich habe versucht zu erraten, in welche der Großgruppen, die man zu unserer Frage bilden kann, das, was Sie sagen, wohl gehören dürfte ….“

            Unsere neuerliche Diskussion und Korrespondenz hat mir in meiner Frage an Sie, das wurde mir gestern klar, schon Antwort gegeben. D.h.: Sie werden meine Sicht in keine bisherige Gruppe stecken können. Für alles weitere und um das verstehen zu können, brauchen Sie, wie dabei auch wieder deutlich wurde und wie schon festgestellt, mein Manuskript.

            Bleibt zu hoffen, dass Sie bis dahin fit bleiben oder wieder ganz fit werden. 🙂

            Wenn Sie sagen: “Ich frag ja dauernd nach….“ Dann frage ich zurück: Wo??? Nachfragen um Vorhandenes einsortieren zu können und demgegenüber nachfragen um neue Ansätze verstehen zu können, sind zwei sehr verschiedene Paar Schuhe. Im Kontext meiner, Ihnen gegenüber gemachten, speziellen Andeutungen erinnere ich mich an keine entsprechende Frage. Null Reaktion und eben das beantwortet meine Frage an Sie.

            „Aber nie erfährt man, warum es denn so sein soll, wie Sie behaupten. Herr Hilsebein hat schon recht: Sie wissen einfach nicht, was ein Argument ist.“

            Nachdem ich mehrfach deutlich gemacht habe, warum ich keine Argumente bringen kann, finde ich es rücksichtlos, dennoch zu bohren oder wie Herr Hilsebein zu argwöhnen, ich würde kneifen. Sie können sich doch anhand meiner Anhaltspunkten stattdessen auch einmal selbstlos selber in pro Argumenten üben. Da sie die aber wahrscheinlich gar nicht wollen, registrieren Sie die Anhaltspunkte erst gar nicht und kommt solche Art Liebe und Aufmerksamkeit eben nicht zustande.

            Vielleicht wird‘ s ja was im neuen Jahr.
            Kommen Sie alle gut da hinein! 🙂

          • @ Ludwig Trepl

            “eine subjektive Überzeugung von einer unwiderlegbaren Art, worin sich dieses Glauben von anderem, was man auch Glauben nennt, unterscheidet.”

            Ich bin interessiert. Eine Art von Inspiration? Mhm. Das kenne ich. Aber einer unwiderlegbaren Art? Das bezweifle ich!

          • @ D. Hilsebein

            “Eine subjektive Überzeugung …” “Ich bin interessiert. Eine Art von Inspiration? Mhm. Das kenne ich. Aber einer unwiderlegbaren Art? Das bezweifle ich!”

            Ich suche mal die Stelle raus, das dauert aber. Vielleicht haben Sie sie selber schneler: ich glaub, es steht in der KrV, da, wo es um den Unterschied von meinen, glauben und Wissen geht.

          • @ Ludwig Trepl

            Hab’s gefunden. Im Verlaufe unserer Diskussion (‘daß Gott uns nicht betrügt, oder daß er gut sei, das wüßten wir durchaus’), würde Kant also von einem doktrinalen Glauben sprechen, der etwas Wankendes in sich hat. Allein seine sittlichen Grundsätze sah er in Gefahr, wenn er den Glauben an Gott aufgeben würde.

          • @ D. Hilsebein

            Das scheint mir nicht die Stelle zu sein, die ich meinte. Da geht es, wie gesagt, um eine systematische Untersuchung der Begriffe Meinung, Glaube und Wissen. Ich schau noch mal nach.

          • @ D. Hilsebein

            das ist es:
            Immanuel Kant: Kritik der reinen Vernunft – 1. Auflage – Kapitel 128,
            Des Kanons der reinen Vernunft
            Dritter Abschnitt
            Vom Meinen, Wissen und Glauben

            (Findet man auch im Internet, in der edition gutenberg

          • @ Ludwig Trepl

            Ja genau -die Stelle hatte ich auch.

            Nun müssen wir gestehen, daß die Lehre vom Dasein Gottes zum doktrinalen Glauben gehöre.(…)

            Aber der bloß doktrinale Glaube hat etwas Wankendes in sich; man wird oft durch Schwierigkeiten, die sich in der Spekulation vorfinden, aus demselben gesetzt, ob man zwar unausbleiblich dazu immer wiederum zurückkehrt.(…)

            Da aber also die sittliche Vorschrift zugleich meine Maxime ist (wie denn die Vernunft gebietet, daß sie es sein soll), so werde ich unausbleiblich ein Dasein Gottes und ein künftiges Leben glauben, und ich bin sicher, daß diesen Glauben nichts wankend machen könnte, weil dadurch meine sittlichen Grundsätze selbst umgestürzt werden würden, denen ich nicht entsagen kann, ohne in meinen eigenen Augen verabscheuungswürdig zu sein.

    • @ Balanus
      “Ich weiß nicht, ich für meinen Teil würde die Existenz der „Außenräume“ durchaus anerkennen, wenn damit jene Räume gemeint sind, die außerhalb der menschlichen Erkenntnisfähigkeit liegen.”

      Läge es für Sie auch „außerhalb der menschlichen Erkenntnisfähigkeit“ wenn die Erkenntnis von hüben nach drüben nur indirekt stattfinden könnte? Vergleichsweise etwa so, wie man die schwarzen Löcher nur indirekt entdecken konnte (ich schrieb schon darüber) und dann, als man schließlich wusste, wie es geht, regelrecht erschrak, wie viele es davon gibt. Es gäbe sicher verschiedene Möglichkeiten der Herangehensweise, um indirekt Wahrgenommenes in eine Sprache zu bringen. Metaphern sind ja im Grunde auch so eine Sprache.

      „Ich denke eher, dass Naturalisten, Szientisten etc. einfach nichts hören an diesen „Außenwänden“. Und dass sie angesichts der völlig unterschiedlichen Berichte über das angeblich Gehörte zu der Überzeugung gelangt sind, dass es tatsächlich nichts zu hören gibt.“

      So ähnlich hatten Sie es ja schon einmal bekundet. Man kann es auch anders herum sehen: Sie (die Naturalisten, Szientisten etc.) hören einfach nichts, etwa weil Sie, die negativen Berichte bevorzugend, solches Hören nicht mehr praktiziert und folglich verlernt haben. Was jedenfalls hätte Sie gehindert, sich selber um Unterscheidung der Wahrnehmungen zu bemühen und sich nicht von den kontroversen Berichten anderer abhängig zu machen?
      Wenn Sie das nicht machen, hängen Sie halt Ihre ‚Sterne‘, die Sie sehen, allesamt an ihrem ureigenen Firmament auf, ohne zu ahnen, dass einige von denen zu einem ganz anderen Firmament gehören. Nach wie vor ist der ureigene Wille, sehen und hören zu wollen, und die ihm entspringende tatsächliche Praxis entscheidend. Niemand kann das irgendjemandem abnehmen.

      • @Eli Schalom

        »Läge es für Sie auch „außerhalb der menschlichen Erkenntnisfähigkeit“ wenn die Erkenntnis von hüben nach drüben nur indirekt stattfinden könnte?«

        Wenn Erkenntnis möglich ist, dann ist es nicht von entscheidender Bedeutung, ob sie auf direktem oder indirektem Wege zustande kommt (siehe Schwarze Löcher, oder überhaupt Löcher).

        »Was jedenfalls hätte Sie gehindert, sich selber um Unterscheidung der Wahrnehmungen zu bemühen und sich nicht von den kontroversen Berichten anderer abhängig zu machen?«

        Bei (natur-)wissenschaftlichen Erkenntnissen bin ich skeptisch, bei den sonstigen Erkenntnissen über die „Außenwelt“ (materiell oder immateriell) bin ich extrem skeptisch, insbesondere dann, wenn es heißt, die Gegenstände lägen außerhalb jener Bereiche, die den (Natur-)Wissenschaften zugänglich sind. Herr Trepl steht Erkenntnissen, die sich nicht (natur-)wissenschaftlich überprüfen lassen, wohl aber den Kriterien der Vernunft genügen, viel offener gegenüber als z. B. ich. Im Grunde sitzen Sie mit Herrn Trepl im selben antinaturalistischen Boot (wenn ich das mal so sagen darf). Wenn es also um Dinge geht, die einem Naturalisten prinzipiell fremd sein müssen, wäre er der richtige Ansprechpartner für Sie.

        »Nach wie vor ist der ureigene Wille, sehen und hören zu wollen, und die ihm entspringende tatsächliche Praxis entscheidend. Niemand kann das irgendjemandem abnehmen.«

        Sehe ich auch so.

        Noch ein Wort zu Ihrer Vorliebe für Metaphern und Gleichnissen: Ich ziehe es schon vor, wenn die Dinge, soweit es eben geht, klar benannt und ausführt werden (und wovon man nicht sprechen kann, darüber sollte man schweigen [frei nach Wittgenstein]). Man kennt das von den Astrologen, da werden vage Andeutungen gemacht und es wird darauf gebaut, dass der Kunde oder Leser sich seinen Teil dazu denkt, dann wird es schon passen. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, ich will Ihnen hier nichts unterstellen, aber wenn ich Ihre Bilder mit meinen Vorstellungen fülle, dann kommt mit Sicherheit etwas anderes heraus, als was Sie intendiert haben. Und das wollen wir doch beide nicht, oder?

        (…und wer oder was zur Hölle ist der „hmb10“???)

        • @ Balanus
          “(…und wer oder was zur Hölle ist der „hmb10“???)“

          Wenn Sie so fragen, sind sie es nicht oder wollen es mir nicht verraten. Deshalb habe ich nicht mehr nachgehakt. Das ist einfach ein anderes Pseudonym, im IT. Sie selber haben hier diese Fährte angegeben. Aber Sie sind es dann wohl nicht.

          Die Verwendung von Metaphern kann man m.E. nicht mit Astrologie vergleichen. In der Regel werden ja bei Metaphern Fixpunkte gesetzt. Wer eine Metapher verwendet, sagt auch, was für was stehen soll. Der Kern der Sache liegt dann sehr wohl einigermaßen fest, aber drum herum gibt es Spielraum. Und das ist auch notwendig. Jedenfalls kann man sich darüber durchaus verständigen.

          Aber lassen wir es jetzt dabei. Ich muss mich unbedingt wieder ausklinken.

        • @Eli Schalom, @Joker

          Danke für die Info (warum man auf den Gedanken kam, ich könne mit diesem Wiki-Autor identisch sein, frage ich mal lieber nicht, sonst…)

          • Falls Sie sich jetzt ertappt fühlen, sind Sie es selber schuld …. 😉

            Das war Ihr höchstpersönlicher Hinweis:

            Balanus 17. Dezember 2015 20:48 | Permalink

            @Joker

            “Wenn zwei Gegenstände denselben Namen tragen, bedeutet es noch lange nicht, dass sie gleich sind.”

            Das müssten Sie [Anton Reutlinger] @Chrys sagen, bzw. @Balanus.«
            Mir muss er das ganz bestimmt nicht sagen…

            Also es war der Link hinter diesem Satz und der führt auf „eol – Encyclopedia of life“ wo ein gewisser hmb10 etwas über „balanus balanus“ schreibt etc.
            Verstehe ich das richtig, diese Muschel auf dem Foto heißt „balanus balanus“?

            Ende offtopic

          • “Verstehe ich das richtig”?

            Nein! Aber lassen wir es jetzt dabei. Ich muss mich unbedingt wieder ausklinken.

          • @Eli Schalom

            »Ende offtopic«

            So „off topic“ war das m. E. gar nicht, ich empfand das wie eine Demonstration von Poppers Drei-Welte-Theorie. Welt (1), die physikalischen Muster, Welt (2), die (intersubjektive) Bedeutung dieser Muster, und Welt (3), die dahinterliegenden Wahrheiten, Vorstellungen, Ideen etc. Der Gedanke, dass es bei meinem Link um mehr gehen könnte als um die namensgebende Lebensform, scheint mir ein klarer Beleg dafür zu sein, dass Poppers dritte Welt real existiert.

            PS
            Jetzt könnten Sie (bei zuviel Freizeit) darüber spekulieren, warum ich mein Pseudonym nach diesem eigenartigen Wasserbewohner gewählt habe: Etwa, weil Krebs vielleicht mein Sternzeichen ist, oder etwa darum, weil Seepocken sehr lästig sein können und an bestimmten Orten einfach nur unerwünscht sind? Oder habe ich meinen Pseudo-Namen Charles Darwin zu Ehren gewählt, weil der intensiv über die Balaniden geforscht hat?

            PPS
            Auf was ich nun überhaupt nicht gekommen wäre, ist, dass es einen Zeitgenossen geben könnte, dem zwar fast nichts peinlich ist, der es aber dennoch nicht fertig bringt, seine Schreibhemmung bei der Namesendung „–anus“ zu überwinden.

            Ach ja; und dann da gibt es noch den Blogger, der, wenn ihm kein Argument mehr einfällt, gerne meinen Namen verballhornt zu „Banalus“ (mit einem Klarnamen würde er das niemals machen, was zeigt, dass Decknamen auch ihre Vorteile haben können).

          • @ Balanus

            Wenn ich Popper richtig verstanden habe, dann stimmt das nicht ganz:
            “Welt (1), die physikalischen Muster, Welt (2), die (intersubjektive) Bedeutung dieser Muster, und Welt (3), die dahinterliegenden Wahrheiten, Vorstellungen, Ideen etc.”

            “Physikalische Muster scheint mir falsch. In “Muster” steckt Theorie, Gedankenartiges. Die Welt (1) besteht aber aus den den physikalischen (oder biologischen …) Dingen, die da sind, bevor die Menschen dieses oder jenes Muster drin entdecken oder hineinprojizieren.

            “Welt (2), die (intersubjektive) Bedeutung dieser Muster”. Das stimmt bestimmt nicht. Die Welt (2) besteht aus Gedanken als Ereignissen. Wenn Müller denkt, hier und jetzt, “die Erde ist eine Scheibe”, dann hat er der Welt (2) etwas hinzugefügt, ebenso wie wenn er hier und jetzt denkt: Salami schmeckt mir nicht”. Um intersubjektiv und Bedeutungen geht es gar nicht.

            “Welt (3), die dahinterliegenden Wahrheiten, Vorstellungen, Ideen etc.”
            Die Vorstellungen müssen wahr sein, sonst gehören sie nicht zur Welt (3).

          • @Ludwig Trepl

            »Wenn ich Popper richtig verstanden habe, dann stimmt das nicht ganz: «

            Ja, ich geb’s zu, ich hätte da genauer sein müssen.

            Laut utb. Online-Wörterbuch Philosophie umfasst Poppers Welt 1, in aller Kürze, die physikalischen Gegenstände und Zustände, Welt 2 die Zustände des Bewusstseins, und Welt 3 das objektive Wissen (kulturelles Erbe, Wissenschaft, etc.).

            Beim Lesen eines Blog-Kommentars hätten wir es nach meinem Verständnis demnach mit folgenden Popper-Welten zu tun:
            Zur Welt 1 zählen die Strukturen (nicht „Muster“, da habe ich mich im Begriff vergriffen) auf dem Monitor. Welt 2 enthält das, was beim (individuellen) Leser beim Betrachten dieser Strukturen im Kopf (Bewusstsein) entsteht, und Welt 3 wäre dann wohl der objektive Gehalt des Kommentars.

            Besonders problematisch scheint mir vor allem Welt 3 zu sein: Denn irgendwer muss darüber befinden, was der objektive Gehalt eines Textes ist, zumal der ja in einer gewissen Beziehung zum objektiven Wissen stehen soll.

            In dem hier vorliegenden Fall hat @Eli Schalom den Gehalt des von mir verfassten Textes überinterpretiert, d. h., ihre Bewusstseinszustände (Welt 2) waren nicht kongruent mit dem objektiven Gehalt meines Kommentars (Welt 3).

            So ungefähr war das von mir gemeint. Sie haben also Recht, so ganz habe ich Poppers drei-Welten-Theorie gestern (18:22 Uhr) tatsächlich nicht getroffen.

          • @ Balanus
            ….ich habe nicht überinterpretiert, sondern etwas für möglich gehalten, was möglich wäre und deshalb nachgefragt….egal ob nun Welt 1,2 oder 3…. 😉

  16. @ Eli Schalom

    Das “Außen” muss aus hiesiger Perspektive ganz “Innen” sein (und umgekehrt).
    In einem Topf gedeihen die Topfpflanzen (und wenn einer behauptet keine Topfpflanzen zu mögen, weil sie “nicht natürlich” im Topf gedeihen? Dann muss er mich erst überzeugen, dass die gesamte Erdkugel kein Topf ist, in dem Pflanzen gedeihen). Hier wird das logische Problem der Existenz berührt: aus der Perspektive der Topfpflanze ist die Außenwelt frei, doch die Außenwelt hat ihre Grenzen, die genauso gültig sind, wie die Grenzen des Topfes – hier ist es an der Zeit, statt das Konzept der Wahrheit, das Konzept der selbstidentischen Existenz als Grundlage der Logik “der Wahrnehmung”zu statuieren, denn nicht einmal die Wahrheit (@slash) des Seins oder Nichtseins eindeutig geklärt werden kann, denn bezogen auf manch eine einzelne Aussage oder ein Zustand (oder auch sämtliche Aussagen / Zustände) existiert diese und sie existiert nicht.

    • @ Maciej Zasada

      „Das “Außen” muss aus hiesiger Perspektive ganz “Innen” sein (und umgekehrt).
      In einem Topf gedeihen die Topfpflanzen (und wenn einer behauptet keine Topfpflanzen zu mögen, weil sie “nicht natürlich” im Topf gedeihen? Dann muss er mich erst überzeugen, dass die gesamte Erdkugel kein Topf ist, in dem Pflanzen gedeihen).“

      Dazu Zustimmung. Aber der Topf ist in meinem Fall nicht nur die Erdkugel, sondern das ganze Universum, wie wir es wahrzunehmen vermögen.

      Zu dem Rest demnächst vielleicht mehr, ist mit hier und heute zu viel, oder sonst erst im Buch. Was Sie meinen, – sofern ich Sie verstanden habe – muss aber nicht das Konzept der Wahrheit aus den Angeln heben.

      • @Eli Schalom
        “Dazu Zustimmung. Aber der Topf ist in meinem Fall nicht nur die Erdkugel, sondern das ganze Universum, wie wir es wahrzunehmen vermögen.”

        Wenn ich schon die Erde mit dem Topf vergleiche, um eine Analogie aufzuzeigen, dann erkenne ich die Analogie. Dann sind die Variablen, die ich in meine Gleichung setze beliebig.
        Frohes Fest allseits.

  17. @ Balanus

    Jetzt mische ich mich doch noch einmal ein und versuch‘s mal mit einer Metapher:

    Dieses Jahr gab’s irgendwann im TV den Film „das Zeugenhaus“. Da wurden für den Nürnberger Prozess Zeugen, die zum Teil gleichzeitig auch Angeklagte waren, untergebracht. Ein solcher wichtiger durfte im Gegensatz zu den anderen nicht frei rumlaufen. Er wurde in seinem Zimmer/ Wohnbereich eingeschlossen und ihm wurde das Essen ins Zimmer gebracht. Nur die Wirtin hatte den Schlüssel. Dessen Welt war also für diese ganze Zeit auf seinen Wohnbereich beschränkt und auf die Wirtin, die ab und zu kam. Er wusste aber natürlich, dass das nicht alle Welt war. Um nun irgend möglich dennoch mit alle Welt in Kontakt und an Informationen zu kommen, die er der Wirtin nicht entlocken konnte, traf die Wirtin ihn immer wieder bei der Beschäftigung an, die Ohren dicht an die Wand zu pressen oder auf den Boden, um aus den Nachbarräumen Geräusche und Gespräche mitbekommen zu können.

    Diesem Menschen wäre gewiss nicht in den Sinn gekommen, die Stimmen und das Gesprochene, das er auf diese Weise mitbekam, als ein Produkt der neuronalen Superfähigkeiten seiner „kleinen Grauen“ zu bezeichnen, also als seine eigene Fantasie. Die brauchte er vielleicht, um die wahrgenommenen Bruchstücke richtig zu kombinieren, nicht aber, um sie zu produzieren.

    Naturalisten, Szientisten etc. nun, tun aber genau das. Sie konstruieren Vorstellungen, um mit aller Gewalt, das, was sie da an den Wänden hören, als Phänomene oder Fähigkeiten des Innenraumes begründen zu können. Weil sie nicht glauben mögen oder sich nicht vorstellen wollen, dass unser ganzes Universum solch ein Innenraum sein könnte, in dem wir all überall die Ohren an die Wände und den Boden und die Decke pressen könnten, wenn wir wollten und mit einer anderen, eben der Außenwelt in Berührung kommen könnten, um zu begreifen, dass unsere Innenwelt ohne diese als ‚Außenwelt‘ wahrgenommene andere Welt nicht existieren würde.

    Für weiterführende Überlegungen taugt der Vergleich jetzt nicht mehr. Aber vielleicht hilft er zu verstehen, wie sinnlos so gerichtete Bemühungen der Naturalisten etc. sind. Die sind gut und wichtig und richtig, solange sie darauf ausgerichtet sind, die Geräusche und Stimmen im Innenraum, die es ja auch nd viel stärker gibt, von denen des Neben- bzw. Außenraumes klar unterscheiden zu können, was ja äußerst wichtig ist. Solange sie also den Innenraum nicht mit dem Außenraum als identisch ansehen und geradezu gewaltsam das Außen dem Innen einverleiben wollen. Die Unterscheidung der Quellen der Geräusche und Stimmen dagegen ist ein unbedingt notwendiges Bemühen, ist unverzichtbar, wenn man die Lauschergebnisse richtig kombinieren und interpretieren können will. Das gelingt jedenfalls nicht mit der Prämisse, dass man die Außenräume als nicht existent betrachtet, während sie es doch zweifellos sind.

    …. Und um der Reaktion gleich vorzubeugen: ja (!) „zweifellos sind!“ Es liegt einzig an der ‘materiedominanten’ (meine Wortschöpfung) Beschaffenheit unseres Universums und unserer Leiblichkeit, dass wir die Freiheit haben, eine all überall intim parallele ‚Außenwelt‘ anzweifeln zu können, ganze Wissenschaften dafür bemühen zu können. So können wir uns eben auch mit Star Wars etc. Filmen in der unendlichen Innenwelt unseres Universums – wie eine scheinbare Außenwelt – ergehen, ohne je die viel näher liegende tatsächliche Außenwelt unseres Alltags so in den Griff zu bekommen, dass auch in ihre dunklen Seiten Licht fallen kann und sie uns nicht mehr schaden kann.

    Die Fußspuren dieser ‚Außenwelt‘ sind da! Sie zeigen sich aber nur dem, der sie finden will. Wer das nicht will, hat alle Möglichkeit, sie beweiskräftig als zur Innenwelt gehörend zu deklarieren, weil eben das Außen nur mit den Phänomenen der Innenwelt dargestellt werden kann. Das ist so, – und da hinkt der Vergleich – weil das Außen eine totale Umkehrung des Innen ist. D.h. es kann keine kontinuierliche Entwicklung/ Evolution von innen nach außen geben. Es könnte in dem Fall also die Wirtin nicht einfach mal durch die Türe kommen. Dafür muss vielmehr ein radikaler Bruch überwunden werden, wie es für uns von daher nur im Tod in Gänze möglich ist. Wir können aber schon hier dem Innen mit Hilfe der Umkehrung das Außen ablesen lernen. Wenn wir das tun, können wir schon hier mit Bewusstsein anfänglich das Innen zum Außen, zu diesem ganz Anderen hin wieder öffnen. Das Außen bleibt nicht mehr im Unbewussten hängen.

    Wenn wir das tun, beginnt ‚Weihnachten‘ in uns, wird das ‚Außen‘ im Innen aufleuchten.

    Auch die Philosophie philosophiert falsch, wenn sie das Außen in das Innen zwingen will. Mag sein, dass einige durch diese gewaltsame Innenverlegung das Innen wesentlich genauer erforschen können und wir solches Vorgehen eben auch deshalb brauchen. Auf Dauer würde das aber nicht gehen, wir brauchen eben die Erforschung beider Welten außen und innen und ihr Verhältnis zueinander.

    In diesem Sinne frohe Weihnacht allseits.

    ES

    PS: sind Sie der „hmb10“ 🙂

    • Man muß den Kommentar fast bis zum Ende lesen, um zu bemerken, daß Sie mit “Außenwelt” das meinen, was man seit eh und je das Jenseits oder das Transzendente nennt. Ich dachte die ganze Zeit, Sie meinen etwas ganz Unbekanntes, etwas, wovon die Welt jetzt zu ersten Mal erfährt, und wartete auf Aufklärung. Dabei ist es so einfach.

      • “Dabei ist es so einfach.”
        …eben!
        Aber von “etwas ganz Unbekanntem[s], etwas, wovon die Welt jetzt zum ersten Mal erfährt” habe ich dennoch andeutungsweise gesprochen. (…ob “ganz” unbekannt und tatsächlich “zum erstem Mal” kann ich allerdings nicht wissen. Es sieht aber danach aus, denn ich denke, dass ich das dann erfahren hätte.)

  18. » „Das hat seinen Wert in sich!“ «

    Wenn ich’s recht bedenke, dann hat man in dem Moment, wo man sagt, „das hat seinen Wert in sich!“, der betreffenden Sache einen Wert zugewiesen. Es geht gar nicht anders. Der Wert einer Sache kann nicht sinnlich wahrgenommen werden, sondern wird im Zuge der Bewertung, nun ja, erkannt. Und Erkenntnisse, die nicht intersubjektiv verifiziert werden können und also subjektiv bleiben müssen, haben nun mal den Status einer Zuschreibung (oder so ähnlich).

    Demnächst wird Mutter Teresa heiliggesprochen werden. Der Begriff „Heiligsprechung“ macht deutlich, dass hier einer Person von anderen Personen ein besonderer Wert bloß zugesprochen wird. Das wichtigste Kriterium bei diesem Verfahren ist übrigens der Nutzen, den andere durch Mutter Teresa erfahren haben. Auf die Taten kommt es an, nicht auf die Gedanken, die verborgen bleiben.

    Hätte z. B. Kant seine Gedanken nicht niedergeschrieben, dann wären sie für die Nachwelt noch nicht einmal wertlos gewesen, weil es einfach nichts gibt, was man hätte bewerten können.

    Insofern verstehe ich absolut, wenn man sagt:

    »In meinem Kopf mag stattfinden was will – es hat keine Konsequenzen, ich kann damit nichts in Bewegung setzen; siech wie ich bin, bin ich zu nichts mehr nütze.«

    Wenn man mal davon absieht, dass jemand, der sich noch äußern und mitteilen kann, hier reichlich übertreibt, was die vermeintliche eigene Nutzlosigkeit angeht, dann ist es ja tatsächlich so, dass etwa eine alleinstehende Person, die im Koma liegt, zu nichts anderem mehr nütze ist, als das Krankenhauspersonal zu beschäftigen. Als wertlos würden die allermeisten einen Komapatienten aber dennoch nicht bezeichnen, weil man einem Menschen, unabhängig von seiner Gesundheit und Schaffenskraft, eben einen „Wert an sich“ zuerkennt. Diese Zuschreibung geschieht aber nicht aufgrund der Erkenntnis, dass alle Menschen einen „Wert an sich“ besitzen, so wie sie z. B. ein Herz besitzen, sondern letztlich darum, weil man erkannt hat, dass es der Menschheit insgesamt nützt, wenn man allen Menschen diesen Wert grundsätzlich zuerkennt (und bei Bedarf außer Kraft setzt).

    Von alledem abgesehen kann das, was nur im Kopf oder im stillen Kämmerlein stattfindet und keinem anderen etwas nützt, dennoch zu etwas nütze sein, nämlich dem eigenen Wohlbefinden. Wenn man z. B. ein (philosophisches) Rätsel löst, ganz für sich alleine, oder ein Schachproblem, dann tut man Dinge, die für einen selbst einen Wert haben, und das ist nicht wenig. Aber ich gebe zu, wenn man anderen mitteilen kann, was man da geleistet hat, ist es halt noch schöner.

    • @balanus

      Wie üblich, ist das, was ich jetzt antworte, ein Kant-Referat, zum einen, weil ich meinen eigenen Gedanken nicht so recht traue, zum anderen, weil ich das, was Kant schreibt, zum weit überwiegenden Teil für richtig halte.

      „…dann hat man in dem Moment, wo man sagt, „das hat seinen Wert in sich!“, der betreffenden Sache einen Wert zugewiesen. Es geht gar nicht anders.“

      „Es geht gar nicht anders“ sagen die Modernen, und darum habe ich ja auch geschrieben, das sei das erste, was man den Studenten in den Kopf hämmert. Weil die nämlich heutzutage in ihrer Mehrheit nicht „modern“ denken, sondern in diesem Denken das Unheil schlechthin sehen. Man müsse erkennen, daß die Dinge (der Natur) einen Wert an sich hätten Wenn man dem widerspricht, kann man eine Versammlung von Anfänger-Studenten zum Kochen bringen; in fortgeschrittenen Semestern vertreten Sie abgeklärt Ihre Position. – Diese antimoderne Position nennt man heutzutage „ökologisch“, früher nannte man sie “konservativ”. Es geht also doch anders. Die Dinge könnten ihren Wert von sich aus (von Natur aus) haben oder vom Schöpfer der Natur verliehen bekommen haben. Die Frage scheint mir, was man aufgeben muß, wenn man es anders als modern denkt. Muß man dann alles über Bord werfen, was die Aufklärung gebracht hat, auch das, was man keinesfalls aufgeben will?

      „Der Wert einer Sache kann nicht sinnlich wahrgenommen werden, sondern wird im Zuge der Bewertung, nun ja, erkannt.“

      Damit sagen Sie, daß es diesen Wert doch als Wert der Dinge selbst gibt, sie haben ihn bereits vor der Bewertung, und er wird von uns erkannt. Wenn ich den Wert nach Belieben zuweisen könnte, wäre das kategorial etwas anderes als ein Erkennen, nämlich eben ein „Zuweisen“, das ich immer auch anders vornehmen könnte. Zuweisen ist aber das, was Sie im ersten Satz vertreten haben.

      „Demnächst wird Mutter Teresa heiliggesprochen werden.“

      Hmm, was steckt dahinter? Daß es der Menschen bedarf, damit etwas von Wert ist? Daß sie, auch wenn sie ganz genau das Gleiche getan hätte, nicht „heilig“ wäre, wenn die Kirche sie nicht für heilig erklärt hätte? Das würde nun wieder kein moderner Mensch akzeptieren. Der moderne Mensch denkt: es mag viele geben, die heilig sind, aber die Kirche hat das nicht erkannt, und es gibt viele, die Verbrecher waren und heiliggesprochen wurden. – Man versteht das sicher nur, wenn man die besonders Rolle beachtet, die der Katholizismus der Kirche zuschreibt, und darum brauchen wir uns hier wohl gar nicht zu bemühen.

      „Das wichtigste Kriterium bei diesem Verfahren ist übrigens der Nutzen, den andere durch Mutter Teresa erfahren haben. Auf die Taten kommt es an, nicht auf die Gedanken, die verborgen bleiben.“

      Das ist wohl der Preis, den man zu zahlen hat. Denn natürlich weiß auch die katholische Kirche, was Kant gesagt hat: Nicht auf den Nutzen kommt es an, sondern allein auf den „guten Willen“, wenn man den moralischen Wert eines Menschen oder einer Tat beurteilen will (Unterschied zwischen Legalität und Moralität bei Kant). Das ist ja auch völlig klar: 1. kann er aus unmoralischen, egoistischen Motiven (z. B. gewählt werden zu wollen) etwas Gutes bewirken. 2. Hat niemand in der Hand, ob nicht aus dem, was er will an Gutem, letztlich doch etwas Schlechtes wird, er kann ja nicht alles voraussehen und berücksichtigen. Aber was da verlangt ist, nämlich „in die Herzen zu sehen“, kann niemand, nicht einmal man selbst ins eigene Herz. Darum müssen sich die Menschen bei der moralischen Beurteilung eines Menschen / einer Tat an die beobachtbaren Folgen (Legalität) halten, wohl wissend, daß die damit im Hinblick auf die Moralität – und die soll ja bei der Heiligsprechung beurteilt werden – gewaltig danebenliegen können. Ins Herz sehen kann nur Gott; er allein ist ein „Herzenskündiger“ (Kant). (Mit Sicherheit hat die katholische Kirche da irgendeine komplizierte Lösung gefunden).

      „Hätte z. B. Kant seine Gedanken nicht niedergeschrieben, dann wären sie für die Nachwelt noch nicht einmal wertlos gewesen, weil es einfach nichts gibt, was man hätte bewerten können.“

      Da hätte eben Frege gesagt (wenn er Kantianer gewesen wäre): Aber es waren doch wahre Gedanken, das ist hier die Frage; ob man als Nachwelt etwas zu bewerten hat, ist eine ganz andere Frage. Wenn man das nicht zu trennen versteht, richtet man ein Chaos an, in dem bald gar nichts mehr zu verstehen ist.

      „…weil man einem Menschen, unabhängig von seiner Gesundheit und Schaffenskraft, eben einen ‚Wert an sich’ zuerkennt. Diese Zuschreibung geschieht aber nicht aufgrund der Erkenntnis, dass alle Menschen einen ‚Wert an sich’ besitzen, so wie sie z. B. ein Herz besitzen, sondern letztlich darum, weil man erkannt hat, dass es der Menschheit insgesamt nützt, wenn man allen Menschen diesen Wert grundsätzlich zuerkennt (und bei Bedarf außer Kraft setzt).“

      Nein. Hier darf ich mit mehr Grund als daß ich das halt für richtig halte auf Kant verweisen: weil er der Urheber diesen Gedanken ist; warum „diese Zuschreibung geschieht“, hat sozusagen die Menschheit in Kant erkannt. Und von einem Nutzen für die Menschheit insgesamt ist da gar nicht die Rede. Es stimmt schon irgendwie, daß die „Erkenntnis, dass alle Menschen (keineswegs) einen „Wert an sich“ besitzen, so wie sie z. B. ein Herz besitzen“, am Anfang dieser Gedanken steht. Denn es handelt sich bei dem Herzen ja um eine Natureigenschaft des Menschen, bzw. um eine Eigenschaft des Menschen, insofern er Naturwesen ist. In dieser Hinsicht kann er aber beliebige Eigenschaften haben, das gibt ihm nicht einen „Wert an sich“. Den hat er vielmehr insofern, als er nicht nur Naturwesen ist, sondern auch – und zwar jeder – moralisches Wesen (also auch gegen das handeln kann, was die Natur von ihm verlangt oder wohin ihn die Natur treibt oder zieht).

      „Von alledem abgesehen kann das, was nur im Kopf oder im stillen Kämmerlein stattfindet und keinem anderen etwas nützt, dennoch zu etwas nütze sein, nämlich dem eigenen Wohlbefinden.“

      Wohlbefinden auch, aber nicht nur. Was ist, wenn man einen wahren Gedanken hat, der einen in die Verzweiflung treibt, wie die Geschichte von Luther geht? Das ist ein dickes Problem zwischen Seelsorgern und Psychotherapeuten. Letzterer läßt seinen Patienten mit einer Lüge leben, wenn das dessen Wohlbefinden (Gesundheit) dient. Der Seelsorger, wenn er nicht zum Psychotherapeuten degeneriert ist, kann das nicht, das läßt der Begriff „Seele“, so wie er in diesem Zusammenhang verstanden wird, nicht zu.

  19. Wenn in einem meiner Artikel, egal zu welchem Thema, oder in einem Kommentar dazu das Wort “Wahrheit” vorkommt, läßt sich voraussagen, daß eine nicht enden wollende Diskussion folgt. Ob das nur in meinem Blog oder auf der ganzen Welt so ist, weiß ich nicht. Könnten wir uns nicht darauf verständigen, daß es um das Artikel-Thema gehen sollte, in diesem Fall um die “drei Welten”? Und wenn jemand unbedingt über das Thema der Wahrheit(en) schreiben will, sollte man ihm wenigstens das Bemühen anmerken, daß er damit einen Beitrag zu Artikel-Thema leisten möchte.

    • Loge! [1]

      Zwischen der Dritten Welt Freges und der Welt 3 Poppers vermögen zumindest einige keinen besonders tiefen Unterschied erkennen.
      Das, was die jeweiligen Dritten Welten meinen ist sozusagen besonders dichte Erkenntnis der Subjekte, wenn sie formal zu verstehen suchen.
      Diese Dritten Welten existieren [2], aber nicht gänzlich losgelöst von den Subjekten, sie bilden Kultur, auch wenn dies beim Formalistischen vielleicht eher nicht zu erwarten wäre.
      Bspw. ist der geschätzte Henning Lobin i.p. Meme unterwegs, bspw. hier (und anderswo), er adressiert nicht explizit Dritte Welten, aber er versucht sich ähnlich, zumindest sieht es so ein wenig aus.

      Dritte Welten ohne erkennende Subjekte scheinen von Albert Einstein sozusagen en passant hier abgehandelt:
      -> https://www.youtube.com/watch?v=P0CzhJePocs (‘Existiert der Mond auch, wenn niemand hinschaut? – A: Der Mond wäre dann begrifflich nicht vorhanden und womöglich auch nicht das Konzept der physikalischen Existenz. – Der Beobachter bleibt also von besonderem Interesse, sogar physikalisch.)

      OK, auch dies meinen Sie wohl nicht
      Egal, vielleicht hatte diese Nachricht einen Wert oder es ergab sich einer,
      MFG + schönen Sonntagabend noch,
      Dr. W

      [1]
      Vgl. ‘Logos’ und ‘logisch’, altes Punk-Sprech. – Gemeint immer: Kohärent oder auch Word! (siehe Urban Dictionary).

      [2]
      Sie existieren nicht in dem Sinne, dass sie aus sich selbst heraus sind oder sich aus sich heraus irgendwie stellen.
      Insofern besser: “existieren”

      • “Diese Dritten Welten existieren [2], aber nicht gänzlich losgelöst von den Subjekten”

        Das scheint mir auch so, auch wenn es Frege (und Popper) vielleicht anders gemeint haben. Es sind die wahren Ideen oder Gedanken für eben diese Subjekte, die ab und zu mal so einen wahren Gedanken hervorbringen, nicht die wahren Gedanken der Marsmenschen oder Gottes. Es ist eben doch nicht die platonische wahre Welt der Ideen (obwohl dies unter der Vielzahl von dritten Welten sicher auch mal vorkommt). Von Mathematik verstehe ich leider gar nichts, aber die dritte Welt Poppers ist jedenfalls nichts Transzendentales, sondern eher der Inbegriff dessen, was sozusagen unter den beibehaltenen Bedingungen, unter denen empirische Forschung steht, die Wahrheit wäre, bzw. das was ein empirischer Forscher meint, wenn er mal “Ding an sich” sagt: da gelten ja immer noch Raum und Zeit und die Kategorien, nur halt die Farben nicht.

        • @ Herr Dr. Trepl :

          “+1”
          Nett die Metapher mit den Farben.

          Ansonsten hat Popper versucht den Rationalismus zu verteidigen, als kritisch, die Welt 3 wird hier womöglich benötigt, um standhaft bleiben zu können:
          -> http://tannerlectures.utah.edu/_documents/a-to-z/p/popper80.pdf (Ihr Kommentatorenfreund und brauchbarer Popper-Kenner bezieht sich auf die letzte Seite des Dokuments, die Seite 167)

          Wobei der Schreiber dieser Zeilen die Folgerungen aus dem, was Karl Raimund Popper so benachrichtigt hat, teilt, abär anders argumentieren würde, sparsamer auch, was Welten betrifft, denn zwei Welten genügen, um gemeinte Veranstaltung zu beschreiben.
          Ansonsten geht es für erkennende Subjekte um Setzungen, Sie kommen hier mit dem ‘unbedingten Wollen’, der Schreiber dieser Zeilen will so setzen.

          MFG + frohe Weihnachten,
          Dr. W (der übrigens, auch zur Weihnachtszeit, bspw. Herrn Reutlinger, Chrys und so, abär auch unsereins, hier durchaus ähnlich unterwegs sieht)

  20. Da stand eben eine längere Diskussion zwischen @Dr. W, @Reutlinger und @Joker über allerlei. Ich konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht mitmachen. Nur soviel: Was @Joker schreibt, finde ich rundum richtig, was @ Dr. W. schreibt, teilweise richtig, was @Reutlinger schreibt, rundum falsch.

    Im Übrigen: Wie so oft, nein, wie meist geht es auch hier mal wieder kaum um das, worum es im Artikel geht: die 3 Welten. – Ich habe mit Absicht sehr verschiedene Varianten erwähnt, die 3. Welt in Gestalt des Paradigmas ist ja offensichtlich der 3. Welt von Freges mathematischen Wahrheiten und auch der dritten Welt Poppers ziemlich unähnlich, auch in der Moral von der Geschicht, die daraus folgt.

  21. Reutlinger: “Eine Ziege plus ein Ziegenbock sind zwei Ziegen. Nach einigen Monaten Wartezeit sind es wahrscheinlich drei Ziegen.”

    Trepl: “Und dennoch: Zwei Dinosaurier, dann kommen noch zwei dazu, und schon waren es vier.”

    Reutlinger: “Wer entscheidet, dass es echte Dinosaurier waren, keine Pappschilder? Wer entscheidet, dass ähnliche Tierarten keine Dinosaurier sind?”

    Reutlinger: “Logik und Mathematik haben ihre Ursprünge in der Natur. Dass sie sich im Prozess des Denkens verselbständigt haben im Laufe der Kulturgeschichte ist den Gesetzmäßigkeiten der menschlich wahrnehmbaren Natur und der Natur des Menschen zuzuschreiben.”
    (…)
    “Die Natur dieser Welt richtet sich aber nicht nach der menschlichen Logik, sondern hat ihre eigene Logik, nach der sich der Mensch mit seinem Verstand und seiner Vernunft zu richten hat.”

    Was denn nun? Was für zwei Ziegen gilt, gilt offenbar nicht für zwei Dinosaurier. Mal verselbständigt sich die Logik im Prozess des Denkens, mal muss sich der Mensch nach der Logik der Natur richten.

    Die Reutlinger-Philosophie besteht offenbar aus einer Superposition von Widersprüchen. Faszinierend.

  22. Wenn ich drei Welten zu benennen hätte, dann wären das die Außenwelt, die Innenwelt (Bewusstsein etc.), und die Zwischenwelt (zwischen außen und innen). Diese dritte Welt an der Grenze bzw. dem Übergang zwischen außen und innen ist die Welt, von der wir am allerwenigsten wissen.

    Aber als Materialist gibt es für mich nur eine Welt mit zahlreichen Beschreibungsebenen.

    • Zwar weiß ich nicht, was genau Sie mit Zwischenwelt meinen, aber ich nehme an, dass es der Übergang, oder die Transformation, von der Außenwelt in die Innenwelt ist. Das setzt jedoch die Existenz einer bewusstseinsunabhängigen Außenwelt voraus, also einen externen Realismus. Hier beginnt der Irrtum und das Unverständnis. Eine solche Außenwelt gibt es nicht. Bei Dunkelheit sind Gegenstände nicht wahrnehmbar, obwohl sie definitiv vorhanden, also existent sind. Das wissen wir aber nur mittels unseres Erinnerungsvermögens, oder unserer multimodalen Sinnesvermögen, besonders des Tastsinns. Die banalsten Beispiele sind oftmals die einleuchtendsten! Blinde Menschen nehmen die Welt auf ihre spezifische Weise wahr. Sie kategorisieren die Gegenstände nicht nach Farben, sondern nach Formen oder Oberflächeneigenschaften. Aber sie sind gezwungen, die Kategorien der sehenden Mitmenschen zu übernehmen, um sich in der Gesellschaft verständigen zu können.

      Um die “kopernikanische Wende” Kants zu zitieren:

      unsere Vorstellung der Dinge, wie sie uns gegeben werden, richte sich nicht nach diesen als Dingen an sich selbst, sondern diese Gegenstände vielmehr als Erscheinungen richten sich nach unserer Vorstellungsart.

      • @Anton Reutlinger

        »…aber ich nehme an, dass es der Übergang, oder die Transformation, von der Außenwelt in die Innenwelt ist.«

        Gemeint ist der mysteriöse Übergang von physiologischen Hirnprozessen (Außenwelt) zu erlebten Bewusstseinsinhalten (Innenwelt).

        Ich setze also die Existenz bewusstseinsunabhängiger Hirnprozesse als notwendig für die Existenz von Bewusstsein voraus.

        • Ja, diesen Übergang meinte ich. Er ist Gegenstand der Kognitionswissenschaft und das Rätsel in der Philosophie des Bewusstseins. Bewusstseinsunabhängige Hirnprozesse sind genauso wie eine bewusstseinsunabhängige Außenwelt, oder wie Dinge-an-sich, nur Fiktionen. Damit wird nicht die Existenz einer Außenwelt oder Welt überhaupt geleugnet! Alles was wir im Bewusstsein haben, kann definitiv nicht bewusstseinsunabhängig sein. Da wir zu Erkenntnis über das Gehirn keine Umleitung haben, abgesehen vom Glauben an Okkultismus, ist notwendig alles in der Welt bewusstseinsabhängig.

          Meine 3-Welten-Theorie sieht so aus:
          1. die fiktiven Dinge-an-sich oder Objekte in der Welt,
          2. die von den Dingen ausgehenden objektiven Erscheinungen,
          3. die subjektiv wahrnehmbaren Phänomene auf Grund der Erscheinungen.

          Der Mensch besteht aus derselben Materie wie die übrige Welt. Der Organismus unterliegt denselben Wechselwirkungen der Materie. Deshalb hat der Mensch vollständigen Zugang zur Welt der Erscheinungen, auch wenn die Welt sinnlich nicht vollständig wahrnehmbar ist. Die bewussten Wahrnehmungen als Phänomene sind auf einen winzigen Ausschnitt beschränkt und liefern nur eine relativ lockere, strukturelle Kopplung zwischen Außen- und Innenwelt, über die Rezeptoren der Sinnesorgane und das Nervensystem. Das Nervensystem als Gedächtnis täuscht uns wie ein Magier über viele Lücken der Wahrnehmung und des Bewusstseins hinweg, gaukelt uns ein geschlossenes Weltbild vor. Dafür könnte man dutzende alltägliche Beispiele anführen, insbesondere neurologische und psychologische “Störungen”.

          Das Rätsel der phänomenalen Bewusstseinsinhalte (Qualia) liegt – nach meiner Überzeugung – nicht in den Hirnprozessen der Wahrnehmung und des Bewusstseins, also in der Welt der subjektiven Phänomene, sondern schon in der Welt der objektiven Erscheinungen, als Farben oder Töne. Deshalb bleibt das Rätsel der Qualia ungelöst, wogegen die Funktionalität des Bewusstseins lösbar erscheint!

          • Herr Reutlinger, Ihre Welt #2 bleibt mir unverständlich. Unter „objektiven Erscheinungen“ kann ich mir nichts vorstellen. Unter einem Ding-an-sich witzigerweise schon, das ist eben das, was den Erscheinungen zugrunde liegt, wobei Erscheinungen deshalb so heißen, weil da etwas im Bewusstsein aufscheint.

            Mir scheint, Ihre „objektiven Erscheinungen“ sind das, was wahrgenommen würde, wenn es keine biologischen Beschränkungen gäbe. Also gewissermaßen von einem allwissenden Geist.

          • @Balanus;
            Mit “Erscheinungen” meine ich insbesondere die physikalischen Wechselwirkungen, also z.B. gravitative, magnetische und elektrische. Diese Erscheinungen werden über die Nervensignale in die phänomenalen Inhalte des Bewusstseins transformiert, also von der Außenwelt in unsere Innenwelt. Dabei treten selbstverständlich Gesetzmäßigkeiten auf, die uns das verlässliche Bild der Welt vermitteln. Die Transformationen und Gesetzmäßigkeiten sind im Verlauf der biologischen Evolution oder Phylogenese entstanden. Dass wir Gegenstände wahrnehmen, ist ein Produkt der Hirnentwicklung im Verlauf der Embryogenese, durch Vergleich von Signalen und Feststellung von Ähnlichkeiten. Dass wir Gegenstände identifizieren, kategorisieren und mit Begriffen benennen, ist ein Produkt der Ratiogenese in der Kindesentwicklung.

            Enzyme und Rezeptoren sind hochkomplexe Moleküle, die spezifisch auf andere Moleküle als Substrat oder als Transmitter reagieren. Hier findet biologisch ein Vergleich und eine Entscheidung oder eine Filterung statt, die uns in der Gesamtheit der Vergleichsoperationen im Gehirn phänomenal bewusst wird! Ein Filter – z.B. im Prozess der Wahrnehmung – hat immer zwei Seiten, die Seite der durchgelassenen und die Seite der abgewiesenen Objekte. Nur eine der Seiten wird sichtbar oder bewusst. Dabei ist der Informationsgehalt der beiden Seiten stark asymmetrisch.

            Ein Gegenstand ist immer nur auf der Vorderseite sichtbar. Nur durch die Integration der verschiedenen, über die Zeit erinnerten Perspektiven haben wir ein Bewusstsein für Gegenstände. Für die Überlebensfähigkeit sind gewisse Übereinstimmungen zwischen Außenwelt und Innenwelt notwendig. Das müssen keine fotografischen Kopien sein. Elektromagnetische Strahlen und Nervensignale sind keine Farben!

          • @Anton Reutlinger

            Physikalische Wechselwirkungen würde ich eindeutig der ersten Welt zuordnen. Das Ding-an-sich ist in meinen Augen (durch meine Spezialbrille gesehen) nichts anderes als ein (zusammenhängender) Haufen physikalischer Wechselwirkungen (insofern unterscheidet sich mein Begriff vom Ding-an-sich wahrscheinlich von dem von Kant).

            Auch der Mensch mit seinem Nervensystem und Gehirn kann als ein Haufen physikalischer Wechselwirkungen verstanden werden, wobei bei „Lebewesen“ ganz allgemein noch eine gewisse Dynamik hinzukommt. In diesem System oder Szenario ist kein Platz für „Erscheinungen“,

            »die über die Nervensignale in die phänomenalen Inhalte des Bewusstseins transformiert [werden], also von der Außenwelt in unsere Innenwelt.«

            Die spezifische dynamische Organisation und Struktur der physikalischen Wechselwirkungen im Bereich des Gehirns verschafft uns irgendwie (auf völlig rätselhafte Weise) das bewusste, phänomenale Erleben. Von einer Art „Transformation“ würde ich hier also nicht sprechen wollen.

  23. »Man wäre damit ziemlich nahe an der klassischen Berufsethik der Wissenschaftler: Suche nach Wissen um des Wissens willen.«

    ‘Wissen um des Verstehens willen’ trifft es vielleicht eher. Zwar ist ‚Wissen‘ hier vermutlich ist so gemeint, dass ‚Verstehen‘ mit eingeschlossen ist, aber dass Wissen nicht gleich Verstehen ist, dürfte jedem Lehrer geläufig sein.

    Und je mehr der Mensch versteht, desto eher kann er Nutzen daraus ziehen. Der mögliche zukünftige Nutzen mag dem einzelnen Grundlagenforscher zwar nicht wichtig sein, aber für die Rechtfertigung der Finanzierung der Grundlagenforschung ist es schon von Bedeutung.

  24. @Paul Stefan

    “Sie könnten Ihre Erkenntnisse z.B. uns mitteilen, dass wäre aus meiner Sicht schon Nutzen genug. Hier lesen ja einige mit.”

    Ja schon, ich habe halt im Kopf gehabt, was ich alles meinte, daß ich im Moment tun müßte, und dazu reicht’s halt jetzt nicht. Und: es gab schon Zeiten (ist nicht lange her), da war es mir auch nicht möglich, anderen etwas mitzuteilen, da hatte ich die Arbeit am Blog eingestellt.

    “Etwas von anderen Menschen zu lernen, scheint mir von einer anderen Qualität zu sein, als die übliche Funktionalität (die nicht herabgesetzt werden soll) menschlicher Tätigkeit.”

    Das kommt mir auch so vor, aber ich könnte es nicht begründen. Fällt Ihnen etwas dazu ein?

    Cicero-Zitat: Sie haben mundus nicht mit Welt, sondern mit Natur übersetzt. Warum?

    “Suche nach Wissen um des Wissens willen. … Eigentlich ist es die einzig ehrliche Begründung für Grundlagenforschung. “

    Man darf das aber nicht zu dünn verstehen. Ich habe eine Zeitlang gegenüber den Nutzen-Ideologen und Politaktivisten immer gesagt: Ich mache das, weil es mir Spaß macht. Das meine ich mit “dünn”, da bin ich den Ideologen der Spaßgesellschaft auf den Leim gegangen. Die Suche nach Wissen um des Wissens willen muß einen anderen Rang haben. Ein Leben, das sich der Grundlagen-Wissenschaft widmet, müßte von gleichem Rang sein wie ein fraglos und unüberbietbar gutes Leben, so ein Mutter-Theresa-Leben. Da sagen ja auch etliche: was soll’s, Leuten in den Slums zu helfen, die sind sowieso verloren. Aber die Hilfe für einen Menschen, und sei er noch so unbedeutend, ist ein Endpunkt, da darf nicht mehr nach einem weiteren Nutzen gefragt werden. Und so, denke ich, darf bei der Grundlagenforschung von vornherein nicht nach einem Nutzen gefragt werden.

    Das ist die klassische Auffassung unter den Wissenschaftlern gewesen. Ich kann sie für mich aber nicht so recht begründen, das mit der 3. Welt des “ewig” gültigen scheint mir ein Weg zu sein, den man mal versuchen könnte. (ich verstehe den Unterschied nicht, den oben @slash zwischen “ewig” und “zu aller Zeit” gemacht hat; bezieht sich “ewig” im Kantschen Sinne uf die intelligible Welt und “zu aller Zeit” auf die empirische?)

    Allerdings: Ich weiß nicht, ob man seit der Atombombe noch so arglos von “Wissen um des Wissens willen” sprechen kann.

    • “Cicero-Zitat: Sie haben mundus nicht mit Welt, sondern mit Natur übersetzt. Warum?”

      Gute Frage, ich habe die Übersetzung abgeschrieben (Klaus Thraede, Reclam-Verlag, 1995) und bei diesem Wort nicht noch einmal nachgedacht. Mundus meint sicherlich Kosmos, also auch die Natur, das Ganze eben. Vermutlich hat Thraede “Welt” nicht benutzt, weil man den Begriff heute vom Weltall unterscheidet und eher auf unsere Menschenwelt bezieht.

      Zu Ihren weiteren Fragen oder Probleme muss ich erst noch einmal nachdenken, um meine “Ahnungen” zu konkretisieren.

    • @Trepl

      “ewig” impliziert, dass etwas auch zu einem Zeitpunkt vorhanden ist, zu dem kein Mensch (oder sonstiges Zeit wahrnehmendes Wesen) vorhanden ist. Ich sage aber: Falls es keinen Menschen (oder sonstiges Zeit wahrnehmendes Wesen) gibt, dann gibt es auch keine Zeit. Damit gibt es auch keinen Zeitpunkt. Vorausgesetzt, dass der Mensch (oder ein sonstiges Zeit wahrnehmendes Wesen) nicht in jedem Zustand des Universums existiert, gibt es Zustände des Universums, die nicht zeitlich wahrgenommen werden. Es wäre unsinnig ein Wort wie “ewig” zu benutzen, das einen Zeitraum beschreibt, in dem es keine Zeit gibt, was an sich ja schon paradox ist, da es in dem Fall gar keinen Zeitraum gibt.

      “zu jedem Zeitpunkt” zu sagen ist dagegen sinnvoll, da dies die direkte Verknüpfung der Existenz von Zeit und der Existenz von Zeit wahrnehmenden Wesen berücksichtigt.

      Vielleicht hilft ein Vergleich, um zu zeigen, was ich meine: Man würde es auch als unsinnig empfinden, wenn jemand sagt, dass etwas ewig rot, blau oder schwarz ist. Schließlich sind Farben eine Wahrnehmung (Quale). Ohne jemanden, der sie wahrnimmt, existieren sie auch nicht. Zeit ist auch nur ein solcher subjektiver Erlebnisgehalt (Quale).

      • @ slash

        “Es wäre unsinnig ein Wort wie “ewig” zu benutzen, das einen Zeitraum beschreibt, in dem es keine Zeit gibt …”

        Hmm; Gott ist “von Ewigkeit zu Ewigkeit”, oder so ähnlich. Gott ist aber als etwas gedacht, das nicht in der Zeit ist (das die Zeit als “Form der sinnlichen Anschauung” – oder so ähnlich – nicht hat), und Formulierungen wie “von Ewigkeit zu Ewigkeit” sollten wohl genau dies ausdrücken. Paßt das zu Ihrem Gedanken?

        “Zeit wahrnehmen” kommt mir schief vor. Wir nehmen Zeit nicht wahr, sondern alles, was wir wahrnehmen, nehmen wir in der Zeit wahr.

      • Die Zeit existiert sehr wohl unabhängig davon, ob es Instanzen gibt, welche sie wahrnehmen (zum Einen, weil es den Raum unabhängig von der Existenz dieser Instanz gibt; zum Anderen, erstens: weil es einen Zeitpunkt gegeben haben muss, in dem das Universum zwar noch nicht existierte, aber seine Existenz als unumgängliche Entwicklung der Zukunft…determiniert gewesen ist…zum Anderen, zweitens: weil es einen Zeitpunkt geben wird, in dem das Universum nicht mehr existent sein wird, seine Existenz aber, unabhängig von der Existenz beliebiger Instanzen, als unauslöschliche Tatsache und in alle Ewigkeit, in der Vergangenheit liegen wird.

    • @slash

      »Zeit ist auch nur ein solcher subjektiver Erlebnisgehalt (Quale).«

      Kann man das wirklich so sagen? Ich für meinen Teil erlebe keine Zeit, zumindest nicht so, wie ich Töne, Farben, Wärme oder Schmerzen erlebe.

      • Sie erleben Töne nicht so wie Farben und Wärme nicht so wie Schmerzen. Zeit erleben sie nochmal anders. Woher können Sie wissen, dass es sich mit Zeit anders verhält? Was an Zeit anders ist, ist, dass wir uns keine andere Wahrnehmung ohne sie vorstellen können. Ändert das etwas daran, dass sie reine Wahrnehmung ist?

        • @ slash
          Trepl: “Wir nehmen Zeit nicht wahr, sondern alles, was wir wahrnehmen, nehmen wir in der Zeit wahr.”

          Sowohl Töne, als auch Farben, als auch alles, was wir wahrnehmen.

          • Nur, weil wir alles, was wir wahrnehmen, in der Zeit wahrnehmen, heißt das nicht, dass Zeit nicht doch auch nur eine Wahrnehmung ist: eine Wahrnehmung, die alle anderen Wahrnehmungen begleitet.

          • Es kann aber auch sein, dass Zeit das einzige ist, was wahrgenommen wird, oder dass Zeit die einzige Wahrnehmungsebene ist. Es kann auch sein, dass die Zeit mit der Wahrnehmung gar nichts zu tun hat, dass sie von der Wahrnehmung unabhängig ist.
            Vielleicht existiert ausschließlich die Zeit und das, was wahrgenommen wird, ihre Erscheinungsformen sind?
            Soll ich weitermachen?

        • Außerdem: eine Wahrnehmung benötigt die Wahrnehmende Instanz (sonst könnte sie nicht wahrgenommen werden, wäre keine “Wahrnehmung”). Es wurde am 20.12.2015 um 5:55 Uhr gezeigt, dass Zeit unabhängig von der Existenz der wahrnehmenden Instanz existiert und dass Zeit sogar unabhängig von der Existenz als solcher existiert. Zeit ist daher keine Wahrnehmung.
          Kann als Beweis wahrgenommen werden
          Gruß
          mz

  25. “Und es gibt Situationen im Leben, in denen man mit dem Gedanken der dritten Welt offenbar etwas anfangen kann, z. B. die Situation, in der ich darüber klagte, daß ich in der Welt nichts mehr bewirken kann. Da fragt man sich, ob es nicht denkmöglich oder denknotwendig sein könnte, daß etwas von einem Wert ist, den es nicht erst durch seine Funktionalität für anderes erhält.”

    Sie könnten Ihre Erkenntnisse z.B. uns mitteilen, dass wäre aus meiner Sicht schon Nutzen genug. Hier lesen ja einige mit. Sie sind ein äußerst scharfer Denker, von dem man noch viel lernen kann. Etwas von anderen Menschen zu lernen, scheint mir von einer anderen Qualität zu sein, als die übliche Funktionalität (die nicht herabgesetzt werden soll) menschlicher Tätigkeit.

    “Der Mensch aber ist erschaffen, die Natur zu betrachten und zu imitieren” (“Homo autem ortus est ad mundum contemplandum et imitandum”) Cicero, De natura deorum, II, 37.

    Ich habe die lateinischer Version angeführt, damit klar wird, das erschaffen hier nicht im christlichen Sinne einer Schöpfung gemeint ist. “entstanden/geboren” ist wörtlich korrekter übersetzt.

    “Suche nach Wissen um des Wissens willen. Das will heute keiner mehr hören. Aber was ist daran falsch?”

    Nichts. Eigentlich ist es die einzig ehrliche Begründung für Grundlagenforschung. Wenn man dafür bezahlt werden möchte, wird’s leidig. Dann muss der Wissenschaftler sich vor der Gesellschaft, der Politik, dem Finanzauschuss, den Beamten etc. verantworten und oft verrenkt man sich, um die Relevanz der eigenen Forschung nachzuweisen.

  26. Immer wieder wird in diesem Artikel geschrieben, dass etwas ewig wahr sei. Wie kann etwas ewig wahr sein? Zeit ist etwas in die Welt hineingedachtes, ihre physikalische Existenz ist zumindest unsicher. Ich halte es demnach für falsch, zu behaupten, dass etwas “ewig” wahr sei. Der Wahrheitsgehalt von Aussagen wie 1+1=2 hat nur im (zeitlichen) Denken eine zeitliche Dimension. Diese Zeitlichkeit wird dieser Wahrheit von außen zugeschrieben. Es ist die falsche Annahme, dass sich die Welt an sich durch menschliche Begriffe beschreiben ließe, die sich hier einschleicht. Das ist natürlich allzu menschlich und ist praktisch auch teilweise notwendig. Das sollte aber nicht dazu führen, dass etwas in menschliche Begriffe gequetscht wird, an Stellen, an denen es zu keinem Erkenntnisgewinn führt. 1+1=2 ist zu jeder Zeit wahr, aber nicht ewig.

    • @ slash :

      Wahrheit gibt es in tautologischen Systemen, bspw. in der Mathematik und in bestimmter Philosophie, wenn diese den Eigenschaftswert ‘wahr’ pflegen und Beweisführungen auf Grund bestimmter Axiomatiken erlauben.

      1+1=2 ist zu jeder Zeit wahr, aber nicht ewig.

      “1+1=2” ist also bei geeigneter Belegung der verwendeten Konstanten (‘1’, ‘2’) und des Zuweisungs- bzw. Vergleichsoperators ‘wahr’, wenn ein dbzgl Eigenschaftswert einer Aussage, nämlich ‘wahr’, bereit steht.
      Er ist im beschriebenen Bezugsrahmen “für alle Zeiten” oder ewig ‘wahr’, solange dieser Bezugsrahmen gepflegt bleibt.
      Soll heißen: Es kann auch andere Mathematiken (“Künste des Lernens”) geben, die anders hantieren, andere Definitionen und Literale pflegen.

      Beim auch im WebLog-Artikel Geschilderten geht es also um ein formale Systeme, die immer wahr zu bleiben haben, solange sie gepflegt werden.
      Die Welt 3 ist insofern ein “heißes Eisen”.

      Im Politischen hat Wahrheit eine andere Bedeutung, sie meint in der Regel Richtigkeit auf die Erhebung von Daten bezogen oder sittliche Richtigkeit.
      Im (Natur-)Wissenschaftlichen meint die Wahrheit oft die Näherung an das, was ist, an das, was weltlich geschieht, im übertragenden Sinne die Wahrhaftigkeit.
      Wobei im Naturwissenschaftlichen der philosophische Skeptizismus sozusagen gewonnen hat, es wird naturwissenschaftlich mit Provisorien gearbeitet, mit Theorien oder Theorienzusammenhängen, von denen ausgegangen wird, dass sie beizeiten falsifiziert werden, dass sie ein bestimmtes Verfallsdatum haben.
      Im Sittlichen könnte es in eine ähnliche Richtung gehen, wobei aber einige das Sapere Aude oder die Aufklärung, die Individuen in den Vordergrund setzend, auch im Humanistischen und über sogenannte Menschenrechte, als letztlich sinnhafterweise gesetzt verstehen, hier auch wenig Flexibilität und Humor zeigen.

      MFG
      Dr. W

      • Wenn ich 1+1=2 schreibe, meine ich natürlich nicht diese Zeichenkette, sondern das, was sie repräsentiert. Wenn man die Definition ändert, repräsentiert die Zeichenkette etwas anderes. Das ursprünglich repräsentierte ist aber unabhängig von irgendwelchen anderen Definitionen wahr. Es ist auch niemandem möglich, bei gleichbleibenden Definitionen zu einem anderen Ergebnis zu kommen, als dass 1+1=2 wahr ist.

        • Eine Ziege plus ein Ziegenbock sind zwei Ziegen. Nach einigen Monaten Wartezeit sind es wahrscheinlich drei Ziegen. Ein Poloniumatom plus ein Poloniumatom sind zwei Poloniumatome. Schon nach wenigen Sekunden können es null Poloniumatome sein.

          Logik und Mathematik haben ihre Ursprünge in der Natur. Dass sie sich im Prozess des Denkens verselbständigt haben im Laufe der Kulturgeschichte ist den Gesetzmäßigkeiten der menschlich wahrnehmbaren Natur und der Natur des Menschen zuzuschreiben. Nichts verschwindet spontan im Nichts und nichts entsteht spontan aus dem Nichts. Die Natur dieser Welt richtet sich aber nicht nach der menschlichen Logik, sondern hat ihre eigene Logik, nach der sich der Mensch mit seinem Verstand und seiner Vernunft zu richten hat.

          • Janz jenau, Herr Reutlinger, es sind andere Logiken denkbar und möglich, das Höhlengleichnis war so freundlich hierzu zu erklären.

          • @Reutlinger
            “Die Natur dieser Welt richtet sich aber nicht nach der menschlichen Logik, sondern hat ihre eigene Logik, nach der sich der Mensch mit seinem Verstand und seiner Vernunft zu richten hat.”…oder auch nicht…seine Logik stiftend.
            Wenn man nämlich das Menschliche als einen Topf versteht, in dem die Topfpflanzen gedeihen, welche in einem Topf gedeihen…

          • Die Grundannahme der Logik ist, dass etwas nicht zugleich sein kann und nicht sein kann. Ohne diese Annahme sind alle anderen Annahmen nichts wert. Eine andere Logik bedeutet, dass eine andere Grundannahme getroffen wird. Wenn eine andere Logik denkbar ist, dann nennen Sie, Dr. Webbaer, mir bitte eine andere Grundannahme.

          • ANDERE GRUNDANNAHME ANDERER LOGIK: Ein Ding, wenn es real existieren soll, muss mit sich selbst identisch sein, ist es nicht mit sich selbst identisch, existiert es nicht real.

          • @ slash :

            Die Grundannahme der Logik ist, dass etwas nicht zugleich sein kann und nicht sein kann. Ohne diese Annahme sind alle anderen Annahmen nichts wert. Eine andere Logik bedeutet, dass eine andere Grundannahme getroffen wird.

            Es gibt mehrwertige Logik oder Sprachlichkeit, Schröedinger’s Katze und so, dreiwertige Logik wird zum Beispiel in den Systemen der Datenverarbeitung regelmäßig implementiert.
            Was Herr Zasada zu ergänzen wusste, klang auch nicht un-schlau.
            Wobei andere Logik -dann “Logik”, sie wäre nicht dinglich festzumachen- darin bestehen könnte, dass erkennende Subjekte prozedural Zustände oder Input bearbeiten ohne diese Zustände als Dinge und logisch direkt zu bearbeiten, also irgendwie näherungsweise und für ihr Fortkommen tauglich.

            MFG + frohe Weihnachten schon einmal,
            Dr. W

  27. Hiesige Sicht:
    Es gibt die Außenwelt, die Natur oder das, was ist oder waltet, dann gibt es die Innenwelt erkennender Subjekte, diese Welt steht sozusagen in der Außenwelt, ist von ihr abhängig und könnte Außenwelt für in dieser Innenwelt beherbergte weitere erkennende Subjekte sein. Welten können Welten gebären.
    Dies ist eine alte und nicht falsifizierbare Idee der SciFi.

    Bei der Welt der ‘objektiven Gedankeninhalte’, der Welt 3 beispielsweise, weiß der Schreiber dieser Zeilen nicht so recht, sie sind anscheinend eine Unterwelt der erkennenden Subjekte, also deren Innenwelt, und sie kännen in der Tat wahr sein, für alle Zeiten wahr sein, sofern die Axiomatiken sozusagen stabil sind und der Eigenschaftswert ‘wahr’ gepflegt wird.
    Sie blieben aber in der Innenwelt der erkennenden Subjekte zu pflegen, sofern die keine Stellvertreter entwickeln, bspw. Anlagen der Robotik, eben für die stellvertretende Pflege dieser ‘objektiven Gedankeninhalte’.

    MFG
    Dr. W

    • @Dr. W.

      Vorweg: Mir scheint (im Moment) die Entscheidung für 3 Welten (statt 2) nicht eine Entscheidung für die wahre Sicht gegen die falsche, sondern für eine mögliche Perspektive, die, wie alle, einige Vorteile hat, die aber mit Nachteilen erkauft sind.

      Wenn ich Sie richtig verstehe (besser: errate), dann fragen Sie danach, wie man den Gedanken der 3 Welten in einer konstruktivistischen Sicht unterbringen kann. Unter dieser Sicht verstehe ich (im Moment) die von Maturana, Luhmann usw. her bekannte, nach der ein System sich aus der “Umgebung” herausnimmt, dabei sich (“Innenwelt”) und gleichzeitig die “Umwelt” konstituiert.

      Ich vermute, die 3. Welt müßte hier so etwas Ähnliches sein wie die “Struktur” bei den Strukturalisten oder das Paradigma der Paradigmentheoretiker: etwas, das dem Subjekt (ich weiß nicht, wie das Entsprechende in einer konstruktivistischen Sicht heißen müßte) nicht bekannt ist, das es aber “in der Hand hat”, irgendwelche Strukturen, die im Hintergrund die Aktivitäten des Subjekts (des Systems) lenken. Man muß wohl nur bei Luhmann nachlesen, da steht das mit hoher Wahrscheinlichkeit drin, ein Thema dieses Ranges läßt der nicht aus. Ich erinnere mich aber leider nicht mehr.

      • Lieber Herr Trepl,
        Sie haben’s vielleicht erraten, von dem Konzept der Dritten Welt hält der Schreiber dieser Zeilen dahingehend nicht so viel, als dass es für die Metaphysik besonders genutzt werden kann.
        Die Formalwissenschaften sind sozusagen menschenverursacht, der Mensch steht in der Natur, Herr Reutlinger hat es hier vielleicht nett formuliert.
        Es handelt sich um besondere, um besonders stabile Innenwelt der Erkenntnissubjekte, die Dritte Welt war nicht etwa in der Welt da – bevor es die Menschen gab.

        MFG
        Dr. W (der hier, wie so oft, ganz ähnlich wie jeder fast überall Ausländer ist, natürlich nur interessierter philosophischer Laie ist – dem an dieser Stelle noch ‘Mathematics is the door and key to the sciences.’ einfällt)

        • @ Dr. W.

          Na, über die Metaphysik die uns Herr Reutlinger beibringen möchte, schweigen wir lieber.

          “die Dritte Welt war nicht etwa in der Welt da – bevor es die Menschen gab.”

          Das gilt als gewichtiger Einwand, allerdings kaum mit der metaphysischen Begründung, die Sie geben. Und dennoch: Zwei Dinosaurier, dann kommen noch zwei dazu, und schon waren es vier. Menschen gab es da noch nicht. Das läßt sich nicht so leicht wegdiskutieren, ohne daß man sich den Vorwurf der Sophisterei einfängt. Wie wollen Sie es machen? Daß es halt von heute aus 4 waren, für die Zeit ohne Erkenntnissubjekte ist es sinnlos, so eine Frage zu stellen? Es waren trotzdem 4.

          • Wer entscheidet, dass es echte Dinosaurier waren, keine Pappschilder? Wer entscheidet, dass ähnliche Tierarten keine Dinosaurier sind? Jeder in Biologie halbwegs gebildete Mensch weiß, wie schwierig die Abgrenzung verwandter Tierarten ist. Genauso ist es für alle anderen komplexen Gegenstände der Welt, die obendrein alle eine begrenzte Lebenszeit haben.

            Sie machen unzulässige Vorannahmen, setzen das menschliche Sinnes- und Wahrnehmungsvermögen und gewisse Vorkenntnisse als Erkenntnisbedingungen voraus; das ist pure Metaphysik und Scholastik. Durch eine rosarote Brille oder ein Mikroskop sieht die Welt schon ganz anders aus. Können wir sicher sein, dass wir nicht von einem bösen Geist getäuscht werden? Wir alle tragen eine Brille, die uns von der biologischen Evolution und von der Kultur aufgesetzt wurde. Davon hängen unsere Wahrheiten ab, oder das was wir dafür halten!

          • Nah.

            Die Bestimmung der Anzahl erkannter Gegenstände setzt die Sachlichkeit (“Realität”, “Realismus”) voraus, wie auch bestimmte Lebenslehre (“Biologie”) und wie auch bestimmte Zählweise (“Mathematik”, “Kunst des Lernens”).

            Diese nette kleine NASA-Animation könnte vielleicht beihelfen:
            -> http://apod.nasa.gov/apod/ap120312.html

            Gelebt werden kann in unterschiedlichen Schichten des Seins, der hiesige Josef Honerkamp schrieb insofern von unterschiedlichen ‘Ebenen des Seins’, das bekannte Höhlengleichnis könnte an dieser Stelle vielleicht auch ein wenig lockerer machen, als dass, wenn sich zwei Dinosaurier mit weiteren zwei Dinosauriern treffen, am Schluss vier Dinosaurier vorgefunden getroffen werden müssen.

            Die Welt könnte einer MUH entsprechen und zur Erkenntnis befugte Subjekte könnten mal dieses und mal jenes abnehmen und in der Folge theoretisieren, zu beschreiben und zu erklären suchen und letztlich die Prädiktion wagen.

            Die MUH ist insofern weder falsi- noch verifizierbar und womöglich perfekte Metaphysik.

            Eine Dritte Welt wäre insofern nur besonders dichte Zurückführung auf die Systematik des Erkennens, die aber angeleitet von Erkenntnissubjekten ist, die wiederum unterworfen sind dem, was ist und waltet.

            MFG
            Dr. W

          • Nah.

            Die Bestimmung der Anzahl erkannter Gegenstände setzt die Sachlichkeit (“Realität”, “Realismus”) voraus, wie auch bestimmte Lebenslehre (“Biologie”) und wie auch bestimmte Zählweise (“Mathematik”, “Kunst des Lernens”).

            Diese nette kleine NASA-Animation könnte vielleicht beihelfen:
            -> http://apod.nasa.gov/apod/ap120312.html

            Gelebt werden kann in unterschiedlichen Schichten des Seins, der hiesige Josef Honerkamp schrieb insofern von unterschiedlichen ‘Ebenen des Seins’, das bekannte Höhlengleichnis könnte an dieser Stelle vielleicht auch ein wenig lockerer machen, als dass, wenn sich zwei Dinosaurier mit weiteren zwei Dinosauriern treffen, am Schluss vier Dinosaurier vorgefunden getroffen werden müssen.

            Die Welt könnte einer MUH (“mathematical universe hypothesis”) entsprechen und zur Erkenntnis befugte Subjekte könnten mal dieses und mal jenes abnehmen und in der Folge theoretisieren, zu beschreiben und zu erklären suchen und letztlich die Prädiktion wagen.

            Die MUH ist insofern weder falsi- noch verifizierbar und womöglich perfekte Metaphysik.

            Eine Dritte Welt wäre insofern nur besonders dichte Zurückführung auf die Systematik des Erkennens, die aber angeleitet von Erkenntnissubjekten ist, die wiederum unterworfen sind dem, was ist und waltet.

            MFG
            Dr. W

          • @ Anton Reutlinger

            “Wir alle tragen eine Brille”

            Das mag so sein. Nur was Sie dann machen, diese Brille abnehmen, sich Sand in die Augen streuen und sich daraufhin beschweren, Sie könnten nichts mehr klar erkennen, das scheint mir ohne Sinn und Verstand zu sein.

            “Wer entscheidet, dass es echte Dinosaurier waren”

            Das ist vollkommen egal, aber wenn das mal entschieden worden ist, dann waren auch schon damals 2 Dinos plus 2 Dinos gleich 4 Dinos.

            “wie schwierig die Abgrenzung verwandter Tierarten ist”

            Etwas einfacher als das Zählen von Tieren oder Tierarten könnte das Zählen von Tagen sein. Ein Morgen wäre immer dann zu zählen, wenn sich ein Dino oder ein Tier ähnlicher Art, sich nach dem Schlaf den Sand aus den Augen reibt.

          • @Joker;
            Wie alle Wahrheitsgläubige gehen Sie von einer eindeutig erkennbaren, bewusstseinsunabhängigen Welt aus. Das können Sie nicht begründen, geschweige denn rechtfertigen. Der von Dr.Webbaer angebene Link liefert dazu Argumente.

            Zwei Lebewesen können ganz unterschiedliche Ansichten über die Welt haben. Lesen Sie H.Putnam zum Gedankenexperiment der Zwillingserde. Wenn zwei Gegenstände denselben Namen tragen, bedeutet es noch lange nicht, dass sie gleich sind. Die Gleichheit lässt sich nicht feststellen, sie ist nicht mal möglich, wenn man die Unbestimmtheitsrelation der Quantenphysik einbezieht. Was als Wahrheit über die Welt akzeptiert wird, ist eine rein pragmatische Wahrheit, die für das Leben des Menschen in vielen Fällen ausreichend ist. Der Philosoph gibt sich damit nicht zufrieden.

            Die Gegner des Relativismus laufen ins Leere, weil Relativität der Wahrheit weder Beliebigkeit noch Zweifel noch Falschheit bedeutet. Es bedeutet lediglich, dass Wahrheit immer auf ihre Prämissen bezogen werden muss. Wenn also von Dinosauriern die Rede ist, dann hängt die Wahrheit von 2+2=4 davon ab, wie das Urteil über Dinosaurier zustande kommt, eventuell davon, ob man gerade eine Brille trägt oder nicht.

          • @ Herr Reutlinger :

            Klingt wieder alles zustimmungsfähig, was Sie so schreiben.
            Der Relativismus ist epistemologisch OK und vermutlich einzig sinnhaft [1], allerdings verführt er regelmäßig im Politischen; dem von Herrn Trepl geforderten unbedingten Sollen ist, richtig verstanden, unbedingt zuzustimmen.

            Kommentatorenfreund Joker ist hier ein zäher Knochen, er meint es wohl nicht so, wie er (zurzeit) benachrichtigt, er hat wohl schon grundsätzlich die Phantasie, dass in anderen Mathematiken (keineswegs nur die Notation meinend) “1+1=2” nicht gilt.

            MFG
            Dr. W

            [1]
            ‘Aus Sicht des Systematikers ist eine Aussage zu einer Sache oder zu einem diesbezüglichen Verhalt immer zuvörderst als eine Aussage einer Person(enmenge) zu einer Sache oder zu einem diesbezüglichen Verhalt zu verstehen.’

          • @ Anton Reutlinger, @Chrys, @Balanus

            “Wenn zwei Gegenstände denselben Namen tragen, bedeutet es noch lange nicht, dass sie gleich sind.”

            Das müssten Sie @Chrys sagen, bzw. @Balanus. 2 ist nämlich gar nicht 2; × nicht × und 0 nicht 0, wenn 2 × 2 = 0 ist. (Über das = lässt sich streiten.)

          • @ Joker :

            Die 2 ist die 2, wenn der Mathematik, im übertragenden Sinne der Welt 3 gefolgt wird.
            Der Tisch [1] bspw. aber ist nicht der Tisch, denn der ist ein Gegenstand der Natur, er wirkt nicht direkt distinktiv und zwingend dazu einem Gegenstand die Eigenschaft Tisch zuzuweisen.

            MFG
            Dr. W

            [1]
            Die erste philosophische Schrift, die sich der Schreiber dieser Zeilen, noch als junger Bär, angetan hat, war eine Ausführung Bertrand Russels … über den Tisch und sein Wesen.
            Ein sehr zäher Vortrag, lol, aber auch nachvollziehbar, vielleicht sucht den mal jemand auf die Schnelle heraus (oder kennt ihn ohnehin)?

          • @ Anton Reutlinger

            “Wie alle Wahrheitsgläubige gehen Sie von einer eindeutig erkennbaren, bewusstseinsunabhängigen Welt aus. Das können Sie nicht begründen, geschweige denn rechtfertigen.”

            Da gibt es für mich nichts zu begründen. Ich gehe gar nicht von einer eindeutig erkennbaren Welt aus (und schon gar nicht von dreien). Im Gegenteil, ich bezweifle, dass die Welt eindeutig erkennbar ist. Ich schließe nur nicht aus, dass wir auch schon etwas Wahres herausgefunden haben könnten.

            Komplett ausschließen möchte ich nicht einmal, dass die Welt bewusstseinsabhängig ist, der Solipsismus ist noch nicht widerlegt.

            Nur halte ich das, wie Sie die hier vertreten, jeweils für eine Karikatur des Konstruktivismus und Relativismus. So wie Sie mich nicht verstehen und in der Lage sind, meine Aussagen korrekt zu interpretieren, missverstehen Sie auch die Konstruktivisten und ich fürchte die ganze Welt.

            Wenn Sie sich auf die Aussage festlegen, die ganze Welt (und nicht etwa nur unser Erkennen der Welt) sei bewusstseinsabhängig und kategorisch alle Alternativen ausschließen, dann sind Sie es, der begründungs- und rechtfertigungspflichtig ist.

            Wenn Sie zugestehen, dass in einem bestimmten axiomatischen und zeitunabhängigen Kontext die Aussage 2 a + 2 a = 4 a wahr ist für alle a, dann sind sie darauf verpflichtet diese Aussage in diesem Kontext immer für wahr zu halten. Wenn Sie mathematische Axiomensysteme für zeitabhängig halten, dann müssten sie beispielsweise schreiben 2 a + 2 a =(t) 4 a; fur alle a und für t = 17.12.2015. Wollen Sie das?

            Immer möglich, wie Dr. Webbaer vorschlägt, ist es natürlich auch, die Logik zu suspendieren.

            “Die Gleichheit lässt sich nicht feststellen, sie ist nicht mal möglich, wenn man die [B]estimmtheitsrelation der Quantenphysik einbezieht.”

            Falls Sie damit recht hätten, dann könnte man sich nicht unterhalten, nichts ließe sich unter einen Begriff subsumieren, sprechen wäre nicht möglich. Vielmehr scheint es doch so, dass trotz aller Unbestimmtheit und Vagheit sich sowohl Identitäten, geformt als raumzeitliche Integrale, als auch Ähnlichkeiten zwischen diesen bestimmen lassen und sinnvolle Kommunikation möglich ist. Wenn auch nicht immer, und nicht mit jedem.

          • @ Joker :

            Immer möglich, wie Dr. Webbaer vorschlägt, ist es natürlich auch, die Logik zu suspendieren.

            Gerne präzise bleiben, es stand geschrieben: zu relativieren.

            MFG
            Dr. W

          • PS @ Joker :

            Ich schließe nur nicht aus, dass wir auch schon etwas Wahres herausgefunden haben könnten.

            Dies könnten Sie insofern ausschließen wollen, weil Systemteilnehmer (vs. Systembetreiber, das Zusammenhängende, das System, könnte bis müsste durch die Welt ersetzt werden können) schlicht nicht in den Welt-Betrieb Einschau gewinnen können, definitorisch nicht.

            Es gilt insofern ganz un-verschwitzt oder cool festzustellen, dass da etwas ist, dass die Welt betreibt oder waltet und kein dbzgl. Zugriff durch erkennende Subjekte möglich ist oder möglich sein kann.
            Albert Einstein war insofern dem Pantheismus zugeneigt, dass der Kosmos (“Ordnung”) eins ist mit der Natur.

            Insofern hegt Opi Webbaer auch die Hoffnung, dass nach dem Ableben noch etwas sein könnte, das zumindest in einem Schulterklopfen, einem “Haste gut gemacht” und einem Applaus enden könnte, bevor in andere Welt geschickt wird,

            ‘Hoffnung’ war natürlich absichtlich falsch formuliert, irgendwann muss ja auch mal Schluss sein, der Gedanke (insbesondere sich womöglich ergebenden Applaus betreffend – sofern danach wirklich Schluss ist) dagegen gefällt.

            MFG
            Dr. W

          • @ Dr. Webbaer

            “Dies könnten Sie insofern ausschließen wollen”

            Nein, ich will dies nicht ausschließen.

            Zwischen ‘Wahres herausfinden’ und ‘Wahres als wahr erkennen’ ist ein Unterschied. So könnte es ja – rein hypothetisch – wahr sein, immer und überall, dass 2 + 2 = 4 ist. Und es könnte sein, ganz sicher ist ja auch das nicht, dass wir bereits herausgefunden haben, dass 2 + 2 = 4 ist. Ob wir das als wahr, und zwar immer und überall, erkennen können, ist eine andere Frage, die Kommentare hier belegen: wohl eher nicht.