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Geheimdienste dürfen jetzt Gehirne auf Terrorabsichten durchsuchen

1. September 2017 

Berlin (red.): Auf Betreiben von Innenminister Schäumer hat der Bundestag das Gehirndurchsuchungsgesetz verabschiedet. Ab sofort dürfen Geheimdienste in den Köpfen Terrorverdächtiger zerstörerische Gedanken suchen. Dazu werden Hirndurchsuchungsantennen auf öffentlichen Gebäuden angebracht.

Ein richterlicher Hirndurchsuchungsbefehl, den Menschenrechtsgruppen gefordert hatten, ist nach dem neuen Gesetz nun nicht mehr nötig. „Das dauert einfach zu lange“, so Innenminister Schäumer. „Bis der Durchsuchungsbefehl da ist, denken die Terroristen schon wieder an ganz etwas anderes. Aber mich interessiert, was diese Menschenrechtsleute eigentlich den ganzen Tag denken.“

Kürzlich haben Neurowissenschaftler eine Methode entwickelt, die Hirnaktivität eines Menschen von weitem und unbemerkt zu messen. Das war die Geburtsstunde der Hirndurchsuchungen.

Verfahren zur Erkennung terroristischer Gedankenmuster: In einem Pilotversuch konnten Wissenschaftler beispielsweise Gedankenmuster für Bälle, Bomben und Ballons auf mehrere Meter Entfernung voneinander unterscheiden.

„Es gibt ein typisch terroristisches Muster im Gehirn“, so der Hirnforscher Horst Brein. Im Stirnlappen feuern die Neuronen explosionsartig, wenn jemand terroristische Gedanken hegt. „Das einzige Problem ist, dass wir die Hirnzustände bei Verliebten und bei Tischtennisspielern nicht richtig von denen bei Terroristen unterscheiden können. Aber das schaffen wir auch noch.“


Thorsten Moos, Evangelische Akademie Sachsen-Anhalt e.V.Ein Gastbeitrag von Thorsten Moos, Studienleiter für Naturwissenschaft und christliche Ethik an der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt e.V.

Dort fand kürzlich die Tagung Der Verkabelte Geist statt, bei der es um die ethischen Implikationen der Hirnforschung ging.

Fotovorlage: © Elektroniksupersonik (Tino) / PIXELIO

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8 Kommentare

  1. @Schleim

    Hallo,
    die Ausagekraft der Playliste des IPod.
    Psycho rules Neuro?

    Oder die Ausage des Brennwerts sagt nichts über den Nährwert (Holz Bensin contra Fett und Schokolade).

    Ich denke mal grundsätzlich ist die Voratsdatenspeicherung aussagekräftiger und die aktuellere Gefahr.
    Vielleicht irre ich mich ja, aber ich halte den Schluss, vom Rechenergebniss und der Hardware, ohne Berücksichtigung der Software, auf den Vorgang schließen zu wollen für voreilig.

    Das negiert natürlich nicht grundsätzlich eine
    ehtische oder phylosophische Beschäftigung mit dem Thema. Also weiter so.

    Gruß Uwe Kauffmann

  2. @Vorratsdaten & Tagebücher

    Hallo Herr Kauffmann,

    natürlich sprechen Sie da einen sensiblen Punkt an und deshalb sind der Datenschutz und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung auch wichtig.

    Ein entscheidender, auch philosophisch wichtiger Unterschied ist aber, beim Abspielen Ihres IPods, beim bestellen Ihrer Bücher im Internet oder auch beim Schreiben des Tagebuchs haben Sie immer noch eine Möglichkeit, eine Wahl zu treffen, welche Information über sie gespeichert wird (im Extremfall müsste man eben entscheiden, sich dem zu entziehen); die Frage wäre, ob man sich dem Gedankenlesen in ähnlicher Weise entziehen könnte.

    Es darf spekuliert werden.

    Viele Grüße

    Stephan Schleim

  3. @Schleim

    Hallo Herr Schleim,
    ich persöhnlich würde dann wohl zum Störsenderhutträger werden. Vielleicht kann man ja auch Meditationstechniken entwickeln um nicht so ganz durchsichtig zu werden.

    Aber mal Spass beiseite, ich denke alein das Internet, wird die Kultur in den Gesellschaften
    und den Umgang untereinander, in den nächsten dreißig Jahren so verändern, das das meine und auch Ihre Generation nicht für möglich gehalten
    hätte.
    Die Neurowissenschaften und die Psychologie sollten uns helfen, einen Schritt in der Entwicklung zum besseren Selbstverständniss, als Menschheit und Mensch, zu gehen.
    Es wäre auch einmal Zeit ein paar alte Zöpfe abzuschneiden, deren Grundlagen sehr alt sind und die trotzdem tief im menschlichem Brainnom sitzen.
    Ich sehe Neurowissenschaften erst einmal als eine Option, mehr über uns zu lernen.

    Ich denke einmal das da vor allen die eigene Privatsphäre und die Sphäre in der ich vor mir selber privat bin in Gefahr geraten.
    Was will man dan auch scannen,das ganze Gehirn?

    Nähmen wir an wir würden einen Verdächtigen, bei einem Verhör, mit allen möglichen Inhalten, gewonnen zwischen botomup und topdown, füttern um die Wahrheit(?), aus Ihm heraus zu bekommen.
    Diese Informationen lassen sich aber nur Topdown einfüllen. Was passiert also mit einem
    neuronalem Netzwerk und dessen Psyche, wenn Informationen topdown einsickern, die so in den einzelnen Schichten nicht hingehören?

    Ist das dann Persöhnlichkeitsverletzung? Wer bezahlt die Therapie und eventuelle Folgekosten?

    Das Feld ist groß, das Feld ist weit und militärische Förschung, rieht oft nach Dümmlichkeit.

    Gruß Uwe Kauffmann

    Gruß Uwe Kauffmann

  4. @ Kauffmann: Über den Menschen lernen

    Hallo Herr Kauffmann,

    ich gebe Ihnen Recht, dass man nicht nur die Risiken, sondern auch die Möglichkeiten der Neurowissenschaften sehen soll.

    Oft wird aber übersehen, dass die Neurowissenschaften aus sich heraus gar nicht normativ argumentieren können; ich denke, man kann einfach nur vorgeben, was z.B. das “gute” Gehirn sein soll und dann die Neurowissenschaftler bitten, einem die Faktoren zu nennen, die dazu führen.

    Etwas über den Menschen zu lernen zu wollen durch Hirnforschung, auch dafür muss man ein Argument haben.

    Viele Grüße

    Stephan Schleim

  5. @Schleim

    Hallo,
    meinen Sie gute Argumente wegen der Vergabe von Forschungsmitteln?
    Grundlagenforschung sollte primär frei sein von
    deren wirtschaftlicher Anwendung.

    Da schlingere ich aber in ein anderes Thema ab.
    Legitimation und/oder Begrenzung von geistigem Eigentum.

    Ich sage dazu nur Eigentum verpflichtet.

    Was wäre zum Beispiel wenn Monsanto dazu verpflichtet werden würde, ihre patentierten Gene, aus der Ümwelt zu entfernen? Bis dato nutzen sie die Tatsache das sich Ihre Patente, in den klasischen Zuchtbestand einkreuzen, nur dazu um Bauern mit Klagen zu überziehen.
    In einem solchen Falle blieben von einem Multi, nur noch ein großer Haufen Entschädigungsschecks übrig.
    Wissenschaft im allgemeinen kann sich nicht frei von Normativen Werten sprechen, da sie in ein Normative forderndes Umfeld arbeitet.
    Sie kommt auch aus der selben! Siehe die Entwicklung der Atombombe.
    Beim Gedankenlesen wäre dann wohl Osama Bin Laden, der Hitler der alles rechtfertigbar macht.
    Aber nun werde ich politisch und ich denke mal , das jetzt erst mal der Hund dran ist.

    Gruß Uwe Kauffmann

  6. @ Kauffmann: Normativ und Deskriptiv

    Natürlich findet die Wissenschaft in einem bestimmten politischen und normativ Geprägten Umfeld statt. Dennoch behaupten Wissenschaftler oft, ihr Geschäft sei rein deskriptiv.

    Ich denke einfach, man muss die Linie möglichst klar ziehen und vor allem dort, wo es um Spekulation geht, seine Vorannahmen ganz klar und deutlich formulieren.

    Beispiele, die das nicht machen, finden sich doch in der Debatte um die Willensfreiheit, das Menschenbild und, nunja, eben auch bei Lügendetektion und Gedankenlesen.

  7. @Schleim

    Hallo,
    sehr elegant ausgedrückt. Im logisch sprachlichem und philosophischem Sinne mag es so etwas wie eine desgriptive Aussage ja geben.

    Ich denke aber im neuropsychologischem Sinne, kann man die Trennung einer beschreibenden oder
    festlegenden Aussage so nicht treffen.

    Gehirne funktionieren aber geben keine Funktionen von sich. Eine eineindeutige Aussage gibt es in der Mathematik, sie kann auf einem Stück Papier stehen.

    Meiner Meinung nach wird es auch wirklich erst gelingen eine vernünftig funktionierende Hirnsimulation zu programieren, wenn man die Mathematik dazu benutzt, mit der man jetzt versucht Quantenprozesse zu beschreiben.

    Gruß Uwe Kauffmann

  8. @ Kauffmann: neue Mathematik

    Ja, und Forscher wie Wolf Singer sagen ja manchmal auch, man brauche noch die richtige Mathematik, um die Hirnfunktion wirklich gut zu beschreiben.

    Ob allerdings die Quanten dabei eine Rolle spielen werden, das sei mal dahin gestellt…

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