Das soziale Leben der Tyrannenechsen

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Über die Probleme, das Verhalten und die Lebensweise ausgestorbener Tiere wie zum Beispiel der Dinosaurier zu erforschen, hatte ich ja schon geschrieben. Denn schließlich kann man da ja nicht einfach wie bei heute lebenden Tieren mit der Kamera und Notizbuch losziehen.

Obernkirchen - Dinospur
Trittsiegel eines dreizehigen Theropoden, allerdings aus der Unterkreide von Obernkirchen, Deutschland. Eigenes Foto, CC-Lizenz

Im Fall des allseits beliebten Tyrannosaurus rex führt das unter anderem zu der Debatte, ob er ein aktiver Jäger war oder ein reiner Aasfresser. Das ist alleine aus dem Skelett schwer zu entscheiden, denn das könnte ohne Probleme auf beides hindeuten. Manchmal hat man ja als Paläontologe etwas Glück, und besondere Funde offenbaren etwas über die vergangene Welt, fast so als wenn sich kurzzeitig ein kleines Fenster geöffnet hätte. Der Zahn im Schwanzwirbel war ein gutes Beispiel dafür. Hier hatte wohl tatsächlich ein Tyrannosaurier einen lebenden Hadrosaurier angegriffen und gebissen. Aber damit sind wir ja noch lange nicht am Ende mit unseren Fragen. Denn von einigen Sauriern vermuten wir ja aufgrund verschiedener Funde, dass sie durchaus in sozialen Gruppen gelebt haben könnten.
Aber wie sieht das bei den Tyrannosauriern aus? Waren sie die großen Einzelgänger, immer missmutig gegenüber ihren Artgenossen (natürlich bis auf bestimmte Zeiten)? Ein einsamer König in einer längst untergegangenen Savanne? Es mag uns Menschen vielleicht so erscheinen, als wenn ein so großes und starkes Raubtier keine Unterstützung benötigen würde, aber auch die Löwen als Top-Raubtiere in der afrikanischen Savanne leben in Gruppen. Und unter bestimmten Umständen kann auch ein großes und starkes Raubtier von der Kooperation mit Artgenossen profitieren. Man kann, zum Beispiel, sehr große oder sehr wehrhafte Beute nieder ringen und dabei gleichzeitig das eigene Risiko minimieren. Oder bei kleiner und flinker Beute mit einer Treibjagd erfolgreich sein.

Daspletosaurus torosus pair.jpg
Zwei Daspletosaurier in einem Diorama am Canadian Museum of Nature. PhiveKali (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Daspletosaurus_torosus_pair.jpg), „Daspletosaurus torosus pair“, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/legalcode

 

Wie dem auch sei, wir können nicht einfach hingegen, und sie in ihrem Lebensraum beobachten. Manchmal werden die Überreste mehrerer Exemplare in räumlicher Nähe zueinander gefunden. Das könnte dann Nahe legen. Dass hier eine soziale Gruppe gemeinsam ums Leben kam. Das gilt ganz besonders für Fälle, wo nur die Reste einer einzigen Spezies alleine gefunden wurden. Das schließt dann nämlich natürliche fallen wie Moore und dergleichen aus, in die dann die einzelgängerischen Individuen zu unterschiedlichen Zeiten geraten wären. Da es zum Tyrannosaurus derartige Funde gibt, wurde ein Rudelleben zumindest in Betracht gezogen.

Und wieder kam der Zufall den Forschern ein wenig zur Hilfe. Es gibt nämlich einige wenige Fälle, in denen sich kurze Bilder des damaligen Lebens erhalten haben. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn Fußabdrücke gefunden werden. Ganz besonders natürlich, wenn es nicht einzelne Trittsiegel sind, sondern ganze Bewegungsbilder, aus denen man unter anderem Schrittlänge und Geschwindigkeit ablesen kann. Und genau so ein Fall befindet sich in der Wapiti Formation (Oberkreide, oberes Campan bis unteres Maastricht) in British Columbia. Etliche Trittsiegel stammen von Hadrosauriern und kleinere Theropoden, aber drei Spuren von drei verschiedenen großen Theoropoden. Die Größe der Siegel deutet auf größere Tyrannosaurier hin (das kann, aber es muss nicht T rex sein, es kommen in diesem Fall eher Gorgosaurus oder Albertosaurus, möglicherweise auch Daspletosaurus in Frage).
Das interessante an den Spuren ist aber, dass die drei nicht wahllos herumvagabundierten, sondern alle drei Spuren direkt nebeneinander verlaufen und fast zeitgleich entstanden . Die drei Tyrannosaurier gingen exakt zur selben Zeit in die selbe Richtung und hielten dabei einen guten Abstand zu ihrem Nachbarn. Das dürfte mit einem Zufall nur schwer zu erklären sein. Aus der Schrittweite und verschiedenen anderen Faktoren lässt sich auch die Größe unserer drei Raubsaurier und die Geschwindigkeit ermitteln, mit der sie auf ihr unbekanntes Ziel unterwegs waren. Alle drei waren vermutlich ausgewachsene Tiere und sie gingen mit 6 bis eventuell 8 km/h. Diese Geschwindigkeit liegt mit bemerkenswerter Genauigkeit in dem Bereich, in dem die energetisch optimale Geschwindigkeit für Tyrannosaurier dieser Größe vermutet wird. Einer der Saurier scheint eine Zehe eingebüßt zu haben. Der Verlust scheint ihn nicht zu behindern, aber seine Spuren deuten auf Ausgleichsbewegungen hin, die das Fehlen der Gliedmaße kompensieren sollten.

Nun könnten unsere drei Saurier sicher von längst verschwundenen Hindernissen in Linie gezwungen, also sehr unfreiwillig zusammengedrängt worden sein. Darauf gibt es aber dort keinerlei Hinweise. Im Gegenteil, die Spuren der anderen Saurier, besonders der Hadrosaurier verlaufen nämlich in sämtliche Himmelsrichtungen. Das legt schon irgendwie den verdacht nahe, dass die drei vollkommen freiwillig die Gesellschaft ihrer Artgenossen gesucht haben. Ihre gemütliche Gangart lässt aber auch nicht auf einen Angriff auf die Hadrosaurier schließen. Die scheinen es jedoch vorgezogen zu haben, den Raubsauriern lieber nicht zu nahe zu kommen.

 

McCrea RT, Buckley LG, Farlow JO, Lockley MG, Currie PJ, et al. (2014) A ‘Terror of Tyrannosaurs’: The First Trackways of Tyrannosaurids and Evidence of Gregariousness and Pathology in Tyrannosauridae. PLoS ONE 9(7): e103613. doi:10.1371/journal.pone.0103613

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

2 Kommentare

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