Der Erdmantel – immer für Überraschungen gut

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Mit Verstand und Hammer die Erde erkunden
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Der Erdmantel ist immer noch ein Gebiet voller Rätsel und Überraschungen. Das liegt daran, dass trotz seiner enormen Größe, immerhin sind in ihm rund 68% der Erdmasse versammelt, ein, für uns Menschen so gut wie unerreichbar ist. Immerhin reichen die tiefsten Bohrungen nur bis knapp 12 Kilometer (KTB rund 9 Kilometer) tief und sind damit noch Welten entfernt vom Erdmantel, geschweige denn vom Unteren Erdmantel. Wir sind nicht mehr als Mikroben auf einer dünnen Haut.
Die Temperaturen im Erdmantel reichen von gut 100 °C an der Grenze zur Erdkruste bis hin zu höllischen 3500 °C an der Grenze zum Erdmantel. Doch auch wenn die Temperaturen dort den Schmelzpunkt der beteiligten Gesteine unter Atmosphärenbedingungen deutlich übertreffen, ist der Erdmantel nach vorliegenden seismischen Daten weitgehend aus festem Gestein aufgebaut (ich will also nie mehr vom „glutflüssigen Inneren der Erde“ hören!). Das liegt unter dem dort herrschenden extrem hohen Druck.

 

Damit sind wir aber auch schon beim Problem mit dem Erdmantel angekommen: Niemand kann dort nachgucken, wie es dort aussieht und woraus er besteht. Und er hohe Druck dort unten lässt Strukturen entstehen, die unter den Bedingungen der Erdoberfläche nicht stabil sind, und die sich daher nur schwer studieren lassen.

Eine Möglichkeit , die Bedingungen da unter zu erforschen, die Diamantstempelzelle, hatte ich hier ja schon einmal vorgestellt.

Bislang ging man meist davon aus, dass der untere Erdmantel aus einem Mineral mit der Zusammensetzung (Fe,Mg) SiO3 und Perowskitstuktur. Das dürfte damit, gemessen an der Größe des Erdmantels vermutlich das häufigste Mineral der Erde sein. Und sein Verhalten unter den extremen Bedingungen im unteren Erdmantel sind mit der Schlüssel zum Verständnis der Dynamik unseres Planeten.
Jetzt haben Forscher um Li Zhang vom Center for High Pressure Science and Technology Advanced Research (HPSTAR), Shanghai am Argonne National Laboratory, USA dieses Material einmal genauer angeschaut. Auch dabei kam eine Diamantstempelzelle zum Einsatz.

Es hat sich gezeigt, dass der Silikat-Perwoskit (Fe,Mg) SiO3 wohl nicht ganz so stabil ist, wie man bislang gedacht hat. Bei Drucken von 95 bis 101 Gigapascal und Temperaturen von 2200 2400 ° Kelvin (entspricht ca. 2000 Kilometer Tiefe) konnte beobachtet werden, dass der (Fe,Mg) SiO3-Perowskit in zwei Phasen zerfiel. Eine, fast Fe-frei, (Mg) SiO3 (und die, wenn ich das richtig mitbekommen habe, diejenige ist, die nach Percey Bridgman (Nobelpreisträger von 1946) seit Anfang des Monats offiziell Bridgmanit heißt).

Die andere, Fe-reiche hexagonal kristallisierende Phase, die als H-Phase bezeichnet wird. Die Eigenschaften dieser H-Phase werden noch nicht genau verstanden, die könnte aber durchaus ihren Anteil an verschiedenen, bislang rätselhaften seismischen Strukturen in diesen Bereichen des Erdmantels haben. Die Forscher vermuten, dies könnte nicht die einzige bislang unentdeckte Phase im unteren Erdmantel sein. Es ist also gut möglich, dass dort noch einige Überraschungen lauern.

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

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