Diamant(stempelzell)en sind des Geowissenschaftlers beste Freunde

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Mit Verstand und Hammer die Erde erkunden
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Dass Diamanten die Besten Freunde eines Mädchens sind, das dürfte seit Marylin Monroe bekannt sein. Und die Werbebotschaft, dass ein Diamant eben unvergänglich ist, ist eigentlich sowohl falsch als auch richtig. Falsch aus dem Grunde, weil Diamanten unter den Bedingungen unserer Atmosphäre bei knapp 800° C zu Kohlendioxid zerfallen, einer Tatsache, der schon so mancher Diamantenbesitzer mit seinen Schätzen im Safe nach einem Brand ins Auge sehen musste.
Richtig ist aber, dass Diamanten unter geologischen Bedingungen sehr alt werden können. Die ältesten irdischen Diamanten liegen mit gut 4,25 Milliarden Jahren durchaus in der Größenordnung von Zirkonen (die zwar nicht ganz so hart sind, aber unter Feuer ohne Probleme überstehen).

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Ein Diamant in seiner natürlichen Form. Sein oktaedrischer Habitus deutet seine Zugehörigkeit zum kubischen Kristallsystem an. Foto Rob Lavinsky, iRocks.com – CC-BY-SA-3.0 [CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons.

Ihre enorme Härte, sie sind als härteste natürliche Mineral mit der Mohs-Härte 10. Ihre Schleifhärte ist sogar 140 mal härter als das in der Mohs-Skala zweithärteste Mineral Korund.

Wenn Diamant so hart ist, wie kann man ihn denn trotzdem schleifen? Eigentlich eine ganz einfache Sache. Die Härte eines Diamanten ist nicht in alle kristallographischen Richtungen gleich groß. Das bedeutet, dass ein Diamant in eine Richtung ein klein wenig härter ist als in eine andere. Diese Richtungsabhängigkeit von Eigenschaften bei Kristallen nennt man Anisotropie. Wenn man jetzt ein Diamantpulver nimmt, bei dem die einzelnen kleinen Diamantkristalle in vielen unterschiedlichen Richtungen liegen, so werden immer einige so orientiert sein, dass sie ihre härteste Richtung zeigen und damit den zu schleifenden Kristall bearbeiten. Und noch etwas hilft beim Bearbeiten eines Diamanten: Er ist vollkommen Spaltbar. Kristalle mit vollkommener Spaltbarkeit neigen dazu, an bestimmten parallelen Ebenen im Kristallgitter zu brechen.

Seine hohe Widerstandskraft gegenüber mechanischen Einflüssen hat dem Diamanten auch seinen Namen eingetragen, der sich aus dem griechischen adámas ableitet. In der Antike wurden damit allerdings alle extrem harten Materialien bezeichnet. Bearbeiten kann man Diamanten erst seit dem Mittelalter, und der heute so typische Brillantschliff, heute fast das Symbol für Diamanten) wurde erst um das Jahr 1910 entwickelt.

Aber Diamanten sind noch viel mehr als nur Tand oder Schmuck. Sie sind auch viel mehr als leicht zu transportierendes Geld, mit dem sich Bürgerkriege in Gang halten lassen. Mit modernen Techniken sind sie ein unverzichtbares Werkzeug, nicht nur in der Technik, sondern auch in den Geowissenschaften. Denn mit ihrer Hilfe kann man buchstäblich in das Innere der Erde hineinschauen.
Dabei macht man sich die enorme Festigkeit dieses Minerals zu Nutze. Und zwar mit Hilfe einer so genannten Diamantstempelzelle. Sie besteht, grob gesagt, aus zwei gegenüberliegenden Brillanten. Zwischen ihren Kaletten (das ist die kleinen rundlichen Fläche am spitzen Ende des Brillanten) kann Probenmaterial platziert werden. Wenn man die beiden Diamanten jetzt zusammendrückt, kann man enorm hohe Drücke erzeugen, die ohne Probleme bis in den Gigapascal-Bereich gehen. Diamanten sind aber nicht nur extrem widerstandsfähig gegenüber hohen Drücken, es gibt noch weitere Eigenschaften, die sie für die Erforschung von extremen Drücken geradezu prädestinieren. Diamanten sind durchlässig für ein weites Spektrum elektromagnetischer Wellen von Infrarot über sichtbares Licht bis hin zu Gammastrahlen, mit der Ausnahme von Ultraviolett und weichen Röntgenstrahlen. Man kann also das Probenmaterial auch während eines Experiments spektroskopisch oder per Röntgenbeugung (mit harten Röntgenstrahlen) beobachten.
Diamond Anvil Cell - Cross Section

Schematischer Aufbau einer Diamantstempelzelle. Die beiden Diamantstempel werden mit Hilfe von Schrauben zusammengepresst. Der Raum zwischen ihren Kaletten ist von einer Dichtung umschlossen und mit einem flüssigen Medium gefüllt. Darin befindet sich neben dem probenmaterial auch eine Standardprobe als Referenz, deren verhalten bei Druck bekannt ist. Meist wird Rubin verwendet. By Tobias1984 (Inkscape) [GFDL or CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons.

Damit kann man einen Druck auf Proben ausüben, wie er normalerweise tief im Inneren der Erde oder anderer Planeten zu auftritt. Auf diese Weise kann man das Verhalten unterschiedlicher Minerale und Stoffe unter hohem Druck und bei Druckänderungen wie zum Beispiel Phasenübergänge erforschen. Sehr viele dynamische Vorgänge auf unseren Planeten lassen sich besser verstehen, wenn man das Verhalten der beteiligten Minerale bei den im Erdinneren herrschenden Drücken kennt. Zum Beispiel können Erdbeben in Tiefen auftreten, in denen es eigentlich keine bruchhaften Verformungen mehr geben kann. Dafür können die Minerale in abtauchenden Krustenstücken Phasenübergänge zeigen, bei denen sich auch das Volumen ändert. Hierbei können dann Erdbebenwellen ausgelöst werden. Andere Phasenübergänge im Erdinneren zeigen sich in der Änderung der Geschwindigkeit von Erdbebenwellen.

Manchmal sind es kleine Fenster, die einem große Einblicke ermöglichen.

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

4 Kommentare

  1. Pingback:Der Erdmantel - immer für Überraschungen gut › Mente et Malleo › SciLogs - Wissenschaftsblogs

  2. Pingback:Ringwoodit - Mineralogisches Alphabet R » Mente et Malleo » SciLogs - Wissenschaftsblogs

  3. Sehr geehrter Herr Ries,
    Schöner Artikel zu einem faszinierenden Thema. Mein Doktorvater K.-J. Range hatte sich intensiv mit Hochdruck-Chemie auseinandergesetzt, deswegen freut es mich, dass Sie darüber schrieben.
    Eine Kritik habe ich zur Orthographie: “Das” und “dass” wurde im Eingangs-Satz falsch gesetzt. Richtig: Dass Diamant…., das dürfte….In einem Wissenschaftsjournal sollte das ja schon zutreffen, DASS “das” und “dass” richtig geschrieben wird, oder? 😉
    Prof. Dr. R. Weihrich
    Augsburg

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