Epidot – Mineralogisches Alphabet E

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Manche Gesteine, zum Beispiel wie der Unakit, heben sich durch ihre hübsche grüne Farbe ab. Das Mineral, welches für die Farbe verantwortlich ist, ist sehr oft das Mineral Epidot.
Bekannt ist das Mineral bereits seit 1782, als es im französischen Le Bourg-d’Oisans entdeckt wurde. Zunächst aber hielt man es für einen Turmalin. Erst der französische Mineraloge René-Just Haüy erkannte es als eigenständiges Mineral. Er gab ihm seinen Namen, in Anlehnung an das griechische epidosis für Zugabe, Steigerung oder Ausdehnung. Grundlage für die Namensgebung war die typische Kristallform, bei der eine Seite des Prismas länger als die andere ist.

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Ein Epidotkristall aus den Haramosh Mountains in Nord-Pakistan. Blick auf die Namens-gebende Basis des Kristalls mit den unterschiedlich langen Seiten. Foto Rob Lavinsky, iRocks.com – CC-BY-SA-3.0 (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Epidote-258745.jpg), „Epidote-258745“, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode
Das Mineral zeigt einen starken Pleochroismus. Das heißt, dass die Farbe von der jeweiligen Blickrichtung abhängt. In diesem Fall kann die Farbe von hellgelb und fast farblos bis blassgrün reichen. Seine wahre Pracht entfaltet der Epidot unter dem Mikroskop, in einem Dünnschliff.

In den Geowissenschaften werden Dünnschliffe routinemäßig bei der Untersuchung von Gesteinen eingesetzt. Dafür wird eine Scheibe des betreffenden Gesteins auf 25µm Dicke geschliffen und poliert. In dieser Dicke sind die allermeisten Minerale durchsichtig. Nur für wirklich undurchsichtige, also opake (undurchsichtige) Minerale wie Erze reicht selbst diese geringe Dicke nicht.

Epidot
Epidot im Dünnschliff unter gekreuzten Polarisatoren. Die quietschbunten, übernormalen Interferenzfarben fallen sofort auf. Bildbreite ca. 5 mm. Eigenes Foto, CC BY-SA 2.0.

In einem Dünnschliff unter einem Polarisationsmikroskop kann man die Gesteine und ihre Minerale sehr gut identifizieren. Meist sehr viel besser, als es makroskopisch, also mit dem unbewaffneten Auge ( dazu zählt auch die normale, 10x-vergrößernde Geologenlupe) könnte. Denn man hat hier noch zusätzliche Kriterien. Nicht nur die Farbe (die täuschen kann), sondern auch die relative ( im Vergleich zu den umliegenden Mineralen) Lichtbrechung und die Doppelbrechung.

Dabei macht man sich die Tatsache zu Nutze, dass (außer den kubischen und amorphen Mineralen und Gläsern) Minerale meist optisch anisotrop sind. Das bedeutet, dass ein Lichtstrahl in zwei senkrecht zueinander polarisierte Teilstrahlen (einen „ordentlichen“ und einen und außerordentlichen Strahl) aufgespalten wird, die jeweils unterschiedliche Geschwindigkeiten (abhängig von dem jeweiligen Brechungsindex) haben. Wenn diese beiden Teilstrahlen unseren Kristall wieder verlassen, weisen sie einen Gangunterschied auf, der sowohl von der jeweiligen Doppelbrechung als auch von der Dicke des durchquerten Materials abhängt. Solange aber die jeweiligen Schwingungsrichtungen senkrecht zueinender stehen, bringt uns das auch nicht weiter.

Nehmen wir aber nun einen Dünnschliff eines Gesteins unter ein Polarisationsmikroskop, so können wir mit dem Gangunterschied etwas anfangen. Dazu schicken wir polarisiertes Licht durch unseren Schliff. Die optisch anisotropen Minerale wird die Polarisationsebene des einfallenden Lichts in den ordentlichen und den außerordentlichen Strahl geändert, deren Polarisatiosebene bekanntlich senkrecht zueinander steht (ich glaube, ich erwähnte es bereits).
Wenn wir jetzt die Lichtstrahlen erneut durch einen Polarisationsfilter schicken, hier Analysator genannt, bringen wir ihre Schwingungsebene wieder in Deckung, und die Lichtwellen können sich nach den Regeln der Interferenz verstärken oder auslöschen. Das ist die Ursache der manchmal quietschbunten Farben der Minerale unter dem Polarisationsmikroskop. Wenn man die Dicke seines Schliffes annähernd kennt, kann man mit Hilfe der so genannten Farbenskala nach Michel-Lévy die Doppelbrechung des gesehenen Minerals bestimmen (oder umgekehrt, wenn man die Doppelbrechung kennt, die Dicke seines Schliffes, was bei der Anfertigung eines Dünnschliffes nicht ohne Wert ist. Die Standarddicke eines mineralogischen Dünnschliffes beträgt 25µm).

Jetzt wollen wir mal langsam den Bogen wieder zurück zu unserem Mineral schlagen.
Wenn man aber einen Dünnschliff unter das Mikroskop legt, in dem das Mineral Epidot mit seiner hohen Lichtbrechung (nα = 1,715 bis 1,751; nβ = 1,725 bis 1,784; nγ = 1,734 bis 1,797) und mittelhohen Doppelbrechung (δ = 0,019 bis 0,046 ) in größeren Mengen vorkommt, bekommt man nicht nur quietschbunte Farben, man hat eine fast schon psychedelische Erfahrung. Denn das Mineral präsentiert sich bei gekreuzten Polarisatoren meist mit einer nahezu absurden Farbpracht. Die intensiv leuchtenden Farben werden als anomale oder übernormale Interferenzfarben bezeichnet. Die treten auf, wenn die Doppelbrechung für kurzwelliges Licht größer als für langwelliges Licht ist. Zusätzlich zeigt Epidot unter dem Mikroskop einen sehr deutlichen Pleochroismus.

Das vorliegende Dünnschliffbild zeigt Epidot unter gekreuzten Polarisatoren. Die intensiven rötlichen, blauen, lila bis leuchtend gelben Farben heben den Epidot deutlich von den umgebenden Mineralen, meist grau erscheinende Quarze und Kalifeldspäte, ab.

Zu diesem Dünnschliff habe ich ein recht persönliches Verhältnis. Er entstammt dem Unakit, den ich hier vor einiger Zeit schon einmal vorgestellt habe. Es ist aber nicht nur die Schönheit des Gesteins an sich, oder der Epidot, der ihn für mich so besonders macht. Obwohl beides sicher etwas damit zu tun hat, denn ohne seine auffallende Farbe hätte ich das Gestein sicher niemals aufgesammelt, und ich wäre nie auf die Idee gekommen, daraus einen Dünnschliff herzustellen.
So aber war mein Interesse geweckt. Und so motivierte dieses Gestein einen jungen Studenten dazu, seine Schritte in die Präparation zu lenken, und unter der Anleitung des dortigen Präparators seinen allerersten Dünnschliff anzufertigen.

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

2 Kommentare

  1. Moin Gunnar!

    Schöner Beitrag!
    Anzufügen wäre vielleicht, dass Epidot sich in vielen Gesteinen als Folge des Abbaus anderer Minerale bildet und anschließend gern auf Spalten und Rissen abgeschieden wird. Solche Steine mit mehr oder weniger auffälligen grünen Adern oder ganzen Partien in Grün gehören zu den am meisten aufgehobenen Stücken an der Ostsee. Und dann wird gern gemutmaßt, ob das nicht Olivin sein könne, was natürlich nicht sein kann.
    Daher finde ich Deinen Beitrag sehr nützlich, um den viel häufiger vorkommenden „Kollegen“ Epidot etwas bekannter zu machen.

    Matthias

  2. Pingback:Calcit und die Doppelbrechung - Mineralogisches Alphabet C › Mente et Malleo › SciLogs - Wissenschaftsblogs

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