Erdrutsche, Vulkane und Tsunamis

BLOG: Mente et Malleo

Mit Verstand und Hammer die Erde erkunden
Mente et Malleo

Diese Video kam via astrodicticum simplex herüber und zeigt uns sehr anschaulich, wie schnell der uns so fest vorkommende Boden unter unseren Füßen nachgeben kann. In diesem Fall handelt es sich um ein Kliff in Cornwall, an dem sich ein recht dramatisch aussehender Bergsturz ereignet. Ein guter Grund, bei Spaziergängen unterhalb von aktiven Kliffs den einen oder anderen Gedanken an die Stabilität des Ganzen zu widmen, denn mehr als 1000 Tonnen Gestein in schneller Bewegung sind kein Spaß mehr.

 

Bergsturz an einem Kliff in Cornwall am 23. September 2011. Das Kliff besteht aus Metasedimenten, also metamorphsioerten ehemaligen Sedimenten aus dem Devon.

Zum Glück passiert auch so etwas dramatisches selten ohne Vorwarnungen, und so war es auch in diesem Fall. Bereits rund 4 Tage vor dem Bergsturz zeigten sich Dehnungsrisse oben am Kliff bis in 30 m Entfernung vom Kliffrand, die sich in den folgenden Tagen vergrößerten und darauf hindeuteten, dass hier langsam Bewegung in die Sache kommt. Alles weitere konnte Brian O’Connell, ein Geo-Ingenieur in Cornwall, dann mit der Kamera aufnehmen. Ab der 6. Sekunde fallen erst am Fuß des Kliffs einige Steine herab, als das Kliff entlang einer Störungszone langsam abzurutschen beginnt. Die Störung setzt sich rasch in das obere Drittel des Kliffs fort und ein großer Teil beginnt abzurutschen und ins Meer zu fallen. Derartige Bergstürze sind vor allem am Meer nicht nur für unmittelbar im Bereich des Berges befindliche Personen gefährlich (laut dem Autoren des Videos wurden bei dem Bergsturz glücklicherweise weder Menschen noch die ebenfalls neugierig das Schauspiel verfolgenden Seehunde verletzt), sondern sie können auch ziemlich große Tsunamis auslösen. Ein berühmtes Beispiel wird auch von Florian erwähnt, bei dem ein Erdbeben der Stärke 7,9 (manchen Quellen zufolge bis 8,3) in der Lituya-Bucht einen Erdrutsch auslöste, bei dem rund 30 Millionen Kubikmeter Gestein abrutschten und einen Tsunami von sage und schreibe 524 Metern Höhe auslösten. das war der bislang höchste jemals gemessene so genannte Megatsunami. Man kann also sehr gut erkennen, dass Geologie nicht immer nur schneckengleich langsam in unendlichen Zeiträumen abläuft. Mitunter kann es ziemlich schnell gehen. Ein alter Geologe, Derek Ager, hat das einmal so ausgedrückt: Geologie besteht aus langen Zeiträumen der Langweile, welche meist von kurzen Perioden des Schreckens abgelöst werden.

Apropos Megatsunami. Immer wenn von Erdrutschen und anschließenden Megatsunsmis in letzter Zeit die Rede war, kam die rede über kurz oder lang auf die Kanarischen Inseln. Ganz besonders gerne die Insel La Palma, dies seit einer BBC Dokumentation quasi als ein Paradebeispiel gilt. Hier könnte, so die Befürchtungen, ein Teil der westlichen Flanke der Cumbre Vieja bei einem Vulkanausbruch instabil werden und in den Atlantik rutschen. Die Vulkane der Insel sind, wie auch einige anderer des Archipels, noch nicht erloschen, sondern gelten durchaus noch als aktiv. Jüngst machte zum Beispiel die Insel El Hierro mit gesteigerter Aktivität auf sich aufmerksam. In diesem Monat fand sich auch ein interessantes Paper von Harris, P.D, Branney, M.J., & Storey, M in der Zeitschrift Geology zu dem Thema. Dabei wurden die Überreste eines alten Erdrutsches im südöstlichen Teil der Cañadas untersucht. Die Ablagerungen dieses Erdrutsches sind rund 50 Meter mächtig und bedecken ein Gebiet von mehr als 90 Quadratkilometern. Die Ausdehnungen unter Wasser sind bislang allem Anschein nach unbekannt. Verschiedene Spuren deuten darauf hin, dass im Zuge dieses Erdrutsches mehrere Seen entstanden, weil die Erdmassen die Abflüsse verstopften. Interessanterweise waren mit den Ablagerungen des Erdrutsches auch häufig pyroklastische Ablagerungen verbunden, die auf eine enge Verbindung des Erdrutschereignisses mit einer größeren Eruption des Vulkans hindeuten. Durch die gut erhaltenen Ablagerungen ließ sich das Ereignis relativ präzise auf einen Zeitraum vor 733 000 +/- 3000 Jahre datieren. Das Autorenteam sah sich in der Lage, die Ereignisse wie folgt zu rekonstruieren: Zuerst erfolgte eine größere, hier Helecho Ausbruch genannte Eruption des Vulkans mit weit reichenden pyroklastischen Ablagerungen. Im Anschluss bildete sich im Krater ein vulkanischer Dom, wie man ihn beispielsweise am Chaitén findet. Diese vulkanischen Dome haben die unangenehme Eigenschaft, ab und an zusammenzubrechen und dabei oft gewaltige pyroklastische Ströme zu erzeugen. So etwas passierte auch hier vor rund 733 000 Jahren auf Teneriffa. Der Zusammenbruch des Domes erzeugte in diesem Fall auch den großen Erdrutsch. Alles in allem bietet dieser Erdrutsch auf Teneriffa wohl eine ideale Gelegenheit, die hinter den Flankenabbrüchen vulkanischer Inseln stehenden Mechanismen besser zu verstehen.

 

Wenn man sich dieses, rund 2 Wochen nach dem Bergsturz aufgenommene Video anschaut, dann war mit dem Bergsturz auf dem ersten Video die Sache noch nicht beendet und es haben sich vermutlich noch weitere Stürze ereignet.

Avatar-Foto

Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

Schreibe einen Kommentar