Fossil des Jahres – Arthropleura armata

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Das neue Jahr hat gerade begonnen und daher ist es Zeit, sich mit den unterschiedlichen Lebewesen und Dingen des Jahres zu befassen. Wobei es in den Geowissenschaften ja meist Gegenstände sind, da unsere Subjekte zumeist nicht mehr unter den Lebenden weilen, so sie s denn jemals getan haben.

Beginnen möchte ich mit dem Fossil des Jahres 2015. Als solches werden von der Paläontologische Gesellschaft seit 2008 Fossilien gekürt, die von großer wissenschaftlicher oder publikumswirksamer Bedeutung sind. Und da dürfte Arthropleura durchaus dazugehören. Diese Arthropoden (vulgo: Gliederfüßer) sind zumindest in Einzelteilen oder Abgüssen in den paläontologischen Museen recht weit verbreitet. Sie dürften aber ein wahrer Alptraum für alle Leute sein, die Angst vor Tausendfüßlern und dergleichen haben. Denn verglichen mit unseren heutigen Krabbeltieren waren sie ein echte Giganten und konnten aller Wahrscheinlichkeit nach bis zu 2,5 m lang werden und gelten damit als die größten jemals an Land lebenden Gliedertiere. Ob die Tiere ebenso wie manche heutigen Tausendfüßer (meist aus der Gruppe der Hundertfüßer) über Giftdrüsen verfügten, ist meiner Ansicht aber noch ungeklärt. Die Möglichkeit machte sie aber zusammen mit ihrer enormen Größe zu gerngesehenen Gästen in verschiedenen Fernsehserien, wie zum Beispiel Primeval. Allerdings ist mir nicht ganz klar, inwieweit Arthropleura armata diese Ausmaße erreichte. Laut Wikipedia wurde diese Spezies nur bis zu 1 m lang. Glücklicherweise für alle Phobiker sind sie aber schon seit langem ausgestorben. Sie lebten im Oberkarbon bis ins Unterperm vor 330 bis 290 Mio. Jahren. (Pennsylvanium bis Cisuralium).

Damals sah die Welt noch sehr viel anders aus als heute, und damit meine ich nicht nur die Konfiguration der Kontinente. Auch die Lebewelt. Einem Besucher wären sicher die vielen Gliedertiere (Insekten und andere Arthropoden) sofort ins Auge gefallen. Vor allem ihre im Vergleich zu heute abnorm anmutenden Ausmaße. Nicht nur die Tausendfüßer waren riesig, auch die Insekten (so zum Beispiel Libellen mit bis zu 70 cm Flügelspannweite). Grund dafür dürfte ein gegenüber den heutigen Werten deutlich erhöhter Sauerstoffgehalt in der Atmosphäre sein, der den Gliedertieren mit ihrer Tracheenatmung das Leben deutlich erleichterte. Unter unserer heutigen Atmosphäre wären diese Riesen am ersticken.

Arthropleura armata
Reste des Rückenskeletts von Arthropleura armata im Senckenberg Museum in Frankfurt am Main. Foto: Ghedoghedo (Own work) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Die ersten Funde dieser stammten aus dem 19. Jahrhundert aus dem Saarland und bereits seit 1853 ist die Art wissenschaftlich beschrieben. Über ihre Lebensweise ist aber kaum etwas bekannt. Das hat natürlich zum einen damit zu tun, dass sie bereits seit langem ausgestorben ist. Man kann also kaum hingehen, und sie beobachten. Es fehlen aber trotz vieler Funde von Angehörigen dieser Spezies und anderer Vertreter von Arthropleura die Kopfpartie. Und die hätte sicher einiges darüber ausgesagt, wie sich das Tier denn ernährt hätte, ebenso wie ein eventuell überlieferter Mageninhalt. Wir wissen also bislang nicht einmal. Ob sich das Tier räuberisch ernährte oder ein Pflanzenfresser war. Aber warum fehlt die Kopfpartie bislang? Das liegt einmal daran, dass die Fossilien des Tieres keine toten Tiere darstellen. Das jeweilige Tier ist also nicht an dem Ort verstorben, an dem sein Fossil gefunden wurde. Vielmehr stellen die Fossilien jeweils Häutungsreste dar. Denn wie bei guten Arthropoden üblich wuchs bei ihnen das Außenskelett beim Wachstum nicht mit. Das Tier musste also von Zeit zu Zeit seine alte, zu klein gewordene Haut los werden.

In der Paläontologie wird zurecht immer wieder auch auf die enorm hilfreiche Arbeit der privaten Sammler hingewiesen. Oft ist es gerade ihre Arbeit, die uns viele der wertvollen Fossilien zugänglich macht und sie der Wissenschaft zur Verfügung stellt. So ist es auch in diesem Fall, die weite Verbreitung von Fossilien dieser Arthropoden in vielen Sedimenten des Karbon und des Perm macht sie zu interessanten Zielen für Sammler. Vielleicht lauen ja noch irgendwo Fundstücke, die uns die Geheimnisse um Arthropleura lösen helfen.

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

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