Geo-Foto: Tropfsteinhöhlen

BLOG: Mente et Malleo

Mit Verstand und Hammer die Erde erkunden
Mente et Malleo

Zur Abwechslung kommen hier mal ein paar Bilder, die ich während verschiedener Höhlenbefahrungen gemacht habe. Vielleicht bekommen manche ja ein klein wenig Appetit. Es lohnt sich eigentlich immer, auch wenn man in den normalen Schauhöhlen nicht ganz das authentische gefühl bekommt.

 

Sammelgefäß für Tropfwässer können sich schnell mit Sinter überziehen. Eigenes Foto.

Die Tropfwässer in Höhlen sind teilweise so kalkübersättigt, dass sie unter Umständen rasch Calcit ausfällen. So wie in diesem Fall. Hier hatte ein blaues Plastikfass als Sammelbehälter gedient, um Tropfwässer in einer Höhle zu sammeln. Das Fass lief über und das überlaufende Wasser konnte sein überschüssiges Kohlendioxid rasch an die Höhlenluft abgeben. Dadurch fiel der gelöste Calcit aus und überzog das Fass mit einer Sinterkruste. Wie das untere Bild zeigt, waren die Krusten schon relativ dick, als das Fass entfernt wurde. Es können sich also schon in ziemlich kurzer Zeit (hier waren es wenige Jahre) Sinterkrusten bilden.

Vom Fass gelöste Sinterkrusten.  Eigenes Foto.

Manche Tropfsteine zeigen ungewöhnliche Formen. Dieser aparte Jungstalagmit beispielsweise zeigt mit seinen Lösungskarren eine große Ähnlichkeit mit einer handelsüblichen Seeanemone. Grund für die Lösung an seiner Spitze sind die frischen, übersättigten Tropfwässer, die in die Lösungsreste fallen und so durch die Mischungskorrosion die Lösung wieder Kalkaggessiv machen.

Stalagmit in Form einer Seeanemone.  Eigenes Foto.

Pilzförmige Sinter finden sich stets in gut ventilierten Bereichen der Höhlen. Der annähernd kreisförmige Hut der kleinen Sinterpilze dokumentiert saisonal gegenläufige Windrichtungen. Diese hübsche Sinterform entsteht durch Aerosoltransport in den Höhlen. Die Aerosole in den Höhlen entstehen meist durch das Zerspratzen von kleinen Tröpfchen, die von den Höhlendecken fallen. Bei dem Zerspratzen wird schlagartig die Oberfläche des Tröpfchens erhöht. Dadurch kannein CO2 Überschuß der Lösung an die Höhlenluft abgegeben werden. Hierdurch wird die Lösung in dem Aerosol übersättigt. Selbst kleinste Luftbewegungen vermögen es, diese übersättigte Aerosole zu transportieren. Trifft diese Luftströmung auf kleine Hindernisse, so kann hier Kalk aus dem Aerosol abgeschieden werden. Mit der Zeit wachsen die Hindernisse und lenken die wandnahe Luftsrömung hufeisenförmig ab. Ein kleiner Luftwirbel entsteht, der die Hutzone bevorzugt mit Lösungsfracht beliefert, nach unten zur Wand hin abgelenkt wird und dann um das Hindernis herum führt.

Zwei Beispiele für so genannten Pilzsinter in einer fränkischen Höhle.  Eigenes Foto.

Wenn man sich die kleinen "Steinpilze" etwas genauer anschaut, kann man schön den mehr oder weniger kreisförmigen Hutbereich der kleinen Pilze erkennen. Die laminaren Luftsrömungen nahe der Höhlenwand treffen auf das Hindernis und es entsteht ein hufeisenförmiger Luftwirbel, der die Hutzone bevorzugt beliefert. Daher tritt diese Sinterform auch bevorzugt entlang von Zonen mit guter Bewetterung auf, und hier meist gehäuft. Die Hüte sind selten größer als 2 Zentimenter im Durchmesser. 

Nahaufnahme von Pilzsintern.  Eigenes Foto.

Mindestens ebenso seltsam wie die Pilzsinter sind die Excentriques. Für die Entstehung der Pilzsinter war sowohl eine jahreszeitlich wechselnde Bewegungsrichtung des Aerosols in der Höhle vorbedingung als auch die Entwicklung einer laminaren Grenzschicht der Luftströmung an den Höhlenwänden. Die Aerosole werden aber auch außerhalb diser Grenzschicht transportiert. In diesem Fall sind dann nur die Bewegungsrichtung und die Position eines etwaigen Hindernisses für die Abscheidung der Aerosolfracht entscheidend. Eine Bündelung an bestimmten Punkten des Hindernsisses wie im Falle des Hufeisenwirbels um die Pilze tritt in diesem Fall nicht auf. Unter günstigen Bedingungen können sich so an Hindernissen wie Sinterröhrchen dünne, zufallsorientierte fingerartige Strukturen aus Sinter bilden; Excentriques. Die Aufnahme unten stammt aus dem Geisloch bei Oberfellendorf (Franken). Durch die Aufarbeitung älterer Sinter ist die Lösungsfracht dieser Höhle für Franken extrem arm an Magnesium. Daher sind die Sinterröhrchen und auch die Excentriques hier fast reine und grobkristalline Calcitsinter. Die Excentriques bilden sich während erhöhter Tropfphasen und sind ebenso wie die Röhrchen hier weiß und durchscheinend. Dies macht das Geisloch zu einer der schönsten Höhlen die ich kenne.

 Ein schönes Beispiel für Excentriques. Eigenes Foto.

Die selben Excentriques, diesmal mit frontalem Blitz.  Eigenes Foto.

Manche Höhlen dienten auch größeren Säugetieren als jahreszeitlicher Unterschlupf. Besonders während der Kaltzeiten waren diese Höhlen bei den Tieren beliebt, welche die garstigen Monate lieber verschliefen. Über die Jahrhunderte schliff sich so an Engpässen in der Höhle das Gestein durch die vorbeikommenden Tiere immer mehr ab. So wie in diesem Fall kann man dann auch heute noch "Bärenschlurf" an den Höhlenwänden finden. Das sollte aber nicht mit einer jüngeren Bildung verwechselt werden, denn in all den Höhlen, in denen sich die Speleologen heute so tummeln, findet sich meist auch rezenter "Speleologen-Schlurf", der im Einzelfall sicher nicht zu unterscheiden wäre.

Hier hat einem Ursus speleus (Höhlenbär) das Fell gejuckt. Eigenes Foto.

 

 

Avatar-Foto

Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

1 Kommentar

  1. Wunderschön!

    Hallo!

    Danke für diesen informativen und wunderbar bebilderten Beitrag. So detailliert habe ich mich mit dem Thema schon lange nicht beschäftigt. Da möchte man gleich losfahren und einen Ausflug mit den Kindern in die nächste Schauhöhle machen.

    LG Anke

Schreibe einen Kommentar