Geologische Wanderung um den Eibsee

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Letztens hatte ich ja den großen Bergsturz beschrieben, dem die Landschaft unterhalb der Zugspitze ihren letzten Schliff verdankt (und dem die Zugspitze sicher einige Meter ihres Gipfels geopfert hat). Dieses Ereignis hat etliche Spuren hinterlassen, die man bei einer Wanderung um den Eibsee schön sehen kann. Der Weg einmal rund um den See ist knappe 7 Kilometer lang und stellt mit seinen gut 200 Höhenmetern keine außergewöhnlichen Anforderungen.
Am einfachsten fängt man einfach vom Parkplatz/Busbahnhof gerade aus an Restaurants und dem Bootshaus vorbei.

Eibsee Rundweg
Karte des Eibsees mit Rundweg und einigen interessanten Aufschlüssen. Nach Joe MiGo (Own work), via Wikimedia Commons Creative Commons CC0 1.0 Universal Public Domain Dedication

Nach einiger Zeit taucht auf der Landseite ein kleinerer See auf, der Frillensee. Dieser ist durch den Bergsturz vom Hauptbecken des Eibsees getrennt, aber mit diesem unterirdisch hydraulisch verbunden. Sein Wasserstand schwankt parallel zu dem des Hauptsees. Am Ufer kann man noch Blöcke des Bergsturzes gut erkennen. Im Südosten liegt eine kleinere Kiesbank, die ein Bach hier abgelagert hat.

Eibsee
Der Frillensee. Eigenes Foto, CC-BY-SA.

Etwas weiter auf dem Weg ändert sich das Ufer des Eibsees. Ein breiter Strand aus Kies und Sand zieht sich über knappe 400 m hin. Dies ist ein kleiner Schwemmkegel. Die Kieskomponenten sind leicht gerundet und deuten auf Transport durch flüssiges Wasser hin, ebenso wie die konvexe Linie. Dies ist ein kleines Flussdelta, auch wenn der dafür verantwortliche Bach zu fehlen scheint. Allerdings zieht sich ein Trockental von dem Delta, auch Schöngänge genannt, über die Seealm bis an den Fuß der Steilwände unter dem Bayerischen Schneekar. Möglicherweise haben Starkregenereignisse kleinere Muren oder Schichtfluten ausgelöst.

Einige Meter weiter auf dem Weg geht es bergauf. Knappe 50 m über dem Spiegel des Sees verändert sich die Geologie deutlich. Zeigten sich die Schutthalden meist trocken, so wird es hier zunehmend feuchter. Kleinere Quellen und Wasserläufe deuten darauf hin, dass sich hier der Untergrund deutlich von den tieferen Lagen unterscheiden muss. Tatsächlich befinden sich hier im Boden tonige Gesteine, die als Wasserstauer dienen. Die so genannten Kössener Schichten sind eine Wechselfolge aus triassischen Kalken und Mergeln, die sehr reich an verschiedenen Fossilien, hauptsächlich Muscheln und Brachiopoden, sind. Fein verteilter Pyrit verwittert rasch und bewirkt die typische bräunlich-rote Farbe der Gesteine. Die Mergel verwittern rasch und zurück bleiben Tonschichten, an denen sich das Grundwasser staut. Bei Schichtausbissen treten zahlreiche kleine Quellen auf, in Senken kann dies zu Versumpfung führen. Gleichzeitig bilden sie oft Scherflächen für Rutschungen. Auch der Eibseerundweg ist schon auf ihnen abgeglitten und musste repariert werden. Wenn man dem Weg weiter folgt, ändert sich das Bild erneut.Über rund 1 Kilometer überquert man eine ziemlich steile Hangschutt Halde. In kleineren Vertiefungen laufen kleine Bäche, die normalerweise nur einen geringen Wasserfluss aufweisen.

Schwalbenwurz-Enzian
Schwalbenwurz Enzian ist am Eibsee recht häufig zu finden. Ganz besonders gerne auf kalkigen Böden in den Quellbereichen. Eigenes Foto, CC-BY-SA.

Bei Starkregenfällen neigen sie jedoch können sie erhebliche Wassermengen führen, die allerhand Geröll mitreißen. Sie dienen auch Muren als Bahnen, die teilweise den Weg verschütten können. Hier ist der Zahn der zeit durchaus in flagranti dabei, die Zugspitze kleiner zu machen. Das Geröll stammt aus der unmittelbar oberhalb gelegenen Wand, in der der Hauptdolomit ansteht. Der Hauptdolomit zählt neben dem Wettersteinkalk zu dem Hauptgesteinen der gegen d und er baut das Eibseeplateau mit auf. Auch die Höhenzuge westlich und nördlich des Sees bestehen aus dem Gestein.
Typisch für den Hauptdolomit ist seine intensive Zerklüftung, die zu einer starken Brüchigkeit führt und viel kantigen und klein- bis mittelkörnigen Schutt liefert, wie man ihn hier gut beobachten kann.
Der Name des Ortes „Beim stinkenden Wasser“ deutet außerdem auf einen kleineren Bach hin, der stark riechendes Wasser führt bzw. geführt haben muss. Möglicherweise war hier Schwefelwasserstoff der Auslöser für die Namensgebung.

Am nordwestlichen Ende des Sees befindet sich einer der wenigen ganzjährigen oberirdischen Zuläufe zum See, der Kotbach, der über einen kleineren Wasserfall herabfließt. Der kleine Wasserfall und einige Kaskaden werden durch dünnbankige Plattenkalke gebildet, der steil gelagert ist. Der Bach mündet in den See und bildet dort ein flaches Delta.

Eibsee
Am Kotbach. Eigenes Foto, CC-BY-SA.

Wenn wir dem Weg weiter folgen, können wir am Wegesrand einige feuchte Bereiche bemerken. Hier liegt eine lehmige Grundmoräne, also Gletscherablagerungen, auf dem Felsen auf. Gletscherablagerungen sind durch ihren hohen Anteil an sehr fein zerriebenem Gestein oft wasserstauend. Diese Grundmoräne hat sich während der letzten Eiszeit, die hier im Alpenraum als Würm-Eiszeit bezeichnet wird, abgelagert. Damals war das Eis hier an der Stelle ca. 600 m mächtig und hat das Tal nach Garmisch ausgeschürft. Viele übersteilte Hänge sind noch heute Zeugen von der Wirkung des Eises. Die übersteilten Hänge sind gleichzeitig nur bedingt stabil, zumal wenn durch einen Klimawandel der Permafrost als „Klebstoff“ in den Spalten wegfällt. Im Gegenteil, vielfacher Wechsel von tauen und wieder gefrieren schwächt das Gestein zusätzlich. Damit dürfte auch für den gewaltigen Bergsturz, der die Landschaft entscheidend mitprägte, Eis eine bedeutende Rolle gespielt haben.

Eibsee
Eine kleine Quelle am Wegesrand. Eigenes Foto, CC-BY-SA.

 

Schließlich kommen wir zu einem kleinen Quellbezirk, den Seeberg-Quellen. Hangseitig des Weges kann man kleinere Wasseraustritte erkennen. Sie entstammen einem Spaltenkarst im Kalk. Als Wasserstauer dient hier eine gut 20 cm mächtige Mergelschicht.

Weiter kommen wir an eine kleinere Lichtung. Von hier hat man je nach Wetterbedingungen einen sehr guten Blick auf den Waxensteinkamm, die Riffelwand und die Zugspitze. Direkt unter der Zugspitze befindet sich eine gewaltige Nische, das Bayerische Schneekar. Dieses stellt die Narbe des Bergsturzes dar, welcher die Landschaft hier bis hinunter nach Grainau prägte. Wenn man sich die Größenverhältnisse der kerbe sowie die Fallhöhe anschaut, bekommt man eine ungefähre Vorstellung von der ungeheuren Wucht des Bergsturzes.

Eibsee
Der Waxensteinkamm über dem Eibsee. Eigenes Foto, CC-BY-SA.

Wenn man der Bergwand weiter nach unten folgt, findet man einen mit Latschenkiefern bewachsenen Sockel, der so genannte Bärenheimatkopf (hier soll einer der letzten Bären der Gegend gelebt haben). Er besteht aus Alpinem Muschelkalk, also Kalken der Trias. Die Schicht zieht sich flach ansteigend bis zum Ehrwalder Kopf (mit der Stütze der Tiroler Seilbahn). Zwischengeschaltet finden sich grünliche vulkanische Tuffe, die pietra verde.
Über dem Muschelkalk liegt der Wettersteinkalk. Er liegt sowohl im massiger Form als auch in bankiger Form vor. Erstere waren Schwammriffe, letztere Algenrasen. Der Wettersteinkalk ist stark verkarstet, wovon zahlreiche Höhlen Zeugnis ablegen. Etliche dieser Höhlen wurden beim Bau des Tunnels der Zugspitzbahn angeschnitten. Die Bedeutung der Kluftwasserleiter im Wettersteinkalk kann man auch sehr gut in der Höllentalklamm sehen (über die ich sicher auch noch mal was bloggen werde).

Eibsee
Die Zugspitze und das Bayerische Schneekar verstecken sich gerne in den Wolken. Eigenes Foto. CC-BY-SA

Der Muschelkalk und der Wettersteinkalk sind über die jüngeren Kössener Schichten geschoben worden, so dass sich hier tatsächlich das ältere Gestein über dem jüngeren befindet.

Wir befinden uns jetzt im Nordteil des Eibsees. Der Bergsturz hat hier ein sehr unruhiges Relief hinterlassen, als der das Becken des Vorgängersees verschüttete. Die Zeugen dieses Ereignisses sind die Buchten  in diesem Teil des Eibsees sowie die kleineren Seen wie der Steinringpriel, Froschsee und Steinsee im Hinterland, die durch die Bergsturzmassen vom Hauptsee abgetrennt sind aber mit diesem noch unterirdisch in hydraulischer Verbindung stehen. Daher weist ihr Wasserspiegel die selbe Höhe und die selben Schwankungen auf, wie der Hauptsee. Im Nordteil liegen auch die meisten der rund 8 Inseln des Eibsees.

Eibsee
Eine der 8 Inseln des Eibsees, möglicherweise die Maximiliansinsel. Im Hintergrund der Strand im Bereich der Schöngänge. Eigenes Foto, CC-BY-SA.

Letztlich ist auch der durch eine schmale Enge abgetrennte Untersee ein solches abgetrenntes Becken, auch wenn die Schwelle aus Trümmern des Bergsturzes hier (zumindest bei mittlerem Wasserstand) einen knappen halben Meter unter Wasser liegt. Der Eibsee-Rundweg führt hier als Brücke über die Enge. Da der unterirdische Abfluss des Eibsees im Untersee liegt, kann man von der Brücke aus bei günstigen Wasserständen die Strömung beobachten, die vom Weitsee in Richtung Untersee läuft. Die Abflussraten liegen, je nach Wasserstand, zwischen 300 und 800 l/s. Das Wasser, das aus dem Eibsee abfließt, taucht wahrscheinlich in den Krepbachquellen wieder auf.

 

Wer diese und andere Touren in der Region selber erwandern möchte, dem seien folgende links ans Herz gelegt.

Geologischer Wanderführer Grainau http://www.alpcity.it/dwd/cards_packages/grainau/geolog.pdf

Wandern um den Eibsee http://www.garmisch-partenkirchen-info.de/wandern/wandern-um-den-eibsee.php

Auf den Spuren des Klimawandels http://www.grainau.de/de/freizeit_erholung/grainauer-themenwege/erlebnisweg-klimawandel

 

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

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