Larvikit (geologische Nachlese der #scilogs16)

BLOG: Mente et Malleo

Mit Verstand und Hammer die Erde erkunden
Mente et Malleo

Am Wochenende war ja unser Bloggertreffen Scilogs16 erstmals nicht in Deidesheim, sondern in Wiesloch. Und es war wieder ungemein spannend und hat sehr viel Spaß gemacht. Auch auf diesem weg daher noch einmal vielen dank an alle, die das möglich gemacht haben.
Und natürlich erfolgreich und inspirierend. Das lag auch am Hotel, das es sich nicht nehmen ließ, die Gäste mit Edelsteinwasser auf dem Zimmer zu begrüßen.

Doch in dem Hotelr war die Geologie nicht nur esoterisch verbrämt. Wer genau hinsah, konnte am Boden der Tagungsräume Zierbänder aus einem dunklen und seltsam bläulich schimmernden Gestein erkennen. Auch einige Tische der Kaffeetafel bestanden aus dem Zeug. Das Gestein ist ein beliebter Werkstein für Verblendungen und kann, wenn man mit offenen Augen durch die Städte geht, immer mal wieder beobachtet werden.
Es ist vermutlich das schimmernde, das die Menschen immer wieder fasziniert. Doch was ist das, was da so schimmert? Große Minerale, das kann man ohne weiteres erkennen. Doch welche? Und wo kommt der Stein her?

So edel das Gestein auch aussieht, so selten ist es eigentlich nicht. Petrographisch gehört es in die reihe der Syenite und Monzonite, also nicht besonders seltener Gesteine. Was sie so auffallend macht, sind einmal die schimmernden Minerale. Und auch die sind nicht selten oder wertvoll, sondern normale Feldspäte, aus denen das Gestein mit über 80% hauptsächlich besteht. Nun, OK, nicht ganz normale, sondern sogenannte ternäre. Also Feldspäte, die statt aus 2 Endgliedern der Mischkristallreihe aus drei aufgebaut sind. Sie sind, zumindest in den Varianten, die für die Ziersteinherstellung genutzt werden, recht groß, teilweise bis über 4 cm im Durchmesser.. Aber auch das ist noch nicht ihr ganzes Geheimnis. Wenn man sich die Kristalle genauer anschaut, so erkennt man eine charakteristische Streifung, welche die Kristalle durchsetzt. Dies sind zwei verschiedene Feldspäte, die helleren Streifen sind Kalifeldspat, die dunkleren Plagioklas.

Blue Pearl Granite (larvikite) Larvik Batholith Norway
Larvikit, polierte Variante Blue Pearl Granite. Foto James St. John [CC BY 2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/2.0)], via Wikimedia Commons

Und wie kommen die beiden Feldspäte zusammen in ein Mineral? Das spiegelt die Entstehung des Gesteins wieder. Denn weil die beiden Feldspäte eine zwar ähnliche, aber eben nicht gleiche Zusammensetzung und Struktur haben, können sie sich nicht miteinander mischen. Zumindest nicht bei normalen Temperaturen. Bei sehr hohen geht das aber durchaus. Denn zwischen den beiden Feldspäten besteht eine Mischungslücke, die bei steigenden Temperaturen kleiner wird. Beim erstarren des Magmas, aus dem dieses Gestein entstand, war die Temperatur hoch genug, dass sich er Feldspat Anorthoklas bilden konnte. Später, als die Temperatur des Gesteins langsam sank, ging es den beiden Feldspäten wie so vielen Beziehungen, die in feuriger Leidenschaft geboren wurden. Man wollte nichts mehr voneinander wissen und sich am liebsten trennen. Das ist aber bei Mineralen im festen Zustand nicht ganz so einfach zu bewerkstelligen und geht nur durch die Wanderung einzelner Atome innerhalb der Kristalle. Über lange Zeiträume haben sie sich also auseinandergelebt, die Kalifeldspäte in den hellen Lamellen und Flecken, die Plagioklase in den dunkleren Partien. Das Schillern der Minerale kommt dann dadurch zustande, dass sich das Licht in den feinen Lamellen der entmischten Feldspäte bricht.

Weitere Bestandteile im Gestein sind Augite und Biotite als dunkle Minerale.

Was die Zeit zum Entmischen angeht, so hatten die Feldspäte eigentlich auch genug davon. Verglichen mit so manchen anderen Gesteinen aus seiner skandinavischen Heimat ist dieses zwar ein regelrechter Jungspund (und immer noch für uns Menschen unfassbare 292 bis 298 Millionen Jahre alt. Damals begann gerade das Zeitalter des Perm.

Und wo kommt das Gestein eigentlich her? In Europa, und da dürfte auch der Stein für die Verblendungen im Hotel herstammen,findet man Gesteine dieser Art nördlich von Oslo und um Larvik herum, insgesamt rund 1700 km2. Letzteres ist das größere und namensgebende Vorkommen. Das Gestein wird Larvikit genannt.
Nicht jedes Larvikit-Vorkommen zeigt die schön schillernden Feldspäte. Das bekannteste Vorkommen liegt zwischen Larvik und Brevik. Der Handelsname „Blue Granite“ ist hier irreführend, es ist kein Granit, zumindest nicht im petrographischen Sinn, sondern ein Gestein irgendwo im Streckeisendiagramm zwischen Syenit und Monzonit.

Sein Herkunftsgebiet liegt interessanterweise ja auch nicht so weit vom Kurs der Gletscher währen der vergangenen Eiszeiten ab. Wenn man also in einem Gebiet sammelt, in dem sich schon verschiedene andere norwegische Gesteine gezeigt haben (Rhombenporphyre zum Beispiel), der kann durchaus auch mal das Glück haben, einen Larvikit zu finden, wenn eben auch nicht alle Vorkommen die schillernden Feldspäte zeigen.

Avatar-Foto

Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

6 Kommentare

  1. Ich bin ja sonst ein sehr aufmerksamer Mensch, aber die Minerale sind mir gar nicht aufgefallen.

    Da der Riesling hier bald wohl nicht mehr gedeien wird, können die Winzer ja ein paar Reben in der Gegend von Larvik anbauen. Herrgottsacker Riesling Syenite Kabinett ultra trocken. Wird bestimmt einen schillernden Geschmack haben.

  2. Och Mensch, und ich hab gedacht, ich trink einfach nur Wasser. Wer schon kein Geologe ist, sollte sich also wenigstens die Etiketten durchlesen …

  3. Pingback:#scilogs16: Bloggergipfel-Premiere in Wiesloch › Medicine & More › SciLogs - Wissenschaftsblogs

  4. Pingback:#scilogs16 – Nachlese in 16 Bildern › Medicine & More › SciLogs - Wissenschaftsblogs

  5. Pingback:Unter Geschiebekundlern 2016 › Mente et Malleo › SciLogs - Wissenschaftsblogs

  6. Pingback:SciLogs16 » Denkmale » SciLogs - Wissenschaftsblogs

Schreibe einen Kommentar