Methan im Trinkwasser und Fracking – Besteht ein Zusammenhang?

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Fracking ist hierzulande ja so etwas wie der Gottseibeiuns, und fast alle kennen den Film „Gasland“, in dem Wasser, das aus einem Wasserhahn tritt, entflammt wird. Weil sich in dem Trinkwasser Methan gelöst befindet. Dies, so die Narrative des Films, stammt aus dem Untergrund und gelangte durch Fracking in die Grundwasserleiter, aus denen der Brunnen das Wasser entnimmt. Da der Film in Deutschland eine ziemliche Popularität besitzt, ist das brennende Wasser fast so ein Sinnbild für die echten und vermuteten Gefahren des Frackings geworden. Doch stammt das Gas im Wasser wirklich aus den Bohrungen für die unkonventionelle Gasförderung? Eine aktuelle Studie sät da zumindest starke Zweifel.

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Schiefergasbohrung in der Pinedale-Antiklinale, US-Bundesstaat Wyoming, vor der Kulisse der Rocky Mountains. The Pinedale Field office of the Bureau of Land Management, Public Domain, vie Wikimedia Commons.

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Das Wort “Fracking” ist eigentlich die Kurzform von “Hydraulic Fracturing”. Hierbei wird, stark vereinfacht gesagt, Flüssigkeit mit sehr hohem Druck in ein Bohrloch gepresst, um kleine Risse im Gestein zu öffnen und im Gestein eingeschlossene kleine Kohlenwasserstoffblasen miteinander und dem Bohrloch zu verbinden. Das Ziel ist dabei, auch Kohlenwasserstoffvorkommen wirtschaftlich zu erschließen, die sich mit konventionellen Methoden nicht nutzen lassen. Dabei sind die in Frage kommenden Gesteine wie zum Beispiel Schiefer denkbar ungünstig dafür, denn ihre Permeabilität, also ihre Durchlässigkeit für Fluide (Flüssigkeiten und Gase) ist teilweise extrem gering.
Bei konventionellen Lagerstätten reicht zumeist eine Bohrung aus, um den ersehnten Rohstoff, eventuell mit ein wenig Nachhilfe, an das Tageslicht zu befördern. Bei den so genannten unkonventionellen Lagerstätten bedarf es da dann schon einer regelrechten Sondereinladung.
Über die Erdbebenrisiken von Fracking und anderen Bergbauaktivitäten hatte ich mich ja schon ausgelassen. Kommen wir also zum methanhaltigen Grundwasser aus dem Film „Gasland“ zurück.
Leider wird in dem Film die Tatsache verschwiegen, dass es durchaus natürliche brennende Quellen gibt, in denen brennbare Erdgase im Wasser gelöst sind und bei Druckentlastung austreten, zum Beispiel in West Virginia und Kentucky, USA und in Aserbeidschan. Und es wird auch nicht weiter erwähnt, dass schon 1976 (also deutlich vor dem Beginn der dortigen Frackingaktivität in der betreffenden Region die Colorado Division of Water festgestellt hat, dass das Wasser dort teilweise brennbare Gase enthalten kann. Abgesehen davon sind die gasführenden Schichten und die Aquifere, also die Grundwasserleiter für die Trinkwassergewinnung in der Regel durch mehrere 1000 Meter festes und meist impermeables Gestein getrennt. Allerdings hat der Film ein weites Publikum erreicht, und sicher zumindest in Deutschland die kritische Debatte über die unkonventionelle Gasförderung angeheizt.
Hinzu kommen Studien in den Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) von 2011 und 2013, die einen Zusammenhang mit der Methanbelastung des Brunnenwassers und der Nähe der Brunnen zu Frackingstellen zeigen. Dies Studien berufen sich allerdings nur auf rund 60 bis 141 Brunnen.
Nun ist Methan nicht unbedingt toxisch, aber wer möchte schon gerne brennbare Gase aus seinem Wasserhahn geliefert bekommen. Selbst im Amerika hatten die Studien weitreichende Folgen. Im Bundesstaat New York wurde Fracking 2014 verboten.
Jetzt wurde eine neuere Studie veröffentlicht, in der 11309 Brunnen untersucht wurden. Und hier konnten zwar stellenweise recht hohe Methankonzentrationen im Brunnenwasser nachgewiesen werden, aber es lies sich kein Zusammenhang zwischen Methan und der Nähe des betreffenden Brunnens zu einer von 661 Frackingbohrung im Untersuchungsgebiet belegen. Für die Autoren dieser Studie deutet alles auf natürliche Methanquellen hin, das Gas wandet durch natürliche Spalten aus den gasführenden Gesteinen in den Aquifer. Das würde auch gut zu den beobachteten vor-fracking-zeitlichen Methanberichten passen. Allerdings können schlecht abgedichtete Bohrlöcher ebenso wie natürliche Spalten in´m Gestein einen Weg für das Gas aus den Speichergesteinen in das Grundwasser bahnen. Und dies ist wohl besonders in der frühen Zeit des Frackings auch tatsächlich vorgekommen. Allerdings scheint dies nach den vorliegenden Daten ein extrem seltener Fall zu sein.

Warum aber fanden die vorhergehenden Studien nun Zusammenhänge, wo nach der aktuellen keine zu entdecken sind? Eine Möglichkeit deutet Donald Siegel, Hydrogeologe an der Syracuse University in New York, einer der Autoren der aktuellen Publikation an. Er vermutet, dass Aufgrund der geringen Fallzahl der älteren Untersuchungen bevorzugt Gebiete ausgewählt wurden, in denen Probleme mit den Bohrlochabdichtungen aufgetreten waren.
Die Autoren der anderen beiden Untersuchungen wollen sich aber nicht ganz so einfach geschlagen geben und halten dagegen. Robert Jackson, Hydrogeologe an der Stanford University in Palo Alto, Kalifornien und Autor der PNAS Studie, hält verschiedene Schwächen der Probennahme der aktuellen Untersuchung dagegen.
In einem sind sich aber alle untersuchenden Hydrogeologen wieder einig. Das Fracking selber, also das Erzeugen von Mikrorissen, damit das Gas aus dem Gestein entweichen und eingesammelt werden kann, würde wohl keinen Beitrag zu der Methanproblematik in den Brunnen liefern. Ebenso wie in der Tatsache, dass es die Versiegelung der Bohrlöcher ist, welche die Probleme verursacht. Allerdings gehen die Meinungen wieder sehr weit auseinander über die Frage, wie häufig das nun vorkommt. Meiner eigenen bescheidenen Meinung nach dürfte die Problematik dann aber nicht originär der Frackingtechnik angelastet werden. Ebenso wie die Erdbeben stellt dies ein Problem für alle Gas- und Ölförderanlagen dar, die durch grundwasserführende Schichten erbohrt werden.
Man darf dabei aber auch nicht vergessen, dass beim Fracking deutlich häufiger gebohrt werden muss als bei der konventionellen Gasförderung. Und da können Unterschiede in der Einschätzung, wie häufig denn die Versiegelung ungenügend ist, schon viel ausmachen. Die Einschätzungen zum Beispiel für Pennsylvania gibt Donald Siegel mit 0,24% an. Andere Autoren gehen von bis zu 9% fehlerhaften Versiegelungen aus, und sie vermuten, dass mit zunehmendem Alter der Bohrungen auch die Dichtungen schlechter werden.

Da die Debatte noch lange nicht abgeschlossen ist, plant Donald Siegel weitere Veröffentlichungen aus einem Untersuchungsgebiet, die nicht nur Methan, sondern auch andere Stoffe im Grundwasser betreffen soll. Besonders interessant finde ich die Idee, den Methanlevel des Grundwassers über einen längeren Zeitraum zu verfolgen. Vielleicht bin ich ja etwas naiv, aber das wäre eigentlich meine erste Idee gewesen. Manchmal können nämlich Schwankungen dort auftreten, wo man sie auf den ersten Blick nicht unbedingt vermutet. Und wer weiß, vielleicht können ja so auch manche Diskrepanzen der Studien geklärt werden.
Siegel, D., Azzolina, N., Smith, B., Perry, A., & Bothun, R. (2015). Methane Concentrations in Water Wells Unrelated to Proximity to Existing Oil and Gas Wells in Northeastern Pennsylvania Environmental Science & Technology DOI: 10.1021/es505775c

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

6 Kommentare

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  2. Gut man kann das drehen und wenden wie man will, es ist aber einfach eine abseitige Idee, mit technisch ausgefeilten Methoden das letzte bischen oxydierbaren Kohlenstoff aus der Erdkruste zu quetschen, das dann dafür verwendet wird, mit 2,5 tonnen Stahl und 250 PS einen einzelnen Menschen von maximal 100 kilogramm autofahrenderweise fortzubewegen.

  3. Man fühlt sich angesichts mancher Hysterie, die sich in unseren Medien breitmacht, an die Hexenverbrennungen zu Beginn der Neuzeit erinnert. Die Menschen fingen damals an in kausalen Zusammenhängen zu denken und nicht mehr jede Katastrophe als gottgewollt zu betrachten. Das Ergebnis war, dass man nun immer einen Schuldigen fand, wenn etwas nicht so lief wie es sollte, seien es Missernten, Seuchen oder sonstige Unbill, die den Menschen zustieß. Jede Folge musste eine Ursache haben und diese war menschengemacht.
    Die Diskussion um das Fracking erinnert daran. Es genügt, dass die Beeinträchtigung des Trinkwassers durch Fracking verursacht sein könnte. Im Zweifelsfall sind die Menschen schuldig. Die Natur meint es aus dieser Perspektive nur gut mit den Menschen und alles Schlechte ist hausgemacht.

  4. Die Merkel-Regierung (Ministerin Barbara Hendricks) hat gerade ein Frackinggesetz novelliert welches Fracking fernab von Naturschutzgebieten oder Trinkwasserfassungen und nur in Tiefen grösser als 3000 m erlaubt, wenn es die Hürden eines Expertengremiums und anschliessend von Berg- und Wasserämtern überwunden hat. Barbara Hendricks selbst rechnet in den nächsten Jahren höchstens mit ein paar Probebohrungen, weil mit Kosten von mindestens 30 Millionen Euro pro Probebohrung zu rechnen sei.
    Im Euraktiv-Artikel German Environment Minister defends new bill to regulate fracking wird darüber berichtet, dass trotz diesen das Fracking wohl unrentabel machenden Rahmenbedingungen eine mächtige Opposition gegen das Fracking-Gesetzt antritt.

    Many critics see the government’s decision as a pointless concession to fossil fuel-based energy. The environment and consumer protection organisation German Environmental Relief (DUH) called the move a step backwards for the Energiewende, the country’s long-standing plan to transition to renewable energy sources.

    Left Party environment expert Hubertus Zdebel stated that serious steps in the fight against climate change are incompatible with fracking.

    “Natural gas extracted through fracking from unconventional sources leaves a catastrophic climate footprint and amounts to an enormous waste of resources. Just as with nuclear energy, one can count on high costs later on down the road, such as earthquake damage, polluted groundwater, destroyed ecosystems and sparse moonscapes caused by fracking drillings within a small area,” Zdebel said.

    The Left Party politician called the fracking law a threat to man and the environment, saying it should be completely forbidden.

    Zusammengefasst: Fracking widerspreche der Energiewende, sei eine Konzession an die weiter fossile Energiequellen einsetzende Industrie und sei mit hohen Risiken verbunden.

    Beurteilung: Das mit Fracking geförderte Erdgas könnte die Braunkohle teilweise ersetzen. Doch das wird in dieser Diskussion praktisch nicht erwähnt. Trotz der Tatsache, dass beim bald fälligen Ersatz für die Atomreaktoren (laufen noch bis 2022) weitere Braunkohlekraftwerke gebaut werden müssen.Deutschland setzt also in ihrer Energiewende auf eine Kombination von Braunkohle und Erneuerbaren und will – gemäss Grünen und Linken – nichts von Erdgas wissen – mindestens nichts von Erdgas das mittels Fracking gewonnen wurde.

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