Der Zusammenbruch des Mondes…

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Mit Verstand und Hammer die Erde erkunden
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… ist es, dem wir beiwohnen, um mal einen Ausspruch des Geologen Eduard Suess auf unseren Trabanten umzumünzen. Ähnlich wie Suess damals von der Erde dachte, geht man heute davon aus, dass der Mond als relativ kleine Himmelskörper rasch seine Wärme an die Umgebung verliert, auskühlt und damit langsam schrumpft. Quasi so, wie Suess es damals mit dem Bild vom schrumpeligen Apfel verglich.

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Die größten der entdeckten Graben auf der Rückseite des Mondes. Der größte Graben hat nach nach Stereobildern ermittelt eine Weite von rund 500 m, aber eine Tiefe von lediglich 20 m. Foto: NASA/Goddard/Arizona State University/Smithsonian Institution.

Im Jahr 2010 fanden sich auf der Mondoberfläche verteilt deutliche gebogene Hügelketten auf Bildern des LROC (Lunar Reconnaissance Orbiter Camera) als Hinweis, dass die Schrumpfung den gesamten Himmelkörper betraf und sich wohl bis in die jüngere geologische Vergangenheit fortsetzte (und wohl auch heute noch stattfindet), der Betrag, um den die Mondoberfläche dem Mittelpunkt nähergekommen war, wurde auf rund 300 Fuß (rund 91 Meter) geschätzt. Jetzt gab es eine kleine Überraschung, die erst einmal so garnicht in das Bild des schrumpelnden Apfels passen mag.

Auf Aufnahmen der LROC fanden sich Täler, die sehr eindeutig an Grabenstrukturen erinnern. Geologische Graben sind ein eindeutiger Hinweis auf das genaue Gegenteil von Schrumpfen, nämlich an Dehnung. Wie man sich die Entstehung eines geologischen Grabens vorstellen kann, habe ich hier gezeigt. Auf der Erde hängt die Bildung von Grabenstrukturen wie dem Oberrheingraben oder dem Ostafrikanischen Rift eng mit der Plattentektonik zusammen, sie sind also der Ausdruck für die geologische Aktivität unseres Planeten.

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Geologische Horst-Graben-Strukturen. Die roten Pfeile geben die Dehnungsrichtung an. Abb. USGS.

Das Auftraten von geologischen Gräben bedeutet, dass der Mond allem Anschein nicht überall schrumpft, die Mondoberfläche also nicht überall unter einengendem Druck steht und unser Mond geologisch gesehen noch lange nicht so ruhig ist, wie es auf den ersten Blick den Anschein hat. Auch wenn plattentektonische Prozesse auf dem Mond vermutlich ausgeschlossen werden können, so kann ich mir durchaus vorstellen, dass beispielsweise die Gezeitenkräfte der nahen Erde die Mondkruste dehnen können. Vielleicht können auch innere Kräfte im Mond zu Dehnungen an der Mondkruste führen, etwa Mantelplumes, die zu regionalen Hebungen führen. Jedenfalls hält der Mond immer noch einige Überraschungen für uns bereit. Wie müssen nur entsprechend hinschauen.

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Gunnar Ries studierte in Hamburg Mineralogie und promovierte dort am Geologisch-Paläontologischen Institut und Museum über das Verwitterungsverhalten ostafrikanischer Karbonatite. Er arbeitet bei der CRB Analyse Service GmbH in Hardegsen. Hier geäußerte Meinungen sind meine eigenen

3 Kommentare

  1. Abnehmender Mond

    Noch vor kurzem nahm man an, dass der Mond schrumpft, weil sich sein Durchmesser verkleinert. http://science.orf.at/stories/1657929/

    Wenn aber der Mond weiter geologisch und tektonisch aktiv ist, dann könnte er sich stellenweise doch auch ausdehnen, wie es hier im Artikel heißt. Gibt es Hinweise darauf, ob es im Inneren des Mondes noch heiße Magmareservoirs gibt? Eine andere Möglichkeit wäre, dass sich das Mondgestein infolge der (weiteren) Abkühlung in seiner chemischen Zusammensetzung verändert oder größere Kristalle bildet, aber da kenne ich mich zu wenig aus.

    Insgesamt scheint der Mond aber doch kleiner zu werden. 2013 soll die “Lunar Atmosphere and Dust Environment Explorer” den Mond erforschen. (Falls der NASA nicht das Geld ausgeht.) Wie es aussieht sind an der “Schrumpfung” des Mondes nämlich auch Sonnenstürme beteiligt, die auf dem Mond Materie abtragen und einen “dramatischen Sandstrahl-Effekt” verursachen. Siehe hier: http://www.weltderphysik.de/…nen-von-materie-ab/

  2. Darum ist Forschung wichtig

    Hier sieht man’s wieder: Sobald man forscht, stellen sich zu Allem, was man herauskriegt, sofort neue Fragen.

    Wenn man nicht forscht, kann man sich in der Illusion wiegen, dass sich keine Fragen stellen und man eigentlich schon alles weiß.

    Der Mond ist ein Paradebeispiel für diesen Trugschluss: Jahrzehntelang hielt man ihn nicht mehr für einen Himmelskörper, bei dem es sich lohnen würde, groß weiter zu forschen.

  3. Forschung @Michael Khan

    Vielleicht wird man durch die neuere Forschung sogar die gängige Theorie, die wir von der Entstehung des Mondes hatten, etwas revidieren müssen. Bisher ging man davon aus, dass der Mond durch einen seitlichen Zusammenstoß mit der Erde und Trümmern eines marsgroßen Körpers namens Theia entstanden ist. Die abgeschlagene Materie beider Körper sei dann in eine Umlaufbahn um die Erde gelangt und hätte sich zum Mond zusammengeballt. Dabei ging man davon aus, dass der Mond bei seiner Entstehung vollkommen geschmolzen war. Seit Entdeckung der Dehnungsrisse gibt es nun die Annahme, dass das innere des Mondes bereits fest war und nur der äußere Teil aus flüssigem Magma bestand.
    http://www.wissenschaft-aktuell.de/…5588298.html

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